Zu den Anforderungen an einen Sicherheitshinweis bei Kinderspielzeug

LG Bochum, Urteil vom 13. September 2012 – 14 O 148/12

Zu den Anforderungen an einen Sicherheitshinweis bei Kinderspielzeug

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 755,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Juli 2012 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Beide Parteien verkaufen als gewerbliche Verkäufer im Internet Spielwaren. Nachdem der Kläger sich auf Grund einer Abmahnung der Beklagten deren Angebote näher angesehen hatte, stellte er fest, dass in dem eBay-Angebot mit der Artikel-Nr. # bei einem Spielzeug folgender Warnhinweis enthalten war:

„Sicherheitshinweise

nicht für Kinder unter 36 Monaten geeignet

nur für den Hausgebrauch“

Mit anwaltlichem Schreiben vom 03.07.2012 (Bl. 46 ff. d. A.) mahnte der Kläger die Beklagte wegen Fehlens des Begriffs „Achtung“ gemäß § 3 Abs. 3 der 2. GPSGV ab, diese Abmahnung wies die Beklagte zurück. Auf Antrag des Klägers wurde daraufhin am 13.07.2012 unter dem Aktenzeichen 14 O 134/12 des Landgerichts Bochum der Beklagten durch einstweilige Verfügung untersagt, die erforderlichen Sicherheitshinweise anzugeben, ohne sie mit dem Wort „Achtung“ einzuleiten.

Mit vorliegender Klage macht der Kläger die vorprozessualen Abmahnkosten nach einem Streitwert von 20.000,00 € geltend. Da auf Antrag der Beklagten im einstweiligen Verfügungsverfahren durch Beschluss vom 03.08.2012 angeordnet worden war, dass der Kläger innerhalb von vier Wochen wegen des der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Bochum vom 13.07.2012 zugrundeliegenden Anspruchs Klage zu erheben habe, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 20.08.2012 die Klage erweitert und den Anspruch aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren in diesem Verfahren geltend gemacht. Im Termin ist seitens der Beklagten wegen des Unter- sagungsanspruchs eine Abschlusserklärung abgegeben worden. Die Parteien haben daraufhin den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt.

Der Kläger ist der Ansicht, die vorprozessualen Abmahnkosten stünden ihm zu. Der angesetzte Streitwert sei nicht zu beanstanden, ebenso wenig die angesetzte 1,3 Geschäftsgebühr. Es sei eine vom Gesetz vorgegebene Formalie, die Sicherheitshinweise mit dem Wort „Achtung“ beginnen zu lassen. Dies fehle im Internetauftritt der Beklagten.

Nach übereinstimmender Erledigungserklärung im Übrigen beantragt der Kläger,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 859,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 17.07.2012 zu zahlen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger hinsichtlich der Forderung aus der Rechnung des Rechtsanwalts Dr. Schäfer vom 06.07.2012, Rechnungs-Nr. 1201660 in Höhe eines Teilbetrages von 859,80 € freizustellen. Der Betrag entspricht dem Nettobetrag aus der Rechnung.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, das Landgericht sei wegen des geringen Streitwerts unzuständig. Außerdem sei der Anspruch wegen der geltend gemachten Abmahnkosten unbegründet. Die Abmahnung sei unberechtigt gewesen, weil ihr Handeln nicht geeignet gewesen sei, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Markteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Insoweit verweist sie darauf, dass sie in ihrem Internetauftritt die Warnhinweise mit dem Wort „Sicherheitshinweise“ in dicker roter Schreibweise beginne, so dass sie dem Verbraucher direkt ins Auge springe und nicht übersehen werden könne. Zwar fehle der Begriff „Achtung“, allerdings sei die Art und Weise der Darstellung in ihrem Angebot gleichwertig. Allein die rote Farbe und der Fettdruck sowie die größeren Buchstaben zögen die Aufmerksamkeit auf diesen Passus. Zudem sei die Abmahnung rechtsmissbräuchlich, es handele sich um eine Retourkutsche. Die Abmahnung sei nur ausgesprochen worden, um keine Kosten zahlen zu müssen. Außerdem sei der Streitwert zu hoch und das Landgericht Bochum stehe in keinem Zusammenhang mit den Parteien oder den betroffenen Anwälten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Gründe

