BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 – 4 C 1/78
1. Zur nachbarschützenden Wirkung von in einem Bebauungsplan enthaltenen Festsetzungen der Geschoßzahl und der Geschoßflächenzahl und zur Befreiung von solchen Festsetzungen.
2. Das Gebot der Rücksichtnahme ist Bestandteil des BBauG 1960 § 34 ; BBauG 1976/79 § 34 Abs 1; es kann in besonderen Fällen nachbarschützende Wirkung haben (Anschluß BVerwG, 1977-02-25, IV C 22.75 – BVerwGE 52, 122 (126)).
(Leitsatz des Gerichts)
Tatbestand
1
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks K-W, F-Gasse. Das Grundstück ist mit einem zweigeschossigen Haus mit ausgebautem Dachgeschoß sowie einem zusätzlichen Garagenuntergeschoß bebaut.
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Die Beigeladenen sind Eigentümer des rd. 2 …000 qm großen östlich und nordöstlich angrenzenden Grundstücks K-W N-Straße.Sie haben auf diesem Grundstück ein teils sechs- und teils elfgeschossiges Wohn- und Geschäftshaus mit einem zurückgesetzten 12. Zweckgeschoß sowie einer rund 340 qm großen Tiefgarage errichtet. Der elfgeschossige Gebäudeteil ist zwischen 15 und 23 m vom Haus des Klägers entfernt.
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Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des am 3. Juni 1971 vom Rat der Stadt K als Satzung beschlossenen Bebauungsplans Nr. … (früher … ).
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Der Bebauungsplan setzt einen Teil des Planbereichs – im wesentlichen das Grundstück der Beigeladenen – als Kerngebiet (MK) mit einer zulässigen Zahl der Vollgeschosse(Z) von 11 bzw. 6 und einer Geschoßflächenzahl (GFZ) von 2,4 fest. Für das übrige – damals bereits weit überwiegend bebaute – Plangebiet ist die Nutzung als allgemeines Wohngebiet (WA) festgesetzt. Gemäß § 21a Abs. 5 der Baunutzungsverordnung – BauNVO – ist die zulässige Geschoßfläche um die Fläche notwendiger Garagen, die unter der Geländeoberfläche hergestellt werden, zu erhöhen.
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Mit Schreiben vom 25. Juni 1970 beantragten die Beigeladenen die Erteilung der Baugenehmigung zur Errichtung eines sechsgeschossigen Wohn- und Geschäftshauses mit Tiefkeller und Kellergarage unter gleichzeitiger Befreiung von der Einhaltung des Bauwichs. Der Beklagte entsprach diesem Antrag durch Bescheide vom 15. April 1971. Mit Schreiben vom 7. September 1971 vertrat der Kläger gegenüber dem Beklagten die Ansicht, das Bauwerk der Beigeladenen überschreite im Hinblick darauf, daß bereits jetzt das 9. Geschoß im Rohbau fertiggestellt sei, die hier zulässige Geschoßflächenzahl. Nachdem die Beigeladenen unter Bezugnahme auf § 21a Abs. 5 BauNVO ihren Bauantrag dahin ergänzt hatten, daß die vorhandene Tiefgarage um insgesamt 1533 qm erweitert werden sollte, erteilte der Beklagte mit Bescheiden vom 13. April 1972 den Beigeladenen die Genehmigung zur Ausführung des 7. bis 11. Geschosses nebst baulichen Änderungen in den unteren Geschossen einschließlich Keller und Tiefgarage unter Befreiung von der im Bebauungsplan festgesetzten und gemäß § 21a BauNVO bereits erhöhten Geschoßflächenzahl um 17,4 % und der festgesetzten zulässigen Geschoßzahl um ein zurückgesetztes Zweckgeschoß. Die Beigeladenen führten danach die Baumaßnahmen zu Ende, ohne entsprechend der Ergänzung ihrer Bauunterlagen die Tiefgarage zu erweitern; nach ihren Angaben ist auch zukünftig eine solche Erweiterung nicht beabsichtigt.
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Der Kläger hat nach erfolglosem Widerspruch vom 17. Februar 1972 gegen die Baugenehmigung Anfechtungsklage erhoben und zur Begründung im ersten und im zweiten Rechtszug vorgetragen: Die den Beigeladenen erteilten Genehmigungs- und Befreiungsbescheide seien rechtswidrig. Der Bebauungsplan … der Stadt K sei nicht rechtswirksam zustande gekommen. Eine ordnungsgemäße Anhörung der Träger öffentlicher Belange habe nicht stattgefunden; diese Anhörung sei zum größten Teil bereits vor dem Aufstellungsbeschluß vom 29. Oktober 1970 erfolgt. Die dem Planentwurf beigefügte Begründung sei unzureichend und lasse die der Planung zugrunde liegenden Erwägungen nicht erkennen; die der Satzung beizugebende Begründung fehle ganz. Schließlich sei der Plan nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt worden; der insoweit übergeleitete Leitplan der Stadt K habe dort ein Mischgebiet vorgesehen. Nach dem dann einschlägigen § 34 des Bundesbaugesetzes vom 23. Juni 1960 (BGBl. I S. 341) – BBauG 1960 – in der nunmehr anzuwendenden neuen Fassung vom 18. August 1976 (BGBl. I S. 2256) – BBauG 1976 – sei das streitige Bauwerk unzulässig; es füge sich wegen seiner Höhe und seiner Masse nicht in die nähere Umgebung ein. Dem § 34 BBauG 1976 komme nachbarschützende Funktion zu. Zudem sei er, der Kläger, in seinem Grundeigentum schwer und unerträglich betroffen, vor allem dadurch, daß sein Haus durch die auf dem Grundstück der Beigeladenen genehmigte massive Bebauung halbkreisförmig umgeben sei; ein gesundes Wohnen auf seinem Grundstück sei dadurch unmöglich gemacht. Auch sei eine erhebliche Wertminderung anzunehmen. Der nachbarliche Abwehranspruch sei auch dann gegeben, wenn der in Rede stehende Bebauungsplan rechtswirksam sei. Die Rechtswidrigkeit der angefochten Genehmigungs- und Befreiungsbescheide folge dann daraus, daß das Bauwerk die die zulässige Geschoß- und Geschoßflächenzahl betreffenden nachbarschützenden Festsetzungen des Planes nicht einhalte und daß die insoweit erteilte Befreiung von § 31 Abs. BBauG nicht gedeckt sei.
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Der Beklagte und die Beigeladenen haben ausgeführt: Die streitigen Baugenehmigungen und Befreiungsbescheide seien rechtmäßig. Sie fänden ihre Rechtsgrundlage in den entsprechenden Festsetzungen des in Rede stehenden Bebauungsplanes und in § 31 Abs. 2 BBauG. Der Bebauungsplan sei rechtswirksam zustande gekommen. Die ihm beigegebene Begründung genüge den an sie zu stellenden Mindestanforderungen. Der Rat der Stadt K habe – in rechtlich zulässiger Weise – die dem Planentwurf beigefügt Begründung bei der Beschlußfassung über den Plan als Satzung als endgültige Begründung übernommen. Maßgebend für die das Grundstück der Beigeladenen betreffenden planerischen Festsetzungen sei die Überlegung gewesen, die gesamte Bauleitplanung in dem fraglichen Bereich auf das sog. Nordrhein-Westfalen-Programm auszurichten; dessen Ziel sei die städtebauliche Konzentration an U- und S-Bahnhaltepunkten gewesen. Deswegen verstoße der Bebauungsplan auch nicht gegen das Abwägungsgebot. Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BBauG seien gegeben; daß hier Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordert hätten, folge ebenfalls aus den zum Nordrhein-Westfalen-Programm angestellten Erwägungen. Zudem sei ein nachbarlicher Abwehranspruch nicht gegeben, weil die etwa verletzten baurechtlichen Vorschriften nicht nachbarschützend seien; auch fehle es an einer tatsächlichen Beeinträchtigung. Schließlich sei ein etwaiger Abwehranspruch des Klägers verwirkt.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen.
