Zur Ungültigerklärung einer Dissertationsschrift und Rücknahme des Doktorgrades wegen langfristig zurückliegender Täuschungshandlung

VG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2014 – 15 K 2271/13

1.) Die Anforderungen, die an den Nachweis der Eigenständigkeit wissenschaftlichen Arbeitens zu stellen sind, ergeben sich ausschließlich aus dem Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit. Hiervon im Tatsächlichen gegebenenfalls abweichende Handhabungen sind rechtlich unerheblich.

2.) Das Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit erfordert es, geistiges Eigentum Dritter nachprüfbar zu machen, in dem sämtliche wörtlich oder sinngemäß übernommenen Gedanken aus Quellen und Literatur als solche kenntlich gemacht werden.

3.) Eine nachträglich aufgedeckte Täuschung bei einer Dissertation kann auch dann noch sanktioniert werden, wenn die Täuschungshandlung bereits langfristig zurückliegt. Wissenschaftliche Arbeiten sind auf Nachhaltigkeit angelegt. Deren fachliche Bedeutung für den wissenschaftlichen Diskurs sich zeitlich nicht eingrenzen.

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit der Klage gegen die Ungültigerklärung ihrer Dissertationsschrift als Promotionsleistung und die Rücknahme ihres Doktorgrades.

Die Philosophische Fakultät der beklagten Universität verlieh der Klägerin nach ihrem Studium der Erziehungswissenschaften (Hauptfach) und der Philosophie (Nebenfach) an der beklagten Universität aufgrund ihrer Dissertation mit dem Titel „P… und G…“ und dem Untertitel „S.. zu den V…, N… und E… heutiger G…“ sowie den am 20. und 27. November 1980 abgenommenen mündlichen Prüfungen den Grad einer Doktorin der Philosophie (Dr. phil.). Die auf den Tag der letzten mündlichen Prüfung (27. November 1980) ausgestellte Promotionsurkunde wurde der Klägerin nach Drucklegung und Veröffentlichung der Arbeit am 9. Januar 1981 ausgehändigt.

Die Eröffnung des Promotionsverfahrens, das auf den Studienabschluss und die Erlangung der Doktorwürde gerichtet war (sogenanntes grundständiges Promotionsverfahren), hatte die Klägerin unter dem 4. September 1980 beantragt. Mit dem Gesuch um Zulassung zum Promotionsverfahren hatte die Klägerin schriftlich an Eides Statt unter anderem das Folgende versichert:

„Ich versichere, dass ich die vorgelegte Dissertation [Titel: …] selbst und ohne unerlaubte Hilfe verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe.“

Die Begutachtung der Dissertation erfolgte durch Prof. Dr. H. X. (beklagte Universität, Erziehungswissenschaftliches Institut; Gutachten vom 20. Oktober 1980) als Referent und Betreuer sowie durch Prof. Dr. X1. I. (beklagte Universität, Abteilung O. , Seminar für Pädagogik und Philosophie; Gutachten vom 21. Oktober 1980) als Korreferent. Beide Gutachter (bzw. Referenten) bewerteten die Arbeit mit dem Prädikat „opus admodum laudabile“ (heute: „magna cum laude“).

Anfang Mai 2012 wurde der beklagten Universität anonym eine zeitgleich im Internet (www.T. .de) eingestellte Materialzusammenstellung zugesandt, aus der sich ergeben sollte, dass die Klägerin in ihrer Dissertation getäuscht habe. Nach erster Sichtung der Vorwürfe durch den Dekan der Philosophischen Fakultät der beklagten Universität (nachfolgend: Dekan) erteilte dieser dem seinerzeitigen Prodekan der Philosophischen Fakultät der beklagten Universität, Prof. Dr. S. , in seiner Eigenschaft als Vorsitzendem des Promotionsausschusses mit Schreiben vom 3. Mai 2012 den Auftrag, die Dissertation der Klägerin daraufhin zu untersuchen, ob „die Eventualität eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens“ vorliege. In dem Schreiben heißt es weiter, dass auch die Klägerin selbst in einer fernmündlichen Äußerung gegenüber dem Rektor der beklagten Universität um entsprechende Prüfung gebeten habe. Mit Schreiben vom 8. Mai 2012 wurde die Klägerin von dieser Verfahrensweise in Kenntnis gesetzt.

Der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der beklagten Universität (nachfolgend: Promotionsausschuss) beschloss in seiner Sitzung vom 16. Mai 2012 zunächst, Frau Prof. Dr. T1. mit der Erstellung eines „Gutachtens“ darüber zu beauftragen, ob und gegebenenfalls in welchen Passagen die Dissertation Prüfungsleistungen enthalte, die den Vorwurf des Plagiats bzw. Wissenschaftsbetruges stützen könnten. Nach deren Rücktritt betraute der Promotionsausschuss in seiner Sitzung vom 27. Juni 2012 Prof. Dr. S. mit der „Berichterstattung“.

Unter dem 27. September 2012 schloss Prof. Dr. S. seine Untersuchungen ab. In seinem 75 Seiten umfassenden Bericht, in dem er Passagen der Dissertationsschrift und die Vergleichstexte synoptisch gegenübergestellte, gelangte er abschließend zu der Feststellung, dass die Überprüfung der Dissertationsschrift für eine erhebliche Zahl von Befundstellen das charakteristische Bild einer plagiierenden Vorgehensweise ergeben habe, in der ein das Profil der Dissertationsschrift wesentlich mitprägendes Element zu sehen sei. Im Wesentlichen stützte er seine Einschätzung darauf, dass prägnante Merkmale einer solchen Vorgehensweise nicht nur vereinzelt, sondern in einer Mehrzahl von Fällen und in einer Weise zu verzeichnen seien, die auf eine bestimmte Systematik schließen ließen. Dies sei insbesondere im Hinblick darauf festzustellen, dass mit gewisser Regelmäßigkeit der Eindruck bedeutender eigenständiger Rezeptionsleistungen vermittelt werde, während tatsächlich eine weitgehende oder auch vollständige Abhängigkeit von entsprechenden Leistungen anderer bestehe. Zudem komme dem Nachvollzug der Theoriebildung und der Forschungsdiskussion in der vorliegenden Dissertationsschrift besonderes Gewicht zu, wie sich bereits am bloßen Umfang des den „Theorien über das Gewissen“ gewidmeten zweiten Hauptteils der Dissertationsschrift ablesen lasse. Angesichts des allgemeinen Musters des Gesamtbildes und der spezifischen Merkmale einer signifikanten Zahl von Befundstellen sei eine leitende Täuschungsabsicht zu konstatieren. Auf den weiteren Inhalt des Berichts wird ergänzend Bezug genommen.

Der von Prof. Dr. S. erstellte und mit dem Vermerk „Vertraulich“ betitelte Bericht wurde nachfolgend den Mitgliedern und stellvertretenden Mitgliedern des Promotionsausschusses persönlich ausgehändigt sowie ferner dem Dekan und der Klägerin zugeleitet. Auf ungeklärtem Wege gelangte ferner eine Version des Berichts an das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“.

Nachfolgend befasste sich der Promotionsausschuss in seiner Sitzung am 17. Oktober 2012, an der auch der Dekan teilnahm, mit dem Bericht. Laut Sitzungsprotokoll erläuterte Prof. Dr. S. seinen Bericht; desweiteren wurden die wesentlichen Befundstellen erörtert. Der Promotionsausschuss stellte einstimmig fest, dass die essentiellen abschließenden Wertungen des Berichts durch den erhobenen Befund zwar hinlänglich belegt und nachvollziehbar seien, aber vor einem Beschluss über das weitere Vorgehen eine Stellungnahme der Klägerin zu den Vorhaltungen abgewartet werden solle. Der Promotionsausschuss beschloss sodann, dem Dekan zu empfehlen, die Klägerin um eine Äußerung zu den im Einzelnen im Bericht vom 27. September 2012 von Prof. Dr. S. aufgeführten Befunden zu bitten.

Mit Schreiben vom 18. Oktober 2012 gab der Dekan der Klägerin Gelegenheit, sich zu dem Bericht von Prof. Dr. S. unter Berücksichtigung der den Befundteil betreffenden Passagen des Berichts sowie zum „Vorwurf des Plagiatsverdachts“ binnen eines Monats zu äußern.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 5. November 2012 und begleitender persönlicher Stellungnahme der Klägerin, der weitere Stellungnahmen von Fachvertretern bzw. Erziehungswissenschaftlern (Prof. Dr. h.c. M. I1. , Prof. Dr. E. C. , Prof. Dr. I2. -F. U. , Prof. Dr. I3. G. und Prof. Dr. h. c. mult. I2. I4. ) beigefügt waren, äußerte sich die Klägerin zu den Vorwürfen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Sie beanstandete die fehlende Befassung des für die Frage der Entziehung des Doktorgrades allein zuständigen Fakultätsrats, stellte die Sachkunde von Prof. Dr. S. für die Prüfung des Plagiatsverdachts in Abrede und vertrat die Ansicht, dass die dargestellten Mängel kein wissenschaftliches Fehlverhalten dokumentierten. In der Sache machte sie geltend, dass ihre Dissertation aus der Beschäftigung mit der im Literaturverzeichnis angegebenen Primär- und Sekundärliteratur und in regelmäßigen Gesprächskontakten mit den Professoren C1. und X. entstanden sei. Ihre Lektüreergebnisse sowie weiterführende Gedanken und Zitate aus der Primär- und Sekundärliteratur habe sie auf Karteikarten in einem Zettelkasten festgehalten. Die beanstandeten Textpassagen ihrer Arbeit würden sich ungleichmäßig auf die drei Hauptteile ihrer Dissertation verteilen. Die meisten fänden sich im zweiten Teil, der schon vom Titel her („Theorien des Gewissens“) keinen Anspruch auf eigenständige Analysen erhebe, sondern bekannte Theorien zur Entstehung und Funktion normativer Regulierung in der Humangenese referiere und auswerte. Nur wenige monierte Fundstellen fänden sich im dritten Teil der Dissertation, der ihre eigenständige wissenschaftliche Leistung enthalte und resümiere. Einzelne handwerkliche Fehler würden eingeräumt. Der Nachweis derartiger Fehler bis hin zu fehlenden Nachweisen für Paraphrasen beweise allerdings nicht, dass ganze Passagen des zweiten Teils der Dissertation ein Plagiat seien. Das wäre nur dann der Fall, wenn sie Theorien des Gewissens, die von anderen Autoren stammten, als ihre eigene Theorie hierzu ausgegeben hätte. Eine solche Gesamtdeutung sei jedoch schon von den Überschriften her ausgeschlossen. In der Arbeit stecke das Bemühen, möglichst viel Literatur zu verarbeiten und Positionen gleichermaßen aus der Primär- und Sekundärliteratur zu erschließen. Eine Täuschungsabsicht habe sie zu keinem Zeitpunkt der Arbeit an ihrer Dissertation gehabt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Stellungnahme der Klägerin sowie auf den Inhalt der beigefügten Anlagen Bezug genommen.

Der Promotionsausschuss befasste sich in seiner Sitzung am 12. Dezember 2012, an der der Dekan ebenfalls teilnahm, unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Klägerin und der von ihr vorgelegten Anlagen erneut mit der der Klägerin zum Vorwurf gemachten Täuschung. Er kam einstimmig zu dem Ergebnis, dass die im Bericht von Prof. Dr. S. bezeichneten Vorhalte, nämlich die erhebliche Zahl von gravierenden Verstößen gegen die Regeln der korrekten wissenschaftlichen Arbeit und das erkennbare Muster unzureichender Kennzeichnung von Quellenzitaten und der Übernahme der wissenschaftlichen Rezeptionsleistungen Dritter, durch die Stellungnahme der Klägerin nicht aus dem Weg geräumt worden seien, so dass ein Vorsatz anzunehmen sei. Der Promotionsausschuss empfahl dem Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät der beklagten Universität (nachfolgend: Fakultätsrat), das Verfahren zur Erklärung der Ungültigkeit der schriftlichen Promotionsleistung zu eröffnen.

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2012 informierte der Dekan die Prozessbevollmächtigten der Klägerin darüber, dass der Promotionsausschuss seine Prüfung abgeschlossen habe und der Fakultätsrat nunmehr in seiner nächsten Sitzung am 22. Januar 2013 entscheiden werde, ob die vom Promotionsausschuss ermittelten Befunde schwerwiegend genug seien, um das Aberkennungsverfahren einzuleiten. Die Erklärung des Promotionsausschusses wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf deren Bitte hin mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 übersandt. Desweiteren wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 16. Januar 2013 ein zwischenzeitlich von der beklagten Universität in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten ihres Prozessbevollmächtigten übermittelt, das den bisherigen Ablauf des Verwaltungsverfahrens in juristischer Hinsicht für beanstandungsfrei befand.

Mit Schreiben vom 15. Januar 2013 beraumte der Dekan für den 22. Januar 2013 die bereits angekündigte Sitzung des Fakultätsrats an und setzte unter Ziffer 12 eine Entscheidung über den „Plagiatsfall“ der Klägerin auf die Tagesordnung. Am 22. Januar 2013 befasste sich der Fakultätsrat mit dem vorgenannten Tagesordnungspunkt in nicht-öffentlicher Sitzung. Ausweislich des Sitzungsprotokolls wurde der Fakultätsrat durch den Dekan und Prof. Dr. S. in den Sachverhalt eingeführt. Gegenstand der Ausführungen von Prof. Dr. S. war sein von ihm im Nachgang zu der Sitzung des Promotionsausschusses vom 12. Dezember 2012 ergänzter und vom Promotionsausschuss gebilligter Bericht (Stand: 12. Dezember 2012). Für den Fall der Eröffnung eines Verfahrens wurden die Mitglieder des Fakultätsrats auf die Möglichkeit zur Akteneinsicht in die im Nachgang zur Sitzung im Dekanat zur Verfügung stehenden Unterlagen (Stehordner) informiert. Sämtliche Unterlagen standen den Mitgliedern des Fakultätsrats auch während der Sitzung am 22. Januar 2013 zur Verfügung. Nach abschließender Beratung beschloss der Fakultätsrat mit 14 Stimmen, bei einer Enthaltung, „ein förmliches Rücknahmeverfahren“ hinsichtlich der Promotion der Klägerin einzuleiten. Als weiterer Sitzungstermin wurde der 5. Februar 2013 anberaumt.

Mit einer den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorab zur Kenntnis übersandten Erklärung vom gleichen Tag informierte der Dekan die Presse über die vom Fakultätsrat nach geheimer Abstimmung mit 14 Ja-Stimmen beschlossene Einleitung des „Hauptverfahrens“ sowie darüber, dass für den 5. Februar 2013 eine weitere Sitzung des Fakultätsrats einberufen werden solle. Auf die Anfrage der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 24. Januar 2013, welche Planungen hinsichtlich der weiteren Gestaltung des Verfahrens bestünden und ob noch eine Entscheidung über die Einholung weiterer Gutachten getroffen worden sei oder getroffen werden solle, wies der Dekan mit Schreiben vom gleichen Tage darauf hin, dass der Fakultätsrat in seiner Sitzung vom 22. Januar 2013 „das Verfahren zur Entscheidung über eine eventuelle Ungültigerklärung der schriftlichen Promotionsleistung der Klägerin“ eingeleitet habe, dass die bereits übersandten Unterlagen der Klägerin auch im weiteren Verfahren berücksichtigt würden und dass es der Klägerin unbenommen bleibe, zum Rechtsgutachten Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 28. Januar 2013 führte er ergänzend aus, dass der Fakultätsrat einstimmig beschlossen habe, jedenfalls derzeit keine externe Expertise hinzuzuziehen.

Mit Schreiben vom 4. Februar 2013 beantragten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die seinerzeitigen Gutachter (bzw. Referenten) für die Dissertation der Klägerin, Prof. Dr. X. und Prof. Dr. I. , als sachverständige Zeugen dazu zu hören, dass sie bei der Bewertung der Dissertation der Klägerin nicht davon ausgegangen seien, die aus der Sekundärliteratur rezipierten Darstellungen von Primärliteratur seien durchgängig selbständig erarbeitet worden, soweit sie nicht ausdrücklich am Ort der Darstellung auf Sekundärliteratur gestützt worden seien. Sie beantragten ferner, ein Sachverständigengutachten eines Erziehungswissenschaftlers zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass die in dem Bericht von Prof. Dr. S. beanstandete Arbeitsweise, auf die der Vorwurf der „leitenden Täuschungsabsicht“ gestützt sei, in den Erziehungswissenschaften zur Zeit der Erstellung der Dissertation nicht unüblich gewesen sei.

Am 5. Februar 2013 beschloss der Fakultätsrat in nichtöffentlicher Sitzung, an der neben den abstimmungsberechtigten 15 Mitgliedern außerdem der Dekan, der seinerzeitige Prodekan Prof. Dr. S. , der Studiendekan und die Gleichstellungsbeauftragte der beklagten Universität teilnahmen, zum einen die Dissertation als Promotionsleistung der Klägerin für ungültig zu erklären und zum anderen, ihr den Doktortitel abzuerkennen. Grundlage der vorangegangenen Beratung zu den erhobenen Plagiatsvorwürfen gegen die Klägerin waren der Bericht des Promotionsausschusses mit Stand vom 12. Dezember 2012 sowie die von der Klägerin eingereichte Stellungnahme nebst den mit Schriftsatz vom 5. November 2012 übersandten Anlagen. Ausweislich des Protokolls setzten sich die Fakultätsratsmitglieder in ihrer Diskussion eingehend mit einer Vielzahl von Textpassagen exemplarisch auseinander, prüften im Diskurs die Relevanz der vorgetragenen Argumente in Bezug auf den Plagiatsvorwurf und beschäftigten sich ferner mit der Frage, ob zum Zeitpunkt der Abfassung der Dissertation andere Zitierregeln als heute gegolten hätten, was mehrheitlich verneint wurde. Nach einer Gesamtbetrachtung der beanstandeten Passagen in der Dissertation sowie deren Abgleich mit der Arbeit im Übrigen kamen die Mitglieder des Fakultätsrats sodann zu dem Ergebnis, dass die gravierende Anzahl von Regelverstößen ein erkennbares Muster aufweise und dies den Rückschluss auf eine vorsätzliche Täuschung zulasse. Die Notwendigkeit der Beiziehung eines zusätzlichen auswärtigen Gutachtens verneinte der Fakultätsrat ebenso, wie die Einvernahme der seinerzeitigen Gutachter (bzw. Referenten) im Promotionsverfahren, Prof. Dr. X. und Prof. Dr. I. , als Zeugen. Ausweislich des Protokolls diskutierten die Mitglieder des Fakultätsrats nach einleitender Erläuterung durch den Prozessbevollmächtigten der beklagten Universität anhand einer den Teilnehmern der Fakultätsratssitzung vorgelegten Handreichung dazu, welche Punkte im Hinblick auf eine pflichtgemäße Ausübung des Ermessens und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu beachten seien, abschließend im Rahmen einer Abwägung des öffentlichen Interesses und des privaten Interesses der Klägerin das Für und Wider einer Ungültigerklärung der Dissertation und einer Entziehung des Doktorgrades. In geheimer und getrennter Abstimmung stimmten jeweils 12 Fakultätsratsmitglieder für die Ungültigerklärung und Aberkennung des Doktorgrades, zwei Mitglieder stimmten jeweils dagegen, ein Mitglied enthielt sich jeweils.

Das Ergebnis der Sitzung vom 5. Februar 2013 einschließlich weiterer Erläuterungen im Einzelnen machte der Dekan im Rahmen einer Presseerklärung, die der Klägerin vorab per Fax über ihre Prozessbevollmächtigten zur Kenntnis zugeleitet worden war, öffentlich bekannt.

In Ausführung des Beschlusses des Fakultätsrats erklärte der Dekan mit Bescheid vom 14. Februar 2013 die Dissertationsschrift der Klägerin als Promotionsleistung für ungültig und nahm die Verfügung vom 27. November 1980, durch die der Klägerin der Doktorgrad „Dr. phil.“ verliehen worden war, zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Ungültigerklärung der schriftlichen Promotionsleistung sowie der Rücknahme der Verleihung des Doktorgrades liege die Entscheidung des Fakultätsrats vom 5. Februar 2013 zugrunde. Die Durchführung des Rücknahmeverfahrens sei nach der aktuell gültigen Promotionsordnung vom 4. Juli 2000 erfolgt, die in den §§ 20 und 21 die Entscheidung über die Aberkennung von Teilleistungen im Promotionsverfahren und den Entzug des Doktortitels dem Fakultätsrat zuweise. Für die Rücknahme oder Entziehung des Doktorgrades, die in § 21 der Promotionsordnung geregelt sei, werde dort ergänzend auf § 48 VwVfG (NRW) verwiesen. Die Promotion der Klägerin erweise sich als durch vorsätzliche Täuschung erlangt, so dass die jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen vorlägen. Der Fakultätsrat habe bei seiner Prüfung darauf abgestellt, inwiefern und in welchem Umfang in der Arbeit Textplagiate vorlägen und ob das Einfügen nicht gekennzeichneter Textpassagen in ihrer Dissertation als Täuschungsabsicht der Klägerin zu bewerten sei. Dabei seien insbesondere diejenigen als kritisch eingestuften Passagen gewürdigt worden, deren Existenz grundsätzlich auch in den von der Klägerin eingereichten Stellungnahmen von C. , U. und G. nicht bestritten worden sei. Der Fakultätsrat sei dabei von einem allgemein anerkannten, auch von der einschlägigen Rechtsprechung zugrunde gelegten Verständnis von Textplagiaten ausgegangen, wonach ein Plagiat die wörtliche und gedankliche Übernahme fremden geistigen Eigentums ohne entsprechende Kenntlichmachung sei. Etwaige Besonderheiten beim Zitieren unter Berücksichtigung der erziehungswissenschaftlichen Promotionskultur in den frühen 80er Jahren seien nicht ersichtlich. Vielmehr deuteten entsprechende Handreichungen für das Fach Erziehungswissenschaften, wie etwa die von Kramp „Hinweise zur Anfertigung von Seminararbeiten, 8. Aufl. 1978“ darauf hin, dass auch in den Erziehungswissenschaften nicht gekennzeichnete wörtliche Übernahmen fremder Texte seinerzeit als Textplagiate gewertet worden seien. Dies zugrunde legend habe für den Fakultätsrat auch kein Anlass bestanden, den Beweisanregungen der Klägerin nachzukommen. Auf die Frage, ob sich die damaligen Gutachter (bzw. Referenten) der Arbeit getäuscht gefühlt hätten, komme es nicht an, da Adressat einer Promotionsleistung die Fakultät sei, die den Doktorgrad verleihe. Die Einholung erziehungswissenschaftlicher Gutachten sei nicht erforderlich, weil es vorliegend allein um die Feststellung von Textplagiaten gehe, zu deren Beurteilung die Fakultät über hinreichenden Sachverstand verfüge. Die Fakultät sei unter Berücksichtigung der ihr vorliegenden Unterlagen auch in der Lage, sich ein genaues Bild von den bei Einreichung der Dissertation gültigen wissenschaftlichen Standards zu machen. Nach den Feststellungen der Fakultät handele es sich bei den im Bericht von Prof. Dr. S. aufgezeigten Textstellen in der Dissertation um objektiv schwerwiegende Verstöße gegen geltende Zitierstandards, die den Schluss zuließen, dass vorsätzlich über das Vorhandensein eigenständiger wissenschaftlicher Leistungen getäuscht worden sei. Entlastende Erklärungen für die vielfältigen, in ihrer Qualität durchaus unterschiedlichen Zitierfehler habe die Fakultät bei sachgerechter Würdigung des umfänglichen Befundes nicht zu ihrer Überzeugung ermitteln können. Namentlich sei es nicht möglich, die beanstandeten Textstellen etwa als bloße Ungenauigkeit oder Flüchtigkeitsfehler zu werten. Zwar komme bei isolierter Betrachtung in Bezug auf einige Stellen der beanstandeten Passagen, namentlich bei übernommenen Textstellen aus Publikationen von Niklas Luhmann, die nicht als Zitat gekennzeichnet seien, und deshalb den Eindruck eines eigenständigen Referats vermittelten, auch in Betracht, darin eine unsorgfältig ausgewiesene Paraphrase zu sehen. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Arbeit und unter Berücksichtigung zahlreicher sonstiger eindeutiger Plagiate sei eine solche Sichtweise allerdings nicht mehr möglich. Entsprechendes gelte auch für solche Passagen, bei denen sich die Frage stelle, ob lediglich allgemein bekanntes lexikalisches Wissen wiedergegeben werde oder ob nicht in der Übernahme einzelner Wendungen aus den Werken beispielsweise von Gehlen, Buytendijk und Landmann eine „collagenhafte“ Technik der Aneignung von Syntheseleistungen aus fremden Texten zu erkennen sei. Unter Berücksichtigung der sehr deutlichen wörtlichen Entsprechungen in der Formulierung und im Lichte des Gesamtkontextes der Arbeit sei eine entlastende Bewertung jedoch ausgeschlossen. Im Ergebnis entscheidend sei, dass sämtliche Passagen einem durchgängigen – obschon im Detail variierenden – Muster folgten, das die gesamte Dissertation durchziehe und bei übergreifender Betrachtung zur Überzeugung der Fakultät ein System erkennen lasse, entlehntes Wissen – namentlich gelungene Zusammenfassungen von Streit- und Forschungsständen – an entscheidenden Stellen durch Weglassen der jeweiligen Quellen als eigene Erkenntnis bzw. eigene Formulierung und Komprimierung erscheinen zu lassen. Bekräftigt werde das durch eine Reihe eindeutiger und nicht anders als durch eine vorsätzliche Vorgehensweise zu erklärender Passagen, wie etwa der Textstücke, die aus dem Werk „Psychoanalyse und Gewissen“ von Ernst Stadter übernommen worden seien. In der Gesamtheit komme der Fakultätsrat vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis, dass die in der Voruntersuchung zusammengetragenen Befunde nur als schwerwiegende und auf Grund ihrer Systematik auch vorsätzliche Verstöße gegen die Regeln wissenschaftlichen Zitierens gedeutet werden könnten. Hierbei sei man zudem davon ausgegangen, dass bereits die eindeutigen Plagiate, die sich insbesondere in Bezug auf die übernommene Textpassagen aus dem Werk von Stadter selbst bei isolierter Betrachtung nur durch vorsätzliches Vorgehen sinnvoll erklären ließen, für sich gesehen ausreichend seien, die Promotionsleistung für ungültig zu erklären. Die von der Klägerin angeführten Erklärungen zum angeblichen Zustandekommen der Zitierfehler seien unbeachtlich, da sie sich entweder gar nicht auf die Vorhaltungen bezögen bzw. allgemein exkulpatorischer Art oder sachfremd seien. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin jenseits der beanstandeten Passagen grundsätzlich durchgängig richtig zitiere, bei Bedarf Anführungszeichen verwende und paraphrasiere. Schließlich habe der Fakultätsrat die plagiierten Stellen auch in ihrem Verhältnis zur Gesamtheit der Arbeit beurteilt. Eine hierarchische Unterordnung des zweiten empirischen Teils der Dissertationsschrift und der dort festgestellten gehäuften „Zitierfehler“ sei nicht erkennbar, weil entgegen der anderslautenden Behauptung der Klägerin das zweite Kapitel schon von seiner Ausdehnung her ein Kernelement der Dissertation bilde, dessen Anspruch gerade auch darin gelegen habe, sich dem Thema vergleichend aus der Perspektive unterschiedlicher Disziplinen und ihrer Methoden zu nähern. Dies gelte umso mehr, als gerade dieser Teil in den Gutachten der seinerzeitigen Gutachter (bzw. Referenten) besonders gelobt worden sei.

Der Fakultätsrat habe das ihm nach den §§ 20, 21 der Promotionsordnung eingeräumte Ermessen dahingehend ausgeübt, dass er sowohl die schriftliche Promotionsleistung für ungültig erklärt als auch den Doktorgrad entzogen habe. Dabei sei er davon ausgegangen, dass eine Rücknahme nach § 48 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 3 VwVfG NRW nur erfolgen könne, wenn kein Vertrauensschutz bestehe, ferner, dass eine Rücknahme (allein) wegen – hier zweifelsfrei festgestellter – objektiver Falschangaben zwar im Hinblick auf den Zeitablauf unverhältnismäßig sei, eine Entziehung aber deswegen in Betracht komme, weil der Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt worden sei. Im Rahmen seiner Abwägungsentscheidung habe der Fakultätsrat keine in der Person der Klägerin oder in den besonderen Umständen des Einzelfalls liegenden, die öffentlichen Interessen, nämlich die wissenschaftliche Redlichkeit als Grundlage der Titelführung zu schützen sowie die verletzten wissenschaftlichen Verhaltensregeln zu rehabilitieren, überwiegenden Gründe feststellen können, die angesichts des Umfangs und der Schwere der vorsätzlichen Täuschung einer Ungültigerklärung der schriftlichen Promotionsleistung und dem Entzug des Doktortitels entgegenstünden bzw. einen Verzicht hierauf als zweckmäßig erscheinen ließen. Auch eine möglicherweise nachlässige Betreuung durch die damaligen Gutachter (bzw. Referenten) ändere nichts daran, dass die Klägerin als damalige Promovendin für die gesamte Dissertation in dem abgegebenen Zustand die volle Verantwortung getragen habe. Den Umstand, dass die Entziehung des Doktorgrades nach über 30 Jahren für die Betroffene „einen nicht unerheblichen Eingriff“ darstelle, habe der Fakultätsrat im Rahmen der Abwägung ebenso gewürdigt wie die Tatsache, dass es sich bei der Arbeit um eine sogenannte grundständige Promotion handele. Beide Umstände hätten indes kein hinreichendes Gewicht, das öffentliche Interesse an der Korrektur der rechtswidrigen Promotion zu überwinden. Frequenz und Umfang der betroffenen Passagen, auch wenn sie sich einer genauen quantitativen Messung entzögen, seien als so gravierend gewichtet worden, dass es nicht als hinnehmbar erachtet worden sei, auf eine Ungültigerklärung der Promotionsleistung sowie eine Entziehung des Doktorgrades, für dessen Verleihung nunmehr der Rechtsgrund weggefallen sei, zu verzichten. Dabei sei man davon ausgegangen, dass die Ermächtigung zur Entziehung keiner Verjährung unterworfen sei. Die Hochschule habe zudem ein qualifiziertes Interesse daran, die fehlerhaften Weichenstellungen im Rahmen des wissenschaftlichen Diskurszusammenhangs auch nach längerer Zeit noch zu korrigieren, damit nicht aufgrund von Täuschungshandlungen, die in der Einflusssphäre des Täuschenden entstanden seien, schwerwiegender Schaden an der Wissenschaftlichkeit als solcher, an der Validität akademischer Grade und an der Richtigkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse eintrete. Die Komplexität, der Anspruch und die entsprechend langsame Zeittaktung wissenschaftlicher Forschung, die nicht mit der Ableistung berufsqualifizierender Leistungen verglichen werden könne, erfordere es daher, auch noch über längere Zeiträume hinweg das signifikante Entdeckungsrisiko aufrechtzuerhalten. Die Fakultät habe deswegen dem allgemeinen Präventionsinteresse höheres Gewicht beigemessen als den – mangels unmittelbarer Abhängigkeit von einer konkreten Berufsqualifikation ohnehin im Vergleich zu anderen Fällen bei einer Folgenbetrachtung zu relativierenden – Nachteilen, die der Klägerin durch die Entziehung entstünden. Schließlich habe der Fakultätsrat auch die gleichmäßige Rechtsanwendung (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie seine bisherige Praxis in Plagiatsfällen berücksichtigt. Um einen Bagatellfall handele es sich vorliegend ebenfalls nicht.

Gegen die Entscheidung hat die Klägerin am 20. Februar 2013 Klage erhoben.

Sie beruft sich auf Verfahrensfehler und hält die Sachentscheidung für rechtswidrig. Zur Begründung macht sie hierzu im Wesentlichen geltend: Das Verwaltungsverfahren sei in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft durchgeführt worden. Es fehle an einem Verfahren vor der Untersuchungskommission gemäß den Grundsätzen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis an der beklagten Universität vom 27. Juni 2002. Jedenfalls sei es rechtwidrig, zur Vorbereitung eines Einleitungsbeschlusses des Fakultätsrats nach § 22 VwVfG NRW an Stelle des Verfahrens vor der Untersuchungskommission Ermittlungen im Promotionsausschuss durchzuführen und diese Ermittlungen dann zur Grundlage sowohl der Einleitungsentscheidung als auch der Entziehungsentscheidung zu machen. Es sei auch nicht auszuschließen, dass die Durchführung des Verfahrens vor der Untersuchungskommission zu einer anderen Empfehlung an den Fakultätsrat geführt hätte als die Empfehlung durch den Promotionsausschuss. Das durchgeführte Verfahren sei zudem nicht mit § 21 PromO i. V. m. § 22 Satz 1 VwVfG NRW vereinbar. Der Dekan und der Promotionsausschuss hätten praktisch ein eigenes Verwaltungsverfahren ohne die dazu erforderliche Ermächtigung durch den zuständigen Fakultätsrat durchgeführt. Darüber hinaus sei der angefochtene und durch den Dekan verfasste Bescheid nicht nach vorheriger Verständigung mit dem Fakultätsrat über die tragenden Gründe ergangen. Das Vorbereitungsverfahren durch den Promotionsausschuss sei auch deswegen rechtswidrig, weil in Bezug auf die Mitglieder dieses Ausschusses unter Berücksichtigung der Indiskretionen gegenüber der Presse die Besorgnis der Befangenheit bestehe. Auch in Bezug auf die Mitglieder des Fakultätsrats bestehe eine entsprechende Besorgnis der Befangenheit, weil wenige Tage vor der entscheidenden Sitzung am 5. Februar 2013 in der Presse über die Schrift „Hinweise zur Anfertigung von Seminararbeiten“ von Kramp berichtet worden sei sowie ferner darüber, dass die gegen sie, die Klägerin, erhobenen Vorwürfe durch diese Schrift angeblich gestützt würden. Die Information der Öffentlichkeit in diesem Stadium des Verfahrens könne nur durch das Dekanat oder Mitglieder des Fakultätsrats erfolgt sein und allein dem Zweck gedient haben, die Willensbildung im Fakultätsrat zu beeinflussen. Die gemäß § 21 PromO i. V. m. § 28 Abs. 1 VwVfG NRW gebotene Anhörung vor der Entscheidung über die Rücknahme des Doktorgrades sei vollständig unterblieben. Die beklagte Universität habe ferner bei der Ermittlung des Sachverhaltes § 24 Abs. 1 und 2 VwVfG NRW verletzt. Die Beweisanträge, die sie, die Klägerin, schriftlich gestellt habe, seien mit fehlerhaften Erwägungen abgelehnt worden.

Zur Entscheidung in der Sache macht die Klägerin geltend: Der Entscheidung nach § 20 Satz 1 PromO, die Dissertation für ungültig zu erklären, liege ein unzutreffendes Verständnis des Begriffs der Täuschung zu Grunde. Im Übrigen seien die hierzu getroffenen Feststellungen im Ergebnis falsch und die Entscheidung ermessensfehlerhaft. Im Einzelnen wird hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Eine Täuschung sei nicht ohne Erregung eines Irrtums möglich. Die am Promotionsverfahren beteiligten Gutachter (bzw. Referenten) seien aber keinem Irrtum unterlegen. Die von der beklagten Universität erhobenen Beanstandungen seien auch nicht geeignet, den Täuschungsvorsatz zu belegen. Eine Erarbeitung des interdisziplinären beschreibenden zweiten Teils der Dissertation allein aus der jeweiligen Primärliteratur habe von ihr nicht erwartet werden können. Ein Rückgriff auf die Sekundärliteratur sei zwingend erforderlich gewesen, was sie im Grundsatz auch offen gelegt habe. Der Vorwurf, sie habe bedeutende Rezeptionsleistungen Dritter fälschlich als eigene Leistungen dargestellt, werde durch die Feststellungen nicht gestützt. Soweit sie einzelne Stellen nicht als Rezeptionsleistungen Dritter gekennzeichnet habe, komme diesen Befunden jedenfalls im Gesamtzusammenhang der Arbeit nur eine geringe Bedeutung zu. Soweit sie bei der Heranziehung von Sekundärliteratur Satzteile und Wendungen übernommen habe, folgten die Darlegungen ihren eigenen Gedanken. Auch seien die Titel – bis auf zwei – sämtlich im Literaturverzeichnis angegeben. Im Übrigen habe die beklagte Universität bei ihrer Beurteilung ausgeblendet, dass Primär- und Sekundärliteratur oftmals übereinstimmten und dass ohne eine Analyse dieser Übereinstimmungen überhaupt nicht erkennbar sei, in welchem Maße die benutzte Sekundärliteratur eine wissenschaftliche Eigenleistung enthalte, die sie sich zu Eigen gemacht haben könnte. Schließlich müsse man auch berücksichtigen, dass die von ihr praktizierte Vorgehensweise im Umgang mit der Primär- und Sekundärliteratur in den Erziehungswissenschaften seinerzeit verbreitet gewesen sei. In Bezug auf vereinzelte Stellen räume sie Zitierfehler ein, allerdings habe sie insoweit nicht in Täuschungsabsicht gehandelt. Das gelte erst recht für die Stellen, in denen die Hinweise auf die benutzte Sekundärliteratur lückenhaft seien.

Das Ermessen zu § 20 Satz 1 PromO sei fehlerhaft ausgeübt worden. Die Bedeutung des Zeitablaufs von mehr als 32 Jahren sei nicht ausreichend gewichtet worden. Unberücksichtigt geblieben sei, dass es in vielen Prüfungsordnungen Verjährungsfristen von kürzerer Dauer gebe und die hier streitgegenständliche grundständige Promotion der Klägerin auch eine berufsqualifizierende Prüfung darstelle. Die Erwägungen zum öffentlichen Interesse seien nicht tragfähig. Dass die Dissertation im Vergleich zu anderen Prüfungsleistungen eine Sonderstellung einnehme, sei nicht ersichtlich. Eine Schädigung der Lauterkeit und Richtigkeit des wissenschaftlichen Diskurszusammenhangs komme heute nur noch in Betracht, wenn durch Mängel der Dissertation Gefahren für wissenschaftliches Arbeiten Dritter im Rahmen eines Rückgriffs auf die Dissertation begründet würden. Hierzu verhalte sich der Bescheid nicht. Generalpräventive Erwägungen, insbesondere der Ansatz, das signifikante Entdeckungsrisiko und die damit einhergehenden Schwierigkeiten einer Aufdeckung wissenschaftlichen Fehlverhaltens auch noch über längere Zeiträume hinweg aufrechtzuerhalten, seien hier angesichts des zu wahrenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit mit Blick auf die verstrichene Zeit nicht angezeigt. Auf den Einzelfall bezogene Erwägungen, wie etwa die Frage nach dem wissenschaftlichen Wert der Dissertation im Übrigen oder die Bedeutung der Befunde unter Berücksichtigung ihres Umfangs mit Blick auf die insgesamt erbrachte Leistung im Übrigen, seien im Bescheid nicht enthalten.

Die Entscheidung nach § 21 PromO i. V. m. § 48 VwVfG NRW zur Rücknahme des Doktorgrades sei schon deswegen rechtswidrig, weil keine rechtmäßige Entscheidung gemäß § 20 PromO vorliege. Darüber hinaus fehle es an einer bewussten Täuschung, so dass der Vertrauensschutz nicht entfalle. Auch habe der Fakultätsrat bei seiner Entscheidung in seiner Ermessensausübung nicht ausreichend zwischen § 20 PromO und § 21 PromO differenziert; insbesondere seien für die Rücknahme weitere Ermessensaspekte zu berücksichtigen, da hier wegen der Grundständigkeit der Promotion und des gleichzeitigen Entzugs des Hochschulabschlusses in die Freiheit der Berufswahl eingegriffen werde. Schließlich habe der Fakultätsrat auch nicht geprüft, ob unter den genannten Umständen eine Entscheidung nur nach § 20 PromO ausreichend gewesen wäre. Die Berufung des Fakultätsrats auf die Behandlung ähnlich gelagerter Fälle sei mangels entsprechender Belegfälle nicht nachvollziehbar.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Dekans der Philosophischen Fakultät der Beklagten vom 14. Februar 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus: Verfahrensfehler seien nicht ersichtlich. Ein Verfahren vor der Untersuchungskommission nach Maßgabe der Grundsätze zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis an der beklagten Universität habe nicht durchgeführt werden müssen. Maßgeblich sei hier allein das satzungsrechtlich in der Promotionsordnung vorgesehene Verfahren. Die dort einschlägigen Spezialermächtigungen gingen der Arbeit der Untersuchungskommission vor. Die jeweiligen Zuständigkeiten von Dekan und Fakultätsrat seien beachtet worden. Über die Entziehung entscheide der Fakultätsrat. Der Dekan, der auch Vorsitzender des Fakultätsrats sei, treffe die außenwirksame Entscheidung als zuständige Behörde, wobei hier die Begründung des Bescheides vorab mit dem Fakultätsrat besprochen worden sei. Dem Dekan obliege es außerdem, gemäß §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 24 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW das Verfahren nach pflichtgemäßem Ermessen einzuleiten und den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, um eine entsprechende Entscheidung des Fakultätsrats vorzubereiten. Er könne sich hierbei auch Dritter, wie hier veranlasst durch die Beauftragung des Promotionsausschusses, bedienen, die ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben unterstützten. Ungeachtet dessen habe der Fakultätsrat die Vorgehensweise des Dekans jedenfalls in seiner ersten Sitzung am 22. Januar 2013 nachträglich gebilligt. Das Anhörungserfordernis sei gewahrt; eine vorherige Anhörung bezogen auf jeden Einzelaspekt sei nicht erforderlich. Eine Besorgnis der Befangenheit bestehe nicht. Dass das Gutachten von Prof. Dr. S. auf ungeklärtem Wege an die Presse gelangt sei, bedeute nicht, dass damit jedes Mitglied des Fakultätsrats automatisch als befangen gelte. Die Beweisanregungen der Klägerin seien hinreichend berücksichtigt worden. Deren Ablehnung sei rechtmäßig gewesen.

Auch in materieller Hinsicht lägen keine Fehler vor: Die Klägerin habe plagiiert, weil sie Textpassagen aus einschlägigen Sekundärquellen übernommen und diese nicht durch Nachweise gekennzeichnet habe; auf die insoweit mit der Klageschrift geltend gemachten Einwände sei im Einzelnen eingegangen worden. Die Klägerin habe objektiv bei dem Betreuer (bzw. Referent) und dem Korreferenten sowie den anderen promotionsberechtigten Mitgliedern der Fakultät einen Irrtum darüber erregt, dass keine anderen als die jeweils angegebenen Quellen genutzt und wörtliche oder sinngemäße Übernahmen als solche gekennzeichnet worden seien. Auch habe die Klägerin den Täuschungsvorwurf selbst eingeräumt, indem sie zugestanden habe, dass sie stellenweise Rezeptionsleistungen Dritter übernommen, aber nicht hinreichend belegt habe. Ein Täuschungsvorsatz liege nach eingehender Gesamtwürdigung der Befunde vor. Ob die eingereichte Dissertation annahmefähig gewesen wäre, wenn sie die fehlenden Nachweise enthalten hätte, sei irrelevant. Eine „geltungserhaltende Reduktion“ finde nicht statt. Auf die Quantität der Plagiate im Verhältnis zur Länge der Arbeit komme es jenseits einer hier nicht ernstlich zu erwägenden Bagatellgrenze rechtlich nicht an. Maßgeblich seien die große Zahl und vor allem die teils ganz erhebliche Gravität der festgestellten Plagiate.

Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Die Entscheidungen zu den §§ 20 und 21 PromO seien im Fakultätsrat separat und nach getrennten Abstimmungen erfolgt; ungeachtet dessen stünden die Regelungen in einem funktionalen Zusammenhang. Deshalb ließen sich die konkreten Ermessenserwägungen nicht voneinander trennen. Im Rahmen der Rücknahmeentscheidung seien schließlich auch die persönlichen Folgen einer Doktorgradentziehung für die Klägerin berücksichtigt worden. Eine Regelung zur Verjährung gebe es nicht und, selbst wenn, hätte die Klägerin einen entsprechenden Einwand verwirkt, da sie selbst um Überprüfung gebeten habe und die Begünstigung im Übrigen durch vorsätzliche Täuschung erlangt worden sei. Der vorliegende Fall könne auch nicht mit anderen Prüfungsordnungen, in denen sich vereinzelt Verjährungsregelungen fänden, verglichen werden, da es dort im Regelfall lediglich um berufsqualifizierende Abschlüsse gehe und diese anders als eine Dissertation nicht als Beleg für eine besondere wissenschaftliche Befähigung dienten. Es gehe bei einer Promotion um den Kern der wissenschaftlichen Leistung und ihrer rechtlichen Funktion, die auch über längere Zeiträume hinweg die jeweilige Qualifikation in akademischer Hinsicht ausmachten. Schwerwiegende Verstöße gegen korrektes wissenschaftliches Verhalten ließen die Leistung als solche hinfällig werden, und zwar unabhängig von dem Zeitraum, der verstrichen sei. Dass die Bedeutung einer Dissertation für den wissenschaftlichen Diskurs praktisch gesehen sehr unterschiedlich sei und mit der Zeit verblassen könne, sei rechtlich bedeutungslos. Entscheidend sei, dass eine Dissertation den Anspruch haben müsse, als wissenschaftlicher Diskursbeitrag jederzeit aufgegriffen zu werden. Deshalb sei auch namentlich das Strafrecht, das mit vergleichbar kurzen Verjährungsfristen operiere, kein taugliches Vergleichsobjekt.

Der in der mündlichen Verhandlung für die Klägerin anwesende Prozessbevollmächtigte hat Beweisanträge gestellt und beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass die Methode des Nachweises der von der Klägerin in der Dissertation benutzten und im Beweisantrag im Einzelnen aufgeführten Werke in der erziehungswissenschaftlichen Literatur 1980 nicht unüblich gewesen sei, ein Sachverständigengutachten einzuholen sowie ferner zum Beweis der Tatsache, dass die seinerzeitigen Gutachter im Promotionsverfahren bei der Bewertung der Dissertation der Klägerin nicht angenommen hätten, die auf den zuvor genannten Seiten aus der Literatur rezipierten Darstellungen der Auffassungen anderer Autoren seien aus der Primärliteratur durchgängig selbständig erarbeitet worden, Referent und Korreferent als sachverständige Zeugen zu vernehmen. Die Kammer hat die Beweisanträge abgelehnt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der beklagten Universität Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage, die als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig ist, ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Dekans der Philosophischen Fakultät der beklagten Universität vom 14. Februar 2013 und die diesem zugrunde liegende Entscheidung des Fakultätsrats, mit dem die Dissertation als schriftliche Promotionsleistung der Klägerin für ungültig erklärt und unter Berücksichtigung dessen der der Klägerin durch Übergabe der Promotionsurkunde vom 27. November 1980 verliehene Doktorgrad „Dr. phil.“ zurückgenommen wurde, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Dies steht zur Überzeugung der Kammer ohne die Notwendigkeit fest, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen oder entsprechend den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen der Klägerin bzw. ihren ergänzenden schriftsätzlichen Beweisanregungen weiter aufzuklären.

Für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides und der diesem zugrunde liegenden Entscheidungen des Fakultätsrats ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides abzustellen.

Vgl. hierzu auch VG Karlsruhe, Urteil vom 4. März 2013, 7 K 3335/11, juris (Rdnr. 28).

Zugrunde zu legen ist daher das Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz – HG) vom 31. Oktober 2006 (GV NRW S. 474) in der bezogen auf den vorgenannten Zeitpunkt durch Art. 2 des Gesetzes vom 18. Dezember 2012 (GV NRW S. 672) geänderten Fassung sowie die zu diesem Zeitpunkt geltende und auf der Grundlage des Hochschulgesetzes erlassene Promotionsordnung der Philosophischen Fakultät der beklagten Universität vom 4. Juli 2000 (Amtl. Bek. vom 11. Juli 2000) – PromO -, in der Fassung der zuletzt mit Ordnung vom 8. März 2011 erfolgten Änderungen.

Gemäß § 20 Satz 1 PromO können die Promotionsleistungen durch den Fakultätsrat unter anderem dann für ungültig erklärt werden, wenn sich nach Aushändigung der Promotionsurkunde ergibt, dass sich die Doktorandin oder der Doktorand bei der Zulassung zum Promotionsverfahren einer Täuschung schuldig gemacht hat (vgl. dazu nachfolgend Ziffer 2). Gemäß § 21 PromO kann zudem der Doktorgrad entzogen bzw. zurückgenommen werden, wobei die Regelung auf die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen verweist (vgl. dazu nachfolgend Ziffer 3).

Die Entscheidungen des Fakultätsrats sind danach formell (vgl. Ziffer 1) und materiell (vgl. Ziffer 2 und 3) rechtmäßig ergangen.

1.) Die Einwände der Klägerin gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Entscheidungen des Fakultätsrats greifen nicht durch.

a) Für die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidungen rechtlich unerheblich ist, ob die von der Klägerin gerügten Rechtsmängel den Maßnahmen anhaften, die Dekan und Promotionsausschuss zwecks Klärung der Frage ergriffen haben, ob sich der Fakultätsrat mit den gegen die Klägerin erhobenen „Plagiatsvorwürfen“ befassen soll. Dieses „Vorprüfungsverfahren“ ist nicht Bestandteil des mit dem angefochtenen Bescheid abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens, auf dessen Überprüfung die gerichtliche Rechtskontrolle beschränkt ist.

Gemäß §§ 20, 21 PromO entscheidet über die Ungültigkeit der Promotionsleistung und über die Rücknahme oder Entziehung des Doktorgrades der Fakultätsrat, so dass das dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Verwaltungsverfahren mit der erstmaligen Befassung des Fakultätsrats begann. Die zuvor ergriffenen Aufklärungsmaßnahmen des Dekans und des von ihm beauftragten Promotionsausschusses waren deshalb Bestandteil einer dem Verfahren beim Fakultätsrat vorgelagerten Vorprüfung, deren Ziel allein die Klärung der Frage war, ob die mit der „Anzeige“ gegen die Klägerin erhobenen Vorwürfe im Tatsächlichen hinreichend Anlass boten, den Sachverhalt dem Fakultätsrat zur Entscheidung darüber vorzulegen, ob in einem Verwaltungsverfahren die Gültigkeit der Promotionsleistung der Klägerin sowie deren Berechtigung zur Führung des Doktorgrades überprüft werden sollten. Gemäß § 24 Abs. 1 VwVfG NRW, der gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 VwVfG NRW Anwendung findet, ermittelt die Behörde bzw. hier die beklagte Universität, vertreten durch den Dekan, der gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 HG den Fachbereich (bzw. die Fakultät) leitet und ihn (bzw. sie) innerhalb der Hochschule vertritt, den Sachverhalt von Amts wegen und bestimmt hierbei Art und Umfang der Ermittlungen. Als Grundlage für die Entscheidung, ob ein Verwaltungsverfahren eingeleitet werden soll, sowie dafür, ob dieses Verfahren gegebenenfalls mit einer Regelung abgeschlossen werden soll, begründen etwaige formelle Mängel dieser Untersuchung deshalb grundsätzlich keine selbständig durchsetzbare Verfahrensposition und damit auch keinen Ansatz für einen eigenen Verfahrensfehler, der sich auf die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Regelung auswirken kann.

Vgl. zum Zweck des § 24 VwVfG und zur Verfahrensposition im Falle der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes: Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Kommentar zum VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 24 Rdnr. 5 ff.

b) Mit dem Fakultätsrat hat, wie dargelegt, das nach §§ 20, 21 PromO zuständige Organ entschieden. Ob der Fakultätsrat die bei der beklagten Universität auf der Grundlage von § 8 Abs. 1 der Grundsätze zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis an der beklagten Universität vom 27. Juni 2002 (Amtl. Bek. Nr. 14/2002 vom 28. Juli 2002) – nachfolgend: Grundsätze – zum Zwecke der Verfolgung wissenschaftlichen Fehlverhaltens eingerichtete ständige Untersuchungskommission hätte bitten dürfen, dem Verdacht gegen die Klägerin nachzugehen und den Sachverhalt aufzuklären, kann offen bleiben. Eine rechtliche Verpflichtung hierzu bestand entgegen der Auffassung der Klägerin jedenfalls nicht. Eine solche ergibt sich weder aus den vorgenannten Grundsätzen selbst noch aus der Promotionsordnung. Vielmehr bestimmt § 8 Abs. 2 Satz 1 der Grundsätze, dass das Verfahren vor der Untersuchungskommission nicht andere, gesetzlich bzw. satzungsrechtlich geregelte Verfahren ersetzt. Dementsprechend stellt § 8 Abs. 2 Satz 2 der Grundsätze auch ausdrücklich klar, dass die anderweitig gesetzlich oder satzungsrechtlich geregelten Verfahren von den jeweils zuständigen Organen eingeleitet werden. Erfüllt daher – wie im vorliegenden Fall – die Behauptung wissenschaftlichen Fehlverhaltens zugleich möglicherweise einen Tatbestand, der nach der einschlägigen Promotionsordnung Sanktionen rechtfertigt, so ist das dafür vorgesehene Verfahren unter Beachtung der in der Promotionsordnung normierten Zuständigkeiten durchzuführen.

Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung auch VG Berlin, Urteil vom 25. Juni 2009, 3 A 319.05, juris (Rdnr. 36 ff).

c) Eine Anhörung der Klägerin in dem Verfahren, das der Fakultätsrat mit den Entscheidungen zur Ungültigkeit der Dissertation und zur Rücknahme des Doktorgrades „Dr. phil.“ abgeschlossen hat, ist gemäß § 20 Satz 2 PromO, der der allgemeinen verwaltungsrechtlichen Regelung in § 28 Abs. 1 VwVfG NRW entspricht und wonach der Fakultätsrat seine Entscheidung nach Anhörung der oder des Betroffenen durch den Dekan trifft, bzw. gemäß § 21 PromO i. V. m. § 28 Abs. 1 VwVfG NRW erfolgt.

Anhörung im Sinne der vorgenannten Vorschriften bedeutet, dass die Behörde, das heißt der Amtsträger, der für die in der Sache zu treffenden Entscheidung zuständig ist, dem Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung zum Gang des Verfahrens, zum Gegenstand, zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und zum möglichen Ergebnis innerhalb einer angemessenen Frist gibt.

Vgl. Kopp/Ramsauer, Kommentar zum VwVfG, 14. Aufl. 2013 (Kopp/Ramsauer), § 28 Rdnr. 12 m. w. N. aus der Rechtsprechung.

Danach ist hier bezogen auf beide Entscheidungen des Fakultätsrats eine ordnungsgemäße Anhörung der Klägerin erfolgt.

Abgesehen davon, dass dem Fakultätsrat im Rahmen seiner Sitzung am 22. Januar 2013 bereits ausführliche Stellungnahmen der Klägerin aus dem Vorprüfungsverfahren vorlagen und der Klägerin der Bericht von Prof. Dr. S. bereits bekannt war, hatte die Klägerin auch nach der Sitzung des Fakultätsrats vom 22. Januar 2013, in der dieser allein die „Einleitung eines förmlichen Rücknahmeverfahrens“ beschlossen hatte, hinreichend Gelegenheit zum Sach- und Streitstand weiter vorzutragen. Über die vom Fakultätsrat beschlossene Einleitung des „Hauptverfahrens“ sowie darüber, dass der Fakultätsrat für den 5. Februar 2013 zu einer weiteren Sitzung einberufen werden sollte, ist die Klägerin durch die vom Dekan an ihre Prozessbevollmächtigten übermittelte Presseerklärung am Tag der Beschlussfassung am 22. Januar 2013 informiert worden. Auf die Anfrage der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 24. Januar 2013, welche Planungen hinsichtlich der weiteren Gestaltung des Verfahrens bestünden und ob noch eine Entscheidung über die Einholung weiterer Gutachten getroffen worden sei oder getroffen werden solle, hat der Dekan mit Schreiben vom gleichen Tage nochmals ergänzend klargestellt, dass der Fakultätsrat in seiner Sitzung vom 22. Januar 2013 „das Verfahren zur Entscheidung über eine eventuelle Ungültigkeitserklärung der schriftlichen Promotionsleistung der Klägerin“ eingeleitet habe, und zugleich darauf hingewiesen, dass die bereits übersandten Unterlagen der Klägerin auch im weiteren Verfahren berücksichtigt würden und dass es der Klägerin unbenommen bleibe, zum Rechtsgutachten Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 28. Januar 2013 führte der Dekan zudem ergänzend aus, dass der Fakultätsrat einstimmig beschlossen habe, jedenfalls derzeit keine externe Expertise hinzuzuziehen. Damit waren der Klägerin die Grundlagen der weiteren Verfahrensweise des Fakultätsrats in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht entsprechend der Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs offen gelegt. Dass der in der Presseerklärung verwandte Begriff „Hauptverfahren“ dabei untechnisch gemeint war und sowohl das Verfahren zur Erklärung der Ungültigkeit als auch das Verfahren zur Rücknahme des Doktorgrades beinhaltete, musste sich für die Klägerin bei lebensnaher Betrachtungsweise aus den bisherigen Verfahrensabläufen ergeben, in denen der Dekan ihr gegenüber mehrfach zum Ausdruck gebracht hatte, dass es um die Frage der Einleitung eines „Aberkennungsverfahrens“ im Sinne der vorgenannten Verfahrensschritte gehe. Dementsprechend haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 4. Februar 2013 die Gelegenheit, für die Klägerin vorzutragen, auch tatsächlich genutzt und Beweisanträge gestellt sowie im Rahmen ihrer Stellungnahme unter Bezugnahme auf das Rechtsgutachten des Prozessbevollmächtigten der beklagten Universität zum Verfahrensablauf außerdem zum Ausdruck gebracht, dass ihnen (und damit der Klägerin) unter Berücksichtigung der im Gutachten ausdrücklich erfolgten rechtlichen Befassung mit der Möglichkeit einer Entziehung des Doktorgrades auf der Grundlage von § 21 PromO i. V. m. § 48 VwVfG NRW vor dem Hintergrund einer Ungültigerklärung der Promotionsleistung nach § 20 PromO die Tragweite der mit der Presseerklärung bekannt gemachten Einleitung des gegen die Klägerin gerichteten Verfahrens bewusst war. Eine darüber hinaus gehende Verpflichtung, die Betroffene auf die Möglichkeit zu Äußerungen zur Sache ausdrücklich hinzuweisen oder sie dazu aufzufordern bzw. dafür eine Frist zu setzen, bestand nicht.

Vgl. dazu Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 28 Rdnr. 20 m. w. N.

Ungeachtet der vorherigen Ausführungen wäre ein etwaiger Anhörungsmangel gemäߠ § 45 Abs. 2 VwVfG NRW aber auch geheilt.

d) Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 7 HG war es Aufgabe des Dekans, den Beschluss des Fakultätsrats vom 5. Februar 2013 auszuführen. Anhaltspunkte dafür, dass der Dekan den Beschluss dem objektiv erkennbaren Willen des Fakultätsrats zuwider vollzogen hat,

vgl. zur Umsetzung solcher Beschlüsse nach Maßgabe der früheren Regelung in § 27 Universitätsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. August 1993 (GV NRW S. 532): Leuze in Leuze/Bender, Kommentar zum WissHG NW, letzter Stand Dezember 1998, § 27 Rdnr. 6; vgl. ferner Denninger, Kommentar zum Hochschulrahmengesetz (1984), S. 420 f zu § 64 Rndr. 64 ff.,

sind unter Zugrundelegung der protokollierten Beschlussfassung nicht ersichtlich. Einer vorhergehenden Genehmigung des genauen Wortlauts des Bescheides durch den Fakultätsrat bedurfte es entgegen der anderslautenden Auffassung der Klägerin nicht. Ein solches Gebot findet sich weder im Hochschulgesetz noch in anderen hier maßgeblichen Regelungen bzw. Ordnungen.

e) Formell rechtswidrig sind die angefochtenen Entscheidungen des Fakultätsrats auch nicht mit Blick auf die von der Klägerin behauptete Befangenheit der Mitglieder des Fakultätsrats. Für eine Besorgnis der Befangenheit im Sinne von § 21 VwVfG NRW, der hier gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 VwVfG NRW Anwendung findet, bestehen objektiv keine Anhaltspunkte. Das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin erschöpft sich in Mutmaßungen und ist unsubstantiiert. Das gilt insbesondere für ihren Vortrag, die Befangenheit der Mitglieder des Fakultätsrats ergebe sich aus dem Umstand, dass der von Prof. Dr. S. Ende September 2012 dem Promotionsausschuss vorgelegte Bericht auf ungeklärtem Wege an die Presse gelangt sei. Inwieweit dieser Umstand geeignet sein soll, die Besorgnis zu begründen, dass die Mitglieder des Fakultätsrats nicht unparteilich entscheiden würden, erschließt sich aus dem schriftsätzlichen Vorbringen der Klägerin nicht und ist auch sonst nicht ersichtlich.

f) Der Umstand, dass, wie von der Klägerin beanstandet, die seinerzeitigen Gutachter (bzw. Referenten) ihrer Dissertation nicht als sachverständiger Zeuge vernommen wurden, begründet schon vom Ansatz her keinen selbständigen formellen Mangel. Ungeachtet dessen kam es auf ihre Einvernahme aber auch nicht an, wie im Weiteren noch auszuführen sein wird.

Die angefochtenen Entscheidungen des Fakultätsrats, die Dissertation der Klägerin für ungültig zu erklären (vgl. dazu nachfolgend Ziffer 2) und den Doktorgrad „Dr. phil.“ zurückzunehmen (vgl. dazu nachfolgend Ziffer 3), sind auch materiell rechtmäßig.

2.) Nach § 20 Satz 1 PromO können die Promotionsleistungen durch den Fakultätsrat unter anderem dann für ungültig erklärt werden, wenn sich nach Aushändigung der Promotionsurkunde ergibt, dass sich die Doktorandin oder der Doktorand bei der Zulassung zum Promotionsverfahren einer Täuschung schuldig gemacht hat. Die tatbestandlichen Voraussetzungen (vgl. Ziffer 2 a – c) sind gegeben. Schließlich hat der Fakultätsrat auch das ihm nach der Vorschrift eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (vgl. Ziffer 2 d).

Mit dem Begriff der Täuschung knüpft die Promotionsordnung an die dem Tatbestand des § 263 StGB innewohnenden Merkmale an. Danach sind Voraussetzungen einer Täuschung das Vorliegen einer rechtserheblichen Täuschungshandlung – durch Vorspiegeln oder Unterdrücken von Tatsachen – (vgl. dazu Ziffer 2 a), ferner das Erregen eines Irrtums sowie die Ursächlichkeit der Täuschungshandlung für den erregten Irrtum (vgl. dazu Ziffer 2 b) und schließlich das Vorliegen eines Täuschungsvorsatzes (vgl. dazu Ziffer 2 c).

Dass der Fakultätsrat diese Voraussetzungen in objektiver und subjektiver Hinsicht in Bezug auf die Dissertation der Klägerin als gegeben angesehen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden, wobei die Frage der Erheblichkeit der Täuschungshandlung wegen des dem Fakultätsrat hier eingeräumten Beurteilungsspielraums gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist.

Vgl. zum Beurteilungsspielraum im vorbeschriebenen Zusammenhang etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. April 2000, 9 S 2435/99, juris (Rdnr. 34); vgl. ferner im Rahmen eines Überblicks über die Rechtsprechung: Schroeder, Die Entziehung des Doktorgrades wegen Täuschung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, NWVBl 2010 S. 176 (179); vgl. zu den Grenzen des Beurteilungsspielraums im Prüfungsrecht allgemein: Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rdnr. 639 ff.

a) Eine rechtserhebliche Täuschungshandlung durch Vorspiegeln oder Unterdrücken von Tatsachen liegt, soweit hier von Interesse, vor, wenn Passagen der zur Bewertung abgegebenen Dissertation nicht vom Promovenden selbst, sondern von einem anderen Autor stammen und der Promovend dies nicht kennzeichnet.

Vgl. VG Berlin, Urteil vom 15. April 2009, 12 A 319.08, juris (Rdnr. 21) und BayVGH, Beschluss vom 19. August 2004, 7 CE 04.2058, juris (Rdnr. 18).

aa) Unter Zugrundelegung des für das Prüfungsrecht aus dem Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) abgeleiteten Gebots, eine Prüfungsleistung persönlich zu erbringen, ist Grundvoraussetzung für eine der Bewertung zugängliche und außerdem für den Abschluss des Studiums bedeutende Prüfungsleistung, wie hier in Gestalt der grundständigen Promotion der Klägerin, dass der Promovend die für den Erfolg maßgeblichen Leistungen eigenständig und unverfälscht erbringt. Die Anforderungen, die an den Nachweis der Eigenständigkeit wissenschaftlichen Arbeitens zu stellen sind, ergeben sich aus dem Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit. Dieses erfordert wiederum, geistiges Eigentum Dritter nachprüfbar zu machen, indem sämtliche wörtlich oder sinngemäß übernommenen Gedanken aus Quellen und Literatur als solche kenntlich gemacht werden.

Diese Anforderungen entsprechen auch der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), das hierzu in seinem Urteil vom 20. Dezember 1991 (15 A 77/89) im Zusammenhang mit einer Täuschung bei einer im Jahre 1976 angefertigten Habilitationsschrift das Folgende ausgeführt hat (vgl. juris, Rdnr. 11):

„…Es ist ein grundlegendes, jedermann einsichtiges und allseits anerkanntes Gebot der Redlichkeit, in einer wissenschaftlichen Arbeit Gedanken anderer Autoren, selbst wenn sie nur Ausgangspunkt eigener Überlegungen sein sollen, als solche kenntlich zu machen, sei es im Text oder in den beigefügten Zitaten. Noch mehr und erst recht gilt dies, wenn eine fremde gedankliche Leistung in weithin nur wiederholender Darstellung aufgegriffen und lediglich in Einzelheiten weitergeführt, vervollkommnet […] werden soll. Unterbleibt in diesem […] Fall die Kenntlichmachung der fremden Leistung, so muss der unbefangene Leser in dem selbstverständlichen Vertrauen, dass jene grundlegende Regel wissenschaftlichen Arbeitens eingehalten ist, einen falschen Eindruck von Umfang und Wert der eigenen Leistung des Verfassers gewinnen; zumindest aber gerät er in die Gefahr, einem solchen Irrtum zu erliegen…“

Dementsprechend hat die Klägerin auch gemäß § 3 Ziff. 3c der zum Zeitpunkt der Anfertigung ihrer Dissertation einschlägigen Promotionsordnung vom 15. Februar 1977 (nachfolgend: PromO a.F.), genehmigt mit Erlass des damaligen „Ministerium für Wissenschaft und Forschung“ des Landes Nordrhein-Westfalen – abgekürzt: MWF NW – Az. I B 2 8101/071 (Amtl. Bek. 1/1977 vom 27. Mai 1977), eine eidesstattliche Versicherung des Inhalts abgegeben, dass sie die vorgelegte Dissertation selbst und ohne unerlaubte Hilfe verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe.

Hier hat die Klägerin über den Umfang der Eigenständigkeit ihrer Leistung getäuscht, wobei dem Fakultätsrat die maßgeblichen Umstände erst nach Aushändigung der Promotionsurkunde bekannt geworden sind.

Entgegen den zuvor dargestellten Anforderungen hat die Klägerin in rechtserheblichem Umfang ohne erforderliche Kennzeichnung und ohne Angabe der von ihr genutzten Quellen wörtliche oder leicht umgewandelte oder sinngemäß übernommene Passagen aus den von ihr verwendeten Quellen in ihre Dissertation übernommen und damit den falschen Eindruck erweckt, der Dissertationsschrift liege auch insoweit eine eigene gedankliche Leistung zugrunde. Dies steht zur Überzeugung der Kammer nach Maßgabe des dem Fakultätsrat vorliegenden Berichts von Prof. Dr. S. (Stand: 12. Dezember 2012) fest, der nach einer eigenständigen Überprüfung der Dissertation der Klägerin anhand der Originaltexte im Rahmen einer synoptischen Gegenüberstellung der einzelnen Belegstellen aus der Dissertation mit den jeweils nicht genannten Quellen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt hat, dass die Dissertationsschrift mit den in dem Bericht im Einzelnen bezeichneten Textstellen Passagen enthält, die als nicht eigenständige Leistung der Klägerin zu werten sind. Die Kammer hat im Rahmen eines von ihr selbst vorgenommenen Textabgleichs die von Prof. Dr. S. behaupteten Textgleichheiten oder Textähnlichkeiten, die sich in allen drei Teilen der Dissertation, im Schwerpunkt allerdings im zweiten Teil der Arbeit („Theorien über das Gewissen“), finden, überprüft. Danach sind die in dem Bericht von Prof. Dr. S. aufgeführten Befunde (vgl. zusammenfassend Seite 87 des Berichts) in ihrer Richtigkeit nicht in Zweifel zu ziehen.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Befundstellen:

(1) Erster Teil der Arbeit („Der Verstehenshorizont“, S. 20 – 58):

Zu Recht hat Prof. Dr. S. moniert, dass Seite 23 der Dissertation mehrfache Übernahmen aus der Schrift von David Katz (Mensch und Tier. Studien zur vergleichenden Psychologie, Zürich 1948) enthält, ohne dass ein Verweis auf diese Arbeit erfolgt. Den Autor erwähnt die Klägerin in anderem Zusammenhang erstmals in einer Fußnote auf Seite 25 (und nicht wie von ihr behauptet auf Seite 24) und im Fließtext erstmals auf Seite 27.

Seite 26 der Dissertation beinhaltet, wie im Bericht von Prof. Dr. S. zutreffend aufgeführt wird, nicht kenntlich gemachte wörtlich übernommene oder leicht angepasste bzw. leicht abgewandelte Textstellen aus den Schriften von F.J. Byutendijk (Mensch und Tier, Hamburg 1970) und Arnold Gehlen (Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt, Frankfurt 1974), die sich beide zu Jakob von Uexküll (Streifzüge durch die Umwelten von Tieren und Menschen, Stuttgart 1970) verhalten und den Eindruck erwecken, dass unmittelbar auf die Primärquelle (von Uexküll) zurückgegriffen wurde. Als Zitat aus Byutendijk ist lediglich ein Halbsatz im Fließtext ausgewiesen.

Auf Seite 45 finden sich im Sinne von Prof. Dr. S. „Collagen von Versatzstücken“ aus der Arbeit von Helmut Fend (Sozialisierung und Erziehung. Eine Einführung in die Sozialisierungsforschung, Weinheim, Berlin, Basel 1969), in denen sich die Klägerin mit den Aussagen von Emile Durkheim (= Primärquelle) auseinandersetzt. Belegt wird als Zitat aus der Schrift von Fend nur ein Halbsatz; auch Durkheim selbst wird, was die Kammer ergänzend festgestellt hat, erst in einer Fußnote auf Seite 46 belegt.

Auf Seite 47 bezieht sich die Dissertationsschrift der Klägerin auf die deutsche Ausgabe des Werks von George Herbert Mead (Geist, Identität und Gesellschaft, Zürich und Stuttgart 1971), der auch – allerdings ohne konkrete Seitenangabe – in der Fußnote aufgeführt wird. Die komplette Argumentation entspricht allerdings, wie von Prof. Dr. S. zutreffend ausgeführt wird, der Arbeit von Helmut Fend (a.a.O.), der lediglich in Bezug auf ein in einem Halbsatz befindliches wörtliches Zitat als Beleg angeführt wird.

Das wörtliche Zitat auf Seite 49 der Dissertation, für das als Beleg das Werk von Theodor Scharmann (Die individuelle Entwicklung in der sozialen Wirklichkeit, in: Handbuch der Psychologie, Bd. 6: Entwicklungspsychologie, hrsg. von Hand Thomae, Göttingen 1959, S. 535 – 582) aufgeführt wird, wurde aus einer anderen als der angegebenen Veröffentlichung von Scharmann übernommen (nämlich aus Theodor Scharmann, Psychologische Beiträge zu einer Theorie der sozialindividuellen Integration, in: Sozialisation und Personalisation, Beiträge zu Begriff und Theorie der Sozialisation aus der Sicht der Soziologie, Psychologie, Arbeitswissenschaft, Medizin, Pädagogik, Sozialarbeit, Kriminologie, Politologie, hrsg. von Gerhard Wurzbacher, Stuttgart 1974). Auch der bibliographische Nachweis entstammt dem vorgenannten Werk von Scharmann, wobei der in der Dissertation der Klägerin unter Fußnote 3 aufgeführte Titel allerdings fehlerhaft aus einer unmittelbar benachbarten Fußnote des vorgenannten Werkes von Scharmann bezogen wird. Auf die diesbezüglichen Ausführungen von Prof. Dr. S. auf Seite 24 seines Berichts wird ergänzend Bezug genommen.

Die Seiten 50 – 52 der Dissertation enthalten, wie Prof. Dr. S. zu Recht rügt, Übernahmen aus der Arbeit von Joseph Speck (Die anthropologische Fundierung erzieherischen Handelns. Zur Problematik „personaler“ Pädagogik, Münster 1968), die sich zum Personenbegriff verhalten, wie ihn Max Müller und Alois Halder (Person – I. Begriff und Wesen der Person, in Staatslexikon: Recht, Wirtschaft, Gesellschaft, hrsg. von der Görres-Gesellschaft, Bd. 6, Freiburg 1961, Sp. 197 – 206) entwickelt haben, ohne diese Übernahmen als solche kenntlich zu machen.

Auf Seite 56 umfasst die Dissertation einen Absatz, der als Zitat von Karl Jaspers (Allgemeine Psychopathologie, Berlin, Heidelberg 1948, S. 275) gekennzeichnet wird. Tatsächlich handelt es sich aber, wie von Prof. Dr. S. zu Recht beanstandet wird, um ein „Zitat im Zitat“; dabei wurde der Absatz in Gänze aus einer Arbeit von Walter Tröger (Erziehungsziele, München 1967) übernommen.

(2) Zweiter Teil der Arbeit („Theorien über das Gewissen“, S. 59 – 253):

Die Seiten 62 – 70 der Dissertation, auf denen sich die Klägerin mit zwei Arbeiten von Niklas Luhmann auseinandersetzt (Die Gewissensfreiheit und das Gewissen, in: Archiv des Öffentlichen Rechts, Bd. 90, H. 3 (1965), S. 257 – 286, und, Das Phänomen des Gewissens und die normative Selbstbestimmung der Persönlichkeit, in: Naturrecht in der Kritik, hrsg. von Franz Böckle und Ernst-Wolfgang Böckenförde, Mainz 1973, S. 223 – 243), umfassen, wie im Bericht von Prof. Dr. S. zutreffend moniert wird, etliche nicht kenntlich gemachte Textübernahmen (Satzstücke und/oder Wendungen) aus den vorgenannten Publikationen von Luhmann. Stellenweise (vgl. etwa Seite 70 der Dissertation) wird der Eindruck erweckt, ein korrekt ausgewiesenes Luhmann-Zitat werde mit einer bereits zuvor gebrachten vermeintlich eigenständigen, tatsächlich aber ebenfalls aus den Werken von Luhmann stammenden Folgerung verbunden. Auf den Bericht von Prof. Dr. S. (vgl. dort die Seiten 29 – 42) wird insoweit Bezug genommen.

Die auf den Seiten 75 – 76 der Dissertation dargestellte Freud-Rezeption ist, wie im Bericht von Prof. Dr. S. ebenfalls zu Recht beanstandet wird, fast vollständig aus nicht gekennzeichneten, identisch übernommenen oder geringfügig abgewandelten Textbausteinen aus der Schrift von Ernst Stadter (Psychoanalyse und Gewissen. Von der Stimme „Gottes“ zum „Über-Ich“, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1970) zusammengefügt worden. Stadter wird auch gar nicht im Literaturverzeichnis aufgeführt.

Zu Recht hat Prof. Dr. S. ferner gerügt, dass sich Seite 78 der Dissertation nahezu in Gänze als „Collage“ von solchen Textstellen erweist, die ohne Kennzeichnung aus den Werken von Josef Nuttin (Psychoanalyse und Persönlichkeit, Freiburg/Schweiz 1956), Gustav Bally (Einführung in die Psychoanalyse Siegmund Freuds, Hamburg 1974) sowie Jean Laplanche und Jean-Bertrand Pontalis (Das Vokabular der Psychoanalyse, 2 Bde., Frankfurt am Main 1972) übernommen wurden. Letzteres Werk wird ebenfalls nicht im Literaturverzeichnis aufgeführt.

Auf den Seiten 82 – 83 der Dissertation finden sich, wie im Bericht von Prof. Dr. S. zutreffend ausgeführt wird, über mehrere Abschnitte hinweg nicht kenntlich gemachte Übernahmen fast identischer oder sprachlich nur geringfügig veränderter Textpassagen aus einer Arbeit von Heinz Häfner (Das Gewissen in der Neurose, in: Handbuch der Neurosenlehre und Psychotherapie unter Einschluss wichtiger Grenzgebiete, hrsg. von Victor E. Frankl u.a., Bd. 2: Spezielle Neurosenlehre, München 1959, S. 692 – 726).

Seite 84 der Dissertation betrifft die Rezeption von Erik H. Erikson (Identität und Lebenszyklus, Frankfurt 1972). Diese umfasst, worauf Prof. Dr. S. zu Recht hinweist, nicht kenntlich gemachte wörtliche oder leicht angepasst übernommene Textbausteine aus einer Arbeit von Gerhard Klier (Gewissensfreiheit und Psychologie. Der Beitrag der Psychologie zur Normbereichsanalyse des Grundrechts der Gewissensfreiheit, Berlin 1978).

Auf den Seiten 90 – 94 der Dissertation finden sich, wie im Bericht von Prof. Dr. S. richtigerweise ausgeführt wird, nicht kenntlich gemachte, wörtlich übernommene oder sprachlich leicht angepasste Textpassagen und Textstellen aus den Werken von Henry Jacoby (Alfred Adlers Individualpsychologie und dialektische Charakterkunde, Frankfurt/Main 1974), Antoni J. Nowak (Gewissen und Gewissensbildung heute in tiefenpsychologischer und theologischer Sicht, Wien, Freiburg, Basel 1978) und Otto Baumhauer (Das Vor-Urteil des Gewissens, Limburg 1970), die allesamt Rezeptionen von Alfred Adler betreffen.

Die Seiten 101 – 105 weisen zahlreiche nicht kenntlich gemachte textidentische oder nur geringfügig abgewandelte Elemente aus der Arbeit von Jolande Jacobi (Der Weg zur Individuation, Zürich, Stuttgart 1965) auf. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im Bericht von Prof. Dr. S. (vgl. dort die Seiten 54 – 58) wird Bezug genommen.

Die Seiten 113 – 114 der Dissertation umfassen, wie von Prof. Dr. S. im Bericht zu Recht beanstandet wird, über mehrere Absätze hinweg und im Umfang einer vollen Seite weitgehend wörtlich übernommene oder leicht angepasste „Textbausteine“ aus dem Werk von Nowak (a.a.O.) in Bezug auf die Rezeption der Texte von Igor A. Caruso (Der Vorstoß ins Weltall als psychologisches Problem, in: „Der Psychologe“ 12, 11, 1960), wobei Nowak auf den vorgenannten Seiten nur in Bezug auf zwei kleinere Halbsätze als Autor zitiert wird.

Zutreffend weist Prof. Dr. S. ferner darauf hin, dass Seite 135 der Dissertation textidentisch übernommene oder leicht angepasste, teilweise voneinander getrennte und neu zusammengefügte Textpassagen aus dem Werk von Alfred L. Baldwin (Theorien primärer Sozialisationsprozesse, 2 Bde., Weinheim, Basel 1974) umfasst, die sich unmittelbar auf Piaget (= Originalquelle) beziehen. Baldwin wird lediglich als Urheber eines Satzes durch ein Zitat ausgewiesen.

Auf den Seiten 140 – 143 der Dissertation finden sich, was Prof. Dr. S. zutreffend rügt, nicht kenntlich gemachte vollständig übernommene oder leicht abgewandelte Textbausteine aus dem Werk von Fritz Oser (Das Gewissen lernen. Probleme intentionaler Lernkonzepte im Bereich der moralischen Erziehung, Olten, Freiburg 1976), die sich ebenfalls zu Piaget verhalten. Oser wird nur im Zusammenhang mit vereinzelten Textstellen als Autor, nicht aber auch als Ausgangsquelle im Übrigen benannt.

Der Text auf Seite 165 der Dissertation, der sich mit Kant auseinandersetzt (vgl. Ziffer 6. der Dissertation der Klägerin „Das Gewissen als Richter der Vernunft“), enthält über das korrekt ausgewiesene Zitat (Fußnote 4) hinaus weitere, nicht kenntlich gemachte Übernahmen aus einer Arbeit von Johannes Schwartländer (Der Mensch ist Person, Kants Lehre vom Menschen, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1968), in denen die Klägerin mit den von Schwartländer übernommenen Textpassagen eigenständige Überlegungen vorspiegelt. Ergänzend wird insoweit auf Seite 65 des Berichts von Prof. Dr. S. Bezug genommen.

Auf den Seiten 216 – 217 der Dissertation finden sich, wie Prof. Dr. S. weiter zu Recht moniert, erneut wörtlich übernommene oder sprachlich leicht angepasste Textbausteine aus dem Werk von Reinhold Mokrosch (Das religiöse Gewissen, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1979) in Bezug auf die Wiedergabe der Traditionsgeschichte des Gewissens als Gegenstand theologischer Reflexion. Mokrosch wird lediglich im Zusammenhang mit zwei wörtlichen Zitaten aus seinem Werk als Beleg aufgeführt.

Die Seiten 225 – 227 und 231 – 233 der Dissertation weisen in erheblichem Umfang (teilweise über mehrere Absätze hinweg im Umfang einer vollen Seite) nicht kenntlich gemachte wörtlich übernommene oder leicht abgewandelte „Textbausteine“ aus einer Arbeit von Alfons Auer (Autonome Moral und christlicher Glaube, in: Katechetische Blätter, Zeitschrift für Religionsunterricht, Gemeindekatechese, kirchliche Jugendarbeit, 102 [1977], S. 60 – 76) zum Verständnis der Moraltheologie in der Auseinandersetzung zwischen Vertretern einer Glaubensethik und einer autonomen Moral im christlichen Kontext auf. Verweise auf Auer als Autor erfolgen nur in Bezug auf vereinzelte Aussagen (vgl. S. 226, Fußnote 1) und in Bezug auf ein wörtliches Zitat (vgl. S. 227, Fußnote 2). Die Ausführungen auf Seite 231 der Dissertation, die fast vollständig textidentisch von Auer übernommen wurden, enthalten ebenso wie die auf Seite 232 abgehandelten und von Auer übernommenen Darlegungen zu den Positionen von Wilhelm H. van der Marck und Josef Fuchs keinerlei Nachweise auf das Werk von Auer. Auf den Bericht von Prof. Dr. S. (vgl. dort die Seiten 69 – 73) wird ergänzend Bezug genommen.

Seite 241 der Dissertation umfasst, worauf Prof. Dr. S. zu Recht hinweist, nicht kenntlich gemachte Übernahmen eines Textausschnitts und eines Zitats zu Bruno Schüller aus dem Werk von Wilhelm Korff (Kernenergie und Moraltheologie. Der Beitrag der theologischen Ethik zur Frage ethischer Kriterien allgemeiner Entscheidungsprozesse, Frankfurt a. M., 1979).

(3) Dritter Teil der Arbeit („Thesen zu einem pädagogischen Begriff des Gewissens und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung“), S. 254 – 335:

Auf den Seiten 259 – 260 folgt die Dissertationsschrift im Rahmen der Rezeption von Martin Buber (Ich und Du, in: Das dialogische Prinzip, Heidelberg 1973, S. 7 – 136) vollständig dem Aufbau und den Formulierungen in der Arbeit von Johannes Nosbüsch (Das Personenproblem in der gegenwärtigen Philosophie, in: Personale Erziehung. Beiträge zur Pädagogik der Gegenwart, hrsg. von Berthold Gerner, Darmstadt 1965, S. 33 – 88), ohne die jeweils übernommenen Textpassagen kenntlich zu machen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen von Prof. Dr. S. auf Seite 76 des Berichts wird ergänzend Bezug genommen.

Die Ausführungen auf den Seiten 279 – 280 der Dissertation weisen im Sinne von Prof. Dr. S. nicht kenntlich gemachte „Collagen aus Textbausteinen“ auf, die zunächst aus dem Werk von Johannes Stelzenberger (Das Gewissen. Besinnliches zur Klarstellung eines Begriffes, Paderborn 1961), zum weit überwiegenden Teil aber aus dem Werk von Alexander F. Schischkin (Das Gewissen, in: Das Gewissen in der Diskussion, hrsg. von Jürgen Blühdorn, Darmstadt 1976, S. 343 – 352) übernommen wurden. Zur weiteren Begründung nimmt die Kammer insoweit auf die Seiten 77 – 79 des Berichts von Prof. Dr. S. Bezug.

Zu Recht moniert Prof. Dr. S. weiter, dass die Seiten 296 – 297 der Dissertation nicht kenntlich gemachte, fast vollständig textidentische Übernahmen aus dem Werk von Dietmar Mieth (Normative Sittlichkeit und ethisches Lernen, in: Ethisch handeln lernen. Zu Konzeption und Inhalt ethischer Erziehung, hrsg. von Günter Stachel und Dietmar Mieth, Zürich 1978, S. 183 – 201) beinhalten, die sich zu Johannes Schwartländer verhalten. Die diese Passage beschließende Fußnote auf Seite 297 (Fußnote 1) signalisiert dagegen eine unmittelbare und eigenständige Rezeption Schwartländers durch die Klägerin.

Die Seiten 307 – 308 der Dissertation vermitteln, wie im Bericht von Prof. Dr. S. zutreffend ausgeführt wird, den Eindruck, dass die relevante und in den Fußnoten aufgeführte Literatur in Bezug auf den Text eigenständig rezipiert wurde. Tatsächlich wurden die zitierten Begriffsprägungen ebenso wie die entsprechenden Nachweise in den Fußnoten und auch die auf Seite 308 dargestellten Textausschnitte ohne dies kenntlich zu machen vollständig aus dem Werk von Antoni J. Nowak (a.a.O.) übernommen. Hinsichtlich der im Fließtext übernommenen Bezugnahme auf Griesl fehlt es darüber hinaus gänzlich an einem bibliographischen Nachweis. Seine Arbeit ist auch im Literaturverzeichnis nicht aufgeführt.

Auf den Seiten 312, 315, 316 und 322 der Dissertation finden sich nicht kenntlich gemachte Übernahmen von textidentischen oder leicht abgewandelten Stellen aus dem Werk von Lutz Hupperschwiller (Gewissen und Gewissensbildung in jugendkriminologischer Sicht, Stuttgart 1970), die sich zu S. Freud., H. Roth, H. Zulliger, E. Hapke und Igor A. Caruso verhalten und, wie Prof. Dr. S. in seinem Bericht zu Recht ausführt, den Anschein einer eigenständigen Leistung der Klägerin erwecken.

Die gegen die Annahme einer Täuschungshandlung gerichteten Einwände der Klägerin greifen nicht durch. Sie sind schon sämtlich nicht schlüssig, weil sie inhaltlich den Kern der der Klägerin zum Vorwurf gemachten Täuschungshandlungen nicht treffen.

Rechtlich unerheblich ist, dass die Klägerin die meisten der betroffenen Werke, aus denen sie Textpassagen wortgleich oder leicht abgewandelt übernommen hat, in das Literaturverzeichnis aufgenommen hat. Denn es entspricht der wissenschaftlichen Redlichkeit, dass etwaige Übernahmen von anderen Autoren bei den jeweiligen Textstellen als Zitate oder auf andere geeignete Weise kenntlich gemacht werden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. August 2010, 14 A 847/09, m. w. N., juris (Rdnr. 18); vgl. ferner VG Karlsruhe, Urteil vom 4. März 2013, 7 K 3335/11, m. w. N., juris (Rdnr. 78), VG Frankfurt, Urteil vom 23. Mai 2007, 12 E 2262/05, juris (Rdnr. 14).

Der Fakultätsrat ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass sich die von ihm zugrunde gelegten Anforderungen, dass jeder Gedankengang und jede Fußnote, die nicht aus eigener gedanklicher Leistung, sondern von dem Werk eines anderen herrühren, sowie sämtliche aus fremden Werken wörtlich übernommenen oder ähnlichen Textpassagen als solche kenntlich zu machen sind und auch indirekte, umschreibende Fremdtextwiedergaben (Paraphrasierung) so deutlich gemacht werden müssen, dass der Leser an jeder Stelle weiß, wer zu ihm spricht.

Vgl. zu den Anforderungen: OVG NRW, Urteil vom 20. Dezember 1991, 15 A 77/89, a. a. O.

Die Rechtmäßigkeit dieser Anforderungen wird von der Klägerin nicht substantiiert in Frage gestellt.

Die Behauptung der Klägerin, die von ihr in der Dissertation praktizierte Vorgehensweise habe der üblichen Zitierweise in den 80er Jahren entsprochen, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits rechtlich unerheblich, weil eine solche Zitierpraxis unter Berücksichtigung der sich allein aus dem Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit ergebenden Anforderungen an den Nachweis der Eigenständigkeit wissenschaftlichen Arbeitens rechtswidrig gewesen wäre. Auf die insoweit von der Klägerin mit dem Beweisantrag zu 1.) und den ergänzenden schriftsätzlichen Beweisanregungen begehrte Sachaufklärung dazu, dass die von ihr praktizierte Methode zum Nachweis von Literatur üblich gewesen sei, kam es und kommt es daher offenkundig ebenso wenig an, wie darauf, dass sich in den 80er Jahren ein als verbindlich angesehener Standard, der die von ihr praktizierte Darstellungsweise ausgeschlossen habe, nicht etabliert habe.

Daran ändert auch die diese Behauptung der Klägerin stützende Stellungnahme des emeritierten Professors für Philosophie an der Universität C2. , M. I1. , nichts, der zufolge in den Fächern der Erziehungswissenschaften in den 80er Jahren eine Praxis der Quellenverweise als geläufig zu beobachten gewesen sei, bei der nur summarisch verfahren worden sei in der Annahme, für den fachkundigen Leser habe kein Zweifel daran bestanden, dass sich auch die dem kenntlich gemachten wörtlichen Zitat voraufgehende und folgende Paraphrase auf diesen Autor beziehe. Abgesehen davon, dass diese Verfahrensweise ohnehin nicht alle in der Dissertation der Klägerin beanstandeten Befundstellen abdecken würde, da die Klägerin mehrfach auch ohne Bezug zu irgendeinem wörtlichen Zitat Textstellen aus der Sekundärliteratur übernommen hat (vgl. etwa auf S. 75 – 76, S. 78, S. 297 und S. 308 der Dissertation), und abgesehen davon, dass bei etlichen Befundstellen zwischen dem wörtlichen Zitat und den übernommenen Textstellen schon wegen des erheblichen Umfangs der Paraphrasen kein unmittelbarer Bezug mehr zwischen dem wörtlichem Zitat und der Paraphrase festzustellen ist (vgl. etwa S. 26 und S. 50 – 51 der Dissertation ), redet I1. in seiner Stellungnahme etwaigen Verstößen gegen die wissenschaftliche Redlichkeit in Gestalt der von der Klägerin reklamierten Vorgehensweise das Wort, in dem er vom „Verschleierungszitat“ (also einer Textstelle, die erkennbar von einer fremden Quellen abstammt, aber umformuliert und weder als Paraphrase noch als Zitat erkennbar gemacht worden ist) bis hin zur „Bauernopferreferenz“ (bei der zwar eine Fußnote eingefügt wird, der übernehmende Autor den Leser jedoch über den Umfang der Übernahme im Unklaren lässt),

vgl. zum Begriff „Bauernopfer“: Weber-Wulff, Technische Möglichkeiten der Aufdeckung von Plagiaten – Was kann, wie und durch wen kontrolliert werden, in: Plagiate, Wissenschaftsethik und Recht, hrsg. von Thomas Dreier und Ansgar Ohly, Tübingen 2013, unter Hinweis auf Lahusen, Goldene Zeiten – Anmerkungen zu Hans-Peter Schwintowski, Juristische Methodenlehre, UTB basics Recht und Wirtschaft, 2005, KJ 2008, 398, 405,

Arbeitsmethoden als wissenschaftsadäquat rechtfertigt, die das Vortäuschen der Eigenständigkeit einer wissenschaftlichen Leistung erlauben.

Im Übrigen bestehen auch keine verifizierbaren Anhaltspunkte für die Annahme, dass gerade für das Fach Erziehungswissenschaften an der philosophischen Fakultät der beklagten Universität etwas anderes gegolten habe. Vielmehr sprechen alle Umstände auch hier für eine umfassende Kennzeichnungspflicht im Sinne der eingangs dargestellten Anforderungen. So heißt es etwa in den in einer Schrift von Wolfgang Kramp von 1978 (Düsseldorfer Materialien zum Studium der Erziehungswissenschaften) enthaltenen Hinweisen zur Literaturverarbeitung in Seminar-Arbeiten, deren Mitverfasser der für die Dissertation der Klägerin zuständige Erstgutachter (bzw. Referent) Prof. Dr. X. war, unter Ziffer 6.) zur Wiedergabe sinngemäßer Zitate:

„… Wenn man längere Ausführungen eines Autors zusammenfassend wiedergeben will, kommt an Stelle eines wörtlichen nur ein sinngemäßes Zitat, das man in eigene Worte fassen muss, in Frage. Jedes sinngemäße Zitat muss genauso wie ein wörtliches Zitat mit einer genauen Quellenangabe versehen werden. …“,

und unter Ziffer 9.) zu Quellenangaben bei Zitaten aus erster und zweiter Hand:

„… Zitiert wird grundsätzlich der Originaltext, nicht die Sekundärschrift, aus der u.U. das Zitat entnommen ist. Kann der Originaltext nicht eingesehen werden, so schreibt man bei Verwendung des MLA-Zitiersystems: „…“ (Goffman 1959, S. 145 f ; zit. nach Cicourel 1974, S. 98 f); entsprechend verfährt man auch bei Quellenangaben in Fußnoten oder Anmerkungen. …“.

Es unterliegt aus Sicht der Kammer keinem Zweifel, dass auch seinerzeit die Anforderungen an die Darstellungs- und Zitierweise in einer Dissertation nicht unterhalb derjenigen Anforderungen gelegen haben, die an die Anfertigung einer Seminararbeit gestellt wurden.

Ungeachtet dessen spricht gegen die Behauptung der Klägerin, ihr Vorgehen habe den Anforderungen an die Zitierweise zum Zeitpunkt der Erstellung der Dissertation entsprochen, schließlich auch, dass sie in ihrer Arbeit an den nicht beanstandeten Stellen im Einklang mit den vorbeschriebenen Regeln zitiert. Das gilt sowohl für die Kennzeichnung unmittelbar wörtlicher oder sinngemäßer Übernahmen (vgl. etwa den ersten Absatz auf S. 279 und Fußnote 2 auf S. 280), als auch für die Kennzeichnung der Übernahme von Zitaten aus Zitaten in den Werken Dritter (vgl. etwa auf S. 46 sowie ähnlich auf S. 53, 54, 55, 160, 165, 223, 266, 280, 289, 295 und 322), sowie für die Kennzeichnung der Übernahme von Literaturangaben aus den Werken Dritter (vgl. etwa Fußnote 4 auf S. 279 der Dissertation).

Rechtlich unerheblich ist schließlich, ob es in der Vergangenheit an der Philosophischen Fakultät der beklagten Universität bei der Anfertigung von Dissertationen zu Verstößen gegen das Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit gekommen ist, die in rechtswidriger Weise unbeanstandet geblieben sind. Auf eine Gleichbehandlung im Unrecht kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen.

Ob die Klägerin, wie sie weiter behauptet, die von ihr benannten Quellen der Primärliteratur tatsächlich selbst überprüft hat oder nicht und ob sie die Werke in ihrer Bibliothek vorhält, ist ebenfalls rechtlich ohne Bedeutung. Der Vortrag geht in der Sache am objektiven Gehalt des Täuschungsvorwurfs vorbei, der beinhaltet, dass die Klägerin ihre Entlehnungen aus der Sekundärliteratur zwecks Darstellung der Erkenntnisse zu der Primärliteratur, wie bereits dargelegt, in ihrer Dissertation nicht durchweg hinreichend kenntlich gemacht hat. Dass die Klägerin insbesondere in Bezug auf die den zweiten Teil der Dissertation betreffenden Befunde und die von ihr dort dargestellten „Theorien des Gewissens“ keine eigenen Lösungen präsentiert, sondern lediglich fremdes Wissen rezipiert, ist für die Frage, ob eine Täuschungshandlung vorliegt, ebenfalls irrelevant und bedarf keiner weiteren Sachaufklärung. Denn auch der Reproduktion bzw. der Paraphrasierung fremder Texte liegt stets eine fachlich wertende wissenschaftliche Leistung zu Grunde, die darin besteht, wie die Inhalte erfasst und komprimiert wiedergegeben werden. Mithin unterliegt auch die Verwendung solcher fremd erstellten Reproduktionen und Paraphrasierungen genauso den wissenschaftlichen Zitierregeln, wie die Schöpfung eines gänzlich neuen Inhalts.

Vgl. VG Köln, Urteil vom 6. Dezember 2012, 6 K 2684/12, juris (Rdnr. 20), vgl. ferner VG Münster, Urteil vom 20. Februar 2009, 10 K 1212/07, juris (Rdnr. 24), nachgehend OVG NRW, Beschluss vom 12. August 2010, 14 A 847/09, juris.

Es ist ferner rechtlich unerheblich, ob von der Klägerin, wie sie unterstützt durch die von ihr hierzu vorgelegten Stellungnahmen von I3. G. und I2. -F. U. moniert, eine Erarbeitung des interdisziplinären beschreibenden zweiten Teils der Arbeit allein aus der jeweiligen Primärliteratur nicht erwartet werden konnte. Der Vortrag geht auch hier am Kern des Täuschungsvorwurfs vorbei. Maßgeblich ist insoweit ausschließlich, ob und inwieweit die der Sekundärliteratur entnommenen Paraphrasen, die sich zu den Primärquellen verhalten, als solche kenntlich gemacht worden sind. Fehlt es, wie hier, an einer solchen Kenntlichmachung und bezieht sich die Klägerin auf eine Primärquelle, deren Inhalt und / oder Deutung sie letztlich aus einer nicht nachgewiesenen Sekundärquelle abschreibt, täuscht sie. Dabei muss der Rückgriff auf Sekundärliteratur auch nicht lediglich im Grundsatz offen gelegt werden, sondern immer, also in jedem Einzelfall, in dem Sekundärliteratur gedanklich bzw. sinngemäß oder wörtlich übernommen wird. Unerheblich ist daher auch, ob und gegebenenfalls inwieweit sich eine von der Klägerin verwendete Textaussage bereits aus der angegebenen Primärquelle erschließt. Entscheidend ist lediglich, dass sie Passagen wörtlich oder leicht abgewandelt ohne entsprechenden Nachweis der „Zwischenquelle“ übernommen hat, ohne diese Fremdleistung erkennbar zu machen.

