Zu von einem Spielplatz mit Seilbahn ausgehenden Lärmimmissionen

VG Lüneburg, Urteil vom 16.03.2005 – 2 A 27/04

1. Kinderspielplätze mit einer Seilbahn stellen keine besonders gelagerten Spielplätze im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dar, sondern sind – mittlerweile – als herkömmlich anzusehen.

2. Die von einem solchen Spielplatz ausgehenden Lärmimmissionen – auch die der Seilbahn beim Aufeinanderschlagen von Metallteilen an Start und Ziel – sind regelmäßig von den Anliegern als sozialadäquat hinzunehmen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen Lärmimmissionen, die von einer Seilbahn auf einem Kinderspielplatz ausgehen.

Der Kläger ist Eigentümer des mit einer Doppelhaushälfte bebauten Wohngrundstücks „E. F.“ (Flurstück G. /H.). Das Grundstück ist 375 m² groß, der Terrassenbereich ist nach Süd-Westen hin angelegt. Unmittelbar an das Flurstück schließt sich ein Spielplatz mit einer Gesamtgröße von ca. 1.400 m² an. Auf dem eingezäunten Gelände stehen eine Rutsche, eine Schaukel, Reckstangen und eine Seilbahn. Eine Sandfläche ist ebenfalls vorhanden, eine Ballspielmöglichkeit gibt es nicht. Nach den aufgestellten Schildern ist der Spielplatz für Kinder unter 14 Jahren zugelassen und die Nutzungszeit von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr, die der Seilbahn von 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr sowie 15.00 Uhr bis 19.00 Uhr.

Der Spielplatz liegt innerhalb des Bebauungsplangebiets „I. J.“. Die Fläche ist als öffentliche Fläche mit der Zweckbestimmung Spielplatz festgesetzt. Das Grundstück des Klägers liegt innerhalb einer WA-Fläche.

Der Spielplatz ist bereits im Sommer 2000 mit Spielgeräten ausgestattet worden. Aufgrund von Beschwerden des Klägers ist der Startpunkt der Seilbahn, der ursprünglich 7 m von seiner Grundstücksgrenze entfernt lag, weiter nach Süden verschoben worden (jetziger Abstand ca. 21 m). Der Abstand der Endstation der Seilbahn zum nächstgelegenen Punkt des klägerischen Wohnhauses beträgt weiterhin unverändert ca. 32 m. Der Niveauunterschied zwischen Start und Ziel wurde von 120 cm auf 70 cm abgesenkt, um die Geschwindigkeit und damit die Aufprallgeräusche des Anschlagens der Führungsrolle zu verringern. Für die Tieferlegung ist ein Bodenabtrag durchgeführt worden, der in Form von Wällen beidseitig der Seilbahnführung abgelagert worden ist. Dadurch soll eine Lärmminderung erzielt werden. Ergänzend ist eine Bepflanzung unmittelbar an der Grundstücksgrenze des Klägers durchgeführt worden.

Mit Bescheid vom 9. April 2002 erteilte der Beklagte nachträglich antragsgemäß der Beigeladenen eine Genehmigung für die „Errichtung eines Kinderspielplatzes mit Seilbahn und diversen Spielgeräten“. In der genehmigten Baubeschreibung zur Seilbahn heißt es u.a. wie folgt:

Länge ca. 20 m

Höhe Startstation ca. 3,10 m, Höhe Endstation ca. 2,90 m

Seilvorrichtung: Drahtseil (Tragseil) mit dämpfenden Anschlägen vor den beiden Befestigungspunkten

Sitzkonstruktion: Sicherheitspendelsitz aus Hartgummi mit stoßdämpfender Kante und schlauchüberzogener Kettenaufhängung

Laufkatze: Leichtgängiger Laufwagen mit sanddichten Kugellagern und geschlossenem, feuerverzinktem Gehäuse

Schutzwall: Beidseitig parallel der Seilbahn, Breite ca. 3 m, Höhe ca. 1,60 m.

Gegen diese Baugenehmigung legte der Kläger Widerspruch ein. Auf seinen Antrag hin wurde die Seilbahn im Juni 2002 abgebaut. Im September 2002 wurde sie auf Betreiben einiger Eltern wieder aufgebaut und in Betrieb genommen. Seinen Widerspruch begründete der Kläger im Einzelnen wie folgt: Die Baugenehmigung verletze das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Dabei könne offen bleiben, ob man in einem „Kinderspielplatz mit Seilbahn“ noch einen herkömmlichen Spielplatz mit üblicher Ausstattung sehen könne, weil die Seilbahn ca. 40 % der gesamten Spielfläche einnehme, während sich die übrigen Spielgeräte auf der Restfläche zusammendrängten. Auch im Falle einer Befreiung nach § 31 BauGB wäre das Rücksichtnahmegebot zu prüfen. Dieses Gebot sei vorliegend verletzt, da der Betrieb der Seilbahn mit ohrenbetäubendem Lärm verbunden sei. Bei jeder Fahrt der Seilbahn schlagen am Ende der Bahn Metallteile aufeinander und verursachten Geräusche, die denen von Pistolenschüssen oder Hammerschlägen auf Metall/Blech vergleichbar seien. Dieser Lärm sei impulshaltig und werde als besonders störend empfunden. Unerträglich sei auch das ständige Surren, das durch den Seillauf verursacht werde. Die Seilbahn sei die Attraktion des Spielplatzes und ziehe auch Kinder und Jugendliche außerhalb des Baugebietes an. Die Betriebszeiten würden in der Regel nicht eingehalten, eine Gewöhnung oder ein sich Einstellen auf den Lärm sei mithin nicht möglich. Der von der Seilbahn ausgehende Schall gelange ungehindert auf sein Grundstück, der dazwischen liegende Wall sei so niedrig, dass er den anlagenbedingten Lärm nicht abschirmen könne. Ein halbwegs erträglicher oder gar erholsamer Aufenthalt im Garten sei zu den – umfangreichen – Zeiten, in denen die Seilbahn genutzt werde, nicht möglich. Er habe nichts gegen Kinder und gegen Kinderlärm, ihm gehe es um den Lärm, der von der Seilbahn als einer technischen Einrichtung ausgehe, und nicht um den Kinderlärm. Die „Schutzwälle“ lösten zusätzliche wesentliche Beeinträchtigungen aus. Sie seien ein häufig gerade auch von Erwachsenen genutzter Aussichtspunkt, von dem aus man über den Zaun hinweg auf seine Terrasse bis ins Innere des Hauses sehen könne. Zudem befände sich auf der Kuppel des Walles ein nachträglich dort platzierter Baumstamm, von dem aus man „in luftiger Höhe“ alles auf seinem Grundstück einsehen und beobachten könne.

Aufgrund dieses Widerspruches führte der Beklagte am 15. Januar 2003 von 15.30 Uhr bis 15.45 Uhr „orientierende Messungen“ durch. Ausweislich des Protokolls lag der Messort 50 cm vor der Mitte des geöffneten Badezimmerfensters entfernt. Während der Messung wurde die Seilbahn von einer erwachsenen Person bedient, wobei auch Geräusche verursacht wurden, die nicht dem bestimmungsgemäßen Gebrauch des Spielgerätes zuzuordnen seien. Die Seilrolle wurde mehrfach mit erheblichem Kraftaufwand gegen den Anschlag geschlagen. Aus Gründen der „Worst-Case“-Betrachtung sei ein Impulszuschlag von 6 dB(A) berücksichtigt worden. Für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit sei noch einmal ein Zuschlag von 6 dB(A) eingerechnet worden. Die Auslastung der Seilbahn innerhalb der zugelassenen Betriebszeiten sei mit maximal 25 % angenommen worden. Bei diesen Daten kam der Beklagte in Anlehnung an das Messverfahren nach der TA-Lärm zu dem Ergebnis, dass der Beurteilungspegel an Werktagen 52,5 dB(A) und an Sonn- und Feiertagen 54 dB(A) betrage.

Nach Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers sind diese durch die orientierende Messung erlangten Werte nicht aussagefähig. Der Wind sei nicht aus der Hauptwindrichtung gekommen und die angenommene Auslastung mit 25 % sei zu niedrig angesetzt worden. Unabhängig davon folge aus der Einhaltung eines Immissionsrichtwertes nicht schon stets und zwingend die Zumutbarkeit von Lärmimmissionen.

Der Beklagte sah keine Möglichkeit, dem Widerspruch abzuhelfen und gab ihn an die Bezirksregierung Lüneburg zur Entscheidung ab. Mit Schreiben vom 16. Juni 2003 forderte diese den Beklagten auf, in Abstimmung mit dem Niedersächsischen Landesamt für Ökologie ergänzende Lärmmessungen durchzuführen, die auf einen Spielzyklus abgestimmt seien. Der Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach und nahm stattdessen „verdeckte Zählungen“ mehrerer Spielzyklen vor. Diese Zählungen erfolgten an acht Tagen zwischen dem 8. August und dem 7. September 2003 mit einer Gesamtmesszeit von sechs Stunden. Es sei sowohl innerhalb als auch außerhalb der Sommerferien sowie an Wochenenden gezählt worden. Dem Kläger sei angeboten worden, Zeiten vorzugeben, in denen die Seilbahn seiner Erfahrung nach besonders häufig genutzt werde. Entsprechende Zeiträume habe er aber nicht benannt, weil die Seilbahn eher zufällig genutzt werde. Bei den verdeckt durchgeführten Zählungen sei entweder kein Spielbetrieb oder nur ein geringer Spielbetrieb angetroffen worden. Insgesamt kam der Beklagte zu dem Ergebnis, dass die Zählungen und die dabei gemachten Beobachtungen im krassen Gegensatz zu den Ausführungen des Klägers stehen würden. Das Missverhältnis sei dabei so groß, dass auch ohne weitere Messung und Rechnung festgestellt werden könne, dass hier keine erheblichen Lärmbelästigungen im Sinne des BImSchG vorliegen könnten. Von dem Kläger seien keine – für eine objektive Beurteilung verwertbaren – Aufzeichnungen vorgelegt worden. Während der Zählungen habe beobachtet werden können, dass die Kinder überwiegend auf der Straße mit Fahrrädern, Skateboards und Inlinern spielten. Offenbar habe die Seilbahn an Attraktivität verloren und sei nunmehr ein Spielgerät unter anderen.

Mit Bescheid vom 19. Januar 2004 wies die Bezirksregierung Lüneburg den Widerspruch des Klägers zurück. Der Spielplatz in seiner unmittelbaren Nachbarschaft sei nicht rücksichtslos. Eine orientierende Lärmmessung habe ergeben, dass der zugrundezulegende Wert der TA-Lärm tagsüber von 55 dB(A) eingehalten werde. Nach der verdeckt durchgeführten Zählung werde der Spielplatz und insbesondere die Seilbahn angesichts anderer attraktiver Spielgeräte kaum noch genutzt. Bei den wenigen beobachteten Spielzyklen sei festgestellt worden, dass die Benutzung der Seilbahn überwiegend mit lauten Schreien der Kinder verbunden sei. Diese machten die eigentliche Störwirkung der Seilbahn aus und überdeckten das Anlagengeräusch nahezu vollständig.

In der nunmehr gegen diese Bescheide erhobenen Klage vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen. Es bestünden Zweifel an der Wirksamkeit der planerischen Festsetzung „Spielplatz“. Dass die Beigeladene bei Aufstellung des Bebauungsplanes die Lärmproblematik erkannt und einer gründlichen Abwägung unterzogen habe, sei dem Bebauungsplan und seiner Begründung nicht zu entnehmen. Sonst hätte sie entweder einen anderen Standort ausgesucht oder jedenfalls den Zuschnitt des Kinderspielplatzes anders gewählt und Festsetzungen zum Lärm- und Sichtschutz getroffen. So wie ein Bolzplatz nicht in einen normalen Kinderspielplatz integriert werden dürfe, dürfe auch eine Seilbahn, die in ihrer Wirkung dem Fußballspielen auf einem Bolzplatz ähnlich sei, nicht in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung errichtet werden. Die Anwendung der TA-Lärm begegne erheblichen Bedenken. Sie sei auf dauernden oder regelmäßig wiederkehrenden Lärm, nicht aber auf unregelmäßig auftretenden Lärm wie Hundegebell, Tennis- oder Spielplatzlärm zugeschnitten. Insoweit sei es schon nicht richtig, wenn der Beklagte meine, der Lärmrichtwert von 55 dB(A) sei einzuhalten. Er setze damit den Richtwert einem verbindlichen Grenzwert gleich, was nicht zulässig sei. Zu den Umständen, die hier im konkreten Fall zur Unzumutbarkeit der Seilbahn führen, habe er bereits ausführlich vorgetragen. Ergänzend werde auf eine Stellungnahme der K. Ingenieurgesellschaft L. & M. vom 2. März 2005 Bezug genommen. Maßgeblich sei auch nicht, dass die Seilbahnanlage gelegentlich weniger genutzt werde, entscheidend sei allein, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass sie schon morgen „rund um die Uhr“ intensiv genutzt werde. Kinderlärm sei nicht per se und von vornherein völlig unbeachtlich, wenn es darum gehe festzustellen, ob Lärm Nachbarn noch zugemutet werden könne. Richtig sei zwar, dass Kinderlärm in besonderer Weise als grundsätzlich sozialadäquat hinzunehmen sei, gleichwohl gebe es auch hier Grenzen. Wenn ein Standort für besonders lärmintensive Spielgeräte gesucht werde, müsse Rücksicht genommen und Abstand zu Grundstücksbereichen, die der Ruhe und Erholung dienten, eingehalten werden.

Der Kläger beantragt,

die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Kinderspielplatzes mit Seilbahn vom 9. April 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Lüneburg vom 19. Januar 2004 aufzuheben, soweit darin eine Seilbahnanlage mit Schutzwällen genehmigt worden ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertieft die Ausführungen aus den angefochtenen Bescheiden.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie führt aus, dass der Bebauungsplan auf einem klar ablesbaren städtebaulichen und grünräumlichen Konzept beruhe, in das sich u.a. auch die Lage des Spielplatzes sinnvoll und nachvollziehbar einfüge. Das Wohngebiet „I. J.“ werde durch einen breiten Grüngürtel in einen nördlichen und einen südlichen Siedlungsbereich gegliedert. Die Lage des Spielplatzes sei so gewählt worden, dass er zwischen dem Siedlungsgebiet im Norden und dem zusammenhängenden Grünraum liege. Eine Verlagerung des Spielplatzes weiter südlich in das Biotop hinein hätte eine Unterbrechung des Grünraumes zur Folge und widerspräche der landschaftsökologischen Zielsetzung. Aufgrund des § 2 Abs. 2 des niedersächsischen Gesetzes über Spielplätze – NSpielplG – sei sie verpflichtet, Spielplätze in Baugebieten anzulegen. Dies sei in der Regel nur in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Baugrundstücken möglich. Die im Herbst 2000 durchgeführten Veränderungen an der Seilbahn hätten erheblich zur Verringerung der Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks beigetragen. Die festgesetzten Öffnungszeiten würden weitestgehend eingehalten. Zugleich sei, wie auf allen Spielplätzen, nach anfänglich starker Frequentierung des Platzes eine allgemein deutlich schwächere Nutzung festzustellen. Unabhängig davon sei geprüft worden, inwieweit eine Verlagerung der Seilbahn in den Bereich der vorhandenen Ausgleichsflächen möglich sei. Geeignete Flächen würden aber nicht zur Verfügung stehen. Die Bewältigung des Konfliktes aus der Sicht des Klägers wäre nur mit einer Bebauungsplanänderung möglich. Eine solche sei aber nicht beabsichtigt.

In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beigeladenen zu Protokoll erklärt, dass beabsichtigt sei, die aufeinanderschlagenden Metallteile, die den als besonders störend empfundenen impulshaltigen Lärm verursachten, durch Kunststoffteile zu ersetzen. Man verspreche sich hiervon eine deutliche Lärmreduzierung.

Der Einzelrichter der Kammer hat am 16. März 2005 einen Orts- und Verhandlungstermin durchgeführt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtene Baugenehmigung nicht in seinen nachbargeschützten Rechten verletzt.

Die Zulässigkeit des Vorhabens der Beigeladenen richtet sich in bauplanungsrechtlicher Hinsicht nach § 30 Abs. 1 BauGB. Danach ist ein Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, dann zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. Einen solchen qualifizierten Plan stellt der rechtsverbindliche Bebauungsplan „I. J.“ dar. Dieser Plan weist die streitige Fläche als öffentliche Fläche mit der Zweckbestimmung Spielplatz aus und das Grundstück des Klägers als allgemeines Wohngebiet.

28Ob das Vorhaben der Beigeladenen die Voraussetzungen des Bebauungsplans alle einhält, kann vorliegend letztlich offen bleiben. Denn aufgrund eines von einem Nachbarn erhobenen Widerspruchs ist die dem Bauherrn erteilte Baugenehmigung nicht umfassend auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern lediglich darauf, ob gerade eine Verletzung des Nachbarn in eigenen, auch ihn persönlich schützenden Rechten festzustellen ist. Subjektiver Rechtsschutz wird dem Kläger gegenüber einem Planvorhaben durch das Rücksichtnahmegebot vermittelt. Gemäß § 15 Abs. 1 BauNVO können die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig sein, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebietes widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebietes im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden. Selbst wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans im Hinblick auf die Einhaltung des Abwägungsgebots des § 1 Abs. 7 BauGB bestehen würden, wie der Kläger vorträgt, würde sich an dem anzulegenden Maßstab nichts ändern. Dabei kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Bereich, in dem der Spielplatz liegt als Innenbereich i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB oder als Außenbereich i.S.d. § 35 BauGB zu beurteilen wäre. In beiden Fällen wäre Prüfungsmaßstab für die Zulässigkeit des angefochtenen Kinderspielplatzes die Vereinbarkeit mit dem baurechtlichen Rücksichtnahmegebot.

29Eine Verletzung des gegenüber dem Kläger einzuhaltenden baurechtlichen Rücksichtnahmegebots ist durch die Anlage eines Spielplatzes mit einer Seilbahn in seiner unmittelbaren Nachbarschaft aber nicht gegeben. Gemäß § 2 Abs. 2 und 3 NSpielplG müssen Spielplätze für Kinder u. a. in den durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen und reinen Wohngebieten angelegt werden. Die Spielplätze müssen von allen Grundstücken in dem Bereich, für den sie bestimmt sind, auf einem Weg von nicht mehr als 400 m erreicht werden können. Sie müssen so gelegen sein, dass sie gefahrlos erreicht werden können. Soweit die örtlichen Verhältnisse es zulassen, ist auf das Ruhebedürfnis der Anwohner Rücksicht zu nehmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seit der Entscheidung vom 12. Dezember 1991 (- 4 C 5/88 -, BRS 52 Nr. 47) ist ein Kinderspielplatz für eine altersgemäße Entwicklung eines Kindes eine wünschenswerte, wenn nicht gar erforderliche Einrichtung, um einem Kind einen von Beeinträchtigungen der Umwelt weitgehend ungestörten Aufenthalt im Freien zu ermöglichen und ihm u.a. Gelegenheit zu geben, sein Sozialverhalten im Spielen mit anderen Kindern zu trainieren. Um den Bedürfnissen von Kindern und etwaigen Betreuungspersonen Rechnung zu tragen, gehören Kinderspielplätze in die unmittelbare Nähe einer Wohnbebauung; sie sind als deren sinnvolle Ergänzung anzusehen. Art und Umfang der Benutzung eines Kinderspielplatzes sind entsprechend seiner Ausstattung vom Alter der Kinder sowie von den Witterungsverhältnissen abhängig. Während der Sommerzeit halten sich Kinder in aller Regel länger zum Spielen im Freien auf als während der Wintermonate. Die mit der Benutzung eines Kinderspielplatzes für die nähere Umgebung unvermeidbar verbundenen Auswirkungen – vorwiegend Geräusche – sind ortsüblich und sozialadäquat; die mit einer bestimmungsgemäßen Nutzung eines Kinderspielplatzes verbundenen Beeinträchtigungen sind von den Nachbarn hinzunehmen. Nur in einem besonders gelagerten Einzelfall, etwa wegen ihrer Lage unmittelbar neben Wohnräumen, können sie nach § 15 Abs. 1 BauNVO unzulässig sein oder – um Interessenkonflikte auszugleichen – Nutzungsbeschränkungen beispielsweise in zeitlicher Hinsicht bedürfen.

Im vorliegenden Fall ist durch den kleinräumigen Platz mit wenigen Spielgeräten, was von vornherein weniger Kinder anzieht und sich daher lärmmindernd auswirkt, sowie durch Alters- und zeitliche Nutzungsbeschränkungen dem Ruhebedürfnis der Nachbarn in sozialadäquater Weise Rechnung getragen worden. Das schließt nicht aus, dass es auch zu einer zweckentfremdeten Nutzung der Seilbahn und anderer Spielgeräte auch außerhalb der festgesetzten Nutzungszeiten kommt, doch macht ein solches Verhalten die Baugenehmigung nicht von vorn herein rechtswidrig, sondern würde ggf. Anlass geben können, der Baugenehmigung nachträglich nachbarschützende Auflagen beizufügen oder bauordnungsrechtlich einzuschreiten. Derzeit liegen aber hinreichende Anhaltspunkte für eine massive Störung der Nachbarschaft durch den Spielplatz und speziell die Seilbahn, die ein Tätigwerden von Seiten des Beklagten oder der Beigeladenen gebieten würden, nicht vor.

31Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers handelt es sich bei einem Spielplatz mit einer Rutsche, einer Schaukel, Reckstangen, einer Sandfläche und einer Seilbahn auch nicht um einen besonderen Spielplatz. Eine Seilbahn macht den Spielplatz in seinen Auswirkungen noch nicht mit einem Bolzplatz vergleichbar, wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers meint. Eine Seilbahn mag kein „herkömmliches“ Spielgerät nach dem Maßstab älterer Spielplätze sein, doch ist sie heutzutage häufig auf Spielplätzen anzutreffen und wird von der Rechtsprechung nicht als lauteres Spielgerät als andere aus Metall bestehende Geräte angesehen (Hess. VGH, Beschl. v. 13. 9. 1989 – 3 N 4/83 -; VG Karlsruhe, Beschl. v. 4. 2. 2000 – 6 K 3517/99 -; VG Braunschweig, Urt. v. 23. 1. 2004 – 2 A 387-02 -, jeweils zitiert nach juris). Die Geräuscheinwirkungen die von der bestimmungsgemäßen Nutzung eines solchen Spielplatz ausgehen, also insbesondere Kindergeschrei, Rufe von Aufsichtspersonen und durch die Benutzung der Spielgeräte entstehende Geräusche, sind daher von den Anliegern grundsätzlich hinzunehmen, sie verletzten regelmäßig nicht das Gebot gegenseitiger baurechtlicher Rücksichtnahme.

Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass von diesen allgemeinen zur Zumutbarkeit von Spielplätzen – auch mit einer Seilbahn – in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Wohnbebauung entwickelten Grundsätzen abzuweichen und einen besonders gelagerten Einzelfall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anzunehmen. Der Beklagte hat „orientierende Messungen“ vorgenommen und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Werte der TA Lärm eingehalten werden. Ob überhaupt und wenn ja mit welchen Modifikationen die TA Lärm auf von einer Spielplatz-Seilbahn ausgehende Immissionen anwendbar ist und ob mit der vorgenommenen Messung aussagekräftige Lärmwerte erzielt werden konnten, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Die Kammer stellt im vorliegenden Verfahren hinsichtlich der Zumutbarkeit des von der Seilbahn ausgehenden Lärms zum einen darauf ab, dass nach den überzeugenden Darlegungen im Widerspruchsbescheid die Nutzung der Seilbahn überwiegend mit lautem Schreien der Kinder verbunden ist, was als sozialadäquat von den Anliegern regelmäßig hinzunehmen ist, und dass dadurch die Anlagengeräusche der Seilbahn (Surren des Kabels, Aufprallgeräusche am Zielpunkt) nahezu vollständig überlagert werden. Selbst wenn man der Auffassung des Klägers folgt, dass bei dem Aufeinandertreffen von Metallteilen bei Start und Ziel der Seilbahn die dabei entstehenden impulshaltigen Geräusche den Kinderlärm übertönen, ist davon auszugehen, dass in unmittelbarer Zukunft eine Besserung eintreten wird. Denn der Vertreter der Beigeladenen hat in der mündlichen Verhandlung zugesagt, die Metallteile durch Kunststoffteile (verbunden mit einer anderen Technik) zu ersetzen. Dass ein Aufeinanderschlagen von Kunststoff auf Kunststoff wesentlich geringeren impulshaltigen Lärm verursacht als ein Aufeinanderschlagen von Metall auf Metall, liegt auf der Hand.

Entscheidend kommt zum anderen hinzu, dass der Beklagte verdeckte Zählungen über einen längeren Zeitraum an verschiedenen Wochentagen und zu verschiedenen Tageszeiten durchgeführt hat und dabei zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Seilbahn kaum (noch) genutzt wird. Das mag zum einen damit zusammenhängen, dass sie als zunächst neues Spielgerät mittlerweile ihre Attraktivität verloren hat und dass zum anderen den Kindern auf den verkehrsberuhigten Straßen ausreichend Flächen für attraktivere Spielgeräte wie Fahrräder, Inliner und Skate-Boards zur Verfügung stehen. Demgegenüber kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, er müsse aber jederzeit damit rechen, dass die Seilbahn auch wieder in Mode kommen und dann „rund um die Uhr“ genutzt werden könnte. Für diese Annahme gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Der Kläger hat weder die Richtigkeit der durch die verdeckte Zählung gewonnenen Erkenntnisse angezweifelt, noch sich selbst in der Lage gesehen, eigene Erkenntnisse vorzulegen. Er sah sich nach den vorliegenden Verwaltungsvorgängen auch nicht in der Lage, Zeiträume anzugeben, an denen seiner Erfahrung nach die Seilbahn besonders häufig genutzt wird. Die Nutzung sei eher zufällig. Angesichts dieser Umstände begegnet die Rechtsauffassung des Beklagten keinen Bedenken, dass es sich bei dem vorliegenden Kinderspielplatz mit einer Seilbahn um eine in jeder Beziehung herkömmliche Spielplatzanlage handelt, deren lärmmäßige Auswirkungen bei einer – regelmäßig – bestimmungsgemäßen Nutzung von den Anliegern als sozialadäquat hingenommen werden müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO).

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