OLG Hamm , Beschluss vom 30.04.2003 – 2 Ss OWi 277/03
An die auch den Halter eines Kfz treffende Sorgfaltspflicht, für die Einhaltung des zulässigen Gesamtgewichts zu sorgen und eine Gewichtsüberschreitung zu verhindern, sind strenge Anforderungen zu stellen. Zu dieser Pflicht gehört es grundsätzlich, sich durch gelegentliche, auch überraschende, Stichproben davon zu überzeugen, dass Weisungen auch beachtet werden.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.
Gründe
I.
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Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 20. Januar 2003 gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Zulassens oder Anordnens der Inbetriebnahme eines überladenen Lkw – §§ 31 Abs. 2, 34 Abs. 3, 69 a StVZO, 24 StVG, 2 BKatV – eine Geldbuße von 450 EURO festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel zu verwerfen.
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Das Amtsgericht hat folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:
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„Am. 02.07.2002 gegen 11.35 Uhr wurde der auf den Betroffenen zugelassene Lastkraftwagen MAN samt Anhänger mit dem Kennzeichen … in J an der T-Straße in Fahrtrichtung V angehalten, als dieser von dem beim Betroffenen als Fahrer angestellten H. geführt wurde. Der einschreitende Polizeibeamte L. stellte fest, dass das Langholzfahrzeug überladen war und führte es einer Wiegung zu. Dabei wurde festgestellt, dass das zulässige Gesamtgewicht von 40 Tonnen um 15079 kg, mithin 35,2 Prozent überschritten war. Diese Fahrt hatte der Betroffene als verantwortlicher Fahrzeughalter gegenüber seinem Arbeitnehmer H. angeordnet oder zumindest fahrlässig zugelassen, da der Angestellte des Betroffenen auf dessen Anweisung seinen Dienst verrichtete.“
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Der Betroffene, gegen den in der Vergangenheit schon wiederholt Geldbußen wegen Überladung festgesetzt worden sind, hat eingeräumt, dass er die bei ihm angestellten Fahrer nicht – auch nicht stichprobenartig – darauf kontrolliert habe, ob die von ihnen geführten Lkw überladen seien. Er meint, er sei dazu nicht verpflichtet, weil er die Fahrer monatlich eine sogenannte Fahrererklärung unterzeichnen lasse, in der es u.a. heißt: „Darüber hinaus ist der Fahrer davon in Kenntnis gesetzt worden, dass eine Überladung des Fahrzeugs unbedingt zu unterlassen ist.“.
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Diese Rechtsansicht verfolgt der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er die formelle und materielle Rüge erhoben hat, weiter.
II.
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Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
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1. Die formelle Rüge, mit der die Aufklärungsrüge erhoben worden ist, ist nicht ausreichend im Sinne des § 344 Abs. 2 StPO begründet. Es fehlt an der Darlegung, welches Ergebnis von der unterbliebenen Beweiserhebung zu erwarten gewesen wäre.
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2. Auch die materielle Rüge führt nicht zum Erfolg. Eine Überprüfung des Urteils lässt nämlich Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht erkennen. Demgemäss war die Rechtsbeschwerde gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
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Die Ausführungen des Betroffenen zur Begründung der Rechtsbeschwerde und der Inhalt seiner Erwiderung auf den Verwerfungsantrag der Generalstaatsanwaltschaft geben dem Senat – über die Darlegungen der Generalstaatsanwaltschaft hinaus – Anlass zu folgenden Darlegungen:
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Der Betroffene hat – entgegen seiner Rechtsansicht – auch schuldhaft gehandelt.
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Wegen der besonderen Gefahren, die mit dem Einsatz überladender Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr verbunden sind, ist nicht nur der Fahrzeugführer, sondern auch der Halter eines Kraftfahrzeuges verpflichtet, für die Einhaltung des zulässigen Gesamtgewichts zu sorgen und eine Gewichtsüberschreitung zu verhindern. An die insoweit den Halter treffende Sorgfaltspflicht werden in der obergerichtlichen Rechtsprechung strenge Anforderungen gestellt (vgl. u.a. OLG Düsseldorf VRS 72, 218; NZV 1996, 120 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; OLG Köln DAR 1985, 325). Dem Halter obliegt es, unter Anwendung der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu verhindern, dass ein Fahrzeug in überladenem Zustand im öffentlichen Straßenverkehr zum Einsatz gelangt. Er ist nicht nur gehalten, bei der Auswahl der Fahrer die erforderliche Sorgfalt anzuwenden und ihnen die notwendigen Anweisungen zu erteilen. Seine Pflicht ist es grundsätzlich ebenfalls, sich durch gelegentliche, auch überraschende , Stichproben davon zu überzeugen, dass seine Weisungen auch beachtet werden (OLG Düsseldorf VRS 74, 69, 70).
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Dieser Verpflichtung ist der Betroffene nicht gerecht geworden. Nach den amtsgerichtlichen Feststellungen hat der Betroffene nämlich – wie er selbst eingeräumt hat – keinerlei Überprüfungen der bei ihm angestellten Fahrer daraufhin vorgenommen, ob die von ihnen geführten Kraftfahrzeuge ggf. überladen waren. Von dieser Pflicht war der Betroffene auch nicht – wie er meint – aufgrund der monatlich von den Fahrern unterzeichneten „Fahrererklärung“ entbunden. Mit dieser konnte der Betroffene sich nicht von seiner Überprüfungspflicht frei zeichnen. Diese Erklärung enthält lediglich eine (deklaratorische) Erklärung/Anweisung an die Fahrer, durch die diese auf die sich bereits aus der StVZO ergebende Verpflichtung, die von ihnen geführten Lastkraftwagen nicht zu überladen, (nochmals) hingewiesen werden. Diese Erklärung hat keinerlei Bezug zu der Verpflichtung des Betroffenen, die Einhaltung dieser seine Fahrer treffenden Pflicht zu prüfen und zu kontrollieren. Würde man der Ansicht des Betroffenen folgen, hätte das zur Folge, dass sich der Betroffene als Halter der Lastkraftwagen durch eine einfache schriftliche Erklärung von seinen Halterpflichten frei zeichnen könnte. Die Pflichtverletzung des Betroffenen entfällt auch nicht etwa deshalb, weil er überwiegend in den neuen Bundesländern tätig ist. Als Halter ist er zu Stichprobenkontrollen verpflichtet und muss daher seinen Betrieb so organisieren, dass er dieser Verpflichtung auch nachkommen kann.
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Nach allem war, da angesichts der – auch einschlägigen – Vorbelastungen des Betroffenen auch die angemessene Erhöhung der Regelgeldbuße nicht zu beanstanden ist, die Rechtsbeschwerde insgesamt zu verwerfen.
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO.