OLG Köln, Urteil vom 15.02.2013 – 20 U 207/12
Zu den Folgen unrichtiger Beantwortung von Gesundheitsfragen durch den Versicherungsnehmer im Antragsformular eines Versicherungsmaklers
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 24. September 2012 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 9 O 302/12 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
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Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
II.
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Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
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Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Feststellung, dass die vom Beklagten vorgenommene Prämienanpassung unwirksam ist und der Krankenversicherungsvertrag ohne Risikozuschlag fortbesteht, kann nicht getroffen werden. In der Folge besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der aufgrund der Prämienanpassung eingezogenen Versicherungsbeiträge.
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1. Der Beklagte war gemäß §§ 19 Abs. 4, 194 Abs. 1 S. 3 VVG wegen einer grob fahrlässigen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht berechtigt, die Versicherungsprämie rückwirkend anzupassen.
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a. Bei den Gesundheitsfragen im Versicherungsantrag vom 25.09.2009 handelt es sich um Fragen des Beklagten im Sinne von § 19 Abs. 1 VVG, deren unrichtige Beantwortung gemäß § 19 Abs. 2 bis 5 VVG sanktioniert ist. Dass die Gesundheitsfragen in einem von der vermittelnden Maklerin erstellten Antragsformular enthalten sind, ist nicht erheblich. Nach der Zielrichtung der Gesundheitsfragen und dem Inhalt des Antragsformulars ist auch aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers unzweifelhaft zu erkennen, dass es sich bei den Gesundheitsfragen nicht um Fragen der Versicherungsmaklerin, sondern um Fragen des Versicherers handelt, an den sich der Antrag richtet. Da das Antragsformular sämtliche Informationen enthält, die der Versicherer zur Prüfung der Annahmefähigkeit des Antrages benötigt, erschließt sich bereits aus diesem Zweck, dass auch die Beantwortung der Gesundheitsfragen gegenüber dem Versicherer erfolgt. Ein eigenes Interesse der Versicherungsmaklerin an der Beantwortung der Gesundheitsfragen wird vom Kläger auch nicht dargetan.
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Überdies verdeutlichen der im Antragsformular vor den Gesundheitsfragen enthaltene Hinweis und die dortige Bezugnahme auf die Schlusserklärung, dass die Gesundheitsfragen als vom jeweiligen Versicherer gestellt gelten sollen. Im Antragsformular heißt es bei den Angaben zum Gesundheitszustand:
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“Die Gesundheitsfragen sind nach bestem Wissen sorgfältig, vollständig und richtig zu beantworten. Eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen.”
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Aufgrund dieses Hinweises erschließt sich auch dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, dass durch die Beantwortung der Gesundheitsfragen die vorvertragliche Anzeigepflicht gegenüber dem Versicherer erfüllt werden soll und es sich bei den Gesundheitsfragen dementsprechend um Fragen des Versicherers und nicht der Versicherungsmaklerin handelt. In der Schlusserklärung wird im Rahmen der Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG darauf hingewiesen, dass die beiliegenden Fragen wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet werden müssen, damit der jeweilige Versicherer den Versicherungsantrag ordnungsgemäß prüfen kann. Auch dies macht deutlich, dass es sich bei den Gesundheitsfragen um Fragen handelt, die vom Versicherer zur Prüfung der Annahmefähigkeit des Antrages gestellt werden. Im Hinblick darauf wird im Antragsformular für einzelne, namentlich genannte Versicherer auch eine Differenzierung bei den Gesundheitsfragen vorgenommen.
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Die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm (VersR 2011, 469) gibt zu einer anderen Beurteilung keine Veranlassung. In dem dort entschiedenen Fall hatte der Versicherungsmakler im Bereich der Industrieversicherung einen Besichtigungsbericht zur Feuer- und Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung gefertigt, der neben einer Beschreibung der Gebäude eine Reihe von Seiten des Maklers formulierten Fragen enthielt, die von dessen Mitarbeitern beantwortet wurden.
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Diesen Bericht fügte der Makler später den Ausschreibungsunterlagen bei. Da keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass sich der Versicherer die vom Makler formulierten Fragen zu eigen machen wollte, hat das OLG Hamm eine Fragestellung durch den Versicherer verneint. In Abweichung von dieser Fallgestaltung sind die Gesundheitsfragen vorliegend nicht in einem gesonderten, vom Makler erstellten Bericht, sondern in dem an den Beklagten gerichteten Antragsformular enthalten und wird sowohl unmittelbar vor den Gesundheitsfragen als auch in der Schlusserklärung darauf hingewiesen, dass mit der Beantwortung der Gesundheitsfragen die gegenüber dem Versicherer bestehende Anzeigepflicht erfüllt wird. Damit ist anders als in dem durch das OLG Hamm entschiedenen Fall für den Versicherungsnehmer unzweifelhaft erkennbar, dass es sich um Fragen des Versicherers handeln soll (vgl. Looschelders in Looschelders/Pohlmann, VVG, 2. Aufl., § 19 Rn 18; LG Tübingen, Urteil v. 23.11.2011, 4 O 124/11; a.A. LG Dortmund RuS 2012, 426).
