BGH, Urteil vom 14.05.1996 – VI ZR 158/95
1. Der Hersteller eines Zulieferprodukts hat unter dem Gesichtspunkt der Produzentenhaftung dafür einzustehen, daß das von ihm gefertigte Produkt im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs in der Weiterverarbeitung durch andere in vollem Umfang fehlerfrei und ohne Gefährdung des Eigentums Dritter eingesetzt werden kann.
2. Zum bestimmungsgemäßen Gebrauch in diesem Sinne gehört jedweder Einsatz, der nach der Art der Bewerbung und Beschreibung der Produkts durch den Hersteller für einen Verwender entsprechend dessen Kenntnissen im Rahmen seines Fachgebiets bei sachgemäßer Betrachtung in Frage kommt.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Februar 1995 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Die Klägerin war (als führende Versicherung eines Pools von Versicherungsgesellschaften) Schadensversicherer des der Reederei J. gehörenden Seeschiffes MS “T.”. Dieses Schiff war mit einem sogenannten “Grim’schen Leitrad” ausgerüstet, einem auf einer Welle zwischen Ruder und Schiffsschraube montierten zusätzlichen Propeller, welcher der Energieeinsparung dienen soll. Die Lager dieses Leitrades waren durch seine Herstellerin, die O. Metallwerke GmbH & Co. KG (künftig: O. KG), vor dem Einbau in das Schiff im Frühjahr 1989 mit dem von der Beklagten hergestellten Schmiermittel “K. ST. NBU 12 K” befüllt worden. Im November 1989 ging das Leitrad auf einer Seefahrt des Schiffes verloren. Die Klägerin, die den der Reederei J. entstandenen Schaden reguliert hat, nimmt die Beklagte aus übergegangenem und aus abgetretenem Recht unter dem Gesichtspunkt der Produzentenhaftung für die auf dem Verlust des Leitrades beruhenden Schäden in Anspruch.
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Zu der Wahl des Schmierfettes “K. ST. NBU 12 K” für die Lager des Leitrades durch die O. KG ist es auf folgende Weise gekommen:
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Die O. KG stattete über eine Reihe von Jahren die von ihr hergestellten Leiträder mit dem von einem anderen Produzenten stammenden Schmiermittel “A.” aus. Da sie gegenüber dem dadurch erreichten Zustand eine Verbesserung des Korrosionsverhaltens während der mehrjährigen Wartungsintervalle erzielen wollte, wandte sie sich an die Beklagte, ein führendes Unternehmen für Spezialschmierfette, und übersandte ihr eine Bauzeichnung eines “Grim’schen Leitrades” sowie einen Prospekt solcher Leiträder zum Zwecke einer Beratung über in Frage kommende Schmiermittel. Die Beklagte ihrerseits übermittelte der O. KG hierauf einen detaillierten Prospekt ihrer “Spezialschmierfette für extreme Anforderungen”, in welchem das Schmiermittel “K. ST. NBU 12 K” als “Spezialfett für die Schiffahrt” bezeichnet wird, wobei u.a. eine Einsatztemperatur von – 30 bis + 150 Grad Celsius angegeben wird. Es kam sodann zu einer mehrstündigen Besprechung zwischen Dr. M. von der O. KG und dem Mitarbeiter E. der Beklagten, in deren Verlauf ein “Grim’sches Leitrad” im Modell besichtigt und dessen Einsatzbedingungen, auch der Temperaturbereich, besprochen wurden. Dabei erklärte E., eine Verwendung des Schmiermittels “K. ST. NBU 12 K” komme hier in Betracht. Die O. KG bezog daraufhin dieses Schmierfett von der Beklagten und befüllte mit ihm die von ihr produzierten Leiträder, ohne zuvor noch eine eigene Eignungsprüfung unter Einsatzbedingungen vorgenommen zu haben.
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Die Klägerin führt den Verlust des Leitrades des Schiffes MS “T.” darauf zurück, daß das Schmiermittel “K. ST. NBU 12 K” entgegen den Prospektangaben bei Temperaturen unter + 35 Grad Celsius, wie sie beim Einsatz solcher Leiträder in der Seeschiffahrt vorlägen, nicht die erforderliche Schmierwirkung entfalte, woraus in kurzer Zeit eine Zerstörung der Lager resultiere. Auf diese Gefahr hätte die O. KG nach Ansicht der Klägerin von der Beklagten im Rahmen der erfolgten Beratung hingewiesen werden müssen.
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Das Landgericht hat die auf Schadensersatz in Höhe von 623.656,22 DM gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I.
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Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen eines auf die Klägerin übergegangenen, auf die Grundsätze der deliktischen Produkthaftung gestützten Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagte nicht für gegeben.
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Es gehe hier nicht um ein an sich gefährliches Produkt und damit verbundene Risiken, die sich verwirklicht hätten. Vielmehr stelle sich die Frage, ob das Schmiermittel der Beklagten für die konkrete Verwendung im Rahmen des von einem anderen Unternehmen bestimmten Einsatzes in dessen Endprodukt brauchbar gewesen sei. Dies betreffe jedoch nicht die Haftung des Zulieferers für den Einsatz seines Produkts “im Kernbereich des normalen bestimmungsgemäßen Gebrauchs”, sondern lediglich die richtige Materialauswahl des Endherstellers für ein von ihm entwickeltes Gerät mit besonderen Anforderungen. In einem derartigen Fall sei nicht der Zulieferer für die fehlerfreie Verwendung seines Zwischenprodukts innerhalb der weiteren Verarbeitung zu einem Endprodukt verantwortlich; vielmehr fielen die Folgen der Verwendungsentscheidung haftungsrechtlich in den Verantwortungsbereich des Endherstellers. Der Zulieferer könne regelmäßig nur dann in Anspruch genommen werden, wenn er einen Verwendungsfehler des Folgeherstellers tatsächlich erkannt habe.
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Eine derartige Kenntnis der Beklagten, die O. KG werde den Schmierstoff “K. ST. NBU 12 K” in ihren Leiträdern trotz möglicher Ungeeignetheit ohne weitere Prüfung einsetzen, lasse sich aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen. Es habe sich auch nicht ergeben, daß der Mitarbeiter E. der Beklagten einen fehlerhaften Einsatz des Schmiermittels hätte erkennen müssen. Unter den gegebenen Umständen könne nicht davon ausgegangen werden, daß die im Prospekt der Beklagten enthaltenen Angaben oder die bei dem Beratungsgespräch abgegebenen Erklärungen des E. falsch oder in einer Weise irreführend gewesen seien, daß darin eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten als Produktherstellerin gegenüber Dritten zu sehen wäre. Dabei sei zu bedenken, daß den Prospektangaben zur “Gebrauchstemperatur” nur die Bedeutung von Eckdaten zuerkannt werden könne, die vom Anwender nicht ohne spezielle Eignungsprüfung hätten zugrundegelegt werden dürfen; die Lieferbedingungen der Beklagten enthielten darüberhinaus eine weitere Relativierung aller nicht ausdrücklich zugesicherten Angaben.
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Der Besprechung zwischen Dr. M. aus der O. KG und dem Mitarbeiter E. der Beklagten sei lediglich die Bedeutung eines Informationsgespräches beizumessen, mit welchem die Beklagte keine endgültige Empfehlung zur Verwendung des Schmierfetts für den hier in Rede stehenden Einsatz ausgesprochen habe; die O. KG sei nicht davon entbunden gewesen, genauere eigene und durch zusätzliche Tests unter praxisnahen Bedingungen untermauerte Überprüfungen zur Eignung dieses Schmierfetts für den Betrieb der Leiträder durchzuführen. Bei dieser Sachlage könne nicht von einer Pflichtverletzung der Beklagten als Zulieferunternehmen ausgegangen werden.
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Auf der Grundlage dieser Rechtsansicht hat das Berufungsgericht offengelassen, ob das Schmiermittel “K. ST. NBU 12 K” im Hinblick auf die Gebrauchstemperatur für den Einsatz in “Grim’schen Leiträdern” geeignet war und ob eine von der Klägerin behauptete im maßgeblichen Temperaturbereich mangelhafte Schmierwirkung dieses Fettes für den hier eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist.
II.
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Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht stand. Die bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen vermögen die Abweisung der auf eine deliktische Produkthaftung der Beklagten gestützten Klage nicht zu rechtfertigen.
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1. Da das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob das Schmiermittel “K. ST. NBU 12 K” der Beklagten für die von der O. KG hergestellten Leiträder technisch geeignet gewesen und ob sein Versagen für den konkreten Schadensfall ursächlich geworden ist, ist für den Revisionsrechtszug von den insoweit aufgestellten Behauptungen der Klägerin auszugehen, daß die Schmierfähigkeit dieses Fettes bei einer Gebrauchstemperatur von unter + 35 Grad Celsius, wie sie beim Betrieb eines solchen Leitrades unter Einsatzbedingungen im Seeschiffahrtsbereich in der Regel zugrunde gelegt werden müßten, nicht mehr gegeben und der Verlust des Leitrades der MS “T.” hierauf zurückzuführen sei.
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2. Bei dieser Sachlage steht einer auf § 823 Abs. 1 BGB gegründeten Schadensersatzpflicht der Beklagten als Herstellerin eines Zulieferprodukts gegenüber der Schiffseignerin als “Endverbraucherin” nicht bereits entgegen, daß das Leitrad nebst Lager als Einheit erst nach der Befüllung mit dem Schmierfett “K. ST. NBU 12 K” in das MS “T.” eingebaut und erst damit in das Eigentum der Schiffseignerin übergegangen ist. Unabhängig von der Frage, ob bei dem Schadensfall auch weitere Schiffsteile in Mitleidenschaft gezogen worden sind, kommt eine deliktsrechtlich relevante Verletzung des Eigentums der Schiffseignerin auch am Leitrad selbst in Betracht. Denn mit dem Einbau des Leitrades (nebst befetteter Lager) erhielt die Schiffseignerin nicht lediglich eine von vornherein mangelbehaftete Sache durch die O. KG geliefert, die als ganzes zum vorgesehenen Zweck nicht oder nur in sehr eingeschränktem Maße verwendbar gewesen wäre; vielmehr stellte sich das Leitrad, als es ins Eigentum der Schiffseignerin überging, als eine zunächst im wesentlichen funktionsfähige Sache von eigenem Wert dar, die erst später dadurch geschädigt und zerstört wurde, daß das von der Beklagten gelieferte Schmierfett nicht den erforderlichen Schutz bieten konnte. Letzteres führte zu einer Beeinträchtigung des durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten Integritätsinteresses der Schiffseignerin hinsichtlich des Leitrades (vgl. hierzu die Rechtsprechung des Senates zu den sog. “Weiterfresserschäden”, z.B. BGHZ 86, 256, 257 ff.; Senatsurteile vom 14. Mai 1985 – VI ZR 168/83 – VersR 1985, 837 f. und vom 24. März 1992 – VI ZR 210/91 – VersR 1992, 758, 759, jeweils m.w.N.).
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3. Das Berufungsgericht geht zwar zutreffend davon aus, daß das von der Beklagten hergestellte und vertriebene Schmiermittel nicht an sich bereits gefährlich oder mit Risiken für Rechtsgüter anderer behaftet war. Das Produkt der Beklagten hat jedoch zur Verletzung des Eigentums der Schiffseignerin an der “Leitradeinheit” jedenfalls dadurch geführt, daß die O. KG durch den Einsatz des Fettes “K. ST. NBU 12 K” davon abgehalten wurde, die Lager des Leitrades mit einem anderen, wirksameren Schmiermittel zu befüllen, etwa weiterhin mit dem zuvor verwendeten Fett “A.”, dessen Korrosionsschutzeigenschaften zwar nicht zufrieden stellten, das aber nicht zu Beeinträchtigungen geführt hatte, die dem hier zu beurteilenden Schadensfall vergleichbar wären; dieser Kausalbeitrag vermag eine deliktsrechtlich relevante Eigentumsverletzung zu tragen (vgl. dazu BGHZ 80, 186, 189 f.; 80, 199, 201; Senatsurteil vom 18. September 1984 – VI ZR 51/83 – VersR 1984, 1151, 1152).
