LG München I, Urteil vom 17.06.2008 – 34 O 1300/08
Verwechselt ein Reisender bei der Buchung eines Fernfluges im Internet den Zielort, trifft den Portalbetreiber keine Haftung für den sich aus der Fehlbuchung ergebenden Schaden (Rn.12).
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger macht gegen die Beklagte, welche ein Internet-Portal für Reisen betreibt, Ansprüche auf Schadensersatz wegen Verletzung von vertraglichen Aufklärungspflichten geltend.
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Der Kläger wollte bei der Beklagten auf deren Internet-Portal … 4 Flüge für sich und seine Familie von Stuttgart nach San Jose in California, USA buchen. Versehentlich klickte der Kläger als Flugreiseziel jedoch San Jose, Costa Rica an. Einen nochmaligen Hinweis auf das ausgewählte Reiseziel gab es im Rahmen des Buchungsvorganges nicht mehr. Auf der Buchungsbestätigung (Anlage K 2) waren lediglich die Ortsnamen mit den internationalen Flughafenkürzeln genannt, so insbesondere “San Jose (SJO)”. Auf der Rechnung (Anlage K 1) waren ebenfalls lediglich die Ortsnamen ohne Staatenbezeichnung genannt, in der Betreffzeile war angeführt “Leistung: Nur Flug Publish Mittel-/Südame”. Der Kläger wurde auf die Buchung der Flüge nach San Jose in Costa Rica erst beim Einchecken am Flughafen Stuttgart aufmerksam. Der Kläger erwarb daraufhin vier neue Tickets von Stuttgart über Atlanta nach San Jose in den USA für insgesamt 9.037,40 EUR.
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Der Kläger trägt vor, er hätte bei der Buchung bzw. spätestens in der Buchungsbestätigung bzw. in der Rechnung seitens der Beklagten nochmals darauf hingewiesen werden müssen, dass er einen Flug nach San Jose in Costa Rica gebucht habe. Die Beklagte habe ihre Hinweispflichten als Betreiberin eines Internetportals verletzt. Der Kläger macht den Differenzbetrag zwischen den Reisepreisen für die ursprünglich gebuchten Flüge zu den nachgebuchten Flügen in die USA geltend.
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Der Kläger beantragt daher:
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.713,40 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.10.2007 nebst außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 603,93 EUR zu bezahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Meinung, eine besondere Hinweis- oder Aufklärungspflicht obliege ihr nicht. Die Auswahl des Reiseziels San Jose in Costa Rica liege im alleinigen Verantwortungsbereich des Klägers.
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Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. Ferner wird auf das Protokoll des Termins vom 17.06.2008 Bezug und den Hinweis des Gerichts vom 10.03.2008 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
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Der Beklagten obliegt keine Hinweispflicht, den Kläger nochmals über das von ihm im Internetportal gewählte Reiseziel und die Unterschiede zwischen San Jose in den USA und San Jose in Costa Rica hinzuweisen. Eine Pflichtverletzung ist der Beklagten jedenfalls nicht vorzuwerfen.
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Die Beklagte betreibt ein Internetportal zur Buchung von Reisen bzw. Flügen. Dabei ist gerade keine Beratung geschuldet und kann auch vom Kläger nicht erwartet werden. Die Buchung wurde lediglich über das Internet vorgenommen. Der Kläger lässt sich durch die Nutzung des Internetportals vielmehr bewusst auf die Möglichkeiten und Vorteile und damit aber auch auf die Risiken einer Buchung im Internet ein. Zu den Risiken einer Buchung über Internet gehört, dass sich der Kunde bei der Auswahl verschiedener Möglichkeiten versehentlich “verklicken” kann. Der Beklagte ist wiederum verpflichtet, Vorsorge zu treffen, damit dem Kunden bewusst wird, dass er eine Auswahl zwischen mehreren Zielmöglichkeiten zu treffen hat und dem Kunden diese Auswahlmöglichkeiten zur Vermeidung von Verwechslungen deutlich vor Augen geführt werden. Dies hat die Beklagte hier zur Überzeugung des Gerichts erfüllt. Wie das Gericht bereits in seinem Hinweis vom 10.03.2008 ausgeführt hat, erscheinen gerichtsbekanntermaßen im Internetportal der Beklagten bei Nennung des Zielortes San Jose automatisch die beiden Möglichkeiten “San Jose Costa Rica” und “San Jose Int. USA”. Damit wird dem Kunden, hier dem Kläger, ausreichend deutlich gemacht, dass er sich zwischen zwei Orten mit dem Namen San Jose entscheiden muss. Wenn der Kläger nunmehr versehentlich San Jose in Costa Rica auswählt, so fällt dieses Versehen in den alleinigen Verantwortungsbereich des Klägers. Die Beklagte darf und kann auf die korrekte Auswahl des Reiseziels durch den Kläger als Kunden des Internetportals vertrauen. Eine nochmalige automatische Übersicht der Reisedaten mit genauer Angabe des Ziellandes vor Buchung war nicht veranlasst, nachdem die Auswahlmöglichkeit zwischen den beiden Ländern dem Kläger hinreichend deutlich gegeben wurde. Bereits durch die Auswahlmöglichkeit an sich war der Kläger hinreichend vor dem Risiko gewarnt, anstatt des gewollten San Jose ein anderes San Jose, nämlich dasjenige in Costa Rica auszuwählen. Ein nochmaliger Hinweis war auch in der Buchungsbestätigung (K2) nicht veranlasst. Der Kläger hätte sich auch ohne weiteres über die Bedeutung der dort genannten Flughafenkürzeln informieren können, nachdem er bereits durch die Auswahlmöglichkeit bei Buchung im Internet auf die Gefahr einer Ortsverwechslung hingewiesen war. Jedenfalls erfolgte in der Rechnung (Anlage K 1) nochmals ein (jedoch nicht zwingend notwendiger Hinweis) auf das Reiseziel, da es dort in der Betreffzeile deutlich heißt: “Leistung: Nur Flug Publish Mittel-/Südame”. Dem Kläger musste als verständigen Leser damit klar sein, dass damit Mittel-/Südamerika gemeint ist und San Jose in den USA keinesfalls in Mittel-/Südamerika liegt.
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Für den Kläger hat sich somit das allein in seine Verantwortungssphäre fallende Risiko verwirklicht. Er muss sich daher an seiner Buchung des Fluges nach Costa Rica festhalten lassen. Eine Pflichtverletzung der Beklagten liegt nicht vor.
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Anfechtungsrechte aufgrund Irrtums hat der Kläger nicht geltend gemacht. Die Anfechtungsfrist ist nunmehr jedenfalls abgelaufen. Insbesondere ergibt sich eine Anfechtungserklärung wegen Irrtums auch nicht aus der e-mail des Klägers an die Beklagte vom 20.08.2007 (Anlage B1). Darin erklärt der Kläger gerade nicht, dass er seine Willenserklärung und damit den Vermittlungsvertrag wegen eines Irrtums nicht mehr gelten lassen will, sondern nennt den Mehrpreis für die Flüge in die USA und fordert die Regulierung des finanziellen Schadens wegen nicht erfolgter Hinweise auf die Verwechslungsgefahr. Dies stellt ein Verlangen eines Nichterfüllungsschadens dar, nicht hingegen eine Anfechtungserklärung aufgrund Irrtums.
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Eine Schriftsatzfrist auf den Schriftsatz der Beklagten vom 06.06.2008 war der Klagepartei nicht einzuräumen, da es sich bei dem Vortrag in diesem Schriftsatz nicht um neuen entscheidungserheblichen Sachvortrag handelte.
II.
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Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 91 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.