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Das Berufungsgericht hat nach einer Ortsbesichtigung durch den Berichterstatter das erstinstanzliche Urteil, die Baugenehmigung den Befreiungs- und den Widerspruchsbescheid aufgehoben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
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Der Bebauungsplan Nr. … der Stadt K sei nicht rechtswirksam zustande gekommen. Er leide zumindest daran, daß die ihm beigefügte Begründung nicht den an sie zu stellenden Mindestanforderungen genüge. Ob der Rat der Stadt K bei seiner Beschlußfassung vom 3. Juni 1971 dem genannten Plan überhaupt die nach § 9 Abs. 6 Satz 1 BBauG 1960 erforderliche Begründung beigefügt habe, sei den vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen; aus ihnen ergebe sich nur, daß dem Planentwurf eine Begründung beigegeben worden sei. Dies bedürfe aber keiner abschließenden Klärung: Selbst wenn die ursprüngliche Begründung später als endgültige übernommen worden sei, bleibe sie hinter den Anforderungen des § 9 Abs. 6 Satz 1 BBauG 1960 zurück; die Begründung enthalte gerade zu den zentralen Punkten der Bauleitplanung keinen näheren Hinweis. Anderen Unterlagen, etwa den Protokollen über die maßgebliche Ratssitzung, ließen sich die die planerische Entscheidung tragenden Gründe nicht hinreichend sicher entnehmen; insbesondere hätten sich die vom Beklagten vorgetragenen Gründe (Übereinstimmung der Bauleitung mit den die bauliche Konzentration an U- und S-Bahn- Haltepunkten betreffenden Passagen des sog. Nordrhein-Westfalen- Programms) nicht in entsprechenden Ratsprotokollen niedergeschlagen.
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Das Bauwerk der Beigeladenen sei somit im unbeplanten Innenbereich errichtet und mit § 34 BBauG nicht vereinbar: Wenn der planungsrechtlichen Beurteilung noch § 34 BBauG 1960 zugrunde zu legen sei, so stehe das streitige Gebäude zu der in der Umgebung vorhandenen Bebauung in einem bodenrechtlich relevanten Widerspruch d.h. es verschlechtere die vorhandene Situation mehr als nur geringfügig. Der hier maßgebende Bereich zwischen Südseite der K-Straße, F-Gasse und N- Straße werden geprägt durch eine Bebauung bis zu höchstens drei Geschossen.In einem solchen Gebiet stelle ein bis zu 11 Geschossen umfassendes Bauwerk einen unzulässigen Fremdkörper dar. Städtebauliche Dominanten bedürften in der Regel einer Bauleitplanung.
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Wenn § 34 BBauG 1976 einschlägig sei, so gelte im Ergebnis nichts anderes; denn diese Vorschrift fordere noch ein Mehr an Übereinstimmung zwischen Bauvorhaben und der zu berücksichtigenden Umgebung; daß das Bauwerk der Beigeladenen (auch) diesen Anforderungen nicht genüge, folge aus den zu § 34 BBauG 1960 angestellten Überlegungen.
