Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 6.2.2013, 7 U 6/12
Schadensersatzklausel für den Fall des Verlustes eines Freizeitparkchips unwirksam
Die Beklagte ist Betreiberin eines Erlebnis-Freizeitparks im südlichen Brandenburg.
Nach der Bezahlung des Eintrittsgeldes stellt die Beklagte den Besuchern des Freizeitparks
ein Armband mit einem Chip zur Verfügung. Besucher, die im Freizeitpark
Leistungen in Anspruch nehmen und z. B. Getränke oder Speisen erwerben, müssen
den Chip scannen lassen. Auf dem Chip voreingestellt ist ein Kreditrahmen von 150
€ bei Erwachsenen bzw. 35 € bei Kindern. Die dort gespeicherten Beträge bezahlt
der Besucher am Ende seines Besuchs. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen
der Beklagten haben die Besucher bei Verlust des Armbandes mit Chip den eingeräumten
Kredit zu entrichten.
Ein Verbraucherschutzverein hat gegen den Freizeitparkbetreiber Klage auf Unterlassung
der Benutzung dieser Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen
erhoben. Er hat gemeint, die Pauschale bei Verlust des Chips übersteige den nach
dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge eintretenden Schaden. Der Freizeitparkbetreiber
hat sich demgegenüber darauf berufen, nur in 0,001 % der Fälle seien Kunden in
Höhe der Pauschale in Anspruch genommen worden, dort sei auch regelmäßig der
Verdacht unredlichen Verhaltens gegeben gewesen.
Das Landgericht Cottbus hat die Klage durch Urteil vom 19.12.2011 abgewiesen,
weil es der Auffassung war, die Pauschalen entsprächen dem nach dem gewöhnlichen
Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden. Auf die Berufung des Verbraucherschutzvereins
hat das Brandenburgische Oberlandesgericht den Freizeitparkbetreiber
zur Unterlassung verurteilt.
Zur Begründung hat der zuständige 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts ausgeführt,
die Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfülle zwei Funktionen.
Zum einen solle der Besucher, der Leistungen im Freizeitpark in Anspruch genommen
habe, sich durch die Behauptung, er habe den Chip verloren, nicht der Verpflichtung
entziehen können, diese Leistungen zu bezahlen. Zum anderen solle jedoch
auch der redliche Besucher, dem der Chip abhanden gekommen sei, für sämtliche
Entgelte einstehen, die ein unehrlicher Finder auf den Chip buche.
Der Schaden übersteige der Höhe nach den gewöhnlichen Schaden. Denn es sei
angesichts der von dem Freizeitparkbetreiber für seine Sonderleistungen verlangten
Preise nicht ohne weiteres möglich, den Betrag von 150 € voll in Anspruch zu nehmen.
In vielen Fällen werde ein nicht verbrauchter Spitzenbetrag auf dem Chip
verbleiben.
Die Klausel sei auch deshalb unwirksam, weil dem Besucher eine Verpflichtung zum
Schadensersatz auferlegt werde, ohne dass ein Verschulden vorliegen müsse. Auch
wenn insoweit nur wenige Fälle denkbar seien, müsse dem Besucher doch die Möglichkeit
eingeräumt werden nachzuweisen, dass er den Verlust des Chips nicht verschuldet
habe.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Oberlandesgericht hat die Revision zum
Bundesgerichtshof zugelassen.
Quelle: Pressemitteilung des Brandenburgischen Oberlandesgerichtes vom 28.02.2013