AG St. Goar, Urteil vom 27.04.2017 – 32 C 377/16
Zum Nachweis für einen Wildschaden in einem Rapsfeld
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Gegen diese Entscheidung wird das Rechtsmittel der Berufung nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Entscheidung ergeht ohne Tatbestand gemäß § 313 a I ZPO.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig.
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Insbesondere wurde die einmonatige Klagefrist gem. § 43 II LjagdG beachtet. Der Vorbescheid wurde dem Kläger am 24.09.2016 zugestellt. Die Klage ist per Fax am 18.10.2016 eingereicht und am 10.11.2016 an den Beklagten zugestellt worden. Unter Berücksichtigung von § 167 ZPO genügt der rechtzeitige Eingang, wenn die Zustellung „demnächst“ erfolgt. Dies ist vorliegend geschehen. Der Kläger durfte zunächst die Aufforderung zur Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses abwarten. Diese ist am 24.10.2016 an den Kläger rausgegangen. Die Einzahlung der Gerichtsgebühren erfolgte am 07.11.2016. Am 08.11.2016 wurde sodann die Zustellungsverfügung durch die Richterin erlassen. Eine zurechenbare Verzögerung der Klagezustellung ist somit nicht erfolgt.
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In der Sache hat die Klage auf Aufhebung des Vorbescheids, nach dem Kläger verpflichtet ist, an den Beklagten Wildschadensersatz in Höhe von 356,02 € zu zahlen, keinen Erfolg.
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Nach Auswertung des Akteninhalts einschließlich der beigezogenen Wildschadensakte der Verbandsgemeindeverwaltung und Durchführung der Beweisaufnahme ist das Gericht zur hinreichend sicheren Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen zur Zahlung von Wildschadensersatz gemäß §§ 29 I BjagdG, 39 I S.2 S.2 LjagdG in der entsprechenden Höhe vorliegen.
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Zunächst war festzustellen, dass der Beklagte die Frist zur Anmeldung der Wildschäden beachtet hat. Gem. §§ 34 BjagdG,43 LjagdG müssen Wildschäden innerhalb einer Woche nach Kenntniserlangung bei der zuständigen Behörde angemeldet werden.
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Nach den vorliegenden Schadensanmeldungen aus der beigezogenen Wildschadensakte hat der Beklagte die Schäden am Winterraps am 19.07. und 23.07.2016 entdeckt und sie jeweils am 25.07.2016 angemeldet. Der Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung hierzu ergänzend ausgeführt, dass er jeweils Wildfährten wahrgenommen habe, die sich in seinen Rapsschlägen verloren.
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Das Gericht ist nach Durchführung der Beweisaufnahme hinreichend davon überzeugt, dass es sich bei den festgestellten Schäden um diejenigen handelt, die der Beklagte angemeldet hat und diese Schäden bei Anmeldung nicht älter als einen Monat gewesen sind. Der Beklagte hat auf Frage der Richterin angegeben, dass er am 19.07. Schäden festgestellt habe, die bei seiner letzten Kontrolle am 23.06.16 auf den Parzellen 26 und 27 noch nicht vorhanden waren, und dass er am 23.07.2016 auf Parzelle 13 wiederum Schäden festgestellt habe, die er bei seiner letzten Kontrolle am 01.07.2016 noch nicht wahrgenommen habe.
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Die Richterin folgt dem Grundsatz, dass ein Landwirt seine Felder nicht häufiger als einmal im Monat zu kontrollieren hat, es sei denn, es liegt eine besondere Schadensneigung vor. Dies ist jedoch die Ausnahme. Für eine besondere Gefährdung des wenige Wochen vor der Ernte stehenden Winterrapes lagen jedoch keine besonderen Anhaltspunkte vor. Bereits die festgestellten niedrigen Schäden auf den sehr großen Rapsflächen sprechen dagegen.
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Die Angaben des als sachverständigen Zeugen vernommenen Wildschadensschätzers Schlaghecken sprechen auch hinreichend dafür, dass es sich bei dem von ihm festgestellten Verbissschäden und Schäden durch sog. Kesselbildung und Wilddurchlauf um solche handelt, die bei Anmeldung nicht älter als einen Monat gewesen sind. Hierfür spricht die Schotenbildung des Raps, die der Wildschadensschätzer auch nach der Ernte in den von ihm vorgefundenen Kesseln feststellten konnte als Folge davon, dass das Wild die Rapspflanzen zusammen gezogen hatte. Auch der Umstand, dass in den Schadflächen, die durch Tritte entstanden sind, noch keine neuen Aufkeimungen zu sehen waren, spricht dafür, dass es sich nicht um Altschäden gehandelt hat.
