Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.04.2014 – L 1 KR 57/13
Zur Frage, ob ein Cutter/Editor sozialversicherungspflichtig beschäftigt oder selbstständig tätig ist.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Januar 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Im Streit ist der sozialversicherungsrechtliche Status des Klägers in seiner Tätigkeit als Editor für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 28. August 2009 bis zum 5. Oktober 2009.
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Der Kläger ist Diplom-Schnittmeister und nach eigenen Angaben seit 2001 selbständig. Im Jahr 2009 hatte er nach eigenen Angaben vier bis sechs Auftraggeber.
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Die Beigeladene zu 1) ist eine sogenannte Post-Produktions-Firma. Diese Firmen produzieren nicht selbst Filme. Die Postproduktion eines Filmes umfasst die Bearbeitung bereits produzierter Aufnahmen, insbesondere den Schnitt und die digitale Nachbearbeitung von Aufnahmen am Computer sowie das Vertonen und Unterlegen der Aufnahmen mit Musik. Die Beigeladene zu 1) beschäftigt u. a. drei festangestellte Cutter. Die Produktionsfirmen können die Schnittplätze der Beigeladene zu 1) mieten und ggf. auch Cutter der Beigeladenen zu 1) hierfür in Anspruch nehmen.
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Vom 28. August 2009 bis zum 5. Oktober 2009 war der Kläger für die Beigeladene zu 1) als Editor für die Sendereihe „t – Folge 1-4“ tätig. Hierbei handelt es sich um eine vierteilige Reihe für das Magazin „t“ des Senders P. Die einzelnen Teile sind in sich abgeschlossene Filme. Inhaltlich geht es darum, dass zwei Fotografen in acht Stunden in einer Fußgängerzone oder in einem Café jeweils eine Frau finden müssen, die nach ihrer fachkundigen Meinung für eine Tätigkeit als Model in Frage kommen und die Interesse an einer derartigen Tätigkeit haben. Ist eine entsprechende Frau gefunden, wird sie mit Hilfe eines Stylisten und Kosmetikers bzw. Visagisten entsprechend gestylt. Eine Jury beurteilt schließlich, welche der beiden Frauen das Gewinnermodel ist. Sie erhält einen Gewinn.
Grundlage der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) war ein als „Werkvertrag“ überschriebener Vertrag vom 15. August 2009, der (in Auszügen) den folgenden Wortlaut hat:
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§ 1 Gegenstand
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Gegenstand des Vertrages ist die Erbringung von werkvertraglichen Leistungen durch den Auftragnehmer. Der Arbeitstitel des Werkes lautet:
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TM – Folge 1 bis 4“
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§ 2 Leistungsumfang
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Der Auftragnehmer führt die in diesem Vertrag beschriebenen Leistungen (nachfolgend – Leistungen – genannt) aus. Die Leistungen sind wie folgt definiert:
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Der Auftragnehmer bietet seine Dienste als Editor an. Hierzu zählen die inhaltliche und gestalterische Filmmontage von Videomaterial, welches vom Auftraggeber angeliefert wird. Der Auftragnehmer verpflichtet sich neben der künstlerischen Gestaltung des Endproduktes zu einer normgerechten technischen Umsetzung des Bild- und Tonmaterials. Hierzu zählen z. B. der harmonische Einsatz von Musik im Allgemeinen, eine harmonische Tonmischung, die ästhetische Umsetzung von Farbkorrekturen, sowie die Einhaltung video- und audiotechnischer Normen. Die Abgabe des Werkes erfolgt entweder auf einer Digi-Beta-Kassette oder wenn weitere Maßnahmen zur Fertigstellung durch den Auftraggeber erforderlich sind (z. B.: Erbringung von Verpackungselemente, Vertonung, Tonentmischung) in digitaler Form: abgesicherte AVID-Projektdaten.
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§ 3 Ausführung
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(1) Der Auftragnehmer gestaltet seine Arbeitszeit für den Auftraggeber nach freiem, aber pflichtgemäßen Ermessen. Für Arbeiten, die der Auftragnehmer in Zusammenarbeit mit dem Redakteur/der Redakteurin des Filmwerkes durchführen kann, ist eine terminliche Absprache zwischen Auftragnehmer, Auftraggeber und dessen Kunden (der Redakteur) von Nöten. Die Interessen des Auftraggebers werden angemessen neben dem verbleibenden Pflichtenkreis des Auftragnehmers gewahrt.
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(2) Die Vertragsparteien sind sich einig das die hauptsächliche Tätigkeit am Betriebssitz des Auftraggebers stattfindet. Das Video- und Audiomaterial wird von Mitarbeitern des Auftraggebers auf die in dessen Hause befindlichen Systeme digitalisiert. Der Auftragnehmer bringt folgendes eigenes Equipment mit: Laptop, digitales Musikarchiv.
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(3) Bei der Bemessung der Leistung gehen beide Vertragsparteien (Auftraggeber und Auftragnehmer gemeinsam davon aus, dass der Aufgabenkreis gleichbleibt). Bei zusätzlichen Aufgaben oder einer Reduzierung der Aufgaben sind die Vertragsparteien verpflichtet, eine neue Abmachung zu treffen.
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§ 4 Pflichten des Auftragnehmers
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(1) Die Erbringung der Leistungen durch den Auftragnehmer muss nach den allgemeinen anerkannten Regeln unter Beachtung aller behördlichen und gesetzlichen Vorschriften und Bestimmungen zum Zeitpunkt der Leistungserbringung erfolgen.
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(2) ….
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(3) Der Auftragnehmer ist verpflichtet sich bei der Leistungserbringung an den Rahmen der vom Auftraggeber festgelegten und genehmigten Kostenvorgaben zu halten. Bei Kostenabweichungen hat de Auftragnehmer den Auftraggeber unverzüglich zu unterrichten, die Kostenabweichung zu begründen und bei Kostenüberschreitungen Einsparmöglichkeiten vorzuschlagen.
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(4) Der Auftragnehmer wird die Interessen des Auftraggebers wahrnehmen. Zur Abgabe und Entgegennahme rechtsgeschäftlicher Erklärungen ist er jedoch nicht befugt. Eine Vertretung des Auftraggebers gegenüber Dritten durch den Auftragnehmer bedarf einer ausdrücklichen schriftlichen Vollmacht.
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(5) …
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(6) …
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(7) Der Auftragnehmer sorgt für seine soziale Absicherung selbst. Änderungen des sozialversicherungsrechtlichen Status sind dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen. Für etwaig auf das Honorar anfallende Steuern und Abgaben ist der Auftragnehmer selbst verantwortlich.
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Der Auftragnehmer garantiert:
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– dass er im steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Sinne selbstständig ist und
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– dass er steuerrechtlich Inländer ist und
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– dass er seine Vergütung selbst versteuert und zwar beim Finanzamt Zehlendorf.
–
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(8)Für den Fall, dass die Deutsche Rentenversicherung Bund entgegen der übereinstimmenden Ansicht der Parteien ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis feststellt, stimmt der Auftragnehmer..
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§ 5 Pflichten des Auftraggebers
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(1) Der Auftraggeber stellt dem Auftragnehmer auf Anforderung die bei ihm vorhandenen, für die Erbringung der Leistungen benötigten Unterlagen und Daten zur Verfügung, soweit der Auftraggeber diese Daten selbst erhoben hat, sie in seinem Auftrag erhoben wurden oder ihm aus allgemeinen zugänglichen Quellen bekannt geworden und bei ihm noch verfügbar sind.
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(2) Der Auftraggeber garantiert dem Auftragnehmer den Zugriff auf alle in Zusammenhang mit der Erstellung der Publikation relevanten Daten.
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(3) Der Auftraggeber ist verpflichtet seine Computer- und sonstigen Digitalsysteme durch Virenschutzprogrammen und weitere branchenübliche Maßnahmen zu schützen und diese Schutzsysteme jeweils auf den neuesten Stand zu erhalten, soweit dies technisch umsetzbar und zumutbar ist.
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§ 6 Vergütung/Honorar
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(1) Der Auftragnehmer erhält für die Erbringung der unter § 2 beschriebenen Leistungen eine pauschale Festvergütung in Höhe von Euro zuzüglich gesetzliche USt. für das Werk. Die Abrechnung erfolgt jeweils mit gesonderter Rechnung nach Fertigstellung des Werkes.
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(2) Spesen und Reisekosten werden nach Aufwand diesen Beleg abgerechnet. Fahrkosten entstehen keine.
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(3) Der Auftragnehmer ist verpflichtet selbst für die Versteuerung aller Zahlungen die unter diesen Vertrag anfallen, Sorge zu tragen.
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(4) …
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§ 7…
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§ 8 Fristüberschreitung/Abnahme
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(1) Für die Erbringung der einzelnen Leistungen des Auftragnehmers wird ein Terminplan vereinbart. Die darin ausgewiesenen Fristen sind bindend und können nur mit Zustimmung des Auftraggebers abgeändert werden.
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(2) …
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§ 9 Gewährleistung
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(1) Sofern das vom Auftragnehmer gelieferte Material mangelhaft ist kann der Auftraggeber zunächst nur eine Nachbesserung verlangen. Der Mangel ist innerhalb von zwei Werktagen nach Abnahme mündlich und nach weiteren drei Werktagen schriftlich mitzuteilen, sofern eine Behebung des Mangels bis zu diesem Zeitpunkt noch aussteht;
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(…)
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§ 10 Laufzeit, Kündigung
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(1) Der Vertrag wird beginnend mit dem 15.08.2009 geschlossen. Er endet mit Abnahme des Werkes, ohne das es einer besonderen Kündigung bedarf.
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(…)
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§ 11 Nutzungsrechte, Veröffentlichung
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(1) Der Auftragnehmer überträgt den Auftraggeber sämtliche im Zusammenhang im Rahmen dieses Vertrages und seiner Erfüllung bei ihm entstandenen, entstehenden oder hierfür erworbenen oder zu erwerbenden urheberrechtlichen Nutzungsrechte, Leistungsschutz- und sonstige Schutzrechte. Er ist verpflichtet, über den Umfang dieser Rechte auf Verlangen des Auftraggebers durch Vorlage entsprechender Unterlagen Auskunft zu geben.
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(…)
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Am 9. Oktober 2009 beantragte die Beigeladene zu 1) die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers in dieser Tätigkeit. Sie beantragte festzustellen, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorliegt.
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Im Verwaltungsverfahren beschrieb der Kläger seine Tätigkeit wie folgt:
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„Bei der Sendung handelt es sich um vier Teile einer Sendereihe für das Magazin t. Die einzelnen Teile sind in sich abgeschlossene Filme. Termine für die Abgabe des Werkes wurden mündlich vereinbart. Diese Termine richteten sich nach den Wünschen der Produktionsgesellschaft, die meinen Auftraggeber beauftragt hatten. Ich konnte selbst entscheiden, wann ich die Aufgaben erledige. Teilweise musste ich mich mit dem zuständigen Redakteur verabreden. Es wurde eine pauschale Festvergütung vereinbart.
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In diesem Falle wurde am Produktionsstandort des Auftraggebers gearbeitet. Für andere Produktionen gilt: Wenn meine Technik ausreicht wird mein Schnittplatz genutzt, sollte die Technik nicht ausreichen, arbeite ich an den Schnittplätzen der S GmbH. Die Digitalisierung (vom Band in den Computer) findet jedoch immer im Hause des Auftraggebers statt, da es für freiberufliche Editoren finanziell höchst unrentabel wäre, in teure MAZ-Technik zu investieren. Ich erhalte dann das digitalisierte Material und kann dann gleich mit der Arbeit beginnen. Im Hause des Auftraggebers habe ich keinen festen Arbeitsplatz, der mir zur Verfügung gestellt wird. Ich selbst bringe einen Laptop mit zu meinen Auftraggebern. Eine Kostenbeteiligung meinerseits am Schnittplatz des Auftraggebers gibt es nicht. Ich arbeite teilweise allein, und teilweise mit dem Redakteur des Films. Weder er noch mein Auftraggeber sind dabei mein Vorgesetzter oder Teamleiter. Der Redakteur kennt das Material und kann mir Hilfestellungen leisten. Es gibt keine Vorgaben oder Schnittlisten für meine Arbeit. Zur Beginn werden direkt am Schnittplatz Vorbesprechungen geführt. Weitere Absprachen oder Besprechungen finden nicht oder nur in Ausnahmefällen statt. Ich arbeite inhaltlich – gestaltend am Film. Die Auswahl der Bilder, die Reihenfolge der Bilder, die Länge der Bilder, die Auswahl der Musik, die diese Bilder begleitet, die Entscheidung ob und wie laut atmosphärische Geräusche unter der Musik zu hören sind usw., all diese Entscheidungen fälle ich nach eigenem künstlerischen Ermessen. Die Anzahl der Möglichkeiten sind bei dieser Musik unendlich. Man kann meinen Einsatz mit einem Wort als Regiemontage bezeichnen.
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(…)
55
Es gibt in der Firma des Auftraggebers drei festangestellte Cutter. Wenn diese Mitarbeiter die Arbeiten ausüben, besteht der Wesentliche Unterschied darin, dass sie weisungsgebunden handeln. Der Arbeitgeber bestimmt, wann und wie lange geschnitten wird. Er betreut und kontrolliert in diesen Fällen die Arbeit der Mitarbeiter und der Arbeitgeber trägt dann letztlich die Verantwortung für die gefertigten Produkte. Ich handele in allen Belangen frei nach eigenem Ermessen. Ich trage selbst die Verantwortung für mein Produkt und trage das Risiko keine Aufträge mehr zu erhalten, sollte meine Arbeit nicht den Vorstellungen des Auftraggebers entsprechen.
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Die Abnahme erfolgt direkt bei der Produktionsfirma oder dem Sender (den Kunden meines Auftraggebers). Diese hat manchmal noch Änderungsvorschläge, die ich dann meistens noch am gleichen Tag ausführe, um das Projekt final abzuschließen.