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4. Das Berufungsgericht weist zutreffend darauf hin, daß ein Zulieferunternehmen nicht ohne weiteres dafür verantwortlich ist, daß das von ihm hergestellte (Zwischen-) Produkt bei einem vom Folgehersteller für dessen (End-) Produkt gewählten Einsatz funktionsgemäß und ohne Risiken für Rechtsgüter des Endverbrauchers verwendet werden kann. Die Auswahl eines für den eigenen Fertigungsprozeß geeigneten Materials unter verschiedenen auf dem Markt angebotenen Zulieferprodukten fällt grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des jeweiligen Folge- oder Endherstellers. Der Zulieferer hat aber, wie jeder Produzent, dafür einzustehen, daß das von ihm gefertigte Produkt im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs auch in der Weiterverarbeitung durch andere in vollem Umfang fehlerfrei und ohne Gefährdung des Eigentums Dritter eingesetzt werden kann. Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht die sich aus diesen Grundsätzen ergebenden Pflichten der Beklagten im vorliegenden Fall nicht rechtsfehlerfrei beurteilt hat.
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a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Zulieferer nicht nur für die Verwendbarkeit seines Produkts im “Kernbereich des normalen bestimmungsgemäßen Gebrauchs” verantwortlich. Er haftet vielmehr für die Einsatzfähigkeit seiner Ware im Rahmen eines jeden bestimmungsgemäßen Gebrauchs; dazu gehört nicht nur ein irgendwie gearteter “Kernbereich”, sondern jedweder Einsatz, der nach der Art der Bewerbung und Beschreibung des Produkts durch den Hersteller für einen Verwender entsprechend dessen Kenntnissen im Rahmen seines Fachgebiets bei sachgemäßer Betrachtung in Frage kommt. Der Zulieferer muß sich an dem gesamten, sich aus seinen konkreten eigenen Angaben in Produktbeschreibung, Bedienungsanleitung, Werbung, Beratung etc. ergebenden Einsatzspektrum festhalten lassen (vgl. hierzu Foerste in: Produkthaftungshandbuch, § 24, Rz. 69 ff.).
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Lassen sich aus der Bewerbung des Produkts durch den Hersteller Einsatzmöglichkeiten ableiten, bei denen sich dieses Produkt – für den Anwender nicht ohne weiteres erkennbar – als nicht geeignet und sogar gefährlich für Integritätsinteressen eines Verbrauchers erweisen kann, so treffen den Hersteller Pflichten, mögliche Anwender hierauf hinzuweisen und sie zu warnen. Denn es ist Aufgabe des Zulieferers, gerade auch die industriellen und handwerklichen Verwender von ihm hergestellter Teile exakt über die Leistungsfähigkeit und die Leistungsgrenzen seines Produkts zu informieren (vgl. Kullmann in: Kullmann/Pfister, Produzentenhaftung, Kza. 3250, S. 5). Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Anwender aufgrund der Produktbeschreibung des Herstellers eine bestimmte Gebrauchs- oder Sicherungserwartung hat, die das Produkt im Einzelfall nicht erfüllen kann (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 80, 186, 189 f.; s. hier auch Senatsurteil vom 7. Juli 1981 – VI ZR 62/80 – VersR 1981, 957, 958).
