Zur Rechtswidrigkeit der Installation einer dem äußeren Anschein nach funktionsfähigen Videokamerattrappe

LG Berlin, Beschluss vom 01.02.2018 – 67 S 305/17

Zur Rechtswidrigkeit der Installation einer dem äußeren Anschein nach funktionsfähigen Videokamerattrappe

Tenor

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

Gründe
I.

1
Die Berufung ist offensichtlich unbegründet und deshalb gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO im Beschlusswege zurückzuweisen, da auch die sonstigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorliegen.

2
Das Amtsgericht hat der auf Entfernung der auf dem Grundstück …straße in Berlin installierten Kameras gerichteten Klage zutreffend in dem aus dem Urteilstenor zu 1. a) – e) ersichtlichen Umfang stattgegeben, da die Installation dieser Kameras auf dem streitgegenständlichen Grundstück – auch wenn es sich dabei um Attrappen handeln sollte – einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellt und nicht durch das gemäß Art. 14 GG in der Verfassung verankerte Recht der Beklagten, geeignete und erforderliche Maßnahmen zum Schutz des Eigentums zu ergreifen, gerechtfertigt ist.

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Dagegen vermag die Berufung aus den zutreffenden und die Berufungsbegründung vollständig erschöpfen Gründen des angefochtenen Urteils, auf das die Kammer Bezug nimmt, nichts zu erinnern.

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Die Bejahung eines Eingriffs in das aus Art. 2 GG hergeleitete allgemeine Persönlichkeitsrecht auch bei – zugunsten der Beklagten angenommenen – Kameraattrappen steht im Einklang mit der Rechtsprechung der Kammer, wonach der Überwachungsdruck einer Videokamera-Attrappe als dem einer funktionstüchtigen Videokamera entsprechend anzusehen ist, wenn äußerlich nicht zu erkennen ist, ob weiter eine bloße Attrappe oder eine Kamera mit Aufzeichnung betrieben wird (Kammer, Urt. v. 28. Oktober 2015 – 67 S 82/15, juris Tz. 11 – 12). Nach der darin in Bezug genommenen Entscheidung des BGH (Urt. v. 16. März 2010 – VI ZR 176/09, NJW 2010, 1533-1535) kann abhängig von den Umständen des Einzelfalls auch bei tatsächlich nicht erfolgender Überwachung der verbleibende Überwachungsdruck ausreichen, wenn entsprechende Verdachtsmomente vorliegen. Das wäre dann nicht der Fall, wenn eine solche Erfassung nur durch eine äußerlich wahrnehmbare technische Veränderung der Anlage möglich wäre und wenn auch sonst Rechte Dritter nicht beeinträchtigt würden (BGH, a.a.O., Tz. 13 -14 juris).

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Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind vorliegend die Attrappen der tatsächlichen Überwachung gleichzustellen, da der verbleibende Überwachungsdruck auch nach dem Hinweis der Beklagten auf die Installation von bloßen Attrappen weiterhin für Besucher des Klägers und für Dritte aber auch für den Kläger selbst verbleibt, wenn äußerlich bei den mit einer funktionierenden LED-Lampe versehenen Kameras nicht zu erkennen ist, ob weiter eine bloße Attrappe oder – gegebenenfalls nach technischer Veränderung – eine Kamera mit Aufzeichnung betrieben wird. Dies gilt umso mehr, als anderenfalls der Kläger laufend die Gegebenheiten genau prüfen müsste, um sich zu vergewissern, ob es bei der Attrappe geblieben ist (vgl. Kammer, a.a.O., Tz. 11). Zudem wird die Beeinträchtigung dadurch verstärkt, dass angesichts der zahlreich vorhandenen Kameras der Druck einer umfassenden Dauerüberwachung entsteht.

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Dieser Eingriff wäre allenfalls zur Abwehr überwiegender Beeinträchtigungen des durch Art. 14 GG geschützten Eigentums der Beklagten gerechtfertigt, wovon vorliegend aus den zutreffenden Gründen des Amtsgerichts nicht ausgegangen werden kann.

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Voraussetzung dafür sind grundsätzlich das Besorgen schwerwiegender und nachhaltiger Beschädigungen von Eigentum, während nur leichtere Diebstähle bzw. Sachbeschädigungen, wie etwa durch Graffiti, sowie die allgemeine Abschreckung und Erhöhung der Sicherheit nicht geeignet sind, ein überwiegendes Interesse des Eigentümers zu rechtfertigen (vgl. Kammer, a.a.O, Tz. 12; AG Frankfurt a.M., Urt. v. 14. Januar 2014 – 33 C 3407/14, BeckRS 2015, 02878, beck-online m.w.N.; AG Aachen, Urt. v. 11. November 2003 – 10 C 386/03, NZM 2004, 339, juris Tz. 15m.w.N.; a.A. AG Schöneberg, Urt. v. 30. Juli 2014 – 103 C 160/14, GE 2014, 1143, juris Tz. 12 – 14).

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Derartige besonderen Umstände sind vorliegend nicht gegeben. Es fehlt auch ausgehend von dem Beklagtenvortrag an der dauerhaften Gefahr hinreichend schwerwiegender nachhaltiger Beschädigungen des Eigentums. Zudem verweist das Amtsgericht die Beklagte zutreffend auf die Möglichkeit, dem Betreten Unbefugter durch funktionierende Schließanlagen entgegenzutreten. Insoweit ist bereits ein deutlich verbesserter Schutzes des Eigentums durch das von der Beklagten neu installierte automatische Tor der Durchfahrt …straße verbunden mit der dort angebrachten Kamera gegeben, die von dem Amtsgericht zur Abwehr der von dem Beklagten vorgetragenen drohenden Vandalismusschäden durch Personen von außen als gerechtfertigt angesehen wurde.

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Ohne Erfolg macht die Beklagte schließlich geltend, dass der Unterlassungsanspruch verwirkt sei (§ 242 BGB). Dabei kann offen bleiben, ob dem Kläger das Ausmaß der nach dem Beklagtenvortrag überwiegend bereits vor der erstmaligen Beanstandung der installierten Kameras bekannt war. Jedenfalls fehlt es an dem für eine Vermietung erforderlichen Umstandsmoment. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen zu dem reinen Zeitablauf besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (BGH, Urt. v. 9. Oktober 2013 – XII ZR 59/12, MDR 2014, 51, juris Rn. 11 m.w.N.). Daran fehlt es hier selbst nach dem Vorbringen der Beklagten.

II.

10
Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen, auch zur Frage, ob die Berufung vor dem Hintergrund des Hinweises zurückgenommen wird. Auf die damit verbundene Kostenreduzierung gemäß Nr. 1222 KV weist die Kammer vorsorglich hin.

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