Zur Verkehrssicherungspflicht des Veranstalters eines Rosenmontagsumzugs

OLG Koblenz, Urteil vom 19.12.2013 – 3 U 985/13

1. Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet grundsätzlich denjenigen, der eine Gefahrenlage schafft, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (in Anknüpfung an OLG Koblenz, Hinweisverfügung gemäß § 522 Abs. 2 vom 16. Dezember 2009 i.V.m. Zurückweisungsbeschluss vom 22. Januar 2010, 2 U 904/09, MDR 2010, 630; Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO vom 15. Juni 2010 i.V.m. Zurückweisungsbeschluss vom 4. Oktober 2010, 2 U 950/09, VersR 2012, 374; Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO vom 19. Januar 2011, 2 U 468/10, MDR 2011, 787 und Hinweisbeschluss vom 6. Oktober 2011, 2 U 1104/10, i.V.m Zurückweisungsbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO vom 1. Dezember 2011).

2. Der Verkehrssicherungspflichtige ist aber nicht gehalten, für alle denkbaren, entfernt liegenden Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge zu treffen. Es genügen diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar sind. Erforderlich sind die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für notwendig und ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, d.h. nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs geeignet sind, solche Gefahren von Dritten tunlichst abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßem oder bei nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen. Der Dritte ist aber nur vor den Gefahren zu schützen, die er selbst, ausgehend von der sich ihm konkret darbietenden Situation bei Anwendung der von ihm in dieser Situation zu erwartenden Sorgfalt erfahrungsgemäß nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden kann.

3. Der Veranstalter eines Rosenmontagsumzugs hat im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht dafür Sorge zu tragen hat, dass Personen, insbesondere minderjährige Zuschauer, nicht zu nahe an die Festwagen kommen können und dass eine Absperrung vorzunehmen ist (in Anknüpfung an LG Ravensburg, Urteil vom 15. August 1996, 3 S 145/96, NJW 1997, 402 und OLG Köln, Entscheidung vom 15. Februar 1979, 14 U 123/76, R+S 1979, 121 f.; ferner zur Verkehrssicherungspflicht bei Rosenmontagsumzügen AG Köln, Urteil vom 7. Januar 2011, 123 C 254/10, zitiert nach juris; LG Trier, Urteil vom 5. Juni 2001, 1 S 18/01, NJW-RR 2001, 1470 f. und AG Köln, Urteil vom 19. Juni 1998, 111 C 422/97, NJW 1999, 1972 f. = R+S 1999, 151).

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Der Senat erwägt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mainz – Einzelrichter – vom 1. März 2013 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe
1

Der Senat hat die Sache beraten. Er erwägt die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung ist nicht geboten. Der Klägerin wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 17. Januar 2014. Es wird zur Vermeidung weiterer Kosten angeregt, die Berufung zurückzunehmen. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 Kostenverzeichnis zum GKG). Die Gründe werden nachfolgend dargestellt:

I.

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Die Klägerin nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Schadensersatz wegen eines behaupteten Unfallereignisses während des Rosenmontagsumzugs am 07.03.2011 in … in Anspruch.

3

Der Beklagte zu 1) war Veranstalter des Umzugs. Der Beklagte zu 2) nahm an dem Umzug mit einem „Komitee-Wagen” teil, einem umgebauten alten Bus der Marke Daimler Benz O302 mit einer Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h, der wegen seiner geringen Geschwindigkeit nicht kennzeichen- und versicherungspflichtig war.

