BGH, Urteil vom 05.12.1995 – VI ZR 398/94
Ein Verstoß des Geschädigten gegen die Verpflichtung, seine verbliebene Arbeitskraft gewinnbringend einzusetzen, kann nur dann angenommen werden, wenn er zur Verwertung der Arbeitskraft in der Lage ist.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 22. November 1994 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Die 1949 geborene Klägerin nimmt den Beklagten zu 1) sowie die Beklagte zu 2) als dessen Haftpflichtversicherer nach einem Verkehrsunfall vom 31. Januar 1988 auf Ersatz von Verdienstausfallschaden in Anspruch. Die Ersatzpflicht der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig.
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Die Klägerin hat durch den Unfall u.a. eine distale Radiusfraktur an der rechten Hand erlitten. Sie verfügt über keine qualifizierte Berufsausbildung. Nach zunächst abhängiger Tätigkeit in der Gastronomie hat sie sich 1982/1983 mit einem Bistro-Betrieb selbständig gemacht und war nach ihrer Eheschließung von März 1986 bis November 1987 als Hostess auf einer Segelyacht tätig, die ihr Ehemann als Schiffsführer für eine Gesellschaft gechartert hat. Aus einem Anstellungsvertrag mit dieser Gesellschaft hat die Klägerin unstreitig einen monatlichen Nettoverdienst von 4.750 DM erzielt. Nach ihrem Unfall hat ihr Ehemann den Charterbetrieb mit Fremdpersonal fortgesetzt, bis die Yacht am 29. März 1992 abhanden kam. Im Februar 1994 erwarb der Ehemann ein anderes Schiff und führt seither wieder Segeltörns durch. Die Beklagte zu 2) hat der Klägerin den Verdienstausfall bis zum 30. April 1992 mit monatlich 4.750 DM ersetzt sowie weitere 10.000 DM gezahlt, welche die Klägerin auf ihren Verdienstausfall für Mai und Juni 1992 verrechnet hat. Mit der Klage verlangt sie u.a. Ersatz von Verdienstausfall ab Juli 1992. Sie hat geltend gemacht, seit dem Unfall im Jahr 1988 sei sie dauernd arbeitsunfähig. Jedenfalls könne sie im Hinblick auf ihren besonderen beruflichen Werdegang sowie wegen ihrer unfallbedingten Beeinträchtigungen keine ihrer früheren Tätigkeit vergleichbare Stellung in der Gastronomie finden. Der Verlust des ersten Schiffs sei für ihre Einkommenslage ohne Bedeutung, weil ihr Ehemann ohne ihre Unfallverletzung sogleich ein anderes Schiff angeschafft haben würde.
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Das Landgericht hat der Klägerin mit Teilurteil eine monatliche Rente von 4.750 DM von Juli 1992 bis Juli 2004 – Vollendung des 62. Lebensjahres ihres Ehemannes – zugebilligt und die insoweit weitergehende Klage abgewiesen. Hiergegen haben die Beklagten mit dem Ziel völliger Klagabweisung und die Klägerin mit dem Antrag auf Zuerkennung der Rente bis September 2014 Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil unter Abweisung der weitergehenden Klage die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung einer monatlichen Rente von 1.300 DM vom 1. März 1994 bis 30. September 2014 verurteilt und im übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin den geltend gemachten Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe
I.
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Das Berufungsgericht führt aus, die Klägerin könne Ersatz von Verdienstausfallschaden nach § 252 Satz 1 BGB sowie § 11 StVG verlangen, weil sie unfallbedingt die rechte Hand und den rechten Arm nicht mehr für Arbeiten einsetzen könne, die grobe Kraft erforderten, und sie deshalb ihrer früheren Tätigkeit als Hostess auf dem von ihrem Ehemann gecharterten Schiff nicht mehr nachgehen könne. Es sei davon auszugehen, daß die Klägerin die durch den Unfall unterbrochene Mitarbeit nach Neuerwerb eines Schiffes zu den früheren Bedingungen aufgenommen und mithin wieder den unstreitigen Nettoverdienst von 4.750 DM monatlich erzielt haben würde. Das gelte jedoch erst ab März 1994, weil nach dem von der Klägerin vorgelegten Zeitplan Segeltörns erst ab 12. März 1994 hätten gebucht werden können. Deshalb sei eine Anstellung für den gesamten März 1994 als wahrscheinlich anzusehen, während nicht ersichtlich sei, daß bereits für die Überführungsfahrt im Februar 1994 ein voller Monatsverdienst hätte erzielt werden können.
