OLG Brandenburg, Urteil vom 10. Juli 2007 – 6 U 12/07
Fehlende Angabe von Namen und Vornamen des Firmeninhabers ist bei Geschäftsbriefen kein Wettbewerbsverstoß
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 11.01.2007 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam – 51 O 151/06 – abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klägerin beansprucht von dem Beklagten den Ersatz ihr entstandener Abmahnkosten.
Die Parteien sind in der Baubranche tätig. Die Klägerin ist eine GmbH, der Beklagte betreibt unter einer Firma ein einzelkaufmännisches Unternehmen. Der Beklagte gab auf seinen Geschäftsbriefen seine Firma, seine Anschrift und seine Telefonnummer an, jedenfalls auf einem seiner Geschäftsbriefe fehlt die Angabe der Person des Inhabers des Unternehmens mit Vor- und Zunamen.
Die Klägerin mahnte den Beklagten deswegen mit Schreiben vom 5.10.2006 (Bl. 6-8 d. A.) ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Übernahme der durch die Einschaltung ihres Verfahrensbevollmächtigten entstandenen Kosten auf.
Der Beklagte gab mit Schreiben vom 9.10.2006 (Bl. 9-10 d. A.) ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine gegenüber der Abmahnung eingeschränkte Unterlassungserklärung ab und erklärte, dass er die Abmahnkosten nicht übernehmen werde.
Die Klägerin übersandte dem Beklagten unter dem 10.10.2006 (Bl. 11-12 d. A.) eine Gebührenrechnung für die Abmahntätigkeit ihres Rechtsanwalts über 859,80 €, der ein Streitwert von 20.000 € zu Grunde liegt. Der Beklagte beglich diese Rechnung nicht.
Die Klägerin hat gemeint, sie habe den Beklagten zu Recht abgemahnt, weil ein Wettbewerbsverstoß vorgelegen habe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 859,60 € nebst Zins von 8 Prozentpunkten über dem Basiszins der EZB seit dem 16.10.2006 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat gemeint, es liege kein Wettbewerbsverstoß vor. Im Übrigen handele es sich um einen unterhalb der Bagatellgrenze liegenden Vorgang.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Abmahnung sei berechtigt gewesen. Der Klägerin habe ein Unterlassungsanspruch zugestanden. Nach der Gewerbeordnung sei der Beklagte verpflichtet, auf allen Geschäftsbriefen an einen bestimmten Empfänger seinen Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornahmen anzugeben. Dies habe er unterlassen. Diese Informationspflicht diene dem Verbraucherschutz und der Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Leistungen. Dadurch, dass der Beklagte durch die fehlende Angabe des Inhabers der Firma die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche erschwere, verschaffe er sich einen Wettbewerbsvorteil.
Gegen dieses Urteil, ihm zugestellt am 16.1.2007, hat der Beklagte durch bei Gericht am 7.2.2007 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Der Beklagte meint, da er nur auf einem Briefbogen den Vornamen und den Nachnamen des Firmeninhabers nicht angegeben habe, handele es sich um eine nur unerhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 11.1.2007 – 51 O 151/06 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.
Die gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten hat Erfolg. Auf das Rechtsmittel hin war die Klage abzuweisen. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Erstattung der durch die Abmahnung vom 5.10.2006 verursachten Kosten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu. Die Abmahnung ist nicht berechtigt gewesen.
Der Klägerin stand gegen den Beklagten kein Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG zu. § 3 UWG verbietet unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber oder der Verbraucher nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Eine solche Handlung hat der Beklagte nicht begangen.
1.) Der von der Klägerin beanstandete Verstoß gegen § 15b Abs. 1 GewO ist schon nicht geeignet, den Wettbewerb zu beeinflussen.
Zwar hat der Beklagte unstreitig seine aus der Gewerbeordnung resultierende Verpflichtung verletzt, seinen Familiennamen und einen ausgeschriebenen Vornamen in einem seiner Geschäftsbriefe anzugeben. Dieser Umstand beeinflusst den Wettbewerb jedoch nicht.
Die Klägerin hat nichts dazu vorgetragen, um was für ein Schreiben des Beklagten es sich gehandelt hat, in dem die maßgeblichen Angaben fehlten, insbesondere ob es sich um ein Vertragsangebot gehandelt hat oder ein Schreiben innerhalb einer laufenden Geschäftsbeziehung oder um ein Schreiben im Rahmen einer Vertragsabwicklung. Die Klägerin hat das Schreiben im Verlaufe des Rechtsstreits nicht zur Akte gereicht.
Wenn es sich um ein Schreiben im Vorfeld eines Vertragsschlusses gehandelt haben sollte, kann die unterbliebene Angabe von Namen und Vornamen des Firmeninhabers keine für den Beklagten vorteilhafte Wirkung haben, wenn sie denn überhaupt eine Wirkung hat.
Im Regelfall wird sich ein Verbraucher vor einem Vertragsabschluss keine Gedanken darüber machen, welche natürliche Person Inhaber einer Handelsfirma ist. Dann ist eine Unterlassung wie diejenige, die die Klägerin beanstandet, ohne Bedeutung für den Wettbewerb.
In der Baubranche, in der die hier streitenden Parteien tätig sind, mag es anders sein. So erscheint es denkbar, dass ein Bauherr, der ein Bauunternehmen für das von ihm geplante Bauvorhaben sucht, wegen der relativ großen wirtschaftlichen Bedeutung solcher Vorhaben vor Abschluss eines Vertrages wissen möchte, mit wem er es zu tun hat. In einem derartigen Fall erscheint es allerdings ausgeschlossen, dass Unternehmen im Wettbewerb davon profitieren könnten, dass sich ihr Firmeninhaber nur mit Schwierigkeiten ermitteln lässt. Derartige Unklarheiten sind Umstände, die zu Misstrauen Anlass geben und die einen Bauherrn davon abhalten werden, mit einem solchen Unternehmen Geschäfte zu machen.
28Sollte es sich bei dem beanstandeten Schreiben um ein solches handeln, dass der Beklagte nach einem Vertragsschluss verfasst hat, kann es sich für einen Vertragspartner durchaus als notwendig erweisen, den Firmeninhaber zu ermitteln. Bei einem bereits geschlossenen Vertrag ist jedoch der Wettbewerb um den konkreten Kunden beendet. Handlungen, die erst nach Vertragsschluss vorgenommen werden, sind keine Wettbewerbshandlungen. Der Senat vermag deshalb dem Argument des Landgerichts nicht zu folgen, der Beklagte erschwere durch die fehlende Angabe des Inhabers der Firma die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche und verschaffe sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil. Der Vorteil, den sich der Beklagte möglicherweise verschafft, ist wirtschaftlicher Natur, es handelt sich jedoch nicht um einen Vorteil im Wettbewerb.
Im Übrigen gibt es keinen entsprechenden Vorteil. Der Beklagte ist Kaufmann, weil er ein Gewerbe betreibt, § 1 HGB. Er kann unter seiner Firma klagen und verklagt werden, § 17 Abs. 2 HGB. Da er seine Anschrift in seinem Geschäftsbrief angegeben hat, kann er von seinen Vertragspartnern ohne weitere Ermittlungen gerichtlich in Anspruch genommen werden.
2.) Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass das Schreiben des Beklagten, dessen Inhalt die Klägerin dem Gericht nicht einmal bekannt gemacht hat, geeignet wäre, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu beeinflussen. Angesichts des Bestreitens des Beklagten trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Wettbewerb nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird, die Klägerin. Hierzu hat sie nichts vorgetragen.
3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, § 543 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.