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Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe sich in der Nähe des …/…/… in der ersten Reihe hinter einem Sperrgitter direkt an einer Stelle, an der der Zugverlauf eine Biegung genommen habe, befunden. Gegen 15.45 Uhr sei der Zugwagen bzw. der Anhänger des Zugwagens des Beklagten zu 2) in dieser Biegung für sie unvorhersehbar derart stark ausgeschwenkt, dass er das Absperrgitter in Teilen gerammt, aus den jeweiligen seitlichen Verankerungen gerissen und sie hierdurch mit dem Oberkörper, dem Bein und den Füßen unter dem Absperrgitter begraben habe. Der Anhänger des Zugwagens sei sodann mit den Hinterreifen über ihren Körper unter dem Absperrgitter liegend weiter gefahren. Sie habe aufgrund ihrer Standposition aufgrund der Zuschauermenge nicht ausweichen können. Hilfe der Umstehenden sei nicht möglich gewesen. Der Zugwagenfahrer habe auch nicht zum Anhalten bewegt werden können. Sie sei zunächst an der Unfallstelle notärztlich versorgt und sodann mit dem Krankenwagen in die Uniklinik … zur stationären Aufnahme gefahren worden. Insbesondere ihr rechter Fuß sei schwerverletzt worden. Zudem seien ihre Schuhe, die Hose und ihre Kleidung beschädigt worden. Die Verantwortung und Haftung ergebe sich gegen den Beklagten zu 1) als Veranstalter aus der Verletzung der ihm obliegenden Verkehrssicherungspflichten. Die Verantwortung des Beklagten zu 2) beruhe darauf, dass der Wagenlenker aufgrund der Beschaffenheit des Wagens nicht habe wahrnehmen können, was hinter ihm passiere. Ein sofortiges Anhalten eines solchen Wagens sei nicht möglich, da keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen worden seien, dies unmittelbar für die gesamte Zugstrecke sicher zu stellen. Angesichts ihrer erlittenen Verletzungen sei ein Schmerzensgeld von mindestens 5.000,00 € angemessen.

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Die Klägerin hat beantragt,

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1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens aber 5.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen;

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2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihr jeden weiteren immateriellen Schaden aus dem Unfall vom 07.03.2011 (Rosenmontagsumzug) zu ersetzen und

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3. ihr Schadensersatz in Höhe von 208,12 € für Eigenanteile und Zuzahlungen im Zusammenhang mit der notwendigen Behandlung aus dem Schadensereignis nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

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Die Beklagten haben beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte zu 1) hat den Vortrag der Klägerin zum angeblichen Verletzungshergang für unzureichend gehalten. Er sei auch nicht durch den „Unfallaufnahmebogen der Uniklinik …” belegt. Inwieweit er als Veranstalter des Rosenmontagsumzugs seine Pflichten verletzt habe, sei nicht nachvollziehbar beschrieben worden.

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Der Beklagte zu 2) hat geltend gemacht, der von der Klägerin geschilderte Unfallhergang sei bereits aufgrund der technischen Gegebenheiten des eingesetzten alten Busses, mit dem ein Absperrgitter nicht ohne weiteres überfahren werden könne, nicht nachvollziehbar. Auch aufgrund der negativen Auskünfte über einen etwaigen Unfall an der von der Klägerin behaupteten Stelle sei ein Fehlverhalten seinerseits nicht erkennbar.

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Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 25.01.2013 (GA 48) hat die Klägerin ihre in Griechenland lebende Mutter, Frau …., als Zeugin für den geschilderten Unfallhergang benannt.

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Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe kein Schadensersatzanspruch zu. Für eine Haftung des Beklagten zu 1) fehle es an einer nachvollziehbaren Darlegung der Verantwortlichkeit für die behaupte Verletzungshandlung. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichtverletzung sei nicht ersichtlich, da dafür Sorge getragen worden sei, dass durch eine Absperrung Zuschauer nicht nahe an die Fahrzeuge herankommen konnten. Dem Vortrag der Klägerin lasse sich nicht entnehmen, dass diese Absperrung nicht ausreichend gewesen sei und andere Sicherungsmaßnahmen notwendig gewesen wären. Eine besondere Gefährdungslage für die Zuschauer habe nicht angenommen werden können. Der Veranstalter sei nicht zu einer lückenlosen Überwachung zum Ausschluss jeglichen Risikos für Umzugsteilnehmer und Zuschauer verpflichtet. Die Klägerin sei zudem für ihre Darstellung des Unfallgeschehens beweisfällig geblieben. Dem erstmals im Termin vom 25.01.2013 unterbreiteten Beweisangebot, Vernehmung der in Griechenland lebenden Mutter der Klägerin, habe man nicht mehr nachkommen können. Das Beweisangebot habe spätestens nach Vorlage der Klageerwiderung vorgebracht werden müssen. Eine Haftung des Beklagten zu 2) scheide aus, da das vermeintliche Unfallfahrzeug des Beklagen zu 2) mit nur mit einer Höchstgeschwindigkeit unter 6 km/h fahren könne und daher ein Haftungsausschluss nach dem StVG bestehe. Eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) im Hinblick auf ein zuzurechnendes Fehlverhalten des Fahrers des Unfallfahrzeugs sei nicht ausreichend begründet. Auch sei offen, um welches Zugfahrzeug es sich gehandelt haben soll und ob dieses der Organisation des Beklagten zu 2) zuzurechnen sei.

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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

16

Die Klägerin rügt, das Landgericht habe nicht darauf hingewiesen, dass es die Darstellung des Unfallhergangs für nicht hinreichend substantiiert erachte. Das Beweisangebot, Vernehmung der Zeugin …, sei zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen worden. Das Landgericht sei zumindest verpflichtet gewesen, die Klägerin zum Unfallgeschehen anzuhören. Beide Beklagten hätten gegen die ihnen obliegenden Verkehrssicherungspflichten verstoßen.

17

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils

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1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens in Höhe von 5.000,00 €, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

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2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihr jeden weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfallereignis vom 07.03.2011 (Rosenmontagsumzug), soweit ein Forderungsübergang auf Drittleistungsträger nicht stattgefunden hat, zu ersetzen;

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3. die Beklagten zu verurteilen, ihr weiteren Schadensersatz in Höhe von 208,12 € für Eigenanteile und Zuzahlungen im Zusammenhang mit der notwendigen Behandlung aus dem Schadensereignis nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

21

Die Beklagten beantragen,

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die Berufung gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.

23

Der Beklagte zu 1) hält das Urteil für zutreffend. Der Vortrag der Klägerin zum Unfallhergang sei unsubstantiiert gewesen. Es liege keine Verletzung der prozessualen Hinweispflicht durch das Landgericht vor. Das Landgericht habe auch keine Verfahrensfehler begangen. Das Beweisangebot der Klägerin sei verspätet gewesen. Er, der Beklagte zu 1) habe die Umzugsregeln eingehalten und nicht gegen Verkehrssicherungspflichten verstoßen. Die Verletzungen der Klägerin rührten nicht aus dem fraglichen Unfallereignis her.

24

Der Beklagte zu 2) hat innerhalb der vom Senat gesetzten Berufungserwiderungsfrist keine Stellungnahme abgegeben.

II.

25

Die Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

26

1) Zutreffend führt das Landgericht aus, dass für eine Haftung des Beklagten zu 1) als Veranstalter des Rosenmontagszugs eine nachvollziehbare Darlegung der Verantwortlichkeit für die behauptete Verletzungshandlung fehlt.

27

Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Beklagten zu 1) ist nicht ersichtlich. Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet grundsätzlich denjenigen, der eine Gefahrenlage schafft, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (BGH, Urteil vom 19.12.1989 – VI ZR 182/89NJW 1990, 1236; Urteil vom 12.11.1996 – VI ZR 270/95VersR 1997, 250 = MDR 1997, 356 = NJW1997, 582; Urteil vom 04.12.2001 – VI ZR 447/00NJW-RR 2002, 525; Urteil vom 15.07.2003 – VI ZR 155/02VersR 2003, 1319 = NJW-RR 2003, 1459 = MDR 2003, 1352; Urteil vom 08.11.2005 – VI ZR 332/04 -NJW 2006, 610; Urteil vom 06.02.2007 OLG Celle Urteil vom 25.01.2007 – 8 U 161/06 – Juris Rn. 5;- VI ZR 274/05 – NJW 2007, 1684 = MDR 2007, 777 = VersR 2007, 659 ff.; OLG Koblenz Hinweisverfügung gemäß § 522 Abs. 2 vom 16.12.2009 i.V.m. Zurückweisungsbeschluss vom 22.01.2010 – 2 U 904/09MDR 2010, 630; Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO vom 15.06.2010 i.V.m. Zurückweisungsbeschluss vom 04.10.2010 – 2 U 950/09VersR 2012, 374; Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO vom 19.1.2011 – 2 U 468/10MDR 2011, 787; Hinweisbeschluss vom 06.10.2011 – 2 U 1104/10 – i.V.m Zurückweisungsbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO vom 01.12.2011). Der Verkehrssicherungspflichtige ist aber nicht gehalten, für alle denkbaren, entfernt liegenden Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge zu treffen. Es genügen diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar sind. Erforderlich sind die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für notwendig und ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren (BGH, Urteil vom 16.05.2006 – VI ZR 189/05NJW 2006, 2326 = MDR 2006, 1405 = R+S 2007, 80 f.; Urteil vom 16.02.2006 – III ZR 68/05VersR 2006, 665), d.h. nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs geeignet sind, solche Gefahren von Dritten tunlichst abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßem oder bei nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen. Der Dritte ist aber nur vor den Gefahren zu schützen, die er selbst, ausgehend von der sich ihm konkret darbietenden Situation bei Anwendung der von ihm in dieser Situation zu erwartenden Sorgfalt erfahrungsgemäß nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden kann (OLG Hamm, Urteil vom 17.12.2001 – 13 U 171/01VersR 2003, 605 ; Urteil vom 13.01.2006 – 9 U 143/05NJW-RR 2006, 1100 = VersR 2007, 1518 f. = MDR 2006, 1229).

28

Dem Landgericht ist darin beizupflichten, dass der Veranstalter eines Rosenmontagsumzugs dafür Sorge zu tragen hat, dass Personen, insbesondere minderjährige Zuschauer, nicht zu nahe an die Festwagen kommen können und eine Absperrung vorzunehmen ist (vgl. hierzu auch LG Ravensburg, Urteil vom 15.08.1996 – 3 S 145/96NJW 1997, 402; OLG Köln, Entscheidung vom 15.02.1979 – 14 U 123/76, R+S 1979, 121 f.; ferner zur Verkehrssicherungspflicht bei Rosenmontagsumzügen AG Köln, Urteil vom 07.01.2011 – 123 C 254/10, zitiert nach Juris; LG Trier, Urteil vom 05.06.2011 – 1 S 18/01NJW-RR 2001, 1470 f.; LG Trier, Urteil vom 05.06.2001 – 1 S 18/01NJW-RR 2001, 1470 f.; AG Köln, Urteil vom 19.06.1998 – 111 C 422/97NJW 1999, 1972 f. = R+S 1999, 151; Herzog, Gefährliche Kamelle – Karneval und Schadensrecht, ZfS 2012, 603 ff., zu Verletzungen durch Fahrzeuge dort A.II. 3, zitiert nach Juris).

29

Es sind aber keine Umstände von der Klägerin dargetan und auch nicht ersichtlich, dass die Absperrung vorliegend nicht ausreichend gewesen wäre oder andere Sicherungsmaßnahmen geboten gewesen wären. Das Landgericht bemerkt zu Recht, dass die Klägerin hierzu nicht dezidiert vorgetragen habe, so dass eine besondere Gefahrenlage für die Zuschauer nicht angenommen werden könne.

30

Die Klägerin ist auch für ihre von den Beklagten bestrittene Unfallschilderung beweisfällig geblieben.

31

Soweit sie erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung am 25.01.2013 (GA 48) ihre in Griechenland lebende Mutter als Zeugin für den von ihr behaupteten Geschehensablauf benannt hat, hat das Landgericht das Beweisangebot mit Recht als verspätet zurückgewiesen. Nach § 296 Abs. 1 ZPO ist ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist vorgebracht wird, nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn sich die Partei genügend entschuldigt. Entsprechendes gilt, wenn Angriffs- oder Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 ZPO nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig mitgeteilt werden. Die Klägerin hatte gemäß gerichtlicher Verfügung vom 06.11.2012 (GA 35 RS) eine Frist von 3 Wochen, um auf die Klageerwiderung des Beklagten zu 2) (GA 36 ff.), in der beanstandet wurde, dass der Vortrag der Klägerin zum Unfallgeschehen nicht hinreichend dargetan und unter Beweis gestellt worden sei, ihrerseits zu erwidern. Dementsprechend hat das Landgericht bereits in der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2013 (GA 48, 49 f.) darauf hingewiesen, dass der im Termin überreichte Schriftsatz vom 25.01.2013 (GA 58 ff.) wegen Verspätung unberücksichtigt bleiben könnte. Selbst in diesem Schriftsatz wird die Zeugin … für den Unfallhergang nicht benannt, Soweit die Klägerin die Zeugin erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung benannt hat, war dieses Beweisangebot verspätet, da diese zu diesem Termin nicht aus Griechenland geladen und vernommen werden konnte. Hätte die Klägerin nach Zuleitung der Klageerwiderung des Beklagten innerhalb der gesetzten Frist die Zeugin benannt, hätte diese zu dem Termin der mündlichen Verhandlung geladen werden können.

