VG Aachen, Urteil vom 22.10.2014 – 1 K 2995/13
Der Wachdienst auf der Gorch Fock nachts bei Windstärke 7 ist auch für Auszubildende nicht mit einer besonderen Lebensgefahr verbunden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Kläger begehren eine Entschädigung nach § 63 a des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) für ihre im September 2008 verstorbene Tochter K. .
Die am 5. September 1989 geborene Tochter der Kläger bewarb sich im Juli 2007 bei der Marine der Bundeswehr für eine Einstellung in die Laufbahngruppe der Offiziere des Sanitätsdienstes mit einer Verpflichtungszeit von 17 Jahren. Mit Bescheid vom 9. April 2008 wurde sie zum 1. Juli 2008 in die Marineschule in Flensburg aufgenommen, zum 1. Oktober 2008 sollte sie zum Medizinstudium beurlaubt werden. In seinem Beurteilungsbeitrag zum Abschluss der Basisausbildung vom 14. August 2008 konnte ihr beurteilender Vorgesetzter ihre Eignung zum Offizier nicht erkennen.
Mit Kommandierungsverfügung vom 18. Juli 2008 wurde K. für die Zeit vom 16. August 2008 bis zum 27. September 2008 zur Seebasis-Ausbildung auf das Segelschulschiff „Gorch Fock“ kommandiert. Das Schiff lief am 28. August 2008 aus dem Hafen in Kiel aus und sollte am 5. September 2008 in Hamburg einlaufen. Die Ausbildungsfahrt sollte am 24. September 2008 in Dublin enden.
Die Besatzung von 235 Personen war in drei Divisionen eingeteilt. Die Stammsoldaten zählten zur Division III, in den Divisionen I und II versahen die Lehrgangsteilnehmer ihren Dienst. K. wurde der 35 Personen umfassenden Seewache II. Division Steuerbord II zugeteilt. Die vier Seewachen Steuerbord I, Steuerbord II, Backbord I und Backbord II hatten immer abwechselnd für jeweils 4 Stunden Wachdienst auf dem Schiff.
Einer der Wachposten war der Posten Ausguck, der allein und ohne unmittelbare Aufsicht durch einen Dienstvorgesetzten von den Lehrgangsteilnehmern wahrgenommen werden musste. Der Posten hatte seinen Tätigkeitsbereich auf der so genannten Back, dem vorderen Teil des Schiffes zum Bug hin. Von dort aus hatte er sämtliche Sichtungen wie Schiffe, Treibgut und Ähnliches dem wachhabenden Offizier nach einem festen Meldeschema umgehend zu melden. Daneben war zur Nachtzeit im Halbstundentakt eine Standardmeldung in Form eines Ansingens abzugeben; die Meldung lautete: „Auf der Back ist alles wohl, die Laternen brennen“. Hierfür und für die anderen Meldungen war der Posten mit einer Flüstertüte ausgestattet sowie mit einem Fernglas. Der jeweilige Dienstanzug für den Posten wurde durch den wachhabenden Offizier befohlen.
Am 1. September 2008 suchte K. vormittags mit Unterleibsbeschwerden das Schiffslazarett auf. Ausweislich der schiffsärztlichen Stellungnahme vom 9. September 2008 sei von Seiten des Schiffarztes mit K. vereinbart worden, dass diese sich am Tag ihres Sonderurlaubs, dem 5. September 2008, zur Abklärung der Schmerzen zu ihrem Gynäkologen in H. begeben solle. Bis dahin habe sie nur Arbeiten an Deck auszuführen und nicht in die Takelage zu gehen. Auf Nachfrage am 2. und 3. September 2008 habe K. erklärt, dass sie keine Beschwerden habe.
K. übernahm erstmals am Montag, dem 2. September 2008, für die Zeit von 18:00 Uhr bis 20:00 Uhr den Dienst auf dem Posten Ausguck. Zuvor hatte sie Dienst auf den Posten Rettungsboje, Rudergänger und Läufer Deck verrichtet. Für Mittwoch, den 3. September 2008, hatte die Seewache Steuerbord II von 20:00 Uhr bis Mitternacht Wachdienst. K. war als 2. Rudergänger für die Zeit von 22:00 Uhr bis Mitternacht vorgesehen. Eine andere Offiziersanwärterin bat K. , den Dienst mit ihr zu tauschen, weil sie erkältet sei. K. erklärte sich bereit, für ihre Kameradin den Posten Ausguck für die Zeit von 22:00 Uhr bis Mitternacht zu besetzen. Das Tragen von Rettungsmitteln wie Schwimmweste oder Gurt war nicht angeordnet worden. Während ihrer Wache gab K. zunächst Sichtungsmeldungen und um 23:00 Uhr die Standardmeldung ab. Ihre um 23:30 Uhr abzugebende Standardmeldung blieb hingegen aus. Der zuständige Wachoffizier hatte das Fehlen der Meldung bemerkt, begab sich aber entgegen der üblichen Vorgehensweise nicht zur Kontrolle auf die Back, weil nach seinen Angaben K. in der Zeit nach 23:30 Uhr noch zwei oder drei Schiffsmeldungen abgegeben habe.
Am 3. September 2008 gegen 23:43 Uhr wurde bemerkt, dass K. über Bord gegangen war. Das Schiff befand sich zu der Zeit etwa 15 km nördlich von Norderney in der Nordsee bei Windstärke 7 und einer Wassertemperatur von 15 Grad. Trotz unmittelbar eingeleiteter Suchmaßnahmen unter Einbindung anderer Schiffe, Flugzeuge und Hubschrauber konnte sie nicht mehr lebend geborgen werden. Erst am 15. September 2008 wurde der Leichnam nordwestlich von Helgoland entdeckt. Am 16. September 2008 wurde im Universitätsklinikum Kiel eine Obduktion vorgenommen. In dem Sektionsprotokoll heißt es, in Anbetracht der Gesamtumstände sei davon auszugehen, dass die Verstorbene von Bord geraten sei, ohne sich hierbei verletzt zu haben, und dann im Wasser ertrunken sei.
Die Staatsanwaltschaft Kiel leitete noch am 4. September 2008 ein Vorermittlungsverfahren ein. Die Gorch Fock war nach Abbruch ihrer Suchmaßnahmen am 5. September 2008 in den Marinestützpunkt Wilhelmshaven eingelaufen, am 6. September 2008 nahm die Polizei Wilhelmshaven die Ermittlungen auf dem Schiff auf. Am 8. September 2008 meldete sich Rechtsanwältin O. für die Kläger telefonisch bei der Staatsanwaltschaft Kiel und teilte am selben Tag per Fax mit, dass sie von den Klägern Informationen über K. erhalten habe. K. habe per E-Mail über massive Schmerzen im rechten Unterbauch geklagt. Daher stelle sich die Frage, warum sie gleichwohl als Wache auf dem nicht gerade ungefährlichen Posten auf der Back eingeteilt worden sei. Auf dem Posten Ausguck sei es durchaus möglich, über Bord zu fallen, wenn ein Soldat nicht angegurtet sei.
Die Bezirkskriminalinspektion Kiel, Kommissariat I, kam in ihrem Schlussbericht vom 17. November 2008 zu dem Ergebnis, dass K. kurz vor 23:43 Uhr in Wahrnehmung des Postens Ausguck an der Steuerbordseite des Vorschiffes von der Gorch Fock gestürzt sei. Insgesamt sei von einem tragischen Unglücksgeschehen auszugehen. K. sei häufig eingeschlafen und habe in ihrem Tagebuch von einer Schlafkrankheit gesprochen. Der Schiffsarzt habe hierzu ausgeführt, sämtliche Untersuchungen hätten keine Einschränkung im Hinblick auf die Borddienstverwendungsfähigkeit belegt. Der Umstand, dass K. häufig auch tagsüber eingeschlafen sei, sei ihm nicht bekannt gewesen. In dem Bericht heißt es weiter, dass andere Zeugen das mehrmalige Einschlafen von K. durchaus bemerkt hätten. Hinweise auf ein krankheitsbedingtes Einschlafen hätten sich jedoch nicht ergeben. Vielmehr könne die Umstellung von der Schulzeit auf unregelmäßige und kurze Schlafzeiten sowie die harte körperliche Arbeit die Ursache sein. Auch wenn insbesondere durch die Stammmannschaft der Aufenthalt an Bord als sicher angesehen werde, beweise dieser Fall das Gegenteil. Insbesondere Auszubildende, die sich nur für sechs Wochen an Bord befänden und größtenteils über keinerlei Segelerfahrung verfügten, sollten gegebenenfalls besser ausgestattet werden, insbesondere in Wahrnehmung der Wachposten zur Nachtzeit, damit im Falle eines Überbordgehens die Wahrscheinlichkeit der Rettung erhöht werden könne. Der Kommandant der Gorch Fock habe mittlerweile angeordnet, dass sowohl der Posten Rettungsboje im hinteren Teil des Schiffes als auch der Posten Ausguck auf der Back verpflichtet sei, sich anzugurten.
