BVerfG Beschluss v. 11.07.2008 – 2 BvR 2016/06
Zur Verfassungswidrigkeit der Durchsuchung einer Rechtsanwaltskanzlei und die Beschlagnahme einer Handakte im Rahmen eines gegenüber Dritten geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
Gründe
I. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die strafprozessuale Durchsuchung einer Rechtsanwaltskanzlei und die Beschlagnahme einer Handakte in einem gegen Dritte geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren.
1. Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelte gegen die beiden Geschäftsführer der Firmen H. OHG (H.) und C. OHG (C.) wegen des Verdachts des Betruges. Die Beschuldigten standen im Verdacht, zwischen Januar und Juli 2003 Verbrauchern Kreditvermittlungsverträge mit Überweisungsträgern übersandt zu haben, auf denen ein Betrag von 74,75 € eingetragen war. Hierdurch hätten die Beschuldigten konkludent vorgetäuscht, die Aufwendungen, die mit der Vermittlung des Darlehens oder dem Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Darlehensvertrages zusammenhingen, noch vor Aufnahme der Kreditvermittlungstätigkeit beziffern zu können und berechtigt zu sein, diese als Vorschuss einzufordern. Am 1. Dezember 2004 wurden die Geschäftsräume der beiden Firmen der Beschuldigten durchsucht. Dabei wurde ein Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 25. Juli 2002 sichergestellt, in dem der Beschwerdeführer die Firma C. namens und in Vollmacht seiner Mandantin – der Firma C. mbH – wegen wettbewerbswidriger Kreditvermittlungstätigkeit abmahnte.
2. Das Amtsgericht ordnete mit dem angegriffenen Beschluss vom 18. April 2006 die Durchsuchung der Kanzleiräume des Beschwerdeführers an. Die Durchsuchung diene der Auffindung von „Unterlagen, Schriftstücken, Notizen, insbesondere die anwaltliche Handakte nebst eventueller Beiakten, zu dem Mandat der Rechtsanwälte P. & Collegen in der Sache Fa. C. mbH gegen Fa. C. OHG …, die Aufschluss geben über den Ablauf des Abmahnverfahrens der Fa. C. mbH gegen die Fa. C. OHG im Jahr 2002 wegen der Veranlassung von Kreditinteressierten zur Zahlung von Entgelten im Zusammenhang mit Kreditvermittlungen vor Abschluss eines Darlehensvertrages und erfolgreicher Auskehrung einer Darlehensvaluta.“ Der entsprechende Schriftverkehr, eventuelle Antwortschreiben der H. oder der C. sowie sonstige Unterlagen aus der anwaltlichen Handakte zum Ablauf des Abmahnverfahrens seien geeignet, den Nachweis zu führen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Beschuldigten Kenntnis von der Rechtslage zur Zulässigkeit der Vereinbarung einer pauschalen Auslagenerstattung hatten. Die Anordnung einer Durchsuchung sei auch verhältnismäßig; die aufzufindenden Beweismittel unterlägen keinem Beschlagnahmeverbot, da die Beschlagnahmefreiheit nur gelte, wenn der Mandant des zeugnisverweigerungsberechtigten Rechtsanwalts Beschuldigter sei.
3. Am 29. Mai 2006 wurde der Durchsuchungsbeschluss vollzogen; die Handakte des Beschwerdeführers zu dem Vorgang „C. mbH gegen Fa. C.“ wurde von den Polizeibeamten gegen den Widerspruch des Beschwerdeführers sichergestellt.
4. Am 8. Juni 2006 beantragte die Staatsanwaltschaft die richterliche Bestätigung der Beschlagnahme der Handakte. Mit Schreiben vom 2. Juni 2006 legte der Beschwerdeführer gegen den Durchsuchungsbeschluss und die Beschlagnahme der Handakte Beschwerde ein. Mit angegriffenem Beschluss des Amtsgerichts vom 24. Juni 2006 wurde die Beschlagnahme der Handakte unter Bezugnahme auf die Gründe des Durchsuchungsbeschlusses bestätigt; der Beschwerde wurde nicht abgeholfen. Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2006 legte der Beschwerdeführer auch gegen den Beschluss vom 24. Juni 2006 Beschwerde ein.
5. Mit angegriffenem Beschluss des Landgerichts vom 31. August 2006 wurden die Beschwerden, die der Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 18. April 2006 und 24. Juni 2006 eingelegt hatte, als unbegründet verworfen.
a) Die Durchsuchung sei nicht zu beanstanden gewesen. Die aus der Handakte des Beschwerdeführers zu erwartende Korrespondenz habe möglicherweise Rückschlüsse darauf zugelassen, inwieweit die beschuldigten Geschäftsführer wegen des gegen sie geführten Abmahnverfahrens die Rechtswidrigkeit ihres Handelns kannten; diese Bewertung sei für die Prüfung eines vorsätzlichen Handelns der Beschuldigten erforderlich. Die Durchsuchung bei dem Beschwerdeführer habe auch nicht dem Zweck gedient, Gegenstände aufzuspüren, die nach §97 StPO von der Beschlagnahme ausgenommen sind. Denn die Handakten unterlägen einem Beschlagnahmeverbot im Sinne des §97 Abs. 1 StPO nur dann, wenn der Mandant selbst Beschuldigter sei. Der Beschwerdeführer sei aber gerade nicht als Verteidiger für die beschuldigten Geschäftsführer aufgetreten. Das Beschlagnahmeverbot des §97 Abs. 1 StPO solle den Rechtsanwalt davor schützen, in einem Strafverfahren gegen seinen Mandanten Beweismaterial liefern zu müssen; es reiche daher nicht so weit wie ein bestehendes Zeugnisverweigerungsrecht nach §53 StPO. Eine Ausdehnung des Beschlagnahmeverbotes schränke die Möglichkeiten der Sachaufklärung in erheblichem Maße ein. Die Durchsuchung sei auch verhältnismäßig gewesen. Für die Beurteilung der Frage, ob die Beschuldigten vorsätzlich handelten, habe das Auffinden von Korrespondenz bei dem Beschwerdeführer weitere Ermittlungsansätze vermitteln sollen. Selbst wenn der Beschwerdeführer von seiner Mandantin von der Schweigepflicht entbunden worden wäre, wäre eine Überprüfung der Angaben des Beschwerdeführers nur anhand der Unterlagen in der anwaltlichen Handakte möglich gewesen. Angesichts der Bedeutung der den Beschuldigten vorgeworfenen Straftaten und der Wichtigkeit der erhofften Beweismittel sei die Durchsuchung einer Rechtsanwaltskanzlei hier ausnahmsweise gerechtfertigt gewesen.
b) Auch die Bestätigung der Beschlagnahme durch den Beschluss des Amtsgerichts vom 24. Juni 2006 sei nicht zu beanstanden. Der Handakte komme eine potentielle Beweisbedeutung zu, auch unterliege sie aus den bereits genannten Gründen nicht dem Beschlagnahmeverbot des §97 Abs. 1 StPO. Die Beschlagnahme sei verhältnismäßig gewesen, da eine Auskunftserteilung durch den Beschwerdeführer kein milderes Mittel gewesen sei, das die schriftlichen Unterlagen aus der Handakte in vollem Umfang hätte ersetzen können. Rückschlüsse auf ein vorsätzliches Verhalten ließen sich nicht nur aus den vom Beschwerdeführer entworfenen Schriftsätzen an die Firma C. entnehmen. Vielmehr sei auch die Korrespondenz zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Mandantin geeignet, „Anhaltspunkte dafür zu vermitteln, aufgrund welcher Umstände ein damaliger Mitwettbewerber der Beschuldigten Anhaltspunkte für ein wettbewerbswidriges Verhalten sah, die ihrerseits nunmehr Rückschlüsse auf den Vorsatz der beiden Beschuldigten zulassen.“ Die Rückgabe der Handakte nach Anfertigung von Kopien komme nicht in Betracht. Ein möglicher Verlust von Beweismitteln könne nur durch Beschlagnahme der Originalhandakte vermieden werden.
II. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 13 Abs. 1 GG. Die beschlagnahmte Handakte habe dem Beschlagnahmeverbot nach §97 StPO unterlegen. Die Gerichte hätten verkannt, dass das Zeugnisverweigerungsrecht unteilbar sei und nicht bereits deshalb entfallen könne, weil der Mandant des Beschwerdeführers nicht Beschuldigter gewesen sei. Die Beschlüsse würden auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gerecht. Da das Abmahnschreiben bereits im Original bei der Durchsuchung der Firmen der Beschuldigten aufgefunden worden sei, sei nicht ersichtlich, welche weiteren beweisrelevanten Unterlagen in der Handakte des Beschwerdeführers zu erwarten gewesen seien. Die Durchsuchung habe lediglich der Ausforschung gedient.
III. Dem Land Sachsen-Anhalt wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben; es hat hiervon keinen Gebrauch gemacht.