57
(…)
58
M wurde konzeptionell von mir entwickelt. Das heißt das Schnittkonzept in allen dramaturgischen und graphischen Elementen ist meine geistige Schöpfung. Jede Folge ist eine in sich abgeschlossene Geschichte. Mir oblag die Auswahl der Musik. Ich habe das Tempo und die Dramaturgie des Schnitts vorgegeben. Die endgültige Fassung des Produkts ist selbstverständlich mit dem Produzenten (C E) abgestimmt worden. Jedoch keineswegs mit meinem Auftraggeber den Schnittmeistern. Der Produzent hat das Stück ohne große Veränderungen entgegen genommen. Der Schnittplatz wurde vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt. Jedoch hätte ich auch meinen eigenen verwenden können, was aber aufgrund der technischen Anforderungen nicht möglich war. Auch ist es notwendig bei einem kreativen Prozess den Rücken frei gehalten zu bekommen, so dass man sich nicht um technische Schwierigkeiten kümmern muss. Wie es üblich ist, gibt es ein Produktionsplan. Dieser Plan wird vom Film Editor mitgestaltet, das heißt ich entscheide mit über die realistische Dauer eines Projekts. Unrealistische Schnittzeiten werden von mir sofort benannt und einvernehmlich mit dem Auftraggeber korrigiert. Bei unrealistischen Zeitfenstern lehne ich Angebote ab. Den genauen Zeitpunkt meiner Tätigkeit kann ich im Rahmen der Abgabefrist selbst gestalten.“
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Die Beigeladene zu 1) umschrieb die Tätigkeit des Klägers im Verwaltungsverfahren wie folgt:
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„Gerade die Produktion M wurde von (dem Kläger) maßgeblich inhaltlich, dramaturgisch gestaltet. Es handelte sich nämlich um die ersten vier Folgen dieses Projekts, und es gab keine Vorlage. (Der Kläger) hat insbesondere in diesem Fall den „Look“ der Produktion geprägt. Der Inhalt der Sendung wurde insbesondere durch das Engagement und die Persönlichkeit (des Klägers) bestimmt. Unabhängig von dieser Tatsache werden auch andere Filme durch die Hand und den künstlerischen Esprit (des Klägers) geprägt. Auch dann, wenn es sich um eine Serienproduktion handelt. Jeder Film hat seine Eigenheiten und wird nicht nach Schema-F montiert. Wenn es einfach wäre ein Film in eine gewisse ansehnliche Form zu bringen, würde man einen weisungsgebundenen Computer mit dem Rohmaterial füttern, der das Endprodukt ausspuckt ohne menschlichen Sinn und Verstand. Entgegen ihrer Vermutung, dass ein Terminplan vereinbart wurde, möchten wir mitteilen, dass das nicht stattgefunden hat. (Der Kläger) hat von unserem Kunden lediglich ein Abgabetermin erhalten, der zu dem noch grob gefasst war. (Der Kläger) war in der Wahl seiner Arbeitszeit völlig frei und unabhängig. Er hätte auch nachts schneiden können, wenn das besser in seinen Zeitplan gepasst hätte. Natürlich hat (der Kläger) sich auch nach den Wünschen seines Auftraggebers zu richten. Welcher Auftragnehmer muss das nicht. Lasse ich von einem Architekten….“
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Nach Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 31. März 2010 fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Editor bei der Beigeladenen zu 1) vom 28. August 2009 bis zum 5. Oktober 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort als auch Art und Weise der Tätigkeit maßgebliche eigene Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne einer selbstständigen Tätigkeit nicht vorhanden gewesen seien. Es sei eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation und die betrieblichen Abläufe der Beigeladenen zu 1) erfolgt. Unternehmerische Risiken und Chancen seien im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers nicht erkennbar. Das Sendekonzept/das Format der Sendung sei vorgegeben gewesen. Gewisse Freiheiten innerhalb des Schnitts resultierten aus der fachlichen Qualifikation und stünden beschäftigten Editoren regelmäßig zu. Ein programmgestaltender Einfluss resultiere hieraus jedoch nicht.
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Im Widerspruchsverfahren hat die Beklagte ihren Bescheid mit Bescheid vom 31. Mai 2010 abgeändert und festgestellt, dass der Kläger in der Zeit vom 28. August 2009 bis zum 5. Oktober 2009 in der ausgeübten Beschäftigung als Editor bei der Beigeladenen zu 1) in der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig gewesen sei.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2010 hat die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Beklagte ausgeführt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Editor überwiegend für den technischen Teil der Ausführung verantwortlich gewesen sei. Er habe das digitalisieren, sichten, ordnen, verwerfen und auswählen der angelieferten Bilder übernommen und harmonische Musik für die Sendung eingesetzt. Eine programmgestaltende Tätigkeit habe nicht vorgelegen, weil der Kläger mit seiner Tätigkeit nicht den Inhalt des Formats geprägt habe. Das zu erstellende Produkt sei nicht von seiner Person abhängig gewesen. Er habe jederzeit durch andere gleich qualifizierte Mitarbeiter ersetzt werden können. Das Schnittsystem auf dem die Sendung produziert worden sei, sei von der Beigeladenen zu 1) gestellt worden. Hinsichtlich der Ausführung sei der Kläger naturgemäß auch an Vorgaben gebunden gewesen und er habe seine Tätigkeit nicht völlig nach eigenem Gutdünken gestalten können. Es sei eine Zusammenarbeit im Team mit anderen Mitarbeitern des Auftraggebers erforderlich gewesen, um das Konzept umzusetzen. Der Kläger sei daher maßgeblich in den Betriebsablauf eingegliedert und in den Produktionsablauf eingebunden gewesen. Der zeitliche Rahmen der Tätigkeit sei derart hinreichend eingegrenzt gewesen, dass eine persönliche Abhängigkeit bestanden habe. Der Kläger habe die eigene Arbeitskraft nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, da eine Vergütung nach Abnahme erfolgt sei. Die Verdienstmöglichkeiten seien von vornherein bekannt gewesen. Es habe sich um eine erfolgsabhängige Vergütung gehandelt. Ein mit einem unternehmerischen Risiko verbundener Kapitalansatz sei nicht erfolgt. Das Ausbleiben der Vergütung bei Nichtausführung der zu erbringenden Leistungen entspreche dem Entgeltrisiko, dass vorleistende abhängig Beschäftigte zu tragen haben.