Die Staatsanwaltschaft Kiel verfügte unter dem 16. Januar 2009 gemäß §§ 152 Abs. 2, 170 Abs. 2 StPO das Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens in Ermangelung zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte für verfolgbare Straftaten. Weil die damalige Rechtsanwältin der Kläger umfangreich Akteneinsicht genommen hatte, verzichtete sie zunächst auf die Erteilung eines gesonderten Nichteinleitungsbescheides. Nachdem sie jedoch in der Folgezeit die Aufnahme weiterer Ermittlungen gefordert hatte, wurde den Klägern unter dem 16. September 2010 ein förmlicher Bescheid über die Nichteinleitung erteilt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wurde von der Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein mit Bescheid vom 30. Dezember 2010 als unbegründet zurückgewiesen.
Nach Beauftragung der nunmehrigen Prozessbevollmächtigten durch die Kläger beantragten diese im Februar 2011 Akteneinsicht und stellten am 1. September 2011 einen Wiederaufnahmeantrag sowie Strafanzeigen gegen den Wachoffizier und seinen Stellvertreter sowie den Kommandanten und den Schiffsarzt der Gorch Fock. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurde von der Staatsanwaltschaft Kiel mit Bescheid vom 18. Oktober 2011 abgelehnt, weil neue relevante Tatsachen oder neue Beweismittel, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen könnten, weder vorgetragen noch sonst ersichtlich seien. Auch wurde mit Verfügungen vom 17. Oktober 2011 vom Einleiten eines Ermittlungsverfahrens gegen die vier Beschuldigten abgesehen. Die Kläger legten hiergegen, soweit es den Kommandanten und den Schiffsarzt betraf, Beschwerden ein, welche mit Bescheiden der Generalstaatsanwaltschaft vom 8. März 2012 abgewiesen wurden. Die Anträge auf gerichtliche Entscheidung wurden vom OLG Schleswig mit Beschlüssen vom 12. Juni 2012 bezüglich des Kommandanten als unzulässig und bezüglich des Schiffsarztes als unbegründet verworfen. Die Kläger haben unter dem 12. Juli 2012 gegen die Beschlüsse Verfassungsbeschwerde erhoben, über die noch nicht entschieden ist.
Mit Schreiben vom 24. Juli 2013 beantragten die Kläger die Gewährung einer Entschädigung nach § 63 a SVG und erläuterten, dass sie erst vor einigen Wochen von ihrem Anwalt auf den Entschädigungsanspruch hingewiesen worden seien. Von Amts wegen habe die Bundeswehr nach dem Tod ihrer Tochter Ansprüche wegen Wehrdienstbeschädigung geprüft und abgelehnt. Hierüber hätten sie aber erst durch ihre Nachfrage beim Sozialdienst der Bundeswehr am 22. Juli 2013 erfahren, ein förmlicher Ablehnungsbescheid sei nie ergangen.
Mit Bescheid vom 7. August 2013 wurde der Antrag abgelehnt. Eine besondere Lebensgefahr sei mit der Teilnahme am allgemeinen Wachdienst der Gorch Fock nicht verbunden. Auch habe es keinen rechtswidrigen Angriff gegeben. Schließlich sei ein möglicher Anspruch verjährt. Der Widerspruch der Kläger wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. November 2013 zurückgewiesen. Ungeachtet der Verjährungsfrage lägen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 63 a SVG nicht vor.
Die Kläger haben am 6. Dezember 2013 Klage erhoben und ausgeführt, dass K. zur Nachtzeit bei nahezu völliger Dunkelheit frei auf der Back habe stehen müssen. Die Reling sei nicht umlaufend und weise nicht die erforderliche Mindesthöhe auf. Die konkrete Gefahr des Überbordgehens habe bestanden. Es habe Windstärke 7 geherrscht. Von besten Segelbedingungen, wie die Beklagte erläutert habe, könne nicht ausgegangen werden. Auch könne die Gorch Fock bei diesem Wetter nicht ruhig und stabil in der See gelegen haben. Neue Sicherheitsvorkehrungen seien erst nach dem Vorfall eingeführt worden. Nunmehr sei die Wache mit einem Gurt ausgestattet.