Dem Bundesverfassungsgericht hat die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte vorgelegen.
IV. Die Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet ist (§93 c Abs. 1 BVerfGG). Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG und Art. 14 Abs. 1 GG.
1. Soweit die angegriffenen Entscheidungen die Durchsuchung der Kanzleiräume des Beschwerdeführers betreffen, sind sie an Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG zu messen. Soweit die Entscheidungen die Beschlagnahme der Handakte betreffen, ist Art. 14 Abs. 1 GG heranzuziehen.
a) Mit einer Durchsuchung wird schwerwiegend in die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) eingegriffen. Auch beruflich genutzte Räume werden durch das Grundrecht geschützt (vgl. BVerfGE 32, 54 <69 ff.>; 42, 212 <219>; 44, 353 <371>; 96, 44 <51>). Dem erheblichen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen entspricht ein besonderes Rechtfertigungsbedürfnis nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Durchsuchung muss im Blick auf den bei der Anordnung verfolgten Zweck verhältnismäßig sein.
Ferner muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der vorgeworfenen Tat erforderlich sein; dies ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen. Schließlich muss der jeweilige Eingriff in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen (vgl. BVerfGE 96, 44 <51>). Hierbei sind auch die Bedeutung des potentiellen Beweismittels für das Strafverfahren sowie der Grad des auf die verfahrenserheblichen Informationen bezogenen Auffindeverdachts zu bewerten (vgl. BVerfGE 115, 166 <197>). Im Einzelfall können die Geringfügigkeit der zu ermittelnden Straftat, eine geringe Beweisbedeutung der zu beschlagnahmenden Gegenstände sowie die Vagheit des Auffindeverdachts der Durchsuchung entgegenstehen (vgl. BVerfGE 115, 166 <197>). Die Durchsuchung bei einem Nichtbeschuldigten, der durch sein Verhalten auch aus Sicht der Ermittlungsbehörden in keiner Weise Anlass zu den Ermittlungsmaßnahmen gegeben hat, stellt erhöhte Anforderungen an die Prüfung der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Juli 2006 – 2 BvR 299/06 -, NJW 2007, S. 1804<1805>).
Richtet sich eine strafrechtliche Ermittlungsmaßnahme gegen einen Berufsgeheimnisträger in der räumlichen Sphäre seiner Berufsausübung, so bringt dies darüber hinaus regelmäßig die Gefahr mit sich, dass unter dem Schutz des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG stehende Daten von Nichtbeschuldigten, etwa den Mandanten eines Rechtsanwalts, zur Kenntnis der Ermittlungsbehörden gelangen, die die Betroffenen in der Sphäre des Berufsgeheimnisträgers gerade sicher wähnen durften. Dadurch werden nicht nur die Grundrechte der Mandanten berührt. Der Schutz der Vertrauensbeziehung zwischen Anwalt und Mandant liegt auch im Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen und geordneten Rechtspflege (vgl. BVerfGE 113, 29 <46 ff>). Diese Belange verlangen eine besondere Beachtung bei der Prüfung der Angemessenheit der Zwangsmaßnahme.
b) Die Beschlagnahme der anwaltlichen Handakte ist an Art. 14 Abs. 1 GG zu messen. Der Eingriff, der mit einer richterlichen Beschlagnahme einer bei einer Durchsuchung sichergestellten anwaltlichen Handakte verbunden ist, besteht in der fortdauernden Besitzentziehung. Diese Besitzentziehung greift in das Recht des Betroffenen aus Art. 14 Abs. 1 GG ein, nicht aber mehr in das Recht aus Art. 13 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGK 1, 126 <133>). Der Beschlagnahme von Beweisgegenständen werden durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Grenzen gesetzt. Die Beschlagnahme muss zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich sein und in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen (vgl. BVerfGE 113, 29 <53>). Ebenso wie bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung der Kanzleiräume eines Rechtsanwalts haben die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Beschlagnahme von Mandatsunterlagen das Ausmaß der – mittelbaren – Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit des Rechtsanwalts zu berücksichtigen, da die Beschlagnahme zu einer erheblichen Störung des Rechts auf eine vertrauliche Kommunikation zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten führen kann (vgl. BVerfGE 113, 29 <47 ff.>).
2. Den dargestellten verfassungsrechtlichen Vorgaben genügen die angegriffenen Beschlüsse nicht.
a) Der Durchsuchungsbeschluss und die Entscheidung des Landgerichts, die die Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss verwirft, verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG, weil dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht hinreichend Rechnung getragen worden ist.
aa) Bereits die Geeignetheit der Durchsuchung zum Auffinden von Beweismitteln war zweifelhaft. Im Zeitpunkt der Durchsuchungsanordnung lag den Ermittlungsbehörden wegen der bei den Firmen der Beschuldigten zuvor durchgeführten Durchsuchung bereits das Abmahnschreiben des Beschwerdeführers vom 25. Juli 2002 an die C. im Original vor. Es bestand lediglich eine vage Möglichkeit, dass die aufzufindende Handakte neue verfahrensrelevante Erkenntnisse enthalten würde. Konkrete Anhaltspunkte, die die Erwartung hätten rechtfertigen können, dass sich aus der Korrespondenz zwischen dem Beschwerdeführer und dessen Mandantin sowie den Firmen H. und C. zusätzliche Indizien für ein vorsätzliches Handeln der Beschuldigten ergeben würden, lassen sich den angegriffenen Beschlüssen nicht entnehmen; sie sind auch sonst nicht ersichtlich.
bb) Als eine gegenüber der Durchsuchung weniger einschneidende, aber im Wesentlichen gleich geeignete Ermittlungsmaßnahme wäre insbesondere die Vernehmung von Mitarbeitern der Mandantin des Beschwerdeführers in Betracht gekommen. Die für den Nachweis eines vorsätzlichen Handelns der Beschuldigten, relevanten Umstände, die sich möglicherweise aus der Korrespondenz zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Mandantin ergaben, hätten durch entsprechende Zeugenvernehmungen ermittelt werden können. Da die Mandantin des Beschwerdeführers und die C. gegensätzliche Interessen verfolgten, war auch nicht von vornherein damit zu rechnen, dass die als Zeugen zu vernehmenden Mitarbeiter unrichtige oder unvollständige Angaben machen würden. Aus welchen Gründen die Suche nach Korrespondenz mit den Firmen H. und C. beim Beschwerdeführer Vorrang gegenüber Ermittlungen bei seinen Firmen oder den Beschuldigten haben könnte, ist unerörtert geblieben.
cc) Auch die Angemessenheit der Durchsuchung ist nicht tragfähig begründet. Die angegriffenen Entscheidungen bejahen die Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung pauschal unter Bezugnahme auf die „Bedeutung der Sache und die Wichtigkeit der erhofften Beweismittel“. Dabei setzen sich die Entscheidungen aber weder mit der Schwere der Straftat, insbesondere der zahlenmäßigen Größenordnung der Betrugstaten, noch mit der Bedeutung der aufzufindenden Beweismittel auseinander. Angesichts der geringen Wahrscheinlichkeit, dass die Durchsuchung geeignete Beweismittel erbringen werde, und der weniger belastenden Ermittlungsalternative hätte es einer eingehenden Begründung bedurft.
b) Der Beschluss des Amtsgerichts vom 24. Juni 2006, der die Beschlagnahme der anwaltlichen Handakte bestätigt, und die Entscheidung des Landgerichts über die dagegen eingelegte Beschwerde verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG.
Zwar begegnet die Auffassung der Fachgerichte, die Beziehung eines Nichtbeschuldigten zu einem Berufsgeheimnisträger unterliege nicht der Schutznorm des §97 Abs. 1 StPO, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfGK 2, 97<100>).
Jedoch tragen die angegriffenen Entscheidungen den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht hinreichend Rechnung. Den Entscheidungen lassen sich keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte für eine potentielle Beweisbedeutung der beschlagnahmten Handakte entnehmen; es wird nicht ansatzweise aufgezeigt, aus welcher Korrespondenz zwischen dem Beschwerdeführer und dessen Mandantin sowie den Firmen H. und C. sich Hinweise auf ein vorsätzliches Handeln der Beschuldigten ergeben können. Darüber hinaus war die Beschlagnahme der Handakte im Original nicht erforderlich, sondern es wäre die Anfertigung von Kopien unter Rückgabe des Originals an den Beschwerdeführer möglich gewesen; konkrete Anhaltspunkte für die Gefahr eines Verlustes von Bestandteilen der Handakte nach einer Rückgabe an den Beschwerdeführer lassen sich den angegriffenen Entscheidungen nicht entnehmen. Schließlich ist die Angemessenheit der Beschlagnahme nicht hinreichend begründet, da sich die Entscheidungen weder mit der Schwere der Straftaten noch mit der mittelbaren Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers auseinandersetzen.
V. Die angegriffenen Entscheidungen werden gemäߧ95 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen, das noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben wird.