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Auf den hiernach zugrundezulegenden Verdienstausfall müsse sich die Klägerin jedoch gemäß § 254 Abs. 2 BGB anrechnen lassen, was sie durch anderweitigen Einsatz ihrer Arbeitskraft hätte erzielen können. Daß sie die Einschränkung ihrer Erwerbsfähigkeit sowie ihre Verpflichtung zur Verwertung ihrer verbleibenden Arbeitskraft jedenfalls zunächst falsch eingeschätzt habe, gehe zu ihren Lasten. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, daß ihr der Arbeitsmarkt verschlossen sei. Nachdem die Beklagten sie auf eine Tätigkeit in ihrem früheren Berufsfeld verwiesen hätten, hätte sie dartun müssen, was sie unternommen habe, um eine für sie geeignete Tätigkeit zu finden. Da sie nach eigenem Vortrag langjährige Erfahrung im Gastronomiebereich besitze und sich dort eine leitende Stellung erarbeitet habe, wobei sie sich selbst als hervorragende Fachkraft bezeichne, seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß sie bei nachhaltigen und ernsthaften Bemühungen keinen Arbeitsplatz in diesem Bereich hätte finden können.
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Das von der Klägerin erzielbare Einkommen sei unter Zugrundelegung des Tarifvertrags vom 12. April 1994 für das Gaststätten- und Hotelgewerbe in B. und unter Hinzurechnung von im früheren Arbeitsvertrag nicht enthaltenen Arbeitgeberleistungen gemäß § 287 ZPO auf monatlich 3.450,93 DM netto zu schätzen, so daß sich gegenüber dem früher erzielten Einkommen eine Differenz von monatlich 1.300 DM ergebe. Eine entsprechende Rente könne die Klägerin bis zum voraussichtlichen Ende ihrer Erwerbstätigkeit bei Vollendung des 65. Lebensjahres verlangen. Auch wenn die zugrundezulegende Verdienstmöglichkeit von unternehmerischen Entscheidungen ihres Ehemannes abhänge, könne doch insoweit nicht an ein bestimmtes Alter des Ehemannes angeknüpft werden.
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Für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis 28. Februar 1994 könne die Klägerin keinen Verdienstausfall verlangen, weil für diesen Zeitraum die bisherige Erwerbsmöglichkeit durch das Abhandenkommen des Schiffs unabhängig von der Unfallverletzung entfallen sei. Insoweit könne die Klägerin nicht auf das Angebot einer Firma C. vom 25. Mai 1992 verweisen, weil es sich hierbei nicht um eine realistische Erwerbschance gehandelt habe. Sie könne auch nicht geltend machen, daß ihr Ehemann ohne ihre Unfallverletzung nach dem Verlust der Segelyacht alsbald ein anderes Schiff für den Charterbetrieb erworben haben würde, auf dem sie hätte mitarbeiten können. Gemäß § 252 Satz 2 BGB gelte nämlich nur derjenige Gewinn als entgangen, der nach dem gewöhnlichem Lauf der Dinge oder den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden könne. Nach den besonderen Umständen des Falles sei jedoch die Neuanschaffung eines Schiffs kurz nach dem Verlust des ersten Schiffs nicht zu erwarten gewesen, wie sich daraus ergebe, daß die Neuanschaffung erst fast zwei Jahre später erfolgt sei. Konkrete Planungen für eine frühere Ersatzbeschaffung seien nicht dargetan. Die Klägerin müsse sich deshalb für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis 28. Februar 1994 in vollem Umfang auf die Möglichkeit zur Erzielung eines eigenen Einkommens verweisen lassen.
II.
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Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht durchweg stand.
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1. Die Revision nimmt den Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß die Klägerin ohne den Unfall jedenfalls ab März 1994 wieder einen monatlichen Nettoverdienst in Höhe von 4.750 DM erzielt haben würde, als ihr günstig hin. Erfolgreich bekämpft sie jedoch die Auffassung, daß hiervon im Hinblick auf die Schadensminderungspflicht der Klägerin ein fiktives Arbeitseinkommen von 3.450,93 DM monatlich in Abzug zu bringen sei.