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b) Auf der Grundlage dieser Überlegungen stellte die Verwendung des Schmierfetts “K. ST. NBU 12 K” durch die O. KG zur Befüllung der von ihr hergestellten “Grim’schen Leiträder” einen bestimmungsgemäßen Gebrauch dieses Produkts der Beklagten dar, hinsichtlich dessen letztere grundsätzlich im produkthaftungsrechtlichen Sinne verkehrssicherungspflichtig war.
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aa) Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß die O. KG als Folgehersteller bereits aufgrund des ihr von der Beklagten als Zulieferer überreichten Prospektmaterials davon ausgehen konnte, daß das Schmiermittel “K. ST. NBU 12 K” für den geplanten konkreten Einsatz in Frage kam und seine Verwendung jedenfalls nicht an der Problematik der Betriebstemperatur des Leitrades scheitern müßte. Das hier in Rede stehende Schmiermittel ist im genannten Prospekt der Beklagten als “Spezialfett für die Schiffahrt” bezeichnet. Auch das Berufungsgericht geht davon aus, daß der Bereich der Gebrauchstemperatur, in welchem das Fett “K. ST. NBU 12 K” zum Einsatz kommen kann, mit – 30 bis + 150 Grad Celsius angegeben ist. Dann aber hat die Beklagte im Hinblick auf diese Prospektangaben grundsätzlich haftungsrechtlich dafür einzustehen, daß das so beworbene Schmierfett, wenn es in der Schiffahrt in einem Bereich eingesetzt wird, bei dem regelmäßige Gebrauchstemperaturen über – 30 Grad Celsius und unter + 150 Grad Celsius auftreten, jedenfalls nicht deshalb seine Funktionsfähigkeit mit der Folge der Verletzung von Rechtsgütern Dritter einbüßt, weil es in Wirklichkeit für Teile dieses Temperaturbereichs nicht geeignet ist.
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bb) Hinzu kommt im vorliegenden Fall, daß die O. KG nach den getroffenen Feststellungen die Beklagte über die Technik der Leiträder, in denen das Schmiermittel zum Einsatz kommen sollte, durch Übersendung einer Bauzeichnung und eines Prospektes informiert und um Beratung gebeten hatte. Wie im Berufungsurteil weiter festgestellt ist, kam es hierauf zu einem mehrstündigen Gespräch zwischen der O. KG und dem von der Beklagten zur Beratung entsandten Mitarbeiter E., in welchem auch die Temperaturverhältnisse erörtert wurden. Wenn hierbei – auf dem Hintergrund der dargestellten Prospektangaben der Beklagten und des deutlich gewordenen Informations- und Beratungsbedürfnisses der O. KG – der Mitarbeiter der Beklagten das Schmierfett “K. ST. NBU 12 K” für den ihm geschilderten Einsatz als in Betracht kommend bezeichnet hat, so haben sich die Verkehrssicherungspflichten der Beklagten als Herstellerin eines Zulieferprodukts daran auszurichten, daß der von ihr so informierte Anwender darauf vertrauen wird, daß sich jedenfalls hinsichtlich der Gebrauchstemperatur keine Probleme ergeben. Kommt es dann, wovon hier revisionsrechtlich auszugehen ist, zu einer Eigentumsverletzung des Endverbrauchers deswegen, weil das Schmierfett seine Funktion in einem Temperaturbereich von unter + 35 Grad Celsius nicht erfüllen konnte, so haftet hierfür die Beklagte deliktsrechtlich.
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c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ändert es an dieser Beurteilung nichts, daß die Auswahl des passenden Schmierfetts für die Lager der Leiträder außer von der Frage der Betriebstemperatur auch noch von einer Reihe weiterer Gesichtspunkte (z.B. Drehkennzahl, Korrosionsschutzeigenschaften etc.) abhing, die hierüber geführte Besprechung vom Mitarbeiter E. der Beklagten lediglich als Informationsgespräch aufgefaßt wurde, die O. KG als Fachunternehmen über Spezialkenntnisse in der Herstellung der Leiträder verfügte und es nahegelegen haben mag, daß sie vor einer endgültigen Entscheidung für den Einsatz des Fetts “K. ST. NBU 12 K” noch eine eigene praktische Überprüfung veranlassen werde. Auch wenn all diese Umstände, auf die im Berufungsurteil wesentlich abgestellt ist, die erforderliche Berücksichtigung finden, verbleibt es dabei, daß der Beklagten auf der Grundlage des im Revisionsrechtszug zu unterstellenden Sachvortrags eine die deliktsrechtliche Produkthaftung begründende Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht anzulasten ist.
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aa) Konnte das Schmierfett “K. ST. NBU 12 K” entgegen den Prospektangaben eine hinreichende Schmierfähigkeit unterhalb einer Betriebstemperatur der Lager von + 35 Grad Celsius nicht sicherstellen, so durfte sich die Beklagte unter den hier gegebenen Umständen nicht darauf verlassen, die O. KG werde schon aus anderen Gründen vom Einsatz dieses Schmierfetts bei ihren Leiträdern absehen. Den getroffenen Feststellungen ist weder hinsichtlich der Prospektangaben noch des Inhalts der Besprechung mit dem Mitarbeiter E. der Beklagten ein hinreichender Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß sich der O. KG bereits unabhängig von der Temperaturfrage die Ungeeignetheit dieses Schmiermittels (im Hinblick auf andere maßgebliche Parameter) hätte aufdrängen müssen; das Gegenteil ergibt sich aus der Feststellung, E. habe dieses Fett – wenn auch lediglich im Rahmen eines “Informationsgesprächs” – jedenfalls als in Betracht kommend bezeichnet.
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bb) Unter diesen Umständen hätte die Beklagte, wenn sie ihr Produkt wie geschehen einschränkungslos für einen Gebrauchstemperaturbereich von – 30 Grad Celsius bis + 150 Grad Celsius bewarb, die O. KG gegebenenfalls darauf hinweisen müssen, daß bei einer speziellen Verwendung, wie sie hier im Rahmen der Leiträder geplant war, im Bereich von Gebrauchstemperaturen unter + 35 Grad Celsius die Frage einer hinreichenden Ölabgabemenge problematisch werden könnte. Einer derartigen Informationspflicht war die Beklagte nicht dadurch enthoben, daß die Endprodukteherstellerin hier ein Fachunternehmen auf dem Gebiet des Maschinenbaus war und sich mit der Konstruktion der Leiträder bestens auskannte.
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Zwar können Instruktions- und Warnpflichten des Herstellers deutlich herabgesetzt sein, wenn das Produkt an Fachpersonen in Verkehr gebracht wird (vgl. z.B. Senatsurteile vom 7. Juli 1981 – VI ZR 62/80 – VersR 1981, 957, 958 und vom 5. Mai 1992 – VI ZR 188/91 – VersR 1992, 1010, 1012); sie sind aber keineswegs schon allgemein deshalb ausgeschlossen, weil das betreffende Produkt von Fachpersonal gehandhabt wird (vgl. z.B. Senatsurteile vom 7. Dezember 1993 – VI ZR 74/93 – VersR 1994, 319 ff. und vom 27. September 1994 – VI ZR 150/93 – VersR 1994, 1481 ff.). Im vorliegenden Fall konnte sich die Beklagte schon deshalb auf Spezialkenntnisse der O. KG nicht verlassen, weil dieses Unternehmen im Bereich der Schmierfette gerade nicht fachkundig war, sondern sich seinerseits erkennbar von der Beklagten auf diesem Gebiet beraten lassen wollte.
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cc) Die Beklagte kann sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zu ihrer Entlastung nicht darauf berufen, sie habe weder durch ihre Prospektangaben zur Gebrauchstemperatur noch durch die Erklärungen ihres Mitarbeiters E. für den konkreten Einsatzzweck Einzeleigenschaften ihres Produkts zugesichert; der Anwender habe die angegebenen Werte nicht ohne weiteres und ohne eigene praktische Überprüfung des Schmiermittels auf seine spezielle Eignung für den Einzelfall zugrunde legen dürfen.