Rechtlich bedeutungslos ist auch der Einwand der Klägerin, die Darstellung des „Zeckenbeispiels“ von Uexküll (vgl. Fußnote 1 auf S. 26 der Dissertation) habe seinerzeit zum Standardwissen in den Erziehungswissenschaften gehört. Selbst wenn es sich hierbei um selbstverständliches Allgemeinwissen der Erziehungswissenschaften gehandelt haben sollte, ändert dieser Umstand nichts daran, dass sich das „Zeckenbeispiel“ in der von der Klägerin in ihrer Dissertation geschilderten Fassung in dieser konkreten Form gerade nicht in der Originalquelle wiederfindet, sondern so einer von ihr an dieser Stelle nicht kenntlich gemachten Sekundärquelle entnommen worden ist. Auf die von der Klägerin angeregte Sachaufklärung dazu, dass es sich bei dem „Zeckenbeispiel“ um erziehungswissenschaftliches Allgemeinwissen gehandelt habe, kommt es daher ebenso wenig an wie darauf, ob die Wiedergabe dieses Standardbeispiels in ihrer Dissertation eine wissenschaftliche Leistung darstellt.

Soweit die Klägerin in Bezug auf die die Seiten 225 ff der Dissertation betreffenden Befundstellen (hier die Übernahme von Textpassagen aus der Arbeit von Alfons Auer, a.a.O.), geltend macht, das Thema (Verständnis der Moraltheologie) sei Gegenstand der Vorlesungen bei Franz Böckle sowie zahlreicher Buchveröffentlichungen gewesen, außerdem entsprächen ihre Formulierungen an vielen Stellen der damaligen moraltheologischen Literatur und gehörten gleichsam zum Allgemeingut der Moraltheologie dieser Zeit, verfehlt auch dieser Einwand den Kern der Täuschungsvorwürfe. Die Abhängigkeit der beanstandeten Textpassagen von den von Alfons Auer (a.a.O.) gewählten Formulierungen, dessen Text die Klägerin teilweise wörtlich übernommen oder leicht angepasst bzw. teilweise zerlegt und neu arrangiert hat, wird damit nicht etwa widerlegt, sondern im Gegenteil von der Klägerin der Sache nach eingeräumt.

Dass einzelne Autoren (zum Beispiel Stadter und Fend) sich durch das Nichtzitieren ihrer Werke in der Dissertation der Klägerin nicht nachteilig betroffen fühlen, ist für die hier allein entscheidende Frage, nämlich ob die Klägerin getäuscht hat, offensichtlich ebenfalls irrelevant.

bb) Nicht zu beanstanden ist aus Rechtsgründen auch, dass der Fakultätsrat die Täuschungshandlung als erheblich angesehen hat und davon ausgegangen ist, dass kein Bagatellfall vorliegt.

Hinsichtlich der Frage, ob eine erhebliche Täuschungshandlung oder nur ein Bagatellfall vorliegt, verbleibt dem zuständigen wissenschaftlichen Gremium ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum. Zwar obliegt diesem im „Aberkennungsverfahren“ keine fachlich (neue) Beurteilung der Dissertation als Prüfungsleistung. Ein Beurteilungsspielraum besteht aber hinsichtlich des Umfangs oder des Gewichts eines Plagiats und des Ausmaßes der damit verbundenen Schädigung der öffentlichen Interessen.

Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. April 2000, 9 S 2435/99, a. a. O.

Die Beurteilung dieser nach den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls nach prüfungsrechtlichen Gesichtspunkten zu beantwortenden Fragen hat der Satzungsgeber in § 20 PromO bewusst dem Fakultätsrat als wissenschaftlichem Gremium zugewiesen. Innerhalb dieses Beurteilungsspielraums ist die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung beschränkt, ob die getroffene Entscheidung gegen das Willkürverbot verstößt oder von sachfremden Erwägungen getragen wird.

Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. April 2000, 9 S 2435/99, a. a. O.; vgl. ferner im Rahmen eines Überblicks über die Rechtsprechung: Schroeder, Die Entziehung des Doktorgrades wegen Täuschung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, a. a. O.; vgl. ferner zu den Grenzen des Beurteilungsspielraums im Prüfungsrecht allgemein: Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rdnr. 639 ff.

Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Willkürverbot oder aber dafür, dass der Verneinung eines Bagatellfalls durch den Fakultätsrat sachfremde Erwägungen zugrunde gelegen hätten, sind nicht ersichtlich.

Der Fakultätsrat hat seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass für die Beurteilung der Frage, ob die Täuschungshandlung der Klägerin erheblich ist, maßgeblich auf die Quantität und Qualität der aufgedeckten Befunde abzustellen ist.

Rechtlich nicht zu beanstanden ist insoweit, dass der Fakultätsrat unter Berücksichtigung der Anzahl der Täuschungsverstöße in der Dissertation, die laut Bericht von Prof. Dr. S. insgesamt 60 Befunde betreffen, in der Gesamtschau davon ausgegangen ist, dass damit quantitativ die Bagatellgrenze überschritten wird. Denn in der Sache zutreffend hat er dabei darauf abgestellt, dass die vorgenannten Befundstellen alle drei Teile der Arbeit betreffen, sich jeweils mindestens über mehrere Zeilen, wenn nicht sogar über mehrere Seiten erstrecken und sich auf eine Vielzahl von Werken verschiedener Autoren beziehen. Dass die Dissertation seiner Meinung nach in erheblichem Umfang Verstöße gegen das Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit enthält, hat der Fakultätsrat damit in sich schlüssig und nachvollziehbar begründet.

Aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu beanstanden ist ferner, dass der Fakultätsrat darauf abgestellt hat, die Befunde beträfen auch in qualitativer Hinsicht wesentliche Teile der Arbeit. Ohne erkennbare Rechtsfehler hat er dabei angenommen, dass dem zweiten Teil der Dissertation, in dem sich die festgestellten Täuschungsbefunde schwerpunktmäßig finden und in dem die verschiedenen „Theorien des Gewissens“ vorgestellt werden, keine nur untergeordnete wissenschaftliche Bedeutung zukommt. Seine diesbezügliche Begründung, das zweite Kapitel, das schon von seinen Ausdehnungen her einen Großteil der Arbeit einnehme, bilde auch inhaltlich ein Kernelement der Arbeit, deren Anspruch gerade darin gelegen habe, sich dem Thema vergleichend aus der Perspektive unterschiedlicher Disziplinen und ihrer Methoden zu nähern, ist plausibel und daher rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit er außerdem die korrekte Aufbereitung des Materials, seine Einordnung und wechselseitige Zuordnung sowie das Verständnis der unterschiedlichen – teils disparaten – Sichtweisen als einen wesentlichen Teil der spezifischen Promotionsleistung der Klägerin angesehen hat, ist dies nachvollziehbar. Denn auch die komprimierte Darstellung der Theorien und die Gewinnung gedanklicher Schlussfolgerungen auf der Grundlage von Auffassungen anderer Wissenschaftler, die Strukturierung und Gewichtung dieser Schlussfolgerungen sowie ihre sprachliche Umsetzung in einen wissenschaftlichen Text stellen eigenständige wissenschaftliche Leistungen dar.

Die Bedeutung des dies leistenden zweiten Kapitels der Dissertation der Klägerin hat der Fakultätsrat dabei rechtsfehlerfrei aus den Stellungnahmen der Gutachter (bzw. Referenten) des seinerzeitigen Promotionsverfahrens entnommen. Wie sich aus diesen Stellungnahmen ergibt, wurde gerade der abgewogenen Darstellung und Interpretation der Primärquellen durch die Klägerin im Rahmen der theoretischen Synthese – und insoweit dem Mittelteil ihrer Dissertation (Theorien über das Gewissen) – eine zentrale Bedeutung für ihre Befähigung zum wissenschaftlichen Arbeiten und die Qualität ihrer schriftlichen Promotionsleistung beigemessen.

Im Gutachten des Erstgutachters (bzw. Referenten) Prof. Dr. X. heißt es hierzu wörtlich:

„…Der zweite, weitaus umfangreichste Teil der Arbeit leistet eine ausgreifende Orientierung über Gewissenstheorien, wie sie von verschiedenen Disziplinen in unterschiedlicher Form und Absicht vorgelegt wurden. […] Das Spektrum der vorgestellten Theorien über das Gewissen ist breit und vermag umfassend zu orientieren. […] Die zehn Kapitel dieses zweiten Teils stellen durchweg die Fähigkeit der Verfasserin unter Beweis, unterschiedliche theoretische Konzepte auf den wesentlichen Kern zu bringen; dabei wird die Verfasserin in ihren Darlegungen der z.T. höchst unterschiedlichen Terminologien der Theorien gerecht, ohne dass dabei die gesamte Arbeit an durchgängiger Lesbarkeit verliert […] eine jeweils stimmige Leistung…“

Auch der Zweitgutachter (bzw. Korreferent) Prof. Dr. I. hebt in seinem Gutachten hervor, dass „vor allem der umfangreiche Mittelteil `Theorien des Gewissens´ von zentraler Bedeutung“ sei, „die Ausbreitung einer Reihe von Gewissenstheorien […] der Untersuchung ein hohes Maß an sachlicher Korrektheit“ gebe, „die Einbindung der hier vorliegenden Fragestellung in Nachbardisziplinen wie Philosophie und Psychologie“ deutlich werde und „der Aufbereitung der einzelnen Gewissenstheorien […] ein Bearbeitungsschema zugrunde“ liege, „das die Lesbarkeit“ fördere „und der Vergleichbarkeit der einzelnen Ansätze“ diene.

Angesichts dessen kann offen bleiben, ob allein schon die von der Klägerin aus der Arbeit von Ernst Stadter (Psychoanalyse und Gewissen) auf den Seiten 75 und 76 der Dissertation übernommenen und nicht kenntlich gemachten Textpassagen dazu führen könnten, von einer erheblichen Täuschungshandlung auszugehen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. August 847/09, juris (Rdnr. 22) zur Täuschungssanktion und Verhältnismäßigkeit bei einem Plagiat über 1 1/3 Seiten bei einer 47-seitigen Arbeit.

b) Die Klägerin hat durch ihre Verfahrensweise bei den seinerzeitigen Gutachtern (bzw. Referenten) sowie bei den übrigen an der Promotionsentscheidung beteiligten Mitgliedern der Fakultät auch einen Irrtum erregt.

Irrtum ist jeder Widerspruch zwischen einer subjektiven Vorstellung und der Wirklichkeit. Die Erregung bzw. Hervorrufung eines Irrtums setzt voraus, dass die Fehlvorstellung des Getäuschten durch die Täuschungshandlung begründet wird.

Vgl. Fischer, Kommentar zum StGB, 61. Aufl. 2014 (Fischer), § 263 Rdnr. 54 und 64.

Zur Überzeugung der Kammer steht auch ohne die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung, wie sie von der Klägerin mit dem Beweisantrag zu 2.) und den entsprechenden Beweisanregungen beantragt worden ist, fest, dass die Klägerin im Sinne der vorbezeichneten Definition dadurch, dass sie in ihrer Dissertation schriftlich in den vom Fakultätsrat beanstandeten Passagen Gedanken anderer Autoren aufgenommen hat, ohne dies (hinreichend) kenntlich zu machen, bei dem vorgenannten Personenkreis die tatsächlich fehlerhafte Vorstellung herbeigeführt hat, auch diese Textstellen seien von ihr im Sinne der eidesstattlichen Erklärung ohne Hilfsmittel verfasst worden und damit das Ergebnis einer eigenständigen wissenschaftlichen Leistung. Denn es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die seinerzeitigen Gutachter (bzw. Referenten) die Annahme der Dissertation der Klägerin in der vorgelegten Form empfohlen hätten, wenn ihnen bekannt gewesen wäre, dass die Klägerin dem Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit und ihrer eidesstattlichen Erklärung zuwider in ihrer Arbeit im vorbezeichneten Umfang sowohl andere als die von ihr in den Fußnoten angegebenen Quellen verwendet als auch wörtliche oder sinngemäße Übernahmen als solche nicht gekennzeichnet hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Zeitungsartikel vom 16. Dezember 2012 (XX Online). Dass sich der seinerzeitige Erstgutachter (bzw. Referent) Prof. Dr. X. danach nicht vorstellen kann, dass die Klägerin getäuscht hat, belegt im Gegenteil, dass er von der der Klägerin zum Vorwurf gemachten plagiierenden Verfahrensweise gerade keine Kenntnis hatte. Für die Berechtigung des andernfalls den Gutachtern (bzw. Referenten) gegenüber zu erhebenden Vorwurfs, sie hätten rechtswidrig, wenn nicht sogar in kollusivem Zusammenwirken mit der Klägerin, deren Arbeit in Kenntnis um die Verstöße gegen das Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit angenommen, spricht ebenfalls nichts.

Abgesehen davon wäre es aber auch rechtlich unerheblich und bedurfte auch deshalb keiner weiteren Sachaufklärung, wenn, wie die Klägerin behauptet, die Gutachter (bzw. Referenten) Kenntnis von den Übereinstimmungen der Arbeit mit den von der Klägerin an den beanstandeten Stellen nicht gekennzeichneten Sekundärquellen gehabt hätten bzw. dem Umstand, dass die Klägerin aus der Sekundärliteratur Quellen der Primärliteratur übernommen hat, ohne diese entsprechend zu kennzeichnen, keine Bedeutung beigemessen haben sollten. Weder substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich ist nämlich, dass dieser Umstand allen am Promotionsverfahren beteiligten Mitgliedern der Fakultät bekannt gewesen ist. Denn ein durch die Täuschungshandlung hervorgerufener Irrtum liegt auch bereits dann vor, wenn nur einzelne Amtswalter, die an der Entscheidung maßgeblich beteiligt waren, irregeführt worden sind.

Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 20. Dezember 1991, 15 A 77/89, a .a. O., juris (Rdnr. 25)

Für die Frage nach dem ursächlichen Zusammenhang zwischen der Täuschung und dem Irrtum ist es schließlich unerheblich, ob die Dissertation der Klägerin ohne die diskreditierten Textstellen noch eine eigenständige wissenschaftliche Leistung darstellt (die gegebenenfalls mit einer schlechteren Note hätte bewertet werden können), und ob ohne die beanstandeten Stellen bzw. bei korrekter Zitierung die Promotionsleistung der Klägerin angenommen und der Doktorgrad hätte verliehen werden können. Die Kammer folgt insoweit den Rechtsausführungen des VGH Baden-Württemberg,

vgl. Urteil vom 19. April 2000, 9 S 2435/99. juris (Rdnr. 25),

in denen es unter Hinweis auf die Senatsentscheidung vom 18. November 1980, IX 1302/78, [ESVGH 31, 54 (57)] heißt:

„… Auszugehen ist von der konkreten Identität der vorgelegten Arbeit. Es ist für die Frage der Ursächlichkeit nicht von Bedeutung, ob dem Kläger für eine andere Arbeit, als er sie tatsächlich vorgelegt hat, der Doktorgrad verliehen worden wäre, und erst recht nicht, ob der Anteil selbständiger Eigenleistung an seiner Dissertation mit irgend einer – auch einer schlechteren – Note hätte bewertet werden können. Die Dissertation ist ein Form- und Sinnganzes, das der zuständigen Fakultät zur Bewertung vorliegt. Sie soll beweisen, dass der Bewerber selbständig wissenschaftlich arbeiten kann. […] Diesen Beweis kann sie nur als eigenständige – inhaltliche und formale – Gesamtleistung erbringen. Die Arbeit wird so, wie sie vom Bewerber vorgelegt worden ist, entweder angenommen oder abgelehnt oder mit bestimmten Änderungen angenommen. […] Eine hypothetische Beurteilung einer in dieser Form und mit diesem Inhalt nicht vorgelegten Arbeit ist nicht möglich; denn sie würde eine gedankliche Äußerung des Bewertungsgegenstandes voraussetzen, die auf den Beurteiler und nicht auf den Urheber des Bewertungsgegenstandes zurückgeht. Das gilt selbst für die Beantwortung der […] Frage, was geschehen wäre, `wenn der Kläger die Arbeit […] ordnungsgemäß zitiert hätte´. Denn es lässt sich nicht unterstellen, dass der Kläger eine in dieser Form gedachte Arbeit überhaupt noch mit gleichem Text vorgelegt hätte oder hätte vorlegen können. […]“

Die vorbezeichneten Erwägungen gelten auch für die streitgegenständliche Dissertation der Klägerin.

c) Die Klägerin hat auch zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt.

Vgl. dazu, dass bedingter Vorsatz genügt: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. April 2000, 9 S 2435/99, juris (Rdnr. 24), ferner VG Frankfurt, Urteil vom 23. Mai 2007, 12 E 2262/05, juris (Rdnr. 15) und BayVGH, Urteil vom 4. April 2006, 7 BV 05.388, juris (Rdnr. 13).

Danach muss der Täuschende zumindest billigend in Kauf nehmen, dass bei dem Getäuschten ein Irrtum hervorgerufen wird.

Vgl. Fischer, a. a. O., § 263 Rdnr. 180.

Diese Voraussetzung liegt hier vor.

Die Klägerin hat bei der Anfertigung ihrer Dissertation zumindest zustimmend akzeptiert und damit billigend in Kauf genommen, dass die von ihr vorgelegte schriftliche Promotionsleistung durch die Gutachter (bzw. Referenten) und sonstigen promotionsberechtigten Mitgliedern der Fakultät durchgängig, soweit sie keine anderen Quellen angeführt hat, als gedanklich eigenständige von ihr verfasste wissenschaftliche Leistung begutachtet worden ist. Dies ergibt sich ohne Weiteres aus dem wiederholten Zuwiderhandeln gegen das Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit, obwohl sie sich zu dessen Einhaltung durch die von ihr unterschriebene eidesstattliche Versicherung ausdrücklich verpflichtet hatte.

Dem kann die Klägerin auch nicht entgegenhalten, die aufgedeckten Übereinstimmungen erklärten sich daraus, dass sich die Art und Weise, wie die betroffenen Textpassagen gestaltet bzw. abgesetzt worden seien, durch Verwendung derselben Primärquellen sozusagen zwangsläufig ergeben hätten, weil sie gewissermaßen parallel zu den Sekundärquellen vorgegangen sei, dabei auf dieselben Primärquellen gestoßen sei und durch deren Auswertung im Wortlaut und in der Syntax unvermeidbar gleich- oder ähnlich lautende Textpassagen produziert habe, wie sie in den (von ihr nicht) zitierten Sekundärquellen zu finden seien. Selbst wenn sich derartige inhaltliche Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten ergeben sollten, was die Kammer ausdrücklich nicht ausschließt, wären sie kein Beleg dafür, dass die Klägerin durch eigenständige Wiedergabe dieser Primärquellen nur zufällig bzw. zwangsläufig zu ihrer Art der Darstellung gekommen ist. Denn die in der Dissertation der Klägerin durch Prof. Dr. S. aufgedeckten, nicht hinreichend gekennzeichneten Textstellen lassen sich in ihrer Gesamtheit nach dem Eindruck der Kammer nicht anders erklären, als dass die Klägerin gezielt mit von ihr nicht genannten und aufgeführten Sekundärquellen gearbeitet und ihre textliche Übernahmen hieraus insoweit bewusst verschleiert hat. Die in Bezug auf die übernommenen Textstellen vorgenommenen Umformulierungen und Umstellungen der Syntax (vgl. beispielsweise die Textpassage auf S. 45 der Dissertation „…Nach Durkheim lebt der Mensch durch Triebe ständig bedrängt von Natur aus in einem instabilen Zustand. Erst durch soziale Normen und Werte erfährt sein Streben Begrenzung und Zielsetzung und werden die Triebe und Wünsche der Mitglieder einer Gesellschaft in realisierbare Bahnen gelenkt. Die Reichweite möglicher Verhaltensweisen wird durch die moralische Ordnung als dem umfassenden System von Verboten und Geboten bestimmt…“, die ohne Kennzeichnung aus dem Werk von Helmut Fend, Sozialisierung und Erziehung, S. 28 – 30 übernommen wurde, wo es heißt: „…Der Mensch lebt nach Durkheim von Natur aus in einem unstabilen Zustand, in dem er von Trieben bedrängt wird. […] Eine Begrenzung und Zielsetzung erfolgt aber durch soziale Normen und Werte. Durch sie werden die Triebe und Wünsche der Mitglieder einer Gesellschaft in realisierbare Bahnen gelenkt. Eine moralische Ordnung ist für Durkheim ein umfassendes System von Verboten und Geboten. Ihr Ziel ist es, die Reichweite der möglichen Verhaltensweisen zu begrenzen…“), die Verwendung von Synonymen (vgl. beispielsweise auf S. 83 der Dissertation „…Versagung von Bedürfnisbefriedigung…“ statt nach Häfner, Das Gewissen in der Neurose, S. 702, „…Versagung primitiver Bedürfnisse…“, sowie auf S. 92 der Dissertation „…die Genese eines Menschen…“, statt nach Nowak, Gewissen und Gewissensbildung, S. 31 – 32, „…die Geschichte eines Menschen…“) sowie einzelne Auslassungen (vgl. z.B. auf den S. 75 – 76, S. 105 der Dissertation u. a.) lassen ebenfalls keinen anderen Schluss zu als den einer gezielten Auswertung und Verwendung von Sekundärquellen durch die Klägerin. Dem hat die Klägerin letztlich substantiiert nichts entgegengesetzt. Sie behauptet lediglich pauschal für die Fälle, in denen sie Zitatfehler einräumt, diese beruhten jeweils auf einem Versehen im Sinne von Fahrlässigkeit. Angesichts der dargestellten Art und Weise ihrer Befassung mit den nicht kenntlich gemachten Sekundärtexten bzw. Textstellen ohne hinreichende Quellenangabe kann jedoch von einem bloß versehentlichen Verstoß gegen das Redlichkeits- und Zitiergebot nicht die Rede sein. Auch der Hinweis der Klägerin, etwaige von ihr nicht kenntlich gemachte Rezeptionsleistungen Dritter, auf die sie sich bei der Abfassung der Dissertation gestützt habe, seien auf die damals übliche und fehleranfällige Arbeitsweise („Zettelkasten“) zurückzuführen und stellten bloße „handwerkliche“ Fehler dar, entlastet sie nicht. Es ist zwar grundsätzlich denkbar, fehlerhafte Zitierungen als bloße Zitierfehler außer Acht zu lassen. Der hier zu verzeichnende Täuschungsbefund und der dabei deutlich werdende Umgang der Klägerin mit den von ihr benutzten, aber nicht kenntlich gemachten Sekundärquellen, bei denen sie Formulierungen entweder wörtlich übernommen oder nur in Details verändert hat, indem sie Sätze umgestellt, Begriffe durch Synonyme ersetzt hat usw., spricht allerdings dagegen, dass die beanstandeten Textpassagen auf bloßen „Montagefehlern“ oder einer ungenauer Arbeitsweise beruhen. Das gilt erst recht für die von der Klägerin aus dem Werk von Ernst Stadter übernommenen Textpassagen (vgl. S. 75 – 76 der Dissertation), dessen Arbeit sie auch im Literaturverzeichnis nicht angeführt hat.

d) Ist damit der Tatbestand des § 20 Satz 1 PromO erfüllt, hält die zu Lasten der Klägerin getroffene, in das Ermessen des Fakultätsrats gestellte Entscheidung, die Promotionsleistung nachträglich für ungültig zu erklären, der gemäß § 114 Satz 1 VwGO auf eine reine Rechtskontrolle beschränkten gerichtlichen Überprüfung ebenfalls stand. Das Gericht prüft insoweit, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

Die Entscheidung des Fakultätsrats die Dissertation für ungültig zu erklären, lässt danach keine Ermessensfehler erkennen.

aa) Der Fakultätsrat hat sein Ermessen in dem rechtlich gebotenen Umfang ausgeübt. Der hiergegen gerichtete Einwand der Klägerin geht fehl. Dem Protokoll über die Sitzung des Fakultätsrats vom 5. Februar 2013 ist zu entnehmen, dass im Rahmen einer Abwägung des öffentlichen Interesses einerseits und des privaten Interesses der Klägerin andererseits das Für und Wider einer Ungültigerklärung diskutiert wurde. Auch der angefochtene Bescheid vom 14. Februar 2013 stellt auf Seite 19 ausdrücklich darauf ab, dass der Fakultätsrat das ihm von § 20 PromO eingeräumte Ermessen ausgeübt und hierbei das öffentliche Interesse mit dem privaten Interesse der Klägerin abgewogen hat. Zwar verhalten sich die weiteren Ausführungen zum Ermessen im Rahmen der Begründung dieses Ergebnisses in dem Bescheid wörtlich nur zu der „Entziehung“. Allerdings ist der Begriff der „Entziehung“ im vorgenannten Zusammenhang offensichtlich nur untechnisch gemeint und erfasst – wie sich auch aus den ausdrücklich genannten Normen ergibt -, sowohl die Ungültigerklärung der Dissertation als auch die Rücknahme des Doktorgrades. Angesichts des durch den Fakultätsrat danach ausgeübten Ermessens ist es rechtlich unerheblich, ob – wie die beklagte Universität im gerichtlichen Verfahren erstmals und wohl zu Unrecht geltend gemacht hat – eine schwerwiegende Täuschung im Regelfall sanktioniert werden müsse.

Vgl. zum sog. intendierten Ermessen: BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2012, 6 C 3.11, BVerwGE 143, 87, juris (Rdnr. 51), sowie Beschluss vom 7. Juli 2004, 6 C 24.03, BVerwGE 121, 226, juris (Rdnr. 15).

bb) Die Ermessensausübung durch den Fakultätsrat lässt auch im Übrigen keine Ermessensfehler erkennen. Der Fakultätsrat ist insbesondere von einer richtigen, auf der Grundlage des Berichts von Prof. Dr. S. und der Stellungnahmen der Klägerin vollständig ermittelten Tatsachengrundlage ausgegangen, er hat alle widerstreitenden öffentlichen und privaten Interessen umfassend gewürdigt und gegeneinander abgewogen und hierbei auch in der Sache zutreffende Rechtsauffassungen zugrunde gelegt.

(1) Die vom Fakultätsrat zugunsten des öffentlichen Interesses eingestellten Aspekte begegnen keinen rechtlichen Bedenken.

Soweit der Fakultätsrat die wissenschaftliche Redlichkeit als öffentliches Interesse in seine Abwägung eingestellt hat, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Denn hierbei handelt es sich um ein zum Schutz der Funktionsfähigkeit des Wissenschaftsprozesses überragend wichtiges und verfassungsrechtlich in dem objektiven Regelungsgehalt des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verankertes Gemeinschaftsgut.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2013, 6 C 9/12, m. w. N, juris (Rdnr. 31)

Dabei ist der Fakultätsrat rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Einhaltung „wissenschaftlicher Lauterkeit“ zu den Kardinalspflichten jedes Wissenschaftlers gehört und Plagiate, die wegen ihrer Dimension nicht als Bagatellfall einzustufen sind, als eine schwerwiegende Störung des wissenschaftlichen Diskurses zu werten und entsprechend zu sanktionieren sind. Denn dass die Nutzung fremden Gedankenguts durch die genaue Angabe der Quelle (Fundstelle) kenntlich gemacht werden muss, hat – neben urheberrechtlichen Gründen – im wissenschaftlichen Diskurs den Sinn, Aussagen, Fakten und Daten überprüfbar zu machen und dem Leser die Möglichkeit zu geben, selbst weiter zu forschen. Der wissenschaftliche Erkenntnisprozess kann sich überhaupt nur dann sachgerecht fortentwickeln, wenn der wahre Urheber einer Aussage bekannt ist. Es liegt auf der Hand, dass die Nichtkenntlichmachung benutzter Quellen diesen Ansatz nachhaltig beeinträchtigt. Das gilt auch für die insbesondere im zweiten Teil der Dissertation von der Klägerin praktizierte Verfahrensweise, ihre „Zwischenquelle“ oder Sekundärquelle, also die Fundstelle, aus der die von ihr wörtlich oder sinngemäß übernommene Textpassage tatsächlich stammt und die ihrerseits wiederum auf die „Primärquelle“ verweist, nicht anzugeben.

So auch VG Berlin, Urteil vom 15. April 2009, 12 A 319.08, juris (Rn 25).

Denn, wie bereits in anderem Zusammenhang dargestellt, führt auch diese Handhabung nicht nur dazu, dass der Autor nicht offen legt, wie er zu der Primärquelle gelangt ist, und bloße Formulierungen übernimmt. Vielmehr wird auch nicht sichtbar, dass die in der Dissertation befindliche komprimierte Darstellung und Interpretation der Primärquelle hinsichtlich der darin enthaltenen fachlichen wissenschaftlichen Wertung gar nicht von dem Autor selbst vorgenommen, sondern von ihm aus einer „Zwischenquelle“ übernommen worden ist.

Dass der Fakultätsrat entgegen der anderslautenden Auffassung der Klägerin nicht davon ausgegangen ist, ihrer Dissertation komme heute keine messbare Bedeutung mehr zu, und dementsprechend auch nicht zugrunde gelegt hat, dass sich die Störung des wissenschaftlichen Diskurses als nicht mehr so gewichtig darstelle, hält ebenfalls einer Rechtskontrolle stand. Denn für die Beurteilung der Bedeutung einer Dissertation für den wissenschaftlichen Diskurs gibt es unter Berücksichtigung des eingetretenen Zeitablaufs keinen allgemeingültigen, objektiven Gradmesser. Vielmehr ist die wissenschaftliche Bedeutung einer angenommenen Dissertation immer eine potentielle, weil es an den nicht verlässlich vorhersehbaren Forschungsthemen, Methoden und Fragestellungen der einzelnen Wissenschaftler liegt, welche ältere Arbeit wieder Bedeutung erlangt. Dass für die Dissertation der Klägerin etwas anderes gilt, ist weder substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich.

Rechtsfehlerfrei hat der Fakultätsrat in seine Abwägung auf Seiten des öffentlichen Interesses ferner eingestellt, dass der Sanktionierung auch ein generalpräventiver Zweck zukomme, und dies beanstandungsfrei damit begründet, diejenigen, die ihren akademischen Grad redlich erworben hätten, müssten vor einer Entwertung ihrer eigenen Leistungen durch derartige Täuschungen geschützt werden und deshalb müsse auch über längere Zeiträume hinweg das Entdeckungsrisiko aufrechterhalten werden. Innerhalb bestimmter Schranken ist die Hochschule grundsätzlich befugt, auch auf generalpräventive Gründe abzustellen, soweit diese nicht so verselbständigt werden, dass andere Umstände des Falles als von vornherein bedeutungslos zurücktreten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1980, 1 C 19/78, m. w. N. auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, juris (Rdnr. 23) .

Da der Fakultätsrat seine das öffentliche Interesse begründenden Ermessenserwägungen auf ein ganzes Bündel von Gründen und nur unter anderem auch auf den vorgenannten generalpräventiven Zweck gestützt hat, kann von einer Verselbständigung dieses Grundes hier nicht die Rede sein. Die vom Fakultätsrat zugrunde gelegten generalpräventiven Erwägungen sind auch nicht sachwidrig. Denn zum einen nimmt die Hochschule gegenüber den Doktoranden bzw. Promovierten, die ihre Dissertation redlich erwerben wollen bzw. erworben haben, eine Schutzverantwortung wahr. Zum anderen wäre die Hochschule ihrerseits vorsätzlichen Täuschungen mehr oder weniger schutzlos ausgeliefert, würde das Damoklesschwert der Sanktionierung nicht über unredlich erlangten Dissertationen schweben.

(2) Der Fakultätsrat hat im Rahmen seiner Ermessensentscheidung auch die privaten Belange der Klägerin und die Beeinträchtigung ihrer beruflichen und sozialen Stellung hinreichend eingestellt.

(a) Keinen rechtlichen Bedenken begegnet insoweit, dass und wie der Fakultätsrat die Tatsache, dass seit Aushändigung der Promotionsurkunde mehr als 30 Jahre vergangen sind, und den Umstand, dass es im Falle der Klägerin um eine grundständige Promotion geht, bei der mit der Promotion zugleich das Hochschulstudium abgeschlossen wird und die Promotion auch den (einzigen) akademischen Hochschulabschluss darstellt, in seiner dem Bescheid vom 14. Februar 2013 zugrunde liegenden Abwägung berücksichtigt hat. Auf die erstmals im gerichtlichen Verfahren – und insoweit wohl auch verfehlt – vertretene Auffassung der beklagten Universität, der Klägerin sei die Berufung auf den Aspekt des Zeitablaufs verwehrt, weil sie nach Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe in der Öffentlichkeit selbst gegenüber der beklagten Universität eine Überprüfung ihrer Dissertation beantragt hat, kommt es daher rechtlich nicht an.

Dass der Fakultätsrat den Zeitfaktor nur als Gewichtungsfaktor berücksichtigt hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Zutreffend ist der Fakultätsrat davon ausgegangen, dass sich weder aus der Promotionsordnung selbst noch aus sonstigen Regelungen eine absolute Ausschluss- bzw. Verjährungsfrist für die Ungültigerklärung von Promotionsleistungen ergibt.

Vgl. in Bezug auf eine Promotionsordnung der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln mit ähnlichen Erwägungen: VG Köln, Urteil vom 23. März 2012, 6 K 6097/11, juris (Rdnr. 53).

Für eine analoge Anwendung von sonstigen Verjährungsregeln (aus anderen Rechtsgebieten) besteht ebenfalls kein Raum. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass eine planwidrige Regelungslücke vorliegen könnte, sind nicht ersichtlich. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass sonstige Hochschulabschlüsse den jeweils einschlägigen Prüfungsordnungen zufolge im Regelfall nur binnen einer Ausschlussfrist – überwiegend gilt hier eine Fünfjahresfrist (vgl. etwa auch § 29 Abs. 4 Satz 2 der aktuellen Ordnung für die Prüfung zur Magistra Artium oder zum Magister Artium der Philosophischen Fakultät der I5. -I6. -Universität E1. vom 19. März 1998) – entzogen werden können.

Die unterschiedliche Ausgestaltung der Prüfungsordnungen einerseits und der hier einschlägigen Promotionsordnung für die grundständige Promotion der Klägerin andererseits verstößt auch nicht gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG enthaltenen Gleichbehandlungsgrundsatz. Denn die jeweiligen Ordnungen sind bezüglich ihres Regelungsgegenstandes und in ihren Zielrichtungen nicht miteinander vergleichbar.

Vgl. hierzu auch VG Köln, Urteil vom 6. Dezember 2012, 6 K 2684/12, juris (Rdnr. 34).

Sachlicher Grund für die Fristenregelungen in den Prüfungsordnungen sind die Folgen einer Aberkennung bzw. Entziehung des berufsqualifizierenden Abschlusses für die Berufsfreiheit des Betroffenen (Art. 12 Abs. 1 GG). Die Promotion, und insoweit auch die grundständige Promotion, stellt dagegen in erster Linie eine wissenschaftliche Arbeit dar, mit der eine wissenschaftliche Qualifikation nachgewiesen wird und insoweit vorrangig eine andere Zielrichtung verfolgt wird als mit einem berufsqualifizierenden Hochschulabschluss.

Durch die Promotion wird gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 HG regelmäßig eine über das allgemeine Studienziel gemäß § 58 Abs. 1 HG hinausgehende Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit nachgewiesen, bei der es maßgeblich darum geht, eigenständige und kreative Gedanken mit bereits vorliegenden wissenschaftlichen Befunden systematisch und kontrolliert zu verbinden. Die Dissertation stellt dabei als schriftliche Promotionsleistung im Rahmen der Promotion – anders als eine den Berufszugang vermittelnde Hochschulabschlussprüfung – die maßgebliche wissenschaftliche Leistung dar, mit der sich ein Bewerber für die akademische Laufbahn empfiehlt oder jedenfalls eine herausgehobene besondere wissenschaftliche Befähigung nachweist. Vor diesem Hintergrund betreffen Verstöße gegen wissenschaftliche Sorgfaltspflichten bei einer Promotion regelmäßig nicht nur handwerkliche Mängel. Vielmehr geht es um den Kern der wissenschaftlichen Leistung sowie ihrer tatsächlichen und rechtlichen Funktion, die auch noch über längere Zeiträume hinaus den jeweiligen Wert einer Promotion in akademischer Hinsicht ausmacht. Dass die Promotion der Klägerin wegen des von ihr absolvierten grundständigen Promotionsverfahrens gleichzeitig einen ersten und einzigen Abschluss auch ihres Hochschulstudiums darstellt, ändert an der Zielrichtung der auch im Rahmen eines grundständigen Promotionsverfahrens ausschließlich wissenschaftlich ausgerichteten schriftlichen Promotionsarbeit nichts. Dieser Ansatz verletzt auch nicht den aus Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitenden Grundsatz der Chancengleichheit. Dass dem Absolventen eines grundständigen Promotionsstudiums die Möglichkeit eingeräumt wird, sein Studium ausschließlich mit der Promotion und ohne weiteren akademischen Abschluss zu beenden, stellt gegenüber den sonst üblichen mit einer akademischen Abschlussprüfung zu beendenden Hochschulstudiengängen insbesondere mit Blick auf die deutlich geringere Arbeitsbelastung sowie in zeitlicher Hinsicht einen erheblichen Vorteil dar. Gleichzeitig erhöht sich für den Absolventen allerdings wegen der Abhängigkeit von Promotion und Studienabschluss das Risiko eines erfolglosen Hochschulabschlusses. Das hat zur Folge, dass der Promovend als Kehrseite der von ihm freiwillig getroffenen Risikoentscheidung für eine grundständige Promotion nicht nur den erfolgreichen Abschluss seines Studiums vom Erfolg der Promotion abhängig macht, sondern zugleich in Kauf nimmt bzw. nehmen muss, dass sein Hochschulabschluss auch zukünftig das weitere Schicksal seiner Promotion teilt.

Aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass sich der Fakultätsrat nicht gezwungen gesehen hat, wegen des Zeitablaufs von über 30 Jahren seit Beendigung des Promotionsverfahrens aus Gründen der Verwirkung auf eine Ungültigerklärung zu verzichten. In der Rechtsprechung ist zwar geklärt, dass die Verwirkung als Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben in Gestalt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens für die gesamte Rechtsordnung Gültigkeit hat und besagt, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser sein Recht angesichts der verstrichenen Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), er zudem tatsächlich auch darauf vertraut hat (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. August 2011, 3 B 36.11, juris (Rdnr. 5), und vom 12. Januar 2004, 3 B 101.03, juris (Rdnr. 3) sowie Urteil vom 7. Februar 1974, 3 C 115.71, BVerwGE 44, 339 (343 f); vgl. ferner zu diesem Ansatz auch VG Köln, Urteil vom 6. Dezember 2012, 6 K 2684/12, juris (Rdnr. 36).

Davon ist hier aber nicht auszugehen. Die beklagte Universität, die von den Täuschungsvorwürfen erstmals im Mai 2012 erfahren hat, hat dies umgehend zum Anlass genommen, den Sachverhalt aufzuklären, und sie hat den Fakultätsrat im Januar 2013 mit den vorgenannten Vorwürfen befasst. Anhaltspunkte für ein gegenüber der Klägerin festzumachendes früheres Verhalten der beklagten Universität oder des Fakultätsrats, aus dem die Klägerin darauf schließen und vertrauen konnte, dass nicht mehr gegen sie eingeschritten werden würde, sind nicht ersichtlich.

(b) Dass der Zeitfaktor, auch wenn diesem für sich allein keine eigenständige Bedeutung zukommt, im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen ist, weil die verstrichene Zeit neben anderen Umständen ein gewichtiger Beurteilungsfaktor dafür ist, ob nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Gesamtverhältnisse des Einzelfalles eine nachträgliche Ungültigerklärung noch als rechtmäßig anzusehen ist,

vgl. zur Frage der Bedeutung des Zeitablaufs bei der Rücknahme eines Verwaltungsakts gemäß § 48 VwVfG NRW: OVG NRW, Urteil vom 8. November 2012, 11 A 1548/11, juris, sowie ferner BVerwG, Urteil vom 20. Januar 1976, III C 21.75, Buchholz 427.3 § 335a LAG Nr. 57,

hat der Fakultätsrat ebenfalls rechtsfehlerfrei in seine Ermessensentscheidung als Abwägungskriterium eingestellt. Ausweislich der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Begründung hat der Fakultätsrat seiner Abwägung insoweit zugrunde gelegt, dass die Sanktionierung der hier in Rede stehenden Täuschung nach über 30 Jahren, und damit einem Zeitraum, nach dessen Ablauf in weiten Teilen der Rechtsordnung spätestens eine Verjährung eintritt (vgl. z.B. § 78 StGB, § 197 BGB), für die Klägerin „einen nicht unerheblichen Eingriff“ in ihre Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG darstellt. Dabei ist vom Fakultätsrat auch berücksichtigt worden, dass es sich im Falle der Klägerin um eine grundständige Promotion handelt.

(c) Dass der Fakultätsrat das Interesse der Klägerin an der Bewahrung ihrer Promotionsleistung dennoch, also auch vor dem Hintergrund des erheblichen Zeitablaufs, dem öffentlichen Interesse an einer Sanktionierung der mit dem Makel der Täuschung behafteten Dissertation und insoweit der Durchsetzung der Regeln der wissenschaftlichen Redlichkeit untergeordnet hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere hat der Fakultätsrat dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und den berechtigten Belangen der Klägerin Rechnung getragen und mit der nachträglichen Ungültigerklärung gegebenenfalls für die Klägerin einhergehende nachteilige Folgen für ihre Reputation und die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit von Berufswahl und Berufsausübung auch rechtsfehlerfrei gewichtet.

Die vom Fakultätsrat dem Fehlverhalten, das der Klägerin mit Blick auf den quantitativen und qualitativen Umfang der aufgedeckten Täuschung vorzuwerfen ist, beigemessene Schwere, stellt einen rechtlich zu billigenden Anlass dar, der betroffenen Promotionsleistung ihre Funktionstauglichkeit als Teil des wissenschaftlichen Diskurses zu entziehen. Gravierende Fälle wissenschaftlicher Unredlichkeit bedürfen einer wirkungsvollen Sanktionsmöglichkeit, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft nicht zu beschädigen und die Vertrauensbasis der Wissenschaftler untereinander zu erhalten, ohne die erfolgreiche wissenschaftliche Arbeit nicht möglich ist. Anlass, stattdessen etwaige mildere Mittel, z.B. in Gestalt einer Rüge, zu erwägen, bestand deshalb für den Fakultätsrat nicht. Abgesehen davon enthält weder die Promotionsordnung eine Ermächtigungsgrundlage hierzu, noch ist eine solche sonst ersichtlich.

Das Ergebnis steht auch mit den Grundrechten in Einklang. Die Maßnahme greift zwar in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Sphäre der Berufsfreiheit ein. Einschränkungen der Berufsfreiheit und faktische Beeinträchtigungen einer Berufsausübung, die sich als Folge einer nachträglichen Ungültigerklärung einer Promotionsleistung ergeben, sind allerdings erforderlich und auch sonst verhältnismäßig und damit hinzunehmen, wenn sie, wie hier durch den Fakultätsrat, ohne Rechtsfehler zum Schutz der Funktionsfähigkeit des Wissenschaftsprozesses, einem überragend wichtigen und verfassungsrechtlich, wie bereits an anderer Stelle dargelegt, in dem objektiven Regelungsgehalt des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verankerten Gemeinschaftsgutes für notwendig gehalten werden. Fachlich zutreffend hat der Fakultätsrat darüber hinaus in seine Abwägung eingestellt, dass die Klägerin durch die nachträgliche Ungültigerklärung ihrer Promotion auch nicht zur Beendigung ihrer im Zeitpunkt der Entscheidung konkret ausgeübten beruflichen Tätigkeit gezwungen wird. Sie kann vielmehr auch ohne gültige Promotion und ohne Hochschulabschluss weiterhin als Berufspolitikerin mit den sich daraus ergebenden Verwendungsmöglichkeiten arbeiten, was ihr im Status einer Bundestagsabgeordneten auch gegenwärtig bereits gelingt.

(d) Rechtlich unbedenklich ist ferner der Hinweis des Fakultätsrats, er habe bei seiner Entscheidung auch die gleichmäßige Rechtsanwendung (Art. 3 Abs. 1 GG) zu berücksichtigen. Die Behauptung der Klägerin, eine Gleichbehandlung von Inhabern des Doktorgrades, die wie sie vor langer Zeit promoviert worden seien und dadurch zugleich den einzigen berufsqualifizierenden Abschluss erlangt hätten, sei dadurch nicht gewährleistet, geht schon deswegen fehl, weil die insoweit darlegungspflichtige Klägerin keinen Referenzfall für eine etwaige Ungleichbehandlung benannt oder einen entsprechenden Nachweis geführt hat. Auf den Umstand, dass künftige Sachverhalte voraussichtlich keine Fallgestaltungen mit grundständiger Promotion und damit eine andere Ausgangskonstellation betreffen werden, kommt es für die vom Fakultätsrat zugesicherte gleichmäßige Rechtsanwendung in Täuschungsfällen nicht an.

(e) Der Fakultätsrat hat auch zu Recht dem Umstand, dass Erstgutachter (bzw. Referent) und Zweitgutachter (bzw. Korreferent) die Täuschungsbefunde nicht schon bei der Annahme bzw. bei der Bewertung der Dissertation der Klägerin entdeckt haben und dass die Betreuung der Dissertation durch die seinerzeitigen Gutachter (bzw. Referenten) insoweit möglicherweise nachlässig war, keine Bedeutung zugemessen. Denn weder rechtfertigt dies, die elementaren Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens missachten zu dürfen, noch lässt sich daraus ein „Mitverschulden“ Dritter und damit eine Verschiebung der persönlichen Verantwortung des Promovenden für die Dissertation konstruieren.

Vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil vom 4. März 2013, 7 K 3335/11, juris (Rdnr. 93) m. w. N. auf BayVGH, Urteil vom 4. April 2006, 7 BV 05.388, juris (Rdnr. 13).

Insbesondere bestand auf Seiten der seinerzeitigen Gutachter (bzw. Referenten) keine Verpflichtung, die Dissertation der Klägerin bereits bei ihrer Abgabe und unabhängig von einem konkret begründeten Verdacht auf einen Verstoß gegen die allgemeinen Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens zu kontrollieren. Darüber hinaus hat der Fakultätsrat ausweislich der Begründung im Bescheid zutreffend darauf abgestellt, dass etwaige Mängel in der Betreuung jedenfalls nicht als kausal für die festgestellte Täuschung anzusehen seien, da die Klägerin an zahlreichen Stellen ihrer Dissertation durch korrekte Angabe ihrer Quellen zu erkennen gegeben hat, dass ihr die gebotene Vorgehensweise durchaus bekannt war.

3.) Angesichts der danach rechtlich nicht zu beanstandenden Ungültigerklärung der schriftlichen Promotionsleistung der Klägerin erweist sich auch die Rücknahme des der Klägerin mit Promotionsurkunde vom 27. November 1980 verliehenen Doktorgrades, gestützt auf § 21 PromO i. V. m. § 48 VwVfG NRW, als rechtsfehlerfrei. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind hier ebenfalls erfüllt (vgl. Ziffer 3 a). Außerdem hat der Fakultätsrat das ihm hiernach eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (vgl. Ziffer 3 b).

a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme sind gegeben. Nach § 21 Satz 1 PromO entscheidet der Fakultätsrat über die Rücknahme oder Entziehung des Doktorgrades unter Beachtung des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen. In der Sache wird damit auf die in § 48 VwVfG NRW geregelte Möglichkeit zur Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte verwiesen.

Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder Vergangenheit zurückgenommen werden, wobei im Falle der Rücknahme eines – wie hier – begünstigenden Verwaltungsaktes, dieser gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG NRW nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden darf.

Ein rechtswidriger Verwaltungsakt liegt hier vor, weil die Dissertation der Klägerin gemäߠ § 20 Satz 1 PromO rechtmäßig für ungültig erklärt wurde und damit die Grundlage für die Verleihung des Doktorgrades entfallen ist.

b) Die Entscheidung des Fakultätsrats, den der Klägerin mit Promotionsurkunde vom 27. November 1980 verliehenen Doktorgrad „Dr. phil“ zurückzunehmen, weist auch im Übrigen keine Rechtsfehler auf.

Der Fakultätsrat hat nicht verkannt, dass die Entscheidung gemäß § 48 VwVfG NRW in seinem Ermessen steht. Er hat unter Zugrundelegung der Ausführungen im angefochtenen Bescheid vom 14. Februar 2013 sein Ermessen in dem gebotenen Maße ausgeübt und seine Entscheidung umfassend begründet. Auf die im gerichtlichen Verfahren von Seiten der beklagten Universität vertretene Auffassung, eine schwerwiegende Täuschung sei im Regelfall durch Rücknahme bzw. Entziehung des Doktorgrades zu sanktionieren, und auf die damit verbundene Frage, ob der Entscheidung zur Rücknahme der Grundsatz des intendierten Ermessens zugrunde zu legen ist, kommt es daher nicht an.

Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 7. September 2005, 13 A 1181/02, juris (Rdnr. 26) im Zusammenhang mit der Rücknahme der Anerkennung zum Führen der Bezeichnung „Praktische Ärztin“, wonach der Grundsatz des intendierten Ermessens auch im Hinblick auf eine nach § 48 Abs. 1 und 3 VwVfG NRW zu treffende Rücknahmeentscheidung lediglich zu Begründungserleichterungen führt.

Die Ermessenserwägungen des Fakultätsrats sind auch nicht rechtsfehlerhaft im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO.

Dabei ist der Fakultätsrat zu Recht davon ausgegangen, dass (auch) § 48 VwVfG NRW weder eine absolute Ausschlussfrist für die Rücknahme bzw. Entziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes enthält, noch im Wege der Auslegung in die Norm eine solche hineinzulesen ist. Letzterem Ansatz steht schon der aus der Gesetzesbegründung erkennbare Wille des Gesetzgebers entgegen.

Der Gesetzgeber hat beim Erlass des – insoweit wortgleichen – Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes die Frage einer absoluten Ausschlussfrist erwogen, letztlich aber nicht ins Gesetz aufgenommen. In der Gesetzesbegründung zu § 44 Abs. 4 E-VwVfG (vgl. BT-Drucks. 7/910, S. 71) heißt es:

„… Eine absolute Ausschlussfrist, für die es auf Kenntnis der Ausschließungsgründe nicht ankommt, erscheint nicht gerechtfertigt, da es durchaus Fälle geben kann, in denen ein so weitgehender Schutz des Betroffenen nicht angemessen wäre (z.B. Rücknahme einer ärztlichen Approbation, durch strafbare Handlung erlangte Vermögensvorteile). Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Rechtsprechung dem Zeitablauf allein keine eigenständige Bedeutung beigemessen; es ist vielmehr davon ausgegangen, dass die verstrichene Zeit ein Beurteilungsfaktor neben anderen Umständen dafür sein kann, ob nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Gesamtverhältnisse eine Rücknahme noch als rechtmäßig anzusehen ist (BVerwG, Beschl. vom 5. September 1972, III B 67.72)…“

Auch unter Zugrundelegung der einschlägigen ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine andere Auslegung. Die Kammer folgt insoweit den auf die vorgenannte Rechtsprechung eingehenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 8. November 2012, 11 A 1548/11 (juris). In den Entscheidungsgründen wird insoweit ausgeführt (vgl. juris, Rdnr. 44 – 56):

„… Die auch vom Gesetzgeber in Bezug genommene damalige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ging davon aus, dass die Zeit, die seit Unanfechtbarkeit eines begünstigenden Verwaltungsakts bis zum Erlass des Änderungsbescheides verstrichen war, allein für sich gesehen keine eigenständige Bedeutung habe. Die verstrichene Zeit könne aber ein Beurteilungsfaktor neben anderen Umständen dafür sein, ob nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Gesamtverhältnisse des Einzelfalles eine Rücknahme noch als rechtmäßig anzusehen sei.

Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 20. Januar 1976, III C 21.75, Buchholz 427.3 § 335a LAG Nr. 57, m. w. N.

Auch nach Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetztes hat das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass weder § 48 Abs. 4 VwVfG noch den verwandten Vorschriften in der Abgabenordnung und des Sozialgesetzbuches ein allgemeiner Rechtsgedanke entnommen werden könne, der auf eine absolute zeitliche Grenze hinauslaufe, nach deren Erreichen ein rechtswidriger Bescheid nicht mehr zurückgenommen werden dürfe. Auch eine analoge Anwendung des § 48 Abs. 4 VwVfG scheide aus,

vgl. zusammenfassend BVerwG, Beschluss vom 4. August 1993, 3 B 7.93, NVwZ-RR 1994, 338.

Die Behörde sei jedoch bei der Ermittlung der Rücknahmevoraussetzungen dem Grundsatz von Treu und Glauben unterworfen, der sich insbesondere im Rechtsinstitut der Verwirkung manifestiere,

vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. September 1997, 3 B 66.97, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 87.

Demgegenüber hat das Bundessozialgericht für die Parallelvorschrift des § 45 SGB X entschieden, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung 30 Jahre nach seinem Erlass nicht mehr für die Vergangenheit zurückgenommen werden könne, auch wenn er durch arglistige Täuschung erwirkt worden sei,

vgl. BSG, Urteil vom 24. März 1993, 9/9a RV 38/91, BSGE 72, 139 = NVwZ-RR 1994, 628 ff.

In der Kommentarliteratur wird die Auffassung vertreten, unabhängig vom Gesichtspunkt der Verwirkung sei die Rücknahme mit Blick auf den Vertrauensgrundsatz der Rechtssicherheit nicht unbefristet vorstellbar,

vgl. Meyer in: Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz. 9. Aufl. 2010, § 48 Rdnr. 44.

Weiter findet sich der Hinweis, die verstrichene Zeit erlange als Beurteilungsfaktor u.a. vor allem bei längeren Zeiträumen im Hinblick zumal auf Verschlechterungen der Beweissituation besonderes Gewicht,

vgl. Sachs in: Stelkens u.a., Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 48 Rdnr. 203.

Der Senat geht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass § 48 VwVfG nach seinem eindeutigen Wortlaut und dem Willen des Gesetzgebers keine absolute Ausschlussfrist enthält. Das Bundessozialgericht leitet die Annahme einer absoluten Ausschlussfrist von 30 Jahren letztlich – unter Einbeziehung weiterer übergreifender Gesichtspunkte – aus dem in § 45 SGB X geschaffenen Fristensystem her, das § 48 VwVfG in dieser Form nicht enthält. Diese Rechtsprechung ist daher auf § 48 VwVfG nicht übertragbar…“

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der in die mündliche Verhandlung für die Klägerin eingeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts,

Beschluss vom 5. März 2013, 1 BvR 2457/08, juris,

die sich zur Verjährung von Geldleistungsansprüchen verhält und in dem Zusammenhang fordert, dass das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und – vorhersehbarkeit Regelungen verlangt, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Der darin zu Tage tretende Rechtsgrundsatz, dass der Bürger in den Bestand der Rechtsordnung vertrauen können müsse, ist weder neu noch auf den Fall der Klägerin übertragbar, der – anders als im entschiedenen Fall des Bundesverfassungsgerichts – keine abstrakt generelle Rechtslage, sondern einen individuellen Einzelakt betrifft.

Der Zeitablauf ist jedoch, was der Fakultätsrat gesehen hat, auch hier, wie bei der Ungültigerklärung, im Rahmen der Ermessensentscheidung angemessen zu berücksichtigen. Insoweit gelten die Ausführungen der Kammer zur Überprüfung der Ermessensausübung im Rahmen von § 20 Satz 1 PromO (vgl. Ziffer 2 d) entsprechend. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen.

Ein möglicherweise vorhandenes Vertrauen der Klägerin darauf, dass ihr der verliehene Grad erhalten bleibt, steht dessen Rücknahme hier ebenfalls nicht entgegen. Zum einen hindert ein Vertrauensschutz die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, der, wie hier, keine Geld- oder Sachleistung gewährt, grundsätzlich nicht, da § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW in solchen Fällen nicht gilt (§ 48 Abs. 3 VwVfG NRW). Im Übrigen wäre die Klägerin aber auch nach § 48 Abs. 2 VwVfG NRW nicht gegen eine Rücknahme der Begünstigung geschützt, da sie die Gradverleihung durch arglistige Täuschung bewirkt hat (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG NRW). Arglist in diesem Sinne liegt vor, wenn die bewusste Irreführung darauf gerichtet war, auf den Erklärungswillen der Behörde einzuwirken.

Vgl. etwa Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 48 Rndr. 152.

Sie ist damit bei einer vorsätzlichen Täuschung wie der der Klägerin regelmäßig gegeben; Anhaltspunkte für das Gegenteil liegen nicht vor.

Vgl. dazu: VG Karlsruhe, Urteil vom 4. März 2013, 7 K 3335/11, juris (Rdnr. 90) und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. April 2000, 9 S 2435/99, juris (Rdnr. 27).

Damit steht ferner fest, dass der Entziehung des Doktorgrades auch die Vorschrift des § 48 Abs. 4 VwVfG NRW nicht entgegensteht, die bestimmt, dass die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig ist. Denn die Jahresfrist ist nach § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG NRW in den Fällen arglistiger Täuschung nicht zu beachten. Dies gilt auch für die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte nach § 48 Abs. 3 VwVfG NRW.

Vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 48 Rndr. 209 m. w. N.

Davon abgesehen ist die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG NRW hier auch eingehalten worden. Sie beginnt erst zu laufen, sobald eine Behörde Kenntnis von allen die Rücknahme rechtfertigenden – also auch von den für eine Ermessensentscheidung maßgeblichen – Tatsachen hat. Nach dieser Maßgabe begann die Jahresfrist hier mit der ersten Befassung durch den Fakultätsrat in seiner Sitzung am 22. Januar 2013 zu laufen. Selbst wenn man die Übermittlung der Materialzusammenstellung aus dem Internet an die beklagte Universität im Mai 2012 zugrunde legen würde, wäre zum Zeitpunkt der Entscheidung des Fakultätsrats am 5. Februar 2013 die Jahresfrist noch nicht abgelaufen gewesen.

Dem Fakultätsrat war nach der Begründung in dem angefochtenen Bescheid bei seiner Entscheidung schließlich bewusst, dass sich die im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigenden Nachteile für das berufliche Fortkommen der Klägerin und insbesondere für deren Reputation auch bzw. im Besonderen im Zusammenhang mit der Rücknahme bzw. Entziehung des Doktorgrades auswirken können. Er ist allerdings auch insoweit beanstandungsfrei davon ausgegangen, dass die aufgedeckten Plagiatsbefunde in der Dissertation gerade wegen des Gewichts der Täuschung neben der Ungültigerklärung auch eine Rücknahme bzw. Entziehung des Doktorgrades erforderlich machen und die Rücknahme bzw. Entziehung des Doktorgrades neben der Ungültigerklärung nicht unverhältnismäßig ist, insbesondere ein etwaiger, mit der Entziehung des Doktorgrades zusammenhängender Verlust gesellschaftlichen Ansehens und ein damit verbundener Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin zum Schutz der Funktionsfähigkeit des Wissenschaftsprozesse ebenfalls hinzunehmen sind. Auch stellt die Ungültigerklärung – entgegen der anderslautenden Auffassung der Klägerin – alleine keine geeignete Maßnahme dar, um den mit der Rücknahme bzw. Entziehung des Doktorgrades verfolgten weiteren Zweck zu erreichen. Denn mittels der Rücknahme des Doktorgrades infolge einer aufgedeckten Täuschung sollen nicht nur, wie bei der Ungültigerklärung, die akademischen Lauterkeitsregeln durchgesetzt und die Wissenschaftlichkeit des akademischen Promotionswesens von Störungen bereinigt werden. Die Rücknahme des Doktorgrades dient vielmehr auch dazu, außenwirksam klarzustellen, dass der Klägerin, der seinerzeit mit der Erlaubnis zur Führung eines Doktorgrades die Befähigung zu vertiefter – und auch selbständiger – wissenschaftlicher Arbeit bescheinigt worden war und die durch die Verleihung des Doktorgrades öffentlich sichtbar als Mitglied der akademischen Wissenschaftsgemeinde („scientific community“) ausgewiesen war, aufgrund ihrer nachträglich für ungültig erklärten Promotionsleistung die erforderliche Qualifikation zur berechtigten Führung des Doktorgrades fehlt.

Lediglich vorsorglich ist anzumerken, dass auch im Übrigen keine Anhaltspunkte für mildere Maßnahmen ersichtlich sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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