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a) Dabei trifft es allerdings im Ansatz zu, daß eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Klägerin in Betracht kommt. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (z.B. Urteile vom 24. Februar 1983 – VI ZR 59/81 – VersR 1983, 488, 489 und vom 9. Oktober 1990 – VI ZR 291/89 – VersR 1991, 437, 438, jeweils m.w.N.) obliegt es nämlich dem Verletzten im Verhältnis zum Schädiger, seine verbliebene Arbeitskraft in den Grenzen des Zumutbaren so nutzbringend wie möglich zu verwerten. Hiervon geht auch die Revision aus, wobei sie einräumt, daß die allgemeine Erwerbsfähigkeit der Klägerin seit Juli 1992 nicht mehr eingeschränkt ist und die Klägerin sich jedenfalls nach Ablehnung der Weiterzahlung durch die Beklagte zu 2) nicht mehr darauf verlassen durfte, die Zahlungen würden nach Wiederanschaffung eines Schiffs in der früheren Höhe wieder aufgenommen. Die Verpflichtung zur Verwertung der Arbeitskraft setzt indes voraus, daß der Verletzte überhaupt die Möglichkeit hat, die verbliebene Arbeitskraft gewinnbringend einzusetzen (Senatsurteil vom 9. Oktober 1990 – aaO; vgl. auch Senatsurteil BGHZ 91, 357, 365 f.). Unter diesem Blickpunkt macht die Revision geltend, daß es eine der Klägerin zumutbare Erwerbstätigkeit nicht gebe und ihr der allgemeine Arbeitsmarkt verschlossen sei.
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b) Im Ergebnis mit Recht rügt die Revision, daß sich das Berufungsgericht mit diesem Vorbringen der Klägerin nicht hinreichend auseinandergesetzt hat. Dessen Annahme, daß die Klägerin bei nachhaltigen Bemühungen eine Erwerbstätigkeit in ihrem früheren Arbeitsbereich hätte finden können, wird dem Einwand der Klägerin nicht gerecht, daß sie keine Ausbildung habe, Mitte 40 sei und für aufsichtsführende Tätigkeiten keinerlei Referenzen habe, so daß niemand sie einstellen werde. Die Klägerin hat dies dahin erläutert, daß einerseits nur aufsichtsführende Tätigkeiten für sie in Frage kämen, weil sie durch die unfallbedingte Beeinträchtigung nicht mehr imstande sei, selbst “mit anzupacken”, wie dies bei normalem Einsatz im Gaststättengewerbe erforderlich sei, ihr andererseits jedoch für eine ausschließlich leitende Stellung in einem fremden Unternehmen die erforderliche Ausbildung und Referenzen fehlten und die von ihr vor dem Unfall erarbeitete leitende Stellung nicht in einem fremden Gaststättenbetrieb reproduzierbar sei, zumal unter Berücksichtigung der unfallbedingten Einschränkung ihres Einsatzes.
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Im Hinblick auf dieses Vorbringen begegnet es durchgreifenden Bedenken, wenn das Berufungsgericht aus dem beruflichen Werdegang der Klägerin und ihrer Selbsteinschätzung als hervorragende Fachkraft schließen will, daß sie bei nachhaltigen Bemühungen einen Arbeitsplatz hätte finden können. Jedenfalls hätte es sich mit den gegen diese Annahme sprechenden Gründen auseinandersetzen müssen, welche die Klägerin deutlich aufgezeigt hat.
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Das Berufungsurteil kann auch nicht mit der Erwägung gehalten werden, daß die Klägerin ihrer neben dem im Rahmen des § 254 BGB grundsätzlich beweisbelasteten Schädiger bestehenden Darlegungslast nicht genügt habe (dazu Senatsurteil vom 9. Oktober 1990 – aaO). Die Beklagten haben nämlich dem Vorbringen der Klägerin, daß sie trotz ständiger Auswertung der Stellenangebote in den Zeitungen keine passende Stelle gefunden habe, nichts entgegengesetzt. Bei dieser Sachlage hat die Klägerin jedenfalls durch das Schreiben des Dehoga-Fachverbandes hinreichend dargelegt, daß es im Gaststättengewerbe des hier zu beurteilenden Einzugsgebiets für sie keine realistische Möglichkeit zu einen Arbeitseinsatz gebe, weil es sich meist um kleinere Familienbetriebe handele, in größeren Unternehmen jedoch eine spezifische Ausbildung gefordert werde. Deshalb beruht die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne bei entsprechenden Bemühungen eine Anstellung in der Gastronomie finden, auf einer Verkennung der Darlegungslast und erweist sich deshalb als verfahrensfehlerhaft. Mithin bedarf die Frage, ob die Klägerin unter Berücksichtigung ihres beruflichen Werdegangs und ihrer persönlichen Fähigkeiten eine zumutbare Erwerbstätigkeit finden kann, einer erneuten Prüfung, wobei auch die vom Berufungsgericht zugrundegelegten und von der Revision nochmals hervorgehobenen unfallbedingten Einschränkungen bei körperlicher Arbeit in Betracht zu ziehen sind.