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b. Der Kläger hat die vom Beklagten in Textform gestellten Gesundheitsfragen unrichtig beantwortet. Unstreitig wurde seine Ehefrau am 13.10.2008 wegen einer schmerzhaft eingeschränkten Beweglichkeit der Halswirbelsäule ärztlich behandelt und es wurden Massagen verschrieben. Diese nicht ganz unerheblichen und damit anzeigepflichtigen Rückenbeschwerden wurden bei Beantwortung der Gesundheitsfragen zu 2a und 2b nicht angegeben. Dass der Kläger schuldlos falsche Angaben gemacht hat, kann nicht festgestellt werden. Umstände, die ihn exkulpieren könnten, hat der für ein fehlendes Verschulden darlegungs- und beweispflichtige Kläger nicht dargetan. Auszugehen ist daher von einer jedenfalls grob fahrlässigen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht.
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c. Das Recht zur Prämienanpassung scheitert auch nicht daran, dass der Kläger auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung nicht hinreichend hingewiesen worden wäre.
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Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 5 VVG, nach dem die Belehrung des Versicherungsnehmers durch gesonderte Mitteilung in Textform zu erfolgen hat, sind erfüllt. Darauf, dass die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht Folgen für den Versicherungsschutz haben kann, wurde der Kläger im Antragsformular zunächst unmittelbar vor den Gesundheitsfragen hingewiesen. Dort und in einem weiteren Hinweis über der Rubrik für die Unterschriftsleistung wird der Versicherungsnehmer zudem deutlich auf die Schlusserklärung und die dortige Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG aufmerksam gemacht. In dieser gesonderten Mitteilung wird der Versicherungsnehmer sodann detailliert auf die Bedeutung und den Umfang der vorvertraglichen Anzeigepflicht sowie auf die Folgen ihrer Verletzung hingewiesen. Da auf die Rechte des jeweiligen Versicherers hingewiesen wird, ist für den Versicherungsnehmer auch unzweifelhaft erkennbar, dass es sich um eine Belehrung durch den Versicherer handelt, an den sich der Antrag richtet.
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2. Der Beklagte hat das Recht zur Prämienanpassung wirksam ausgeübt. Soweit der Kläger den erhobenen Risikozuschlag von 97,20 EUR, der ab dem 01.01.2012 auf 96,80 EUR reduziert wurde, in der Höhe angreift, dringt er nicht durch. Die Anpassung nach § 19 Abs. 4 VVG erfolgt durch einseitige Erklärung des Versicherers, der auf der Basis seiner Annahmepraxis ermitteln muss, ob und mit welchem Inhalt er den Vertrag mit dem Versicherungsnehmer abgeschlossen hätte, wenn dieser seine Anzeigeobliegenheit korrekt erfüllt hätte (Rolfs in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 19 Rn 146). Dass er im Fall der Anzeige der Zervikobrachialgie einen Risikozuschlag in Höhe von 30 % erhoben hätte, der im gewählten Tarif auf 60 % zu verdoppeln war, hat der Beklagte anhand der Unterlagen über seine Risikoprüfungsgrundsätze im Einzelnen belegt. Diesen Darlegungen ist der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht wirksam entgegengetreten. Das Recht des Versicherers, den Vertrag an die tatsächliche Gefahrenlage anzupassen, stellt ein einseitiges Bestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 3 BGB dar, das auch durch die Festsetzung eines Risikozuschlags ausgeübt werden kann (Rolfs a.a.O.).
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Dass der vom Beklagten auf 40 % begrenzte Risikozuschlag vom billigen Ermessen des Versicherers nicht mehr gedeckt ist, ist unter Berücksichtigung der in der privaten Krankenversicherung auf der Hand liegenden Gefahrerheblichkeit von Rückenbeschwerden weder vom Kläger konkret dargetan noch sonst ersichtlich.
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3. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt zugleich, dass der Kläger weder Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten noch Zahlung von Zinsen verlangen kann.
III.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Dem Rechtsstreit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu; die Zulassung ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Der ausgeführten Entscheidung des OLG Hamm (VersR 2011, 469) liegt – wie dargelegt – eine andere Fallgestaltung zugrunde.
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.106,80 EUR festgesetzt, wobei auf den Feststellungsantrag 4.065,60 EUR (96,80 EUR x 12 x 3,5; § 9 ZPO analog) und auf den Zahlungsantrag 2.041,20 EUR entfallen. Ein weitergehender Zahlungsantrag wurde nicht beziffert.