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Für den Wildschadensschätzer waren somit nach dessen nachvollziehbaren Angaben im Termin keine Anhaltspunkte ersichtlich, die darauf hindeuteten, dass es sich bei den besichtigten Schadstellen um ältere Vorschäden gehandelt hat. Ebensowenig hatte er Hinweise darauf, dass nach der Anmeldung weitere frische Schäden hinzugetreten waren. Auch fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte seiner monatlichen Kontrollpflicht nicht nachgekommen ist. Für den Wildschadensschätzer erschienen daher die Schadensanmeldungen mit dem von ihm vorgefundenen Schäden bei der Ortsbesichtigung ohne weiteres vereinbar. Zwar kann der Schätzer nicht ausschließen, dass dieser oder jener Quadratmeter an verbissenen oder niedergetretenen Rapspflanzen einem Monat vor Anmeldung oder nach der Anmeldung entstanden ist. Für ihn ergaben sich jedoch an Ort und Stelle keine konkreten Anhaltspunkte dafür. Dies reicht für einen Nachweis aus. Insofern beruht die Schadensermittlung auf einer Schätzung und Plausibilitätskontrolle, die mit gewissen Ungenauigkeiten bei der Feststellung zu Grund und Höhe verbunden ist.
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Soweit der Kläger behauptet, die von dem Zeugen … festgestellten Schäden seien zum großen Teil schon vor dem 23.06.16 eingetreten, und er dies unter Beweis stellt, durfte den Beweisangeboten nicht nachgegangen werden, weil die Beweiserhebung zu einer unzulässigen Ausforschung der Zeugen geführt hätte. Aufgrund des dichten Wuchses und der Höhe der Rapspflanzen waren Schadstellen ohne den Einsatz von Drohnen nicht ohne weiteres feststellbar. Vom Kläger musste daher verlangt werden, dass er seine Behauptung insoweit konkretisiert, als er vorträgt, wann, von welcher Stelle (Hochsitz ?) aus, welcher Schaden von wem gesichtet worden ist. Hierauf hat ihn der Beklagte mehrfach hingewiesen, ohne dass eine entsprechende Konkretisierung erfolgt ist. Ebensowenig hat der Kläger konkrete Umstände vorgetragen, die für das Eintreten weiterer Wildschäden nach Anmeldung durch den Beklagten sprechen.
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Das Gericht hat keine Bedenken gegen die von dem Zeugen angewandte Methode, den Ertragsschaden erst nach der Ernte festzustellen. Dies wird sogar von einigen bei verschiedenen Landwirtschaftskammern tätigen Sachverständigen empfohlen (vergl. z.B. die von dem Wildschadensschätzer Schlaghecken übergebene Empfehlung des beim Regierungspräsidium Kassel tätigen Sachverständigen G L). Anhand der am Boden liegenden Stängel nach der Ernte und Besichtigung der Schadensfläche kann anhand der Parameter Bodenqualität und Art des Schadens der Ertragsausfall zuverlässiger ermittelt werden, als bei Besichtigung der dicht und hoch bewachsenen Rapsfelder. Auch aus § 31 BjagdG lässt sich die Zulässigkeit dieser Methode rückschließen. Hingegen wird die von Klägerseite präferierte Methode, Auswertung von Musterflächen mit dem entsprechenden Aufwand, für die nach dem Gesetz vorgesehene zügige Schadensschätzung für unpraktikabel erachtet.
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Schließlich ist nach Durchführung der Beweisaufnahme auch die Höhe des beim Beklagten eingetretenen Schadens zur hinreichend sicheren Überzeugung der Richterin erwiesen.
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Hinsichtlich des Rapsfeldes auf Parzelle 13 hat der sachverständige Zeuge den Schaden auf 217,40 € geschätzt. Er hat auf der großen zusammenhängenden Fläche nach der Ernte kleinere Verbiss- und Einstandsschäden festgestellt, die er in der Summe auf 1510 qm beziffert hat. Die Verbissschäden waren nach seiner Einschätzung auf Schädlingsbefall zurückzuführen an einer Stelle, die beim Spritzen schlecht zu erreichen ist. In der Folge ist das Schwarzwild von den Schädlingslarven angezogen worden. Darüber hinaus hat er sog. Kesselbildungen feststellen können, die er durch Fotos dokumentiert hat.
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Die Ertragsstufe des Raps hat er auf eine mittlere Qualitätsstufe III geschätzt und dabei die heftigen Niederschläge in der Region im letzten Frühsommer berücksichtigt, die sich entsprechend ertragsvermindernd ausgewirkt haben. Hingegen hat der Schätzer einen erhöhten Schädlingsbefall in dem großen Schlag nicht feststellen können, so dass dieser sich nicht zusätzlich ertragsmindernd ausgewirkt hat. Aufgrund der elektronischen Ertragserfassung des Mähdreschers des Beklagten steht fest, dass rund 70 t abgeerntet wurden. Dies entspricht einem Ertrag von 40 dz/ha, von dem der Wildschätzer zu recht ausgegangen ist.
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Die Schäden der weiteren Schadensmeldung hat der Schätzer nachvollziehbar mit 138,58 € ermittelt. Hierbei handelt es sich im wesentlichen um mehrere kleinere Aufbruchsschäden in der Fläche von rund 237 qm, weshalb in der Folge die ohnehin liegenden Halme durch die Bodenunebenheiten vom Mähdrescher nicht erfasst werden konnten. Aufgrund der Erkrankung des Raps nach Schädlingsbefall ist der Zeuge überzeugend von einem niedrigeren Ertragswert von lediglich 36 dz/ha ausgegangen.
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Die Schadensschätzung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
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Die Klage mit dem Ziel der Aufhebung des Vorbescheids hatte daher der Abweisung zu unterliegen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
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Die Berufung gegen diese Entscheidung war gem. § 511 IV Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient.