Landgericht München I, Urteil vom 10.11.11 – 30 S 3668/11
Der verschüttete Kaffeebecher
Die 30. Zivilkammer des Landgerichts München I hat heute entschieden, dass der Kundin eines Schnellrestaurants keine Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche zustehen.
Die Klägerin hatte im April 2009 morgens vor der Schule gemeinsam mit ihrem Freund per Auto ein Schnellrestaurant der Beklagten aufgesucht. Beide kauften sich im
Drive In unter anderem je einen Becher Kaffee. Der Fahrer nahm den ersten Kaffeebecher entgegen und gab ihn an die Klägerin weiter, die Beifahrerin war. Diese stellte den Becher zwischen ihren Oberschenkeln ab, um dem Fahrer auch den zweiten Kaffeebecher abnehmen zu können. Dies hatte für die Klägerin unangenehme Folgen, denn der zwischen den Oberschenkeln abgestellte Kaffeebecher ergoss sich nun über einen Oberschenkel der Klägerin, wodurch diese Verbrennungen zweiten Grades erlitt.
Das Amtsgericht München hat im Urteil vom 21.01.2011 die Klage auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gegen das Schnellrestaurant von rund € 1500,– abgewiesen, da das Verschulden der Klägerin die weitaus überwiegende Schadensursache darstelle. Denn die Klägerin hat den heißen Kaffeebecher auf dem Beifahrersitz zwischen ihren Oberschenkeln abgestellt, obwohl ihr bewusst war, dass sich im Becher eine heiße Flüssigkeit befindet und ohne zu prüfen, ob der Deckel tatsächlich fest auf dem Becher sitzt und dicht ist.
Das Landgericht hat in der öffentlichen Sitzung vom 22.09.2011 eigene Prüfungen zur Dichtigkeit der Kaffeebecher der Beklagten angestellt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass nicht sicher davon ausgegangen werden könne, dass der Deckel des Kaffeebechers von den Bediensteten der Beklagten nicht fest auf den Kaffeebecher aufgesetzt worden sei, bevor der Kaffeebecher an den Freund der Klägerin überreicht wurde.
Das Landgericht gelangte – wie auch das Amtsgericht – zu dem Ergebnis, dass selbst für den Fall, dass der Deckel doch durch einen Mitarbeiter der Beklagten unvollständig aufgesetzt worden sein sollte, hier ein überwiegendes Mitverschulden der Klägerin vorliege, denn die Verkehrssicherungspflicht gehe nicht soweit, dass den Menschen jegliches Risiko abgenommen werde, eigenverantwortlich zu handeln und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um eine erkennbare Gefahr für eigene Rechtsgüter abzuwenden.
Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
Quelle: Pressemitteilung 10/11 vom 11.11.2011 des Landgerichts München I