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Die Beigeladenen hätten zudem mit ihrem Vorhaben nicht die nach den gegebenen Umständen gebotene Rücksicht auf die schützenswerten Interessen der in der Umgebung wohnenden Eigentümer und damit auch des Klägers genommen: Das (objektiv-rechtliche) Gebot der Rücksichtnahme gelte auch im unbeplanten Innenbereich. Dem Kläger sei die von dem Bauwerk der Beigeladenen ausgehende Beeinträchtigung seines Eigentums nicht zuzumuten: Die Situation in dem Bereich zwischen Südseite der K- Straße, F-Gasse und N-Straße sei vor Errichtung dieses Bauwerks durch eine im wesentlichen zwei- und dreigeschossige Wohnbebauung geprägt gewesen. Die Bewohner dieser Häuser hätten wohl damit rechnen müssen, daß auch die noch freien Grundstücke dieses Gebiete darunter das Grundstück der Beigeladenen, zukünftig bebaut werden würden; dabei hätten sie auch nicht ohne weiteres davon ausgehen können, daß nur den vorhandenen Gebäuden im wesentlichen angepaßte Baulichkeiten errichtet würden. Der Kläger habe aber darauf vertrauen können, daß jedenfalls ein Bauwerk mit einer in der Umgebung auch nicht annähernd vorhandenen Höhe und Masse nicht entstehen werde; insoweit sei er durch das Gebot der Rücksichtnahme objektiv geschützt gewesen.
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Grundsätzlich habe das Gebot der Rücksichtnahme keine nachbarschützende Wirkung. Drittschutz sei nur zu bejahen, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen sei. Nichts anderes könne in den Fällen gelten, in denen sich der Bauherr eine rechtswidrige Baugenehmigung durch falsche Angaben erschleiche oder in Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Genehmigung von ihr Gebrauch mache. Gleichzubehandeln sei aber auch der Fall, daß ein – weder bewußt falsche Angaben machender noch die Rechtswidrigkeit der Genehmigung kennender – Bauherr nach Erhalt der rechtswidrigen Genehmigung in bewußter Abweichung von den der Genehmigung zugrunde liegenden Unterlagen ein Vorhaben ausführe, das, hätte er es in dieser Form zur Überprüfung gestellt, von den zuständigen Behörden niemals genehmigt worden wäre. In allen diesen Fällen liege es auf der Hand, daß ein sich in dieser Weise dolos verhaltender Bauherr keinen Schutz verdiene. Hier seien die Beigeladenen bewußt von den Unterlagen abgewichen, die der Baugenehmigung vom 13. April 1972 zugrunde gelegen hätten. Sie hätten die in die bauaufsichtliche Prüfung einbezogene Erweiterung der Tiefgarage um 1 533 qm nicht vorgenommen und beabsichtigten dies auch zukünftig nicht. Hätten sie das Vorhaben ohne die Schaffung zusätzlicher unterirdischer Stellflächen zur Überprüfung gestellt, so wäre die Baugenehmigung vom 13. April 1972 unter gleichzeitiger Befreiung von der festgesetzten Geschoßflächenzahl nicht erteilt worden, wie die Verwaltungsvorgänge deutlich erkennen ließen. Das sei auch den Beigeladenen aus dem Schriftwechsel sowie aus zahlreichen Unterredungen bekannt gewesen; Vertreter des Beklagten hätten immer wieder darauf hingewiesen, daß die oberirdisch geplante Baumasse mit der Überschreitung der Geschoßflächenzahl um 17,4 % ohne eine flankierende unterirdische Baumaßnahme, welche die Geschoßflächenzahl (gemäß § 21a Abs. 5 BauNVO) erhöhe, nicht zu verwirklichen gewesen sei.
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Der nachbarliche Abwehranspruch des Klägers sei auch nicht verwirkt, und zwar auch dann nicht, wenn der Kläger möglicherweise keine Einwendungen im Planverfahren erhoben und auch während der Durchführung des streitigen Bauvorhabens nicht den Erlaß einer einstweiligen Anordnung beantragt habe.
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Im Ergebnis ändere sich nichts, wenn der Bebauungsplan Nr. … der Stadt K rechtswirksam sei. In diesem Fall sei das Bauwerk der Beigeladenen mit § 30 BBauG nicht vereinbar; es widerspreche insbesondere der festgesetzten Geschoßflächenzahl; auch die zulässige Zahl der Vollgeschosse werde mit dem zurückgesetzten 12. Zweckgeschoß überschritten. Diesen Festsetzungen komme hier nachbarschützende Funktion zu.