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Kann deshalb auf Grundlage der derzeitigen Feststellungen nicht von einer Anstellung der Klägerin im Gaststättengewerbe ausgegangen werden, so bedarf es keines Eingehens auf die Beanstandungen der Revision und der Revisionserwiderung zur Berechnung des fiktiven Erwerbseinkommens (vgl. zur Berechnung nach Brutto- oder Nettoeinkommen Senatsurteil BGHZ 127, 391 ff.) sowie auf die von der Revision auf §§ 139, 278 Abs. 3 und 156 ZPO gestützten Verfahrensrügen.
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2. Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis 28. Februar 1994 komme ein Verdienstausfall der Klägerin nicht in Betracht.
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a) Für den Zeitraum vom 1. Juli 1992 bis 31. Januar 1994 hat das Berufungsgericht einen solchen Schaden verneint, weil die Klägerin nach dem Abhandenkommen des Schiffs keine Möglichkeit gehabt habe, das bisherige Einkommen von 4.750 DM weiter zu erzielen.
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aa) Soweit das Berufungsgericht das von der Klägerin vorgelegte Angebot der Firma C. vom 25. Mai 1992 nicht für eine realistische Erwerbschance hält, rügt die Revision mit Recht, daß dieses Angebot nach seinem in erster Linie zu berücksichtigenden Wortlaut entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Bedingungen der Anstellung enthält, nämlich dergestalt, daß die Klägerin zu den Konditionen des bisherigen Vertrags eingestellt werden könne. Auch das Protokoll über die persönliche Anhörung der Klägerin vor dem Berufungsgericht stützt nicht dessen Auffassung, daß es sich um eine Anstellungsmöglichkeit ohne nähere konkrete Konditionen gehandelt habe. Wird mithin die Begründung des Berufungsgerichts auch zu diesem Punkt nicht von fehlerfreien Feststellungen getragen, so wird das Berufungsgericht hierauf bei der erneuten Sachbehandlung eingehen und dabei auch den Einwand der Beklagten prüfen müssen, daß es sich nicht um ein ernsthaftes Angebot gehandelt habe.
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bb) Ebenso begegnet die Auffassung des Berufungsgerichts, daß der Ehemann der Klägerin auch ohne deren Unfall das erste Schiff erst zwei Jahre später ersetzt und erst dann die Möglichkeit zur Weiterarbeit der Klägerin geschaffen haben würde, durchgreifenden Bedenken.
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Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß der entgangene Gewinn nach § 252 Satz 2 BGB zu beurteilen ist und es deshalb darauf ankommt, ob der geltend gemachte Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte (Senatsurteil vom 17. Januar 1995 – VI ZR 62/94 – VersR 1995, 422, 424 sowie BGHZ 100, 36, 49). Zweck dieser Vorschrift ist es, dem Geschädigten den Beweis für die Erzielung des Gewinns zu erleichtern und zugleich seine Darlegungslast entsprechend zu vermindern (Senatsurteil vom 17. Januar 1995 – aaO sowie BGHZ 100, 36, 49 f.).