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Es mag dahinstehen, ob und in welchem Umfang die O. KG ihrerseits verpflichtet war, eigene weitere Überprüfungen vorzunehmen, bevor sie das Fett “K. ST. NBU 12 K” für die Lager der von ihr hergestellten Leiträder zum Einsatz brachte. Auch wenn eine derartige Pflicht und ihre Verletzung durch die O. KG hier zu bejahen sein sollte, könnte dies nur dazu führen, daß letzteres Unternehmen als Folgehersteller neben der Beklagten als Herstellerin des Zulieferprodukts dem geschädigten Endverbraucher gegenüber gesamtschuldnerisch für den an dessen Rechtsgütern eingetretenen Schaden einzustehen hätte. Hingegen vermag eine eigene Prüfungspflicht der O. KG die Beklagte nicht von einer Haftung zu befreien, die darauf beruht, daß das von ihrem Mitarbeiter E. für den konkreten Einsatz als in Frage kommend bezeichnete Schmierfett entgegen ihren Prospektangaben bei Gebrauchstemperaturen unter + 35 Grad Celsius ungeeignet ist und dadurch die Verletzung des Eigentums der Schiffseignerin herbeigeführt wurde.
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5. Etwas anderes ergibt sich – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – auch nicht daraus, daß die Beklagte in ihren Lieferbedingungen gegenüber ihren Abnehmern festgehalten hat, die Angaben zum Liefer- und Leistungsgegenstand und zum Verwendungszweck ihrer Schmierfette seien nur Beschreibungen, keine Zusicherungen von Eigenschaften; der jeweilige Abnehmer sei nicht davon befreit, selbst die Eignung der Ware für den beabsichtigten Verwendungszweck zu prüfen. Es kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang diese Lieferbedingungen in das Vertragsverhältnis der Beklagten zur O. KG wirksam einbezogen worden sind. Auch das Berufungsgericht will ersichtlich nicht von einer unmittelbaren Wirkung einer derartigen vertraglichen Freizeichnung gegenüber der O. KG für das deliktsrechtliche Verhältnis der Beklagten zur geschädigten Schiffseignerin ausgehen. Jedoch kann den Überlegungen nicht gefolgt werden, mit denen im Berufungsurteil den Erklärungen in den Lieferbedingungen eine die im Rahmen der Produkthaftung maßgebliche Verkehrssicherungspflicht der Beklagten gegenüber dem Endverbraucher einschränkende Bedeutung beigemessen wird. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wurden durch den Inhalt der Lieferbedingungen die Verkehrserwartungen über die Einsatzfähigkeit des Schmierfetts, insbesondere über seine Temperatureigenschaften, wie sie sowohl allgemein durch die Prospektangaben als auch konkret im Beratungsgespräch durch die Informationen seitens des Mitarbeiters E. bei der O. KG geweckt worden waren, nicht in entscheidender Weise relativiert.
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Es mag sein, daß die Hinweise in den Lieferbedingungen der Beklagten geeignet waren, der O. KG noch zusätzlich vor Augen zu führen, daß sie vor einer endgültigen Entscheidung für das Schmiermittel “K. ST. NBU 12 K” selbst dessen Verwendbarkeit für den geplanten Einsatzzweck überprüfen sollte. Indessen konnte die Beklagte auf diese Weise nicht ihre deliktsrechtliche Verkehrssicherungspflicht gegenüber Dritten auf die O. KG verlagern. Ungeachtet der Pflichten des letzteren Unternehmens als Herstellerin des Leitrads blieb auch die Beklagte rechtlich gehalten, dafür Sorge zu tragen, daß aus der von ihr vorgenommenen Bewerbung ihres Produkts, insbesondere den Prospektangaben, kein vermeidbarer Schaden für Rechtsgüter des Endverbrauchers entsteht.
III.
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Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen