LG Heilbronn, Urteil vom 10. Februar 2023 – We 6 O 345/21
1. Im Eröffnen eines Spieleraccounts (Spielerkonto) auf der Website eines im EU-Ausland ansässigen Anbieters von Online-Glücksspielen, durch einen Verbraucher unter Nutzung von dessen E-Mail-Adresse, liegt der Abschluss eines Rahmenvertrages, unter dessen Regelungssystem die einzelnen Spiele, Spieleinsätze und Gewinnausschüttungen durchgeführt und verbucht werden und mit dem die einzelnen Spiele, Einzahlungen und Gewinnausschüttungen somit untrennbar verbunden sind.
2. Dieser Vertrag unterliegt nach Art. 6 Abs. 1 lit. b) Rom I-VO regelmäßig deutschem Rechte, da der im EU-Ausland ansässige Anbieter von Online-Glücksspielen von dort aus seine gewerbliche Tätigkeit online auf den deutschen Markt, in deutscher Sprache, mit deutschem Kundenservice an primär deutsche Verbraucher ausrichtet.
3. Führt eine andere im EU-Ausland ansässige Betreibergesellschaft den bei der ursprünglichen Betreibergesellschaft unter der E-Mail-Adresse des Verbrauchers registrierten Spieleraccount samt erteilter ausländischer Lizenz unverändert fort, insbesondere unter identischer Domain und Website, so liegt darin regelmäßig bei objektiver Auslegung eine Vertragsübernahme des Rahmenvertrages samt der mit ihm verbundenen einzelnen Spiele, verbuchten Spieleinsätze und Gewinnausschüttungen, welcher der Verbraucher jedenfalls konkludent durch aktive Weiternutzung seines Accounts zugestimmt hat. Bei der vorgenannten Sachlage kann dem Verhalten des Verbrauchers kein Erklärungsgehalt dahingehend beigemessen werden, noch das Verhalten des Verbrauchers durch die neue Betreibergesellschaft objektiv dahingehend verstanden werden, dass dieser mit der neuen Betreibergesellschaft durch Weiternutzung seines Spieleraccounts oder gegebenenfalls Akzeptieren von neuen AGB einen gänzlich neuen Vertrag zu schließen gedenkt. Die neue Betreibergesellschaft ist hinsichtlich des Spieleraccounts und der mit diesem verbundenen Spiele, Spieleinsätze und Gewinnausschüttungen vielmehr Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Betreibergesellschaft und damit auch für Rückforderungsklagen passivlegitimiert.
(Leitsätze des Gerichts)
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 6.227,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit 14.06.2022 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 6.227,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Klägerin macht Rückzahlungsansprüche im Zusammenhang mit der Teilnahme an Online-Glücksspielen auf der von der Beklagten von ihrem Sitz in der Republik Malta aus betriebenen Website geltend.
2
Die Klägerin nahm im Zeitraum2016 bis2021 auf der in deutscher Sprache abrufbaren Online-Casino-Seite www. … .com an Online-Glücksspielen in Form von Poker, BlackJack und Online-Roulette-Spielen teil. Hierzu hat die Klägerin Spieleinsätze in Höhe von insgesamt 28.759,00 € eingebracht. Dem standen Auszahlungen in Höhe von 22.532,00 € gegenüber. Den Differenzbetrag von 6.227,00 € begehrt die Klägerin klageweise. Die Zahlungen der Klägerin an die Beklagte erfolgten jeweils elektronisch über ein Endgerät von der Wohnung der Klägerin aus. Die Abbuchungen erfolgten sodann über das in der Bundesrepublik Deutschland geführte Girokonto der Klägerin. Der Account der Klägerin war unter der E-Mail-Adresse…@…com registriert.
3
Die Beklagte ist eine Kapitalgesellschaft nach maltesischem Recht und wurde im August 2019 in das maltesische Handelsregister eingetragen. Die Beklagte verfügte im streitgegenständlichen Zeitraum über die nationale Glücksspiellizenz des Staates Republik Malta, jedoch nicht über eine Konzession für das Anbieten von Online-Glücksspielen im Bundesland Baden-Württemberg. Sie betrieb das Online-Glückspielangebot unter der website www. … .com Vor dem2020 wurde das Angebot auf der website www. … .com von der X Limited mit Sitz ebenfalls in der Republik Malta betrieben. Die Beklagte hat die von der maltesischen Aufsichtsbehörde auf den2015 datierte und ausgestellte Lizenz der X Limited am2020 übernommen. Hierzu wird auf die Anlage B 6 verwiesen.