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Von daher macht die Revision mit Recht geltend, daß das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin wie auch die Zeugenaussage ihres Ehemanns nicht vollständig gewürdigt hat. Der Ehemann der Klägerin hat nämlich bei seiner Vernehmung bekundet, daß er – unabhängig von der Auszahlung der Versicherungsleistung – längst ein neues Schiff gekauft oder gechartert und damit die gewinnbringende Tätigkeit fortgesetzt haben würde, wenn nur seine Frau gesund gewesen wäre und sie die Tätigkeit gemeinsam hätten fortsetzen können. Als Grund dafür, daß er den Geschäftsbetrieb nach Verlust des ersten Schiffs nicht sogleich fortgesetzt habe, hat er angegeben, daß die Ehe unter den langen Trennungen nach dem Unfall der Klägerin, nämlich Fahrten mit fremdem Personal, und den unfallbedingten psychischen Belastungen der Klägerin gelitten habe, so daß die Fahrten zunächst einmal hätten ausgesetzt werden müssen. Damit hat er einen plausiblen Grund für die zeitweilige Aussetzung des Geschäftsbetriebs genannt, der auch in innerem Zusammenhang mit dem Unfallereignis steht. Im übrigen hat die Revision auf den Vortrag der Klägerin hingewiesen, wonach für die Saison 1992 Charterverträge im Wert von 200.000 DM bestanden hätten, so daß eine gewinnbringende Tätigkeit zu erwarten gewesen sei.
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Diesen besonderen Umständen wird die Auffassung des Berufungsgerichts nicht gerecht, die Neuanschaffung eines Schiffs sei in nahem zeitlichen Zusammenhang mit dem Verlust nicht zu erwarten gewesen, weil sie tatsächlich erst zwei Jahre später erfolgt sei und keine konkreten Planungen zur Neuanschaffung vorgetragen worden seien. Wenngleich die revisionsrechtliche Nachprüfung der Erwägungen des Tatrichters in dem hier maßgeblichen Rahmen des § 287 ZPO eingeschränkt ist, können doch die Ausführungen des Berufungsgerichts keinen Bestand haben, weil sie den Sachverhalt nicht vollständig würdigen und überdies – was die Revision ebenfalls rügt – in Überschreitung des Beweismaßes nach § 252 Satz 2 BGB, § 287 ZPO die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung überspannen (vgl. Senatsurteil BGHZ 74, 221, 224 ff., 226 sowie BGHZ 29, 393, 398 ff.).
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Da der Ehemann der Klägerin als Zeuge bekundet hat, es wäre ihm aus finanzieller Sicht möglich gewesen, schon vor Auszahlung der Versicherungssumme ein neues Schiff zu finanzieren, und nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch eine Bankfinanzierung bereits im April 1992 in Betracht kam, durfte das Berufungsgericht jedenfalls nicht ohne Abwägung mit den besonderen Gründen, welche die Klägerin für die zeitweilige Unterbrechung des Geschäftsbetriebs geltend gemacht hat, allein aus der erst später erfolgten Anschaffung eines neuen Schiffs schließen, daß auch ohne den Unfall kein früherer Erwerb erfolgt wäre. Überdies hätte sich das Berufungsgericht mit der vom Ehemann der Klägerin bekundeten Möglichkeit auseinandersetzen müssen, ein neues Schiff nicht zu kaufen, sondern zu chartern und damit die gewinnbringende Tätigkeit fortzusetzen.
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b) Bedenken begegnet schließlich auch die Begründung, mit welcher das Berufungsgericht einen Verdienstausfall der Klägerin für Februar 1994 verneint. Soweit das Berufungsgericht von einer fiktiven Wiederaufnahme der Tätigkeit der Klägerin erst ab März 1994 ausgeht, weil nach dem von ihr vorgelegten Zeitplan erst ab 12. März 1994 Segeltörns hätten gebucht werden können, macht die Revision geltend, daß dieser Zeitplan auch eine Überführungsfahrt vom 16. bis 26. Februar 1994 enthalte, die nach dem Vortrag der Klägerin besonders, nämlich als “Überführungstörn” vermarktet worden und auch ausgebucht gewesen sei. Hat jedoch das Berufungsgericht eine Anstellung der Klägerin für den gesamten März 1994 für wahrscheinlich erachtet, weil Segeltörns ab 12. März 1994 angeboten worden sind, so hätte es prüfen müssen, ob entsprechende Erwägungen für Februar 1994 zu gelten haben, weil die Klägerin sich darauf berufen hat, daß sie ohne den Unfall auch für den “Überführungstörn” als Hostess eingesetzt worden wäre und deshalb für den vollen Monat Februar 1994 Einkommen erzielt hätte. Bei dieser Sachlage kann ein Verdienstausfallschaden der Klägerin für diesen Monat jedenfalls nicht mit der vom Berufungsgericht hierfür gegebenen Begründung verneint werden.