Ein möglicher Anspruch sei auch nicht verjährt. Sie hätten vor dem 1. Januar 2010 keine Kenntnis von den den Tatbestandsvoraussetzungen des § 63 a SVG zu Grunde liegenden Umstände gehabt. Umfangreiche Ablichtungen aus den Ermittlungsakten hätten sie erst über ihre nunmehrigen Prozessbevollmächtigten erhalten. Die damalige Rechtsanwältin habe zwar ihrerseits im Jahr 2008 Akteneinsicht genommen, ihnen aber keine Kopien zur Verfügung gestellt. Die aus der Presseberichterstattung folgenden Erkenntnisse seien lückenhaft und nicht geeignet gewesen, auf die tatsächliche Lebensgefährlichkeit der Dienstausübung zu schließen. Die damalige Rechtsanwältin könne auch nicht als Wissensvertreter gelten, weil sie nur zur Wahrnehmung der Rechte im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und nicht zur Verfolgung von Ansprüchen nach dem SVG mandatiert gewesen sei. Selbst wenn sie, die Kläger, bereits vor dem Jahre 2010 Kenntnis der relevanten Tatsachen gehabt hätten, wäre zu diesem Zeitpunkt kein Verjährungsbeginn anzunehmen, weil bei einer unübersichtlichen Rechtslage wie hier die Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifende Voraussetzung für den Verjährungsbeginn entfalle. Erst mit dem Abschlussvermerk der Staatsanwaltschaft vom 16. Januar 2009, den ihre ehemalige Anwältin im März 2010 erhalten und ihnen zugeleitet habe, habe sich das Bild eines kausalen Unfallgeschehens verdichtet.
Abgesehen davon sei die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung ohnehin rechtsmissbräuchlich, weil sie selbst Ansprüche nach dem SVG geprüft habe, so dass man auch bei dem Entschädigungsanspruch von einer eigenständigen Prüfung durch die Beklagte habe ausgehen können.
Auch habe die Beklagte aktiv auf sie eingewirkt, nicht von einer besonderen Gefährdung ihrer Tochter auszugehen. So sei behauptet worden, dass K. schon häufiger den Posten Ausguck besetzt gehabt habe, obwohl dies nur ein Mal bei Tage der Fall gewesen sei. Im Rahmen des Ortstermins sei zudem festgestellt worden, dass entgegen den Angaben der Beklagten keine ausreichende Sicherung durch die Reling im Bereich der Back existiert habe. Es habe Stellen gegeben, an denen man ungeschützt über Bord habe fallen können. Der Seegang habe auch nicht, wie von der Beklagten vorgetragen, bis zwei Meter betragen, vielmehr sei von einer Wellenhöhe bis zu drei Metern auszugehen.
Schließlich sei K. nicht diensttauglich gewesen. Bereits im Rahmen der Erstausbildung habe man ihr die Eignung zum Offizier abgesprochen. Auch sei bei der Musterung zunächst der Ausschluss der Verwendung für den Dienst an Bord festgestellt worden. Diese Feststellung habe man in den Krankenakten anscheinend nachträglich geändert. Hätte der Schiffsarzt die ihm zur Verfügung gestandenen Krankenakten sorgfältig studiert, hätte ihm in Verbindung mit den ihm von K. am 1. September 2008 geschilderten Beschwerden auffallen müssen, dass K. von Anfang an nicht borddienstverwendungsfähig gewesen sei. Am 5. September 2008 habe ein Arzt der damaligen Offizierbewerberprüfzentrale von seinem Kollegen, Herrn Dr. N. , erfahren, dass dessen Tochter, die Zeugin N. , die ebenfalls als Offiziersanwärterin auf dem Schiff gewesen sei, telefonisch von dem Vorfall berichtet und die Ausbildungsfahrt abgebrochen habe. Herr Dr. N. habe sich verwundert gezeigt, weil es vor dem Auslaufen der Gorch Fock bei einer Personalkonferenz Zweifel an der Einsatzfähigkeit von K. gegeben habe.
Im Nachgang zum Ortstermin habe sich eine Unteroffizierin bei ihren Prozessbevollmächtigten gemeldet, die als Sanitätsmeisterin im September 2008 Dienst auf der Gorch Fock verrichtet und angegeben habe, K. sei beinahe mehrmals täglich bei ihr und dem Schiffsarzt mit gesundheitlichen Problemen, insbesondere Schlafproblemen, vorstellig geworden und behandelt worden. Deshalb habe der Schiffsarzt entgegen seinen Ausführungen Kenntnis von den Schlafproblemen bei K. gehabt. Die Krankenakte weise nicht mehr alle Unterlagen auf, die sie, die Sanitätsmeisterin, anlässlich der Untersuchungen von K. verfasst habe.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 7. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2013 zu verpflichten, ihnen eine einmalige Entschädigung in Höhe von 40.000,- Euro zu bewilligen,
sowie die Hinzuziehung ihres Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Bescheide und trägt ergänzend vor, dass die Einrede der Verjährung aufrecht erhalten werde. Den Klägern hätten alle Erkenntnisse frühzeitig vorgelegen. Dem Kläger zu 2. sei die an die Staatsanwaltschaft Kiel adressierte Erläuterung des Bundesverteidigungsministeriums vom 8. Januar 2009 zur Verfügung gestellt worden, die auf seinen Fragen beruhe, und in der ausführlich zu den Wind- und Wetterverhältnissen Stellung genommen worden sei. Der Kläger zu 2. habe sich mit Fax vom 20. Februar 2009 für diese Stellungnahmen bedankt und Nachfragen gehabt.
Ein materieller Anspruch bestehe zudem nicht. Die Vorschrift des § 63 a SVG entspreche dem § 37 BeamtVG, so dass man auf die Kommentierungen zu dieser Norm zurückgreifen könne. Die Durchführung der Nachtwache auf dem Posten Ausguck begründe selbst bei widrigen Witterungsbedingungen keine gegenüber dem allgemeinen Berufsrisiko eines Matrosen gesteigerte Gefährdungslage. Aufgrund der Marinevorschriften sei es nicht geboten gewesen, am 3. September 2008 den Befehl zum Anlegen von Schwimmwesten oder zum Angurten zu geben, weil es keine schwere See gegeben habe. Bei Windstärke 7 hätten Zeugen ausgesagt, dass das Schiff sehr ruhig gelegen hätte, weil der Wind von hinten gekommen sei. Es sei von einem Wellengang von zwei Metern auszugehen. K. habe vor dem Unfall zweimal die Aufgaben eines Ausgucks wahrgenommen. Einmal am 1. September 2008 als Posten Rettungsboje auf dem hinteren Teil des Schiffs, und einmal am 2. September 2008 als Ausguck auf der Back. Für diesen Dienst habe sie sich sogar freiwillig gemeldet. Nachts sei das Schiff abgedunkelt, damit der Posten Ausguck seinen Aufgaben nachgehen könne. Die Höhe der Reling sei ausreichend gewesen. Die feste Reling werde auf Steuerbordseite zweimal unterbrochen, einmal durch die kardanische Aufhängung einer schwergängigen Platte mit Positionslaterne, und einmal durch Drahtseile, um einen weiteren Ab- und Zugang von Bord zu ermöglichen. Der Zwischenraum bei den Königspollern sei zu schmal, um dort hindurch zu geraten. Auch sei dies nicht der Bereich, in dem sich der Posten Ausguck normalerweise aufhalte. Seit 1958 gebe es den Posten Ausguck für angehende Marineoffiziere. Die nach dem Vorfall ausgegebene Anordnung, sich dort anzugurten, entspringe aus der Fürsorgepflicht, bedeute aber nicht, dass der Dienst dort lebensgefährlich sei. Schließlich sei K. auch diensttauglich gewesen. Eine Personalkonferenz zur Einsatzfähigkeit habe es nicht gegeben. Dem Schiffsarzt seien die Schlafprobleme nicht bekannt gewesen. Hierfür könne auf dessen dienstliche Erklärung vom 16. Oktober 2014 verwiesen werden, in der auch dargelegt werde, dass es bereits im Frühjahr 2008 zu einem massiven Zerwürfnis zwischen ihm und der von der Klägerseite erwähnten Sanitätsmeisterin gekommen sei.
Das Gericht hat über die Verhältnisse an Bord der Gorch Fock im Wege des Augenscheins und über die Umstände der Wachablösung am 3. September 2008 zwischen 23:30 Uhr und 23:45 Uhr im Wege der Zeugenvernehmung Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 6. August 2014 und auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach? und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Bewilligung einer einmaligen Entschädigung. Die Tatbestandvoraussetzungen des § 63 a SVG in der hier allein in Frage kommenden Variante des § 63 a Abs. 3 Nr. 2 SVG in Verbindung mit § 63 a Abs. 1 SVG sind nicht erfüllt. Nach Maßgabe dieser Vorschriften erhalten Eltern eines Soldaten eine einmalige Entschädigung in Höhe von 40.000,- Euro, wenn sich der Soldat bei Ausübung einer Diensthandlung einer besonderen Lebensgefahr aussetzt und infolge dieser Gefährdung einen Unfall erleidet und an den Folgen dieses Unfalls verstirbt.
Ein Fall des § 63 a Abs. 2 SVG, nachdem die einmalige Entschädigung auch gewährt wird, wenn der Soldat den Unfall durch einen rechtswidrigen Angriff erleidet, liegt offenkundig nicht vor, weil der Begriff des rechtswidrigen Angriffs voraussetzt, dass der Angreifer den Soldaten wegen dieser Eigenschaft oder der dienstlichen Tätigkeit objektiv schädigt. Zwischen dem Angriff und der Dienstausübung muss ein innerer Zusammenhang bestehen.
Vgl. zu dem wortgleichen § 37 BeamtVG BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012 – 2 C 41/11 -, NVwZ-RR 2013, 320; OVG NRW, Urteil vom 4. April 2011 – 1 A 3037/08 -, ZBR 2012, 52.
Den vorliegenden Akten lassen sich bereits keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Tochter der Kläger Opfer eines rechtswidrigen Angriffs geworden ist. Darüber hinaus gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass sie wegen ihrer Eigenschaft als Soldatin oder der konkreten Tätigkeit als Wachposten auf der Back angegriffen worden sein soll und infolge dessen über Bord gegangen ist.
Der Anspruch nach § 63 a Abs. 3 Nr. 2 SVG in Verbindung mit § 63 a Abs. 1 SVG setzt voraus, dass sich ein Soldat bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aussetzt. Es handelt sich um ein objektiv gegebenes spezifisches Merkmal der Diensthandlung; diese muss typischerweise mit einer besonderen, über das übliche Maß der Lebens- oder nur Gesundheitsgefährdung hinausgehenden Lebensgefahr verbunden sein.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 2 C 51/11 -, NVwZ-RR 2013, 522; Wilhelm in: Fürst, GKÖD, Teil 3 b, BeamtVG, § 37, Rnr. 8; jeweils zum wortgleichen § 37 BeamtVG.
Die Gewährung einer Entschädigung setzt damit eine Dienstverrichtung voraus, die bei typischem Verlauf das Risiko entsprechender Verletzungen in sich birgt, so dass deren Eintritt als Realisierung der gesteigerten Gefährdungslage und nicht als Verwirklichung eines allgemeinen Berufsrisikos erscheint. Ob die Diensthandlung für das Leben des Soldaten eine solche Gefahr begründet hat, erfordert eine wertende Betrachtung der Umstände des konkreten Einzelfalls. Maßgeblich ist damit auf die objektive Diensthandlung und deren typischen Verlauf abzustellen. Hier ist der Wachdienst einer Auszubildenden auf dem Posten Ausguck der Gorch Fock unter Betrachtung des Einzelfalls, dass die Wache nachts auf dem unbeleuchteten Vorderschiff bei Windstärke 7 und einem Wellengang von zwei bis drei Metern stattgefunden hat, in den Blick zu nehmen. Nicht zu berücksichtigen ist dagegen die subjektive Situation des Soldaten, also die Frage von Erkrankungen oder einer Dienstunfähigkeit, weil allein auf die Diensthandlung – Wachdienst eines Offiziersanwärter auf dem Segelschulschiff – abzustellen ist.
Nach diesen Maßgaben stuft das Gericht den nächtlichen Wachdienst auf der Gorch Fock bei Auszubildenden ohne Sicherungsmaßnahmen auf dem Posten Ausguck auch bei einer Wellenhöhe von zwei Metern als lebensgefährlich ein. Nach den Erkenntnissen des Ortstermins teilt die Kammer die Ansicht der Bezirkskriminalinspektion Kiel, welche in ihrem Schlussbericht vom 17. November 2008 darauf verweist, dass Auszubildende, die sich nur für sechs Wochen an Bord befänden und – anders als die Stammbesatzung – größtenteils über keinerlei Segelerfahrung verfügten, insbesondere in Wahrnehmung der Wachposten zur Nachtzeit besser ausgestattet werden sollten, damit die Wahrscheinlichkeit der Rettung erhöht werden könne. Entsprechende Maßnahmen wurden nach den Erklärungen der Vertreter der Beklagten im Ortstermin am 6. August 2014 mittlerweile umgesetzt. Eine Schwimmweste mit Peilsystem und Kälteschutzanzüge seien marineweit eingeführt worden, auch Suchscheinwerfer seien nunmehr an Bord der Gorch Fock vorhanden. Zusätzlich gebe es Leuchtraketen, die nachts die See beleuchten könnten.
Ohne diese neuen Sicherungsmaßnahmen liegt es auf der Hand, dass die Rettung eines nachts über Bord gegangenen Soldaten bei entsprechendem Seegang so gut wie unmöglich ist und der Soldat verstirbt. Dass man trotz der Reling und des Schutznetzes am Bug über Bord gehen konnte, hat die Augenscheinseinnahme ergeben. Im Bereich der Königspoller gab es Lücken im Schutz, die durch die gefertigten Fotos dokumentiert sind, und durch die ein Überbordgehen entgegen den Angaben der Beklagten sehr wohl möglich war. Auch die kardanisch aufgehängten Platten waren – ohne die mittlerweile angebrachten Sicherungsseile – gefährliche Stellen. Berücksichtigt man zudem, dass ein Segelschulschiff Zeit braucht, um in voller Fahrt an die Stelle zurückzukehren, an der jemand über Bord gegangen ist, hätte von vornherein jedes Risiko des Überbordgehens minimiert werden müssen. Dies ist erst nach dem Vorfall am 3. September 2008 durch die Anordnung, den Wachdienst auf dem Posten Ausguck anzugurten, geschehen.
Die so gegebene Lebensgefahr für die Tochter der Kläger war jedoch keine besondere im Sinne der maßgeblichen Vorschriften. Eine besondere Lebensgefahr ist mit einer Diensthandlung verbunden, wenn bei ihrer Vornahme die Wahrscheinlichkeit, einen Körperschaden oder den Verlust des Lebens zu erleiden, höher ist als die Möglichkeit, unversehrt zu bleiben.
Vgl. Bauer in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: Juni 2014, § 37, Erläuterung 2, Nr. 2.
Dass der Verlust des Lebens wahrscheinlich oder doch sehr nahe liegend ist, oder dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, bei der Dienstausübung umzukommen,
vgl. zu diesen Anforderungen noch Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 28. Oktober 2010 – 5 LA 280/09 -, DÖD 2011, 21, m.w.N.,
dürfte nach den Änderungen des § 37 Absatz 1 BeamtVG und des § 63 a SVG durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3926) nicht mehr zu fordern sein.
Vgl. Bauer, a.a.O., § 37, Erläuterung 2, Nr. 2.
Die damaligen Vorschriften sahen vor, dass der Soldat oder Beamte sich bei der Ausübung einer Diensthandlung nicht nur der für ihn besonderen Lebensgefahr bewusst ist, sondern er sein Leben einsetzt. Nunmehr wird für die Durchführung der Diensthandlung nicht mehr der bewusste Einsatz des Lebens verlangt. Gleichwohl ist zu prüfen, ob der Beamte oder Soldat unverändert das Bewusstsein der seinem Leben drohenden Gefahren besitzt. Dabei folgt das Bewusstsein, bei der Dienstverrichtung das eigene Leben zu gefährden, in aller Regel bereits aus dem Wissen um die die Gefahr begründen objektiven Umstände. Sind diese Umstände dem Beamten oder Soldaten bei der Vornahme der Diensthandlung bekannt, so handelt er in dem erforderlichen Bewusstsein der Gefährdung seines Lebens.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 2 C 51/11 -, a.a.O.
Die hierin liegende Herabsenkung der Anforderung eines subjektiven Merkmals entspricht dem Sinn und Zweck der Neuregelung, die ausweislich der Gesetzesmaterialien der Erleichterung der Rechtsanwendung dienen sollte.
Angesichts der Historie der Ausbildung auf der Gorch Fock, die mittlerweile ihr fünfzigjähriges Jubiläum als Schulschiff feiert und dabei nach Presseberichten mehr als 14.000 Kadetten als Segelschulschiff gedient hat, ohne dass es zu einer Vielzahl an Unglücksfällen gekommen ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass beim nächtlichen Wachdienst von Auszubildenden auf dem Posten Ausguck eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Körperverletzung oder einen Todesfall gegenüber der Unversehrtheit spricht. In der Kommentarliteratur werden Entschädigungsansprüche in Fällen bejaht, bei denen die Gefährdung über das normale Maß hinaus besteht, und die sich mit dem nächtlichen Wachdienst auch bei Windstärke 7 – ungeachtet der Frage, ob der Wellengang zwei oder drei Meter hoch war – nicht vergleichen lassen. So nimmt man die besondere Lebensgefahr an, wenn Polizeibeamte bewaffnete Verbrecher verfolgen oder die Fahrbahn einer Autobahn bei fließendem Verkehr betreten müssen, oder wenn Feuerwerker Sprengkörper zu entschärfen haben.
Vgl. Wilhelm, in: Fürst, GKÖD, a.a.O., § 37, Rnr. 8; Bauer, a.a.O., § 37, Erläuterung 2, Nr. 4.
Zudem gibt es gerichtliche Entscheidungen, dass Rettungsmaßnahmen durch Feuerwehrbeamte zur Befreiung von durch Feuer eingeschlossenen Personen besonders gefährlich sind, ebenso die nächtliche Aufnahme eines Unfalls auf einer Autobahn an einer unbeleuchteten Stelle oder ein Fallschirmsprung beim Mannschaftsspringen, wenn dabei ein Flugmanöver zur Verhinderung eines Zusammenstoßes durchgeführt wird.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 2 C 51/11 -, a.a.O.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 28. Oktober 2010 – 5 LA 280/09 -, a.a.O.; OVG NRW, Urteil vom 2. Oktober 2002 – 1 A 49564/00 -, juris.
Mit diesen Beispielen aus der Rechtsprechung ist der Wachdienst von Auszubildenden auf der Back der Gorch Fock nicht zu vergleichen. Die Zeugin gab in der mündlichen Verhandlung an, sie habe den Dienst als normalen Wachdienst empfunden, auch wenn sie nicht mehr sagen könne, ob sie nachts diesen Wachposten bekleidet habe. Berücksichtigt man zudem, dass der betreffende Soldat auf dem Posten Ausguck nicht unmittelbar am Rand des Schiffes stehen musste, sondern auch einige Schritte zur Mitte der Back machen konnte, ohne dass dies die Beobachtung des Schiffsverkehrs eingeschränkt hätte, er aber damit vor dem Überbordgehen an den ungesicherten Stellen einigermaßen geschützt war, ist die Annahme einer besonderen Lebensgefahr im Sinne des § 63 a SVG ausgeschlossen.
Offen lassen kann die Kammer daher die angerissene Frage, ob ein möglicher Anspruch verjährt wäre. Nach der auch für öffentlichrechtliche Besoldungs- und Versorgungsansprüche anwendbaren Vorschrift des § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Der Verjährungsbeginn setzt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen voraus. Der Gläubiger muss den Hergang in seinen Grundzügen kennen und wissen, dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung des Anspruchs bietet. Maßgebend und entscheidend ist dabei, ob der Gläubiger aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person Klage erheben kann, d. h. dem Anspruchsberechtigten muss die Erhebung einer entsprechenden Klage erfolgversprechend, wenn auch nicht risikolos möglich, mithin zumutbar sein.
Vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 10. März 2010 – 14 BV 08.2444 -, juris, m.w.N.
Hingegen ist es aus Gründen der Rechtssicherheit und der Billigkeit in der Regel nicht erforderlich, dass der Anspruchsberechtigte aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 2014 – 6 A 755/13 -, nrwe.de.
Danach ist davon auszugehen, dass die Kläger spätestens im Frühjahr 2009 aufgrund der ausführlichen Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Kiel vom 23. Januar 2009 und der Beantwortung von Fragen durch das Bundesverteidigungsministerium Kenntnis von den maßgeblichen Umständen des Überbordgehens hatten, so dass die Antragstellung im Juli 2013 außerhalb der Dreijahresfrist liegt. Bereits am 8. September 2008 hatte Rechtsanwältin O. nach Mandatierung durch die Kläger per Fax der Staatsanwaltschaft Kiel mitgeteilt, dass K. als Wache eingeteilt worden sei und es auf dem Posten Ausguck durchaus möglich sei, über Bord zu fallen, wenn ein Soldat nicht angegurtet sei. Den damaligen Presseberichten ließen sich die Wind- und Wetterverhältnisse entnehmen; es wurde von rauer See, zwei Meter hohen Wellen und Windstärke 7 berichtet. Die Staatsanwaltschaft Kiel hat am 23. Januar 2009 in einer ausführlichen Presseerklärung die Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft vom 16. Januar 2009 zusammengefasst. Schließlich hat die Beklagte im Januar 2009 einen umfangreichen Fragenkatalog der Kläger beantwortet und sich auch zu den Nachfragen des Klägers zu 2. geäußert.
Die Berufung der Beklagten auf Verjährung dürfte jedoch rechtsmissbräuchlich gewesen sein. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und diese auch nicht in der mündlichen Verhandlung fallen gelassen, sondern auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich daran festgehalten.
Vgl. für eine Einrede: BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2006 – 2 C 14/05 -, a.a.O.; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 53 Rnr. 6; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Auflage 2012, § 53 Rnr. 4; dagegen für eine im öffentlichen Recht von Amts wegen zu prüfende Einwendung OVG NRW, Urteil vom 28. Oktober 2010 ? 11 A 1648/06 -, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 5. Oktober 2005 – 4 ZB 05.740 -, juris.
Die Beklagte muss sich jedoch entgegen halten lassen, dass sie durch ihre eigenständige Prüfung von Ansprüchen wegen einer Wehrdienstbeschädigung die Kläger veranlasst hat, keine verjährungsunterbrechenden Schritte zu unternehmen. Die Kläger wurden über den Ausgang der Prüfung nicht unterrichtet, so dass sie erst aufgrund ihrer Nachfrage im Juli 2013 erfuhren, dass das Verfahren eingestellt worden sei. Wenn die Kläger im Nachgang hierzu den Entschädigungsanspruch nach § 63 a SVG geltend machen, kann ihnen nach Treu und Glauben bei dem Vorverhalten der Beklagten die Einrede der Verjährung nicht vorgehalten werden.
Mangels positiver Kostengrundentscheidung bedarf es keines Ausspruchs über die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Bevollmächtigten für das Vorverfahren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.