Die Klage ist überwiegend begründet.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, war in diesem Verfahren über die außergerichtlichen Abmahnkosten zu entscheiden. Insoweit stand dem Kläger ein Anspruch in Höhe von 755,80 € aus § 12 UWG zu.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Landgericht gemäß § 13 Abs. 1 UWG funktionell zuständig unabhängig vom Streitwert. Darüber hinaus ist durch die Klageerweiterung der Streitwert über 5.000,00 € angestiegen.

Die Abmahnung war berechtigt, da die von der Beklagten erteilten Warnhinweise nicht den Vorgaben entsprachen. Unstreitig sind nach § 11 Abs. 3 der 2. Verordnung zum Geräte- und Produktionssicherheitsgesetzes die Warnhinweise mit dem Begriff „Achtung“ einzuleiten. Dies ist vorliegend nicht geschehen, obwohl es sich um eine zwingende Vorschrift handelt, da die Verordnung besagt, dass diese Warnhinweise mit dem Wort „Achtung“ beginnen müssen. Deshalb ist es zwar einerseits zutreffend, dass die von der Beklagten gewählte Gestaltung die Aufmerksamkeit auf sich zieht, andererseits entspricht sie nicht den Vorgaben. Von daher war die Abmahnung des Klägers berechtigt, da Verbraucherschutzvorschriften betroffen sind, ist insoweit auch nicht wegen der tatsächlich ins Auge fallenden Gestaltung der Warnhinweise eine Bagatelle gegeben.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein Rechtsmissbrauch zu verneinen. Eine Gegenabmahnung ist als solche erlaubt, dass vorliegend sachfremde Motive überwiegen, ist weder ersichtlich noch dargelegt. Zwar ist es zutreffend, dass der Streitwert im vorliegenden Verfahren für die Berechnung der Abmahnkosten etwas hoch angesetzt ist, weil die Kammer im vorliegenden Verfahren die Auffassung vertritt, auf Grund der besonderen Gegebenheiten den Streitwert geringer ansetzen zu müssen. Allerdings ist die Erhöhung des Streitwertes nicht übermäßig, sondern im Bereich des Üblichen, so dass keine überschießenden Gebührenerzielungsinteressen erkennbar sind. Die Wahl des Landgerichts Bochum ist zulässig, auch wenn weder Parteien noch Anwälte diesem Gericht örtlich verbunden sind.

Von daher war die Abmahnung berechtigt, so dass nach § 12 UWG die vorprozessualen Abmahnkosten geltend gemacht werden können. Auf Grund der hier besonderen Gestaltung der Beklagten, die für den Verbraucher gut erkennbar ist, hat die Kammer im vorliegenden Fall allerdings einen Streitwert von 15.000,00 € für ausreichend und angemessen erachtet und auch bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren den Streitwert auf 10.000,00 € festgesetzt. Denn zwar ist ein Verstoß gegen den Gesetzeswortlaut gegeben, weil Warnhinweise zwingend mit dem Begriff „Achtung“ einzuleiten sind, allerdings sind die von der Beklagten erteilten Warn- und Sicherheitshinweise so deutlich gestaltet, dass sie für den Verbraucher nicht übersehbar sind. Ausgehend von einer 1,3 Geschäftsgebühr und einer 20,00 € Auslagenpauschale ergibt sich daher ein Betrag von 755,80 €, der zuzusprechen war. Die darüber hinausgehende Klage war abzuweisen. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 92 ZPO. Die Kosten des Verfahrens waren gemäß § 91a ZPO der Beklagten aufzuerlegen, soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden war. Denn wie bereits dargelegt bestand der geltend gemachte Untersagungsanspruch. Von daher waren die Kosten insoweit der Beklagten aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

Dieser Beitrag wurde unter Wettbewerbsrecht, Zivilrecht abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.