4
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor
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das Anbieten von Online-Glückspiel sei nach der bis zum 01.07.2021 geltenden Fassung des Glückspielstaatsvertrages verboten gewesen. Die Verträge seien nichtig. Eine etwaige behördliche „Duldung“ des Online-Glückspiels durch Untätigkeit gebe es nicht. Die Klägerin könne daher wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Beklagten kondizieren.
6
Die Beklagte habe überdies illegal gehandelt und gegen § 284 StGB verstoßen, was ebenfalls die Nichtigkeit der Verträge zur Folge habe.
7
Die Kondiktion sei auch nicht nach § 762 BGB noch nach § 817 S. 2 BGB oder § 814 BGB ausgeschlossen.
8
Der Klägerin könne das an sich verbotene Online-Glückspiel nicht angelastet werden. Die Klägerin habe geglaubt und auch glauben dürfen, dass das Glückspielangebot online legal sei; es sei ihr auch seriös erschienen. Die Rechtslage sei für den Laien undurchsichtig gewesen. Außerdem hätten weder Strafverfolgungsbehörden noch Ordnungsbehörden gegen die Online-Glückspielangebote eingeschritten. Für die Klägerin als Verbraucherin habe die Legalität plausibel erschienen, zumal etwaige Werbung diese nahelege. Der Klägerin könne auch nicht die Teilnahme am Online-Glückspiel nach § 285 StGB vorgehalten werden, da hierfür Vorsatz erforderlich sei.
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Zudem müsse § 817 BGB seinem Sinn und Zweck nach begrenzt werden, da anderenfalls die Verbotsnorm im Glückspielstaatsvertrag unterlaufen werde. Zudem sei es an der Beklagten die subjektiven Voraussetzungen der Einwendung darzulegen und nachzuweisen.
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Ferner ergebe sich ein deliktischer Anspruch, da die Verbotsnorm im Glückspielstaatsvertrag ein Schutzgesetz sei. Der Schaden liege in den erlittenen Verlusten durch das illegale Online-Glückspiel. Etwaige Gewinnchancen seien unbeachtlich, da diese nie einklagbar bestanden hätten, denn die Verträge seien von Anfang an nichtig gewesen.
11
Schließlich meint die Klägerin noch, den Vertrag widerrufen zu können.
12
Die Klägerin meint, Verjährung sei nicht eingetreten, da die Verjährungsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Kenntnis von der Illegalität des Online-Glückspiels habe sie erst im Laufe des Jahres 2021 erhalten.
13
Überdies sei die Beklagte vor den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum passivlegitimiert. Die Beklagte habe die Verträge der X Limited mit der Klägerin übernommen. Dies ergebe sich aus der von der Beklagten erteilten DS-GVO-Auskunft, welche die Beklagte für den gesamten streitgegenständlichen Spielzeitraum erteilt habe und dies nur habe können, da sie in die Verträge mit der Klägerin eingetreten sei. Für die Passivlegitimation der Beklagten streite bereits ein Anscheinsbeweis.
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Die Klägerin beantragt
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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 6.227,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor
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die Klage sei bereits unzulässig. Deutsche Gerichte seien international nicht zuständig. Die Klage sei ferner unschlüssig. Zudem komme kein deutsches Recht zur Anwendung. Ferner wolle sich die Klägerin nur bereichern, beabsichtige sie doch sich die Kosten ihrer über längere Zeit hinweg beanstandungslos genossenen Freizeitbetätigung nachträglich erstatten zu lassen.
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Die Beklagte meint, ihr Online-Glückspielangebot sei legal gewesen. Die Beklagte biete das Online-Glückspiel auf Basis einer in der Europäischen Union erteilten Lizenz an. Die Beklagte mache von ihrer unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV Gebrauch.
21
Die Beklagte operiere seit 2020 auf der website www. … .com Vor dieser Zeit sei das Angebot bis Mai 2020 von der X Limited bereitgestellt worden. Die Beklagte sei insoweit für die geltend gemachten Ansprüche bis zum … 2020 jedenfalls nicht passiv legitimiert. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Beklagte erst im August 2019 in das maltesische Handelsregister (Malta Business Registry) eingetragen worden sei. Zudem sei die Klägerin darüber informiert worden, dass nach dem … 2020 die entsprechenden Verträge mit der Beklagten und nicht mehr wie vormals mit der X Ltd. abgeschlossen wurden.
22
Weiter behauptet die Beklagte, auch nach dem … 2020 hafte sie nicht, da jedenfalls das Online-Glückspielangebot legal gewesen sei. Die Norm im Glückspielstaatsvertrag verstoße gegen die Verfassung und das Unionsrecht. Dies zeige auch die Neuregelung des Online-Glückspiels im neugefassten Glücksspielstaatsvertrag der Länder.
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Deliktische Ansprüche scheitern nach Ansicht der Beklagten bereits daran, dass kein Schaden gegeben sei, da tatsächliche Gewinnchancen und Spielmöglichkeiten dem Verlustrisiko gegenübergestanden hätten.
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Zudem sei die Beklagte aufgrund maltesischer Mindestausschüttungsquoten gar nicht im Umfang der Klageforderung bereichert.
25
Auch müssten nach Ansicht der Beklagten gemäß § 242 BGB nach Treu und Glauben Rückzahlungsansprüche ausscheiden, da dies anderenfalls im Ergebnis risikoloses Spielen ermöglichen würde.
26
Schließlich seien die Ansprüche aus der Zeit von 2016 bis 2018 verjährt. Die Beklagte beruft sich auf die Einrede der Verjährung. Die Beklagte sei jedenfalls in grobfahrlässiger Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen gewesen. Es habe umfangreiche Berichterstattung über vermeintlich illegales Online-Glückspiel gegeben.
27
Für die näheren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien verwiesen.
28
Das Gericht hat zur Sache am 07.11.2022 verhandelt und die Klägerin persönlich informatorisch gehört. Für das Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 07.11.2022 (Bl. 265 ff. d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
29
Die zulässige Klage ist begründet.
30
Die Rechtsfragen sind jedenfalls im Ergebnis zu Lasten der Beklagten geklärt.
31
(so: OLG Köln, Urteil vom 31.10.2022 – 19 U 51/22, – zitiert nach juris; OLG Frankfurt a. M. Hinweisbeschluss vom 08.04.2022 – 23 U 55/21, NJW-RR 2022, 1280; OLG Dresden, Urteil vom 27.10.2022 – 10 U 736/22; OLG München, Beschluss vom 20.09.2022 – 18 U 538/22, – zitiert nach juris; OLG München, Beschluss vom 04.08.2022 – 18 U 538/22, – zitiert nach juris; vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 12.11.2021 – 12 W 13/21, – zitiert nach juris).
I.
32
Das Landgericht Heilbronn ist international, örtlich und sachlich zuständig.
33
Die internationale Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 18 Abs. 1 EuGVVO, da es sich bei der Klägerin um einen Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 EuGVVO handelt. Auch richtet die Beklagte ihre Tätigkeit auf Deutschland aus. Die Glücksspielangebote der Beklagten sind auch gerade in deutscher Sprache verfügbar. Wird den Verbrauchern auf der Website die Verwendung einer anderen Sprache als derjenigen ermöglicht, die in dem Mitgliedstaat des Gewerbetreibenden üblicherweise verwendet wird, so kann dies einen Anhaltspunkt bilden, der die Annahme erlaubt, dass die Tätigkeit des Gewerbetreibenden auf andere Mitgliedstaaten ausgerichtet ist (EuGH, Urteil vom 07.12.2010 – C-585/08, C-144/09; NJW 2011, 505). Vorliegend kommt durch das Angebot in deutscher Sprache gerade auch die Absicht der Beklagten zum Ausdruck, um deutsche Kunden zu werben. Von der Regelung gemäß Art. 17, 18 EuGVVO erfasst sind auch Bereicherungsansprüche als Folge der Rückabwicklung des Vertrages.
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In der Rechtsfolge kann die Klägerin als Verbraucher nach Art. 18 Abs. 1 EuGVVO den Gerichtsstand an ihrem Wohnsitz wählen, der neben der internationalen zugleich auch die örtliche Zuständigkeit umfasst.
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Im Hinblick auf die ebenfalls geltend gemachten deliktischen Ansprüche ist zudem der Gerichtsstand nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO eröffnet. Handlungs- und Erfolgsort (hier: die Vornahme der inkriminierten Zahlungen) liegen in der Bundesrepublik Deutschland. Soweit die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin von ihrem Wohnsitz aus teilgenommen hat, ist dieses bestreiten unsubstantiiert und pauschal nach § 138 ZPO. Die Beklagte kann als Betreiberin leicht anhand der IP-Adresse zumindest die grobe Lokalität (hier: Bundesrepublik Deutschland) erkennen, von der aus Spieler am Glückspielsangebot teilnehmen.
36
Darüber hinaus ist die internationale Zuständigkeit vorliegend auch durch rügelose Einlassung der Beklagten begründet, Art. 26 Abs. 1 S. 1 EuGVVO.
37
Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts ergibt sich aus § 1 ZPO i.V.m §§ 23, 71 GVG.
II.
38
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung der unstreitig in Höhe von 6.227,00 € im Zeitraum vom 19.08.2016 bis 11.06.2021 erlittenen Glückspielverluste zu. Diese Summe ergibt sich, saldiert man die jeweils wechselseitig zu kondizierenden Ein- und Auszahlungen.
1.
39
Es ist deutsches Recht anzuwenden.
40
Die Anwendung deutschen Rechts folgt aus Art. 6 Abs. 1 lit b) Rom-I-VO. Hiernach unterliegt ein Verbrauchervertrag dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf diesen Staat ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Die Voraussetzungen liegen bei Spielerklagen gegen ausländische Online-Glücksspielanbieter – entsprechend den oben genannten Ausführungen zu Art. 18 Abs. 1 EuGVVO – hier vor.
2.
41
Die Beklagte ist passivlegitimiert.
42
Die Beklagte hat hinsichtlich des streitgegenständlichen Spieleraccounts, registriert unter der E-Mail-Adresse „…@… .com auf der website www. … .com das Vertragsverhältnis übernommen. Die Beklagte ist hinsichtlich dieses Spieleraccounts auf der website www. … .com Rechtsnachfolgerin der X Limited. Rechtlich anzuknüpfen ist nicht an die einzeln durchgeführten Spiele, sondern an den Spieleraccount, welcher insoweit einen Rahmenvertrag darstellt unter dem die einzelnen Spiele erfolgen und abgewickelt werden. Die einzelnen Spiele finden stets unter dem Regelungsregime des Rahmenvertrages statt und sind einem Spieleraccount untrennbar zugewiesen, sodass sich eine singuläre Betrachtung der einzelnen Spiele verbietet. Werden einzelne Spiele gespielt, werden nach dem objektiv gemäß §§ 133, 157 BGB zu bestimmenden Parteiwillen nicht jedes Mal neue und eigenständige vertragliche Regelungen begründet. Vielmehr erfolgt durch das Betätigen einzelner Spiele lediglich die Durchführung des Regelungsregimes des Rahmenvertrages, wie er der Eröffnung des Spieleraccounts zugrunde liegt. Eine andere Interessenslage der Parteien ist schlechterdings objektiv nicht vorstellbar, da gerade das Erfordernis eines Spieleraccounts der Identifikation des Kunden dient und die effektive Abwicklung von Massenverkehr bei Online-Dienstleistungen erst ermöglicht. Es kann aber dahinstehen, ob in den einzeln durchgeführten Spielen je ein Einzelvertragsschluss zu sehen ist oder nicht, denn jedenfalls wären diese Einzelverträge niemals losgelöst vom zugrundeliegenden Rahmenvertrag, mit dem der Spieleraccount begründet wird und die Nutzungsbedingungen vereinbart werden, zu verstehen. Der den Spieleraccount begründende Rahmenvertrag ist daher der Stamm, dem die einzelnen Äste sodann entspringen. Der Spieleraccount ist wirtschaftlich wie ein „Lager“ zu verstehen, in dem die einzelnen Spiele und die sich daraus ergebenden Folgen „lagern“. Denn ohne Spieleraccount wären die einzelnen Spiele nicht effektiv abzuwickeln.
43
Diesen, den Spieleraccount schaffenden, Rahmenvertrag hat die Beklagte im Wege der Vertragsübernahme übernommen und damit gleichsam die Rechtsstellung der X Limited. Die Beklagte ist daher Rechtsnachfolgerin der X Limited in diesen Rahmenvertrag bzw. Spieleraccount. Da auf den Vertrag nach Art. 6 Abs. 1 lit b) Rom-I-VO deutsches Recht Anwendung findet, richtet sich das Statut für die Vertragsübernahme ebenfalls nach deutschem Recht.
44
Demnach kann die Vertragsübernahme entweder durch einen dreiseitigen Übernahmevertrag oder durch einen zweiseitigen Übernahmevertrag zwischen ausscheidendem (hier: X Limited) und neuem Vertragspartner (hier: Y Ltd.) mit Zustimmung des verbleibenden Vertragspartners (hier: Klägerin) geschehen (statt vieler: MüKoBGB/Kieninger, 9. Aufl. 2022, BGB § 398 Rn. 4 ff.). Stets ist die verbleibende Vertragspartei an der Vertragsübernahme zu beteiligen (vgl. Rechtsgedanke §§ 414, 415 BGB).
45
Dies zugrunde gelegt liegt eine Vertragsübernahme hinsichtlich des Rahmenvertrages betreffend den Spieleraccounts durch die Beklagte vor, sodass sie für die getätigten Spiele und deren Folgen von vor dem2020 rechtlich einzustehen hat. Das Gericht ist nach § 286 ZPO von einer Vertragsübernahme überzeugt und nicht von einem neuen Vertragsschluss mit der Beklagten.
46
Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 28.10.2022 (Bl. 233 ff d.A., dort Seite 1) wörtlich ausgeführt, dass der Spieleraccount einerseits fortgeführt worden sei. Anderseits überzeugt ihre Argumentation nicht, es sei hierbei mit der Beklagten ein neuer Vertrag abgeschlossen worden. Das Verhalten der Beklagten im Dreiecksverhältnis X Limited, Beklagte und Klägerin kann nicht in diese Richtung ausgelegt werden. Die Beklagte hat unstreitig das Online-Glückspielangebot auf der website www. … .com von Malta aus fortgeführt. Die Beklagte hat unstreitig die Spiele mit der Klägerin über den auf die E-Mail-Adresse…@… .com registrierten Spieleraccount abgewickelt. Die Beklagte hat auch die bisherige Lizenz der X Limited übernommen (Anlage B 6). Die Beklagte war ausweislich der von ihr erstellen und erteilten Datenauskunft (Anlage K 1) über Spieleinsätze aus der Zeit von vor dem 2020 informiert. Ausweislich eben dieser Datenauskunft wurden Zahlungen auch nach dem 14.05.2020 immer noch auf „username: X“ verbucht.
47
Das Gericht hat keinen begründeten Zweifel nach § 286 ZPO, dass anhand dieser unstreitigen Indiztatsachen im Verhältnis zwischen Beklagter und X Limited eine Abrede getroffen wurde, den jeweiligen mit der X Limited bestehenden Rahmenvertrag/Spieleraccount der Kunden zu übernehmen. Denn die gesamte Struktur des Online-Angebots wurde beibehalten und die Spieleraccounts wurden unverändert fortgeführt.
48
Gleichzeitig wurde mit den jeweiligen Kunden und so auch der Klägerin kein neuer Vertrag abgeschlossen. Vielmehr hätte die Klägerin durch Akzeptieren der neuen AGB – dies unterstellt – der Vertragsübernahme zugestimmt. Jedenfalls durch das unstreitige Fortsetzen der Spieleraktivität und Weiternutzung ihres Spieleraccounts hat die Klägerin zumindest konkludent ihre Zustimmung zur Vertragsübernahme durch die Beklagte erteilt. Ein objektiver Dritter in der Person der Klägerin durfte das Verhalten der Beklagten so verstehen, dass hierin keine Neubegründung eines Vertrages zu sehen ist. Für die Klägerin als Verbraucherin gab es keine Veranlassung von einem neuen Vertragsschluss auszugehen. Für die Klägerin hat sich die äußere Sachlage nicht geändert. Sie hat weiter auf der Plattform „www. … .com“ unter ihrem unveränderten Account „…@… .com“ gespielt. Hinweise darauf, dass ein gänzlich neuer Vertrag geschlossen werden sollte, hatte die Klägerin nicht. Auch die Beklagte durfte das Verhalten der Klägerin in Form der Weiternutzung nicht so verstehen, dass die Klägerin einen gänzlich neuen Vertragsschluss beabsichtigt, wenn die Beklagte den gesamten Spieleraccount und die Abwicklungsmodalitäten unverändert lässt.
3.
49
Die Klägerin kann Rückzahlung ihrer Glückspieleinsätze in unstreitiger Höhe von 6.227,00 € gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt., 818 Abs. 2 BGB verlangen, da der zwischen den Parteien geschlossene Rahmenvertrag gemäß § 134 BGB von Anfang an nichtig war (nachfolgend wie OLG Köln, Urteil vom 31. Oktober 2022 – 19 U 51/22 mit zutreffenden Rechtsansichten, denen sich das erkennende Gericht vollumfänglich anschließt).
a)
50
Die Beklagte hat einen Vermögensvorteil in entsprechender Höhe erlangt, zumal die Klägerin substantiiert unter Bezugnahme auf eine zur Akte gereichte Tabelle (Anlage K 1) dargelegt hat, in Höhe welcher Summen jeweils Ein- und Ausgänge auf ihrem sog. Spielerkonto bei der Beklagten zu verzeichnen waren und wie sich der geltend gemachte Verlust errechnet. Dies wurde von der Beklagten auch nicht bestritten.
b)
51
Der zwischen den Parteien zustande gekommene Rahmenvertrag war gemäß § 134 BGB nichtig, da er gegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 verstieß. Nach dieser Vorschrift war in dem Zeitraum, in welchem nach dem als zugestanden geltenden Klägervortrag Einzahlungen in entsprechender Höhe auf das bei der Beklagten unterhaltene Spielerkonto zum Zweck der Teilnahme an Glücksspielen erfolgten, das Veranstalten derselben im Internet verboten.
c)
52
Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 war im fraglichen Zeitraum wirksam und auch materiell mit dem Unionsrecht vereinbar, insbesondere stellte sie keine inkohärente Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs gem. Art. 56 AEUV dar (vgl. hierzu ausführlich BGH, Urteil vom 28.09.2011 – I ZR 92/09; BGH, Urteil vom 22.07.2021 – I ZR 194/20, juris; OLG Köln, Urteil vom 10.05.2019 – 6 U 196/18, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.04.2022 – 23 U 55/21, juris).
53
Der Nichtigkeit gemäß § 134 BGB steht auch nicht entgegen, dass sich die Verbotsnorm des § 4 Abs. 4 GlüStV nur an die Beklagte, nicht jedoch an den Kläger richtet. Betrifft das gesetzliche Verbot nur einen Vertragspartner, so hat dies im Regelfall nicht die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge; anderes gilt aber, wenn es mit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes nicht vereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen, und hieraus die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gefolgert werden muss (BGH, Urteil vom 12.05.2011 − III ZR 107/10, beck-online m.w.N.). So liegt der Fall indes hier; denn es liefe dem Sinn und Zweck, insbesondere der Bekämpfung der Spielsucht und dem Jugendschutz, zuwider, geschlossene Verträge über Online-Glücksspiele trotz des Verbots als wirksam anzusehen (vgl. auch Vossler, in: BeckOGK, 01.09.2020, BGB § 134, Rn. 219; OLG Celle, Beschluss vom 04.05.2009 – 13 U 42/09, beck-online;Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 31.07.2009 – 3 U 27/09, juris).
d)
54
Die Rückforderung ist vorliegend nicht gemäß § 762 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen. Die Anwendbarkeit der Vorschrift setzt eine Wirksamkeit des Spiel- und Wettvertrags voraus. Unwirksam sind insbesondere solche Spiele und Wetten, die – wie hier – gegen gesetzliche Verbote oder die guten Sitten verstoßen (Haertlein, in: BeckOGK, 01.04.2022, BGB, § 762 Rn. 116).
e)
55
Der Rückforderung steht auch nicht die Vorschrift des § 817 S. 2 BGB entgegen. Wendet der Bereicherungsschuldner ein, dass dem Leistenden ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten zur Last fällt, so trägt er hierfür die Beweislast. Denn bei § 817 S. 2 handelt es sich um eine rechtshindernde Einwendung (Schwab, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 817 Rn. 89).
56
Ihrer Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf einen Gesetzesverstoß der Klägerin ist die Beklagte vorliegend nicht nachgekommen. Insbesondere kann von einem Verstoß der Klägerin gegen § 285 StGB nicht ausgegangen werden. Dieser erfordert zumindest bedingten Vorsatz (Schönke/Schröder/Heine/Hecker, 30. Aufl. 2019, StGB § 285 Rn. 4). Einen solchen hat die Beklagte indes nicht hinreichend dargetan.
57
Aus Sicht der Klägerin gab es keine zwingenden Anhaltspunkte, die für die Illegalität des Spielangebots der Beklagten sprachen. Deutliche Hinweise auf der von der Beklagten betriebenen Internetseite, dass Online-Glücksspiele in Deutschland – mit Ausnahme eines begrenzten Angebots in Schleswig-Holstein – unzulässig waren, bestanden nicht. Vielmehr vermittelten die deutschsprachige Internetseite und der deutschsprachige Kundenservice den Anschein der Legalität. Für die Legalität des Angebots musste aus Sicht der Klägerin auch sprechen, dass er sich ohne weiteres von ihrem Wohnsitz in Baden-Württemberg auf der Homepage der Beklagten anmelden und ein sog. Spielerkonto errichten konnte.
58
Sofern die Beklagte sich darauf berufen hat, im Rahmen des § 817 S. 2 BGB reiche leichtfertiges Handeln des Bereicherungsgläubigers aus, so trifft dies nicht zu. Denn vorliegend steht kein sittenwidriges, sondern ein gesetzeswidriges Verhalten in Rede. Insoweit muss sich der Gläubiger des Verstoßes bewusst gewesen sein und ihn trotzdem gewollt haben. Darauf, ob sich die Klägerin leichtfertig der Erkenntnis des Verbots des Glücksspiels verschlossen hat, kommt es dementsprechend nicht an (vgl. hierzu OLG München, Beschluss vom 22.11.2021 – 5 U 5491/21, m.w.N., abrufbar unter www.gesetze-bayern.de). Durch eine andere Bewertung würde verkannt, dass fahrlässiges – und somit auch grob fahrlässiges oder leichtfertiges Handeln – von § 285 StGB gerade nicht erfasst und somit auch nicht mit einem Unwerturteil verbunden ist.
59
Selbst wenn man jedoch leichtfertiges Verhalten für die Anwendbarkeit der Vorschrift im vorliegenden Fall genügen lassen wollte, wäre das Ergebnis kein anderes. Denn auch ein leichtfertiges Verhalten des Klägers kann unter Zugrundelegung des wechselseitigen Parteivorbringens nicht angenommen werden.
60
Insbesondere kann der Inhalt von § 4 GlüStV 2012, zumal bei einem juristischen Laien, nicht ohne weiteres als bekannt vorausgesetzt werden. Eine allgemeine Bekanntheit lässt sich auch nicht aus Beiträgen in der Presseberichterstattung ableiten. Diese haben, das Beklagtenvorbringen zugrunde gelegt, jedenfalls kein solches Ausmaß erreicht, dass eine allgemeine Kenntnis bei Spielern mit durchschnittlichem Medienkonsum nach der Lebenserfahrung zu erwarten wäre. Auch wenn die Werbung für Online-Glücksspiele einen textlich dargestellten und/oder schnell gesprochenen Hinweis darauf zu enthalten pflegt, dass sich das Angebot nur an Spieler in Schleswig-Holstein richte, lässt sich daraus keine allgemeine Bekanntheit des generellen Verbots von Online-Glücksspielen außerhalb dieses Bundeslandes in Deutschland herleiten (vgl. hierzu OLG Frankfurt a. M., Hinweisbeschluss vom 08.04.2022 – 23 U 55/21, juris).
f)
61
Jedenfalls aber wäre – wollte man einen Verstoß gegen § 285 StGB seitens der Klägerin bejahen wollen – eine teleologische Reduktion des § 817 S. 2 BGB vorzunehmen.
62
Im Rahmen des Rückforderungsverbots des § 817 S. 2 BGB kann nicht außer Betracht bleiben, welchen Zweck das in Frage stehende Verbotsgesetz verfolgt. Im Einzelfall kann eine einschränkende Auslegung der Vorschrift geboten sein (BGH, Urteil vom 31.05.1990 – VII ZR 336/89, beck-online). Innerhalb der Leistungskondiktion darf der Schutzzweck der jeweiligen nichtigkeitsbegründenden Norm nicht dadurch konterkariert werden, dass der durch sie zu verhindernde sittenwidrige Zustand perpetuiert oder weiterem sitten- und verbotswidrigen Handeln Vorschub geleistet wird (BGH, Urteil vom 18.12.2008 – III ZR 132/08, beck-online m.w.N.).
63
Dies gilt auch für den Fall, dass sich der Leistende der Einsicht der Sittenwidrigkeit möglicherweise leichtfertig verschlossen hat. So hat der Bundesgerichtshof etwa für die Fälle der sog. Schenkkreise ausgeführt, dass die Kondiktionssperre nicht dazu führen dürfe, dass die Initiatoren der „Spiele“, die mit sittenwidrigen Methoden erlangten Gelder im Ergebnis behalten dürften (BGH, Urteil vom 10.11.2005 – III ZR 72/05, beck-online). Auch innerhalb der Leistungskondiktion ist der Schutzzweck der jeweiligen nichtigkeitsbegründenden Norm maßgebend, der nicht konterkariert werden darf (BGH, Urteil vom 13.03.2008 – III ZR 282/07, beck-online). Vorliegend sind Regelungen des GlüStV – wie ausgeführt – dazu bestimmt, dem Schutz der Spielteilnehmer vor suchtfördernden, ruinösen und/oder betrügerischen Erscheinungsformen des Glückspiels zu schützen. Auch die konkret einschlägige Verbotsnorm gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV verfolgt jedenfalls unter anderem den Zweck des Spielerschutzes. Diese Intention des Verbotsgesetzes würde jedoch unterlaufen, wenn die Spieleinsätze, die ein Spieler tätigt, in zivilrechtlicher Hinsicht kondiktionsfest wären, also dem Anbieter des verbotenen Glücksspiels dauerhaft verblieben (so auch LG Gießen, Urteil vom 25.02.2021 – 4 O 84/20, Rn. 26 – 28, juris).
g)
64
Da eine positive Kenntnis der Klägerin von einem Nichtbestehen seiner Leistungspflicht – wie ausgeführt – aufgrund des wechselseitigen Parteivorbringens nicht angenommen werden kann, steht der Rückforderung auch nicht § 814 BGB entgegen.
h)
65
Hinsichtlich einer Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB fehlt es bereits an substantiiertem Vorbringen der Beklagten. Eine solche könnte allenfalls dann – teilweise – angenommen werden, wenn und soweit die Beklagte die erhaltenen Zahlungen tatsächlich weitergeleitet hätte und die der Beklagten ihrerseits aufgrund der Nichtigkeit der geschlossenen Spielerverträge zustehenden Bereicherungsansprüche gegen andere Spieler nicht erfolgsversprechend durchgesetzt werden könnten. Hierzu hat die Beklagte indes nichts dargetan.
66
Darüber hinaus scheitert der Einwand auch an der bestehenden Kenntnis der Beklagten vom Fehlen des Rechtsgrundes, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB (vgl. hierzu OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 08.04.2022 – 23 U 55/21, juris). Denn diese hat unter Bezugnahme auf diverse Beiträge in sämtlichen Medien zur umfassenden Presseberichterstattung hinsichtlich der Illegalität ihres Angebots vorgetragen, woraus sich zugleich ihre Kenntnis von dieser ergibt.
i)
67
Der Rückzahlungsanspruch ist vorliegend auch nicht wegen Rechtsmissbräuchlichkeit gemäß § 242 BGB ausgeschlossen.
68
Ein Vertrauenstatbestand zugunsten der Beklagten kann schon aufgrund ihres eigenen gesetzeswidrigen Handelns nicht angenommen werden. Vor diesem Hintergrund erscheinen ihre Interessen auch nicht als vorrangig schutzwürdig i.S.v. § 242 BGB. Indem die Beklagte einen ihr ohne weiteres möglichen Hinweis unterlassen hat, dass die Online-Glücksspiele in Deutschland nicht zulässig waren, ist sie zum einen bewusst die Gefahr eingegangen, Gelder ohne Rechtsgrund einzunehmen. Dass das Behalten von Geldern, die die Beklagte durch die rechtswidrige Veranstaltung von Glücksspiel eingenommen hat, besonders schutzwürdig wäre, ist nicht ersichtlich. Zum anderen hat die Klägerin für die von ihr geleisteten Spieleinsätze aber auch keine einklagbaren Forderungen erhalten, so dass es nicht treuwidrig erscheint, die Spieleinsätze zurückzufordern (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 03.12.2021 – 8 W 20/21, nicht veröffentlicht). Im Übrigen ist auch im Rahmen von § 242 BGB die oben im Zusammenhang mit der teleologischen Reduktion des § 817 Satz 2 BGB dargelegte Wertung zu beachten (vgl. OLG Hamm Beschluss vom 12.11.2021 – 12 W 13/21, beck-online).
4.
69
Ob die Klägerin darüber hinaus zum Widerruf des geschlossenen Spielvertrags gemäß §§ 312g Abs. 1, 355 BGB berechtigt war und sie nach Abgabe der entsprechenden Erklärung ihre Spieleinsätze auch aus diesem Rechtsgrund zurückfordern konnte, kann nach alledem im Ergebnis dahinstehen.
5.
70
Die Ansprüche der Klägerin sind schließlich auch nicht verjährt gemäß §§ 195, 199 BGB. Die Verjährung hat nämlich nicht vor dem Jahr 2021 begonnen zu laufen. Denn die Klägerin hat schlüssig und seitens der Beklagten nicht erheblich bestritten dargetan, dass sie erst im Jahr 2021 Kenntnis von der möglichen Unwirksamkeit des Vertrages erlangt hat. Der genaue Zeitpunkt kann dahinstehen, da die jedenfalls im Jahr 2021 zu laufen begonnene Verjährung durch Klageerhebung gehemmt wurde.
71
Die Klägerin war aus den o.g. Gründen auch nicht in grob fahrlässiger Unkenntnis der anspruchsbegründenden Umstände, sodass von einem Verjährungsbeginn im Jahr 2016 auszugehen wäre. Denn wie ausgeführt, war die tatsächliche Sachlage für den durchschnittlichen Verbraucher keineswegs klar und eindeutig. Für den Verbraucher musste sich das Online-Glückspielangebot vielmehr als legal und der Vertrag somit als wirksam darstellen.
6.
72
Die Nebenforderungen gründen sich auf §§ 291, 288, 247 BGB.
III.
73
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 2 ZPO und die Festsetzung des Streitwertes auf den §§ 63 Abs. 2, 43, 48 GKG, 3 ZPO.