32

Die von der Berufung der Klägerin hiergegen geführten Angriffe (BB 2-4, GA 153-155) verfangen nicht. Entgegen den Ausführungen der Berufung fehlt es vorliegend insbesondere nicht an einer wirksamen Fristsetzung. Das Landgericht war nicht gehalten, die Zeugin … zu einem Termin erst ab dem 02.03.2013 zu laden, weil sich diese nach dem Vortrag der Klägerin zu diesem Zeitpunkt in Deutschland aufhalte und daher ohne größeren Zeit- und Kostenaufwand für eine Zeugenaussage zur Verfügung stehe. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor.

33

Soweit die Berufung geltend macht, der Beklagte zu 1) habe den Unfall vorgerichtlich mit Schreiben vom 16.08.2011 (GA 20) eingeräumt, ist es zwar zutreffend, dass der Beklagte zu 1) in diesem an die damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin gerichtetem Schreiben ausführt, dass der Wagen des Carneval Club … e.V. „…“ den Unfall verursacht habe, mit dem Hinweis, dass dieser gebeten worden sei, den Vorgang an die Haftpflichtversicherung weiterzuleiten. Dem Schreiben kann allerdings kein Schuldanerkenntnis entnommen werden. Die Beklagten waren bereits aus versicherungsrechtlichen Gründen verpflichtet, den Vorgang an ihren Haftpflichtversicherer zumindest zur Prüfung des Vorgangs weiterzureichen.

34

Eine Verpflichtung zur informatorischen Anhörung der Klägerin gemäß § 141 ZPO hat nicht beanstanden. Die Möglichkeit einer Anhörung der klagenden Partei entbindet diese nicht davon, zunächst die anspruchsbegründenden Tatsachen vorzutragen unter rechtzeitig unter Beweis zu stellen.

35

2) Das Landgericht hat auch zu Recht die Klage gegen den Beklagten zu 2) abgewiesen.

36

Ansprüche wegen Gefährdungshaftung nach § 7 StVG kommen nicht in Betracht, da gemäß § 8 Nr. 1 StVG die Vorschrift des § 7 StVG keine Anwendung findet, wenn der Unfall durch ein Kraftfahrzeug verursacht wurde, das auf ebener Bahn mit keiner höheren Geschwindigkeit als 20 Kilometer in der Stunde fahren kann. Da das Fahrzeug des Beklagten zu 2) nur über eine maximale Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h verfügt, greifen die Vorschriften über die Gefährdungshaftung nicht ein. Die Klägerin kann nicht erfolgreich mit Nichtwissen bestreiten, dass das Zugfahrzeug nur eine maximale Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h aufweist. Diese Tatsache ist im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils als unstreitig festgehalten worden. Die Klägerin ist dem nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag gemäß § 320 ZPO entgegengetreten.

37

Verschuldensabhängige Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen den Beklagten zu 2) gemäß §§ 823 Abs. 1, 253 BGB bestehen ebenfalls nicht. Mangels hinreichend konkreten Vortrags der Klägerin zum Unfallgeschehen kann nicht beurteilt und deshalb auch nicht festgestellt werden, ob der Fahrer des Zugwagens wie von der Klägerin behauptet (strittig), schuldhaft das Absperrgitter gerammt hat, wodurch es aus den Verankerungen gerissen worden sei und sie hierdurch mit dem Oberkörper, dem Bein und den Füßen unter dem Absperrgitter begraben worden sei.

38

Die Berufung der Klägerin hat aus den dargelegten Gründen offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

39

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 5.708,12 € (Antrag zu 1.: 5.000,00 €, Antrag zu 2.: 500,00 €, Antrag zu 3.: 208,12 €) festzusetzen.

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