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Der Kläger hat am 24. September 2010 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt.
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Mit Urteil vom 17. Januar 2013 hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Editor für die Beigeladene zu 1) im Zeitraum vom 28. August 2009 bis zum 5. Oktober 2009 nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei. Das Sozialgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger für die Beigeladene zu 1) programmgestaltend tätig geworden sei. Nach seinen schriftsätzlichen Ausführungen und seinem persönlichen Darlegungen habe er erheblichen Einfluss auf die Gestaltung des Filmprojekts gehabt. Er habe das gedrehte Filmmaterial zu dem schlussendlich sendefertigen Material zusammengestellt. Aus dem umfangreichen Rohmaterial von 10-20 Stunden habe er Szenen von einer Länge von 15-17 Minuten ausgewählt und diese in einer bestimmten, von ihm selbst festgelegten Reihenfolge zusammengestellt. Es habe der alleinigen Entscheidungsbefugnis des Klägers unterlegen, in welcher Länge und an welcher Stelle des Filmbeitrags die jeweiligen Szenen erschienen. Die Entscheidung, ob und wenn ja, an welcher Stelle welche musikalische Unterlegung bzw. Soundeffekte erfolgt, habe der Kläger allein getroffen. Hierbei habe er auf sein eigenes Musikarchiv zurückgegriffen. Insoweit habe der Kläger einen erheblichen künstlerisch-eigenschöpferischen Gestaltungsspielraum gehabt. Die vertragliche Regelung spreche jedenfalls gegen das Vorliegen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Diese Vereinbarung sei auch in der Praxis gelebt worden. Der Kläger sei nicht fest in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert gewesen. Feste Arbeitszeiten habe er nicht gehabt. Diese habe er selbst bestimmt. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit habe ebenfalls nicht bestanden. Er sei als Unternehmer am Markt aufgetreten wofür auch spreche, dass er über eigenes Schnittstudio verfüge und eine eigene Internetseite habe. Die Einordnung als selbständige Tätigkeit stehe schließlich auch im Einklang mit dem Abgrenzungskatalog der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen. Danach seien Editoren/Cutter selbständig tätig, wenn sie für eine Produktion einzelvertraglich verpflichtet werden und der eigenschöpferische Teil der Leistung überwiege. Dies sei bei dem Kläger – wie dargelegt – der Fall.
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Gegen das der Beklagten am 23. Januar 2013 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung vom 25. Februar 2013 (Montag). Zur Begründung hat die Beklagte im Wesentlichen vorgetragen, dass Editoren nur dann selbstständig seien, wenn der eigenschöpferische Teil der Leistung überwiege und die Gesamttätigkeit vorwiegend durch den journalistisch-schöpferischen Eigenanteil geprägt und somit auch der Inhalt der Sendung weitgehend bestimmt werde. Der Kläger sei nicht an einer (Spiel-)Filmproduktion beteiligt gewesen, sondern er habe für ein Fernsehmagazin an einer Sendereihe namens „tM–Folge 1-4“ mitgearbeitet. Neben ihm seien weitere Mitarbeiter an der Produktion der Sendung beteiligt gewesen. Der Kläger habe selbst angegeben, auf Weisungen eines Redakteurs gearbeitet zu haben. Der Kläger habe ebenso wie alle anderen beteiligten Mitarbeiter auch zu einer künstlerischen Gesamtleistung beigetragen. Er habe jedoch weder eine vorwiegend eigenschöpferische noch eine abgrenzbare und im Vorfeld definierte Leistung erbracht, sondern er sei Mitglied einer Gruppe gewesen, die eine Gesamtleistung erbracht habe, was notwendig seine Eingliederung in eine von fremder Seite vorgegebene Arbeitsorganisation und damit eine Weisungsbefugnis des Auftraggebers bedingt habe. Denn der Auftraggeber habe die Funktion, die Leistungen der einzelnen Gruppenmitglieder zu steuern. Bei der geleisteten weisungsgebundenen Teamarbeit sei der Kläger auch örtlich gebunden gewesen. Er habe die vereinbarte Leistung nur an einem von der Auftraggeberin zur Verfügung gestellten Schnittplatz und nicht – wie bei den selbstständig regelmäßig üblich, an einem von ihm selbst angemieteten oder seinem eigenen Arbeitsplatz erbracht. Es könne daher nicht nachvollzogen werden, dass der Versicherte nicht in den Betrieb der Auftraggeberin integriert gewesen seien soll. Zum anderen habe der Kläger kein beachtliches Unternehmerrisiko, weil er so gut wie kein eigenes Kapital eingesetzt habe. Bei der Beigeladenen zu 1) seien zudem drei festangestellte Cutter beschäftigt und weisungsgebunden in deren Betrieb eingegliedert. Sofern der Kläger – im Gegensatz dazu – weisungsfrei für die Auftraggeberin tätig gewesen sein soll, müsse er insoweit andere Arbeitsaufgaben erfüllt haben. Dies lasse sich den gemachten Angaben in keiner Weise entnehmen.
67
Die Beklagte beantragt,
68
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Januar 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
69
Der Kläger beantragt,
70
die Berufung zurückzuweisen.
71
Das Urteil sei zutreffend.
72
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
73
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 15. März 2013 festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers als Editor für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 9. November 2009 bis zum 13. November 2009, vom 24. November 2009 bis 27. November 2009, vom 30. November 2009 bis 9. Dezember 2009, vom 10. Dezember 2009 bis 17. Dezember 2009, vom 20. Dezember 2009 bis 5. Januar 2010 und vom 7. Januar 2010 bis 11. Februar 2010 ebenfalls im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei und insoweit Versicherungspflicht in allen Versicherungszweigen der Sozialversicherung bestehe. In dieser Zeit hat der Kläger für andere Werke als die Serie „t M – Folge 1 bis 4“ gearbeitet.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagte verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
75
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Berlin hat den angefochtenen Bescheid der Beklagten zu Recht aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 31. März 2010 in der Gestalt des Bescheides vom 31. Mai 2010 sowie des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger war aufgrund seiner Tätigkeit als Editor für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 28. August 2009 bis zum 5. Oktober 2009 in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht versicherungspflichtig.
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Im vorliegenden Verfahren ist ausschließlich die Frage streitgegenständlich, ob der Kläger in der für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 28. August 2009 bis zum 5. Oktober 2009 ausgeübten Tätigkeit als Editor für die Sendereihe „t M – Folge 1 bis 4“ in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig war. Entsprechende Feststellungen hat die Beklagte mit dem Bescheid vom 31. März 2010 in der Gestalt des Bescheides vom 31. Mai 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2010 getroffen.
77
Der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2013 ist nicht nach § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG> in Verbindung mit § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand dieses Verfahrens geworden. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte eine Entscheidung über das Bestehen von Versicherungspflicht für Zeiten getroffen, in denen der Kläger für die Beigeladene zu 1) nach dem 5. Oktober 2009 tätig war. In dieser Zeit hat der Kläger nicht an der Post-Produktion der Serie „t M – Folge 1 bis 4“ gearbeitet, sondern für verschiedene andere Produktionen. Der Bescheid vom 15. März 2013 hat damit weder den Verfügungssatz des in diesem Verfahren angefochtenen Bescheides vom 31. März 2010 in der Gestalt des Bescheides vom 31. Mai 2010 sowie des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2010 abgeändert oder ersetzt. Die Beklagte hat eine Entscheidung über einen gänzlich anderen Sachverhalt getroffen.
78
Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung wegen Aufnahme einer abhängigen Arbeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch. Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung danach erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV näher definiert. Beschäftigung ist danach die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
79
Abzugrenzen ist eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder Selbständigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (vgl. zum Ganzen BSG Urt. v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – juris RdNr.16). Manche Dienstleistungen, insbesondere solche, deren Gegenstand die persönlich geprägte Betreuung ist, können sowohl in der Form einer abhängigen Beschäftigung als auch in der einer selbständigen Tätigkeit erbracht werden (BSG, a.a.O.; BSG Urt. v. 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R – juris RdNr.17).
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Bei der Abwägung müssen alle nach Lage des Einzelfalles relevanten Indizien berücksichtigt und innerhalb einer Gesamtschau gewichtet und gegeneinander abgewogen werden. Der Senat geht davon aus, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers um eine Dienstleistung aus dem Bereich der persönlich geprägten Betreuungsleistungen handelt, die demnach grundsätzlich sowohl in der Form einer abhängigen Beschäftigung als auch einer selbständigen Tätigkeit erbracht werden kann. Entscheidend ist deswegen, wie die Tätigkeit des Klägers organisiert und ausgestaltet war. Maßgebend sind dabei die Verhältnisse während der einzelnen Einsätze, welche die Beigeladene zu 1) mit dem Kläger verabredet hatte (vgl. BSG v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – juris RdNr. 22; Urt. v. 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R – juris RdNr. 17). Auf die Möglichkeit des Klägers, die ihm angetragenen Aufträge abzulehnen, kommt es dagegen nicht an. Denn auch ein Arbeitnehmer ist frei in seiner Entscheidung darüber, ob er ein Arbeitsverhältnis eingeht oder nicht.
81
Auszugehen ist zunächst von den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abreden. Der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) geschlossenen Vertrag spricht eindeutig dafür, dass die Beteiligten eine selbständige Tätigkeit vereinbaren wollten. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des Vertrages. Danach ist Gegenstand des Vertrages eine werkvertragliche Leistung (§ 1). Die Beteiligten werden dementsprechend als „Auftragnehmer“ und „Auftraggeber“ bezeichnet. Im Umkehrschluss aus § 4 Abs. 8 ergibt sich zweifelsfrei, dass die Vertragsparteien von einer selbständigen Tätigkeit des Klägers ausgehen. Auch inhaltlich enthält der Vertrag keine Abreden, die für eine abhängige Beschäftigung des Klägers sprechen. So begründet sie insbesondere kein Weisungsrecht des Beigeladenen zu 1). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 gestaltet der Auftragnehmer (der Kläger) seine Arbeitszeit frei. Für seine Leistungen erhält der Auftragnehmer eine pauschale Vergütung. Im Übrigen finden sich auch keinerlei für Arbeitsverträge typische Regelungen über eine Gewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder von bezahltem Urlaub.
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Indessen ergibt sich das Entstehen von Versicherungspflicht aus dem Gesetz und ist nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen (auch) die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (BSG Urt. v. 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris RdNr. 17; Urt. v. 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris Rdnr. 17).
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Der Senat ist nicht zu der Überzeugung gekommen, dass der Kläger jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht einem Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1) unterlegen hat, das geeignet wäre, eine abhängige Beschäftigung zu begründen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV entscheidet über das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung insbesondere das Ausüben einer Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
84
Entscheidend ist insoweit, dass der Kläger im Kernbereich der von ihm übernommenen Aufgaben weisungsfrei tätig sein konnte. In der Rechtsprechung des BSG ist etwa für die rechtliche Beurteilung von Lehrtätigkeiten anerkannt, dass eine abhängige Beschäftigung nicht bereits deswegen anzunehmen ist, weil dem Dozenten der äußere Ablauf seiner Lehrtätigkeit vorgegeben wird (vgl. BSG Urt. v. 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris RdNr. 29 ). Auch der Zwang, sich inhaltlich an gewissen Vorgaben auszurichten, führt nicht zu Annahme von Weisungsgebundenheit. Tätigkeiten sind nämlich auch dann weisungsfrei, wenn zwar ihre Ziele vorgegeben werden, die Art und Weise der Ausführung aber dem Dienstleister überlassen bleibt. Entsprechend hat der Senat etwa für die Selbständigkeit vom Bundesrat beauftragter Führer des Besucherdienstes entscheidend darauf abgestellt, dass diese als Honorarkräfte im Kernbereich ihrer Tätigkeit frei waren (Urt. v. 15. Juli 2011 – L 1 KR 206/09 – juris RdNr. 171).
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Unter Beachtung dieser Maßstäbe kommt es darauf an, ob der Kläger im Wesentlichen frei in der Ausgestaltung ihrer Tätigkeit war oder inhaltliche Vorgaben des Beigeladenen zu 1) befolgen musste. Letzteres war hier aber nicht der Fall. Das Sozialgericht hat dies zutreffend und nicht ergänzungsbedürftig dargelegt. Der Kläger hat ihm zur Verfügung gestelltes Rohmaterial im Umfang von 10 bis 20 Stunden bearbeitet. Er hat das Material gesichtet und die seiner fachkundigen Meinung nach die zum Senden geeignetsten Szenen ausgewählt. Der Kläger hat dies wie folgt beschrieben „ Ich habe entschieden und ausgewählt, welche Personen in den Film kommen. Ich habe den Blick und die Erfahrung, ob Menschen im Fernsehen wirken, also welche anzuschauen sind und welche nicht. Ich habe entschieden, ob sie ins „Off“ kommen sollen“. Dieses Material hat er dann nach seinen Vorstellungen geschnitten und wieder zusammengefügt und jede der vier Folgen jeweils auf eine sendefähige Länge von 15 bis 20 Minuten gebracht. Kriterium hierfür war nach Angaben des Klägers der Rhythmus des Films, den er im Wesentlichen bestimmt hat. Die Beigeladene zu 1) hat hierzu bereits im Verwaltungsverfahren ausgeführt, dass die Produktion „My“ maßgeblich von dem Kläger inhaltlich und dramaturgisch gestaltet worden ist, weil es sich um die ersten vier Folgen dieses Projekts gehandelt und es keine Vorlage gegeben habe. Danach hat der Kläger den „Look“ der Produktion geprägt .Der Inhalt der Sendung ist durch das Engagement und die Persönlichkeit des Klägers bestimmt worden. Die einzelnen Szenen hat er unter Inanspruchnahme seines eigenen Musik- und Geräuscharchivs musikalisch oder mit Soundeffekten unterlegt. Insoweit gab es keinerlei Vorgaben. Der Kläger hat dies mit eigenen Worten so formuliert, dass er für den Rhythmus der Reihe verantwortlich war. Das Sozialgericht hat nach Auffassung des Senats aufgrund dieses Sachverhaltes zu Recht ausgeführt, dass dem Kläger deshalb ein erheblicher künstlerischer-eigenschöpferischer Gestaltungsspielraum zustand. Die Tätigkeit des Klägers ging damit im vorliegenden Fall über das „einfache“ Schneiden eines Films weit hinaus. Die Tätigkeit des Klägers erschöpfte sich eben nicht in dem technischen Schnittvorgang, sondern er war maßgeblich für die künstlerische Gestaltung der von ihm bearbeiteten vier Folgen der Sendereihe verantwortlich.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten reichen die dem Kläger vorgegebenen äußeren Rahmenbedingungen jedenfalls nicht aus, die die Annahme einer abhängigen Beschäftigung zu tragen. Das Sozialgericht hat hierzu bereits zutreffend ausgeführt, dass die Tatsache, dass der Kläger bei seiner Arbeit auch Vorstellungen eines Redakteurs des Kunden seines Auftraggebers zu berücksichtigen hatte, nichts daran ändert, dass er selbstständig tätig war. Dass Anregungen und Wünsche von weiteren an der finalen Bearbeitung von Filmmaterial beteiligten Personen Berücksichtigung finden, ist nicht ungewöhnlich. Dies ist insbesondere bei solchen Werken üblich, die arbeitsteilig von einer Vielzahl von Beteiligten erstellt werden. Dies gilt im Besonderen für Produktion der vorliegenden Art, bei denen Kreativität und Erfahrungen im Medienbereich eine entscheidende Bedeutung zu kommen. Der Kläger hat hierzu im Übrigen ausgeführt, dass er zunächst mit einem Redakteur des Kunden seines Auftraggebers gesprochen hat, wenn er das Grobgerüst des Films erstellt hat. Der Redakteur habe noch sagen können, ob er eine bestimmte Szene in den Film haben wollte oder eine bestimmte Szene nicht. Der Kläger hat aber die Dauer der jeweiligen Szene festgelegt und entschieden, wann die Szene in dem Film erscheint. Hinsichtlich der musikalischen Unterlegung gab es jedenfalls keine Vorgaben.
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Vorgaben oder Weisungen inhaltlicher Art seitens seines Auftraggebers gab es nicht. Dies ist auch nachvollziehbar, weil die Beigeladene zu 1) keine Produktionsfirma ist. Anders als im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteil festgestellt, ist die Beigeladene zu 1) eben keine Produktionsfirma, sondern eine Post-Produktionsfirma. Diese stellt keine eigenen Filme her, sondern sie bietet lediglich die technischen Möglichkeiten einen Film herzustellen. Die Produktionsfirmen nutzen die entsprechenden Möglichkeiten, beispielsweise auf Mietbasis, um das Endprodukt Film herstellen zu können. Deshalb beschäftigt die Beigeladene zu 1) keine eigenen Redakteure. Dies schließt eine inhaltliche Einflussnahme der Beigeladenen zu 1) auf die Tätigkeit des Klägers aus.
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Eine Weisungsbefugnis bedarf im Übrigen einer gesonderten rechtlichen Grundlage. Dafür reicht nicht aus, dass bei der Ausübung einer Dienstleistung bestimmte Vorgaben eines Kunden zu beachten sind. Eine entsprechende Rechtsgrundlage ist jedenfalls nicht ersichtlich.
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Danach steht für den Senat fest, dass die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit des Klägers nicht im Widerspruch zu der im Vertrag deklarierten Weisungsfreiheit gestanden hat. Demnach sprechen der Inhalt der vertraglichen Vereinbarung und ihre Umsetzung hier für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit.
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Der Kläger verfügt im Übrigen auch über eine eigene Ausstattung, die ihm eine selbständige Arbeit ermöglichen. Er verfügt über einen eigenen Schnittarbeitsplatz, einen Laptop und ein eigenes Musik- und Geräuscharchiv. Er hat also in eine Ausstattung investiert, mit dem Risiko des Verlustes bei ausbleibenden Aufträgen.
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Der Senat sieht im Übrigen von einer weiteren Begründung ab und verweist insoweit auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
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Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.
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Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.