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Der Befreiungsbescheid sei nicht durch § 31 Abs. 2 Satz 1 BBauG gedeckt und sei demzufolge rechtswidrig: Zunächst könne keine Rede davon sein, daß die strikte Durchführung des in Rede stehenden Planes zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte für die Beigeladenen geführt hätte; eine etwaige Härte wäre vom Plangeber gerade gewollt; übrigens hätten die Beteiligten selbst diesen Befreiungsgrund nicht einmal geltend gemacht. Auch Gründe des Wohls der Allgemeinheit hätten die Befreiung nicht erfordert. Den insoweit vom Beklagten vorgetragenen Gesichtspunkten (städtebauliche Konzentration an U- und S-Bahn-Haltepunkten) sei bereits durch die planerischen Festsetzungen selbst Rechnung getragen. ob sich diese Gründe überhaupt als tragfähig erwiesen wenn der Bebauungsplan in materieller Hinsicht hätte überprüft werden müssen, könne dahinstehen; jedenfalls lasse sich aus ihnen nicht zugleich eine Befreiung gerade von den so begründeten Festsetzungen herleiten.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beigeladenen, die die Verletzung formell und materiellen Bundesrechts rügen. Der Beklagte schließt sich dem Revisionsantrag der Beigeladenen an. Der Kläger bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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Die Revision bleibt ohne Erfolg; das angefochtene Urteil hält im Ergebnis der revisionsgerichtlichen Prüfung stand.
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Der Senat hat – ebenso wie das Berufungsgericht – keinen Anlaß, abschließend über die Gültigkeit oder Ungültigkeit des Bebauungsplans Nr. … der Stadt K zu entscheiden. Er ist mit dem Berufungsgericht der Ansicht, daß die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung Rechte des Klägers verletzt, gleichviel, ob der Bebauungsplan gültig oder aber ungültig ist, im letzteren Fall mit der Folge, daß dann die Vorschrift über die Zulässigkeit von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BBauG) anwendbar ist. Das ergibt sich im einzelnen aus den nachstehenden Überlegungen:
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Unterstellt man, daß dem Bebauungsplan nicht nur eine Entwurfsbegründung beigefügt, sondern daß diese auch als Planbegründung vom Rat der Stadt übernommen worden ist, – daß das so ist hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht und auch die von den Beigeladenen insoweit erhobene Verfahrensrüge, das Berufungsgericht hätte klären müssen, ob der Rat über die geltend gemachten Bedenken und Anregungen entschieden habe, gibt für diese Frage nichts her -, so könnte die vom Berufungsgericht bemängelte Unvollständigkeit der Planbegründung wegen einer während des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen Rechtsänderung nunmehr unbeachtlich sein (vgl. § 155 b Abs. 1 Nr. 3 des Bundesbaugesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 6. Juli 1979 – BBauG 1979 -). Das würde freilich nach § 155 b Abs. 1 Satz 1 BBauG 1979 voraussetzen, daß u.a. die Anforderungen an die Abwägung gewahrt sind, was zweifelhaft sein kann, wie das Berufungsgericht angedeutet hat. Wäre der Bebauungsplan gleichwohl gültig, so würde die Baugenehmigung deswegen Rechte des Klägers verletzen, weil sie wegen einer Überschreitung der Geschoß- und der Geschoßflächenzahl gegen nachbarschützende Festsetzungen verstößt und die insoweit erteilte Befreiung rechtswidrig ist.
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Das Berufungsgericht hat in Auslegung des ortsrechtlichen Bebauungsplans entschieden, daß sowohl die Festsetzung der Geschoßzahl als auch die Festsetzung der Geschoßflächenzahl nachbarschützenden Charakter haben; es hat unter Würdigung der besonderen Verhältnisse des Planbereichs angenommen, daß diese im Plan festgesetzten Höchstwerte gerade zum Schutz der bereits vorhandenen Gebäude festgesetzt worden seien. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision scheitern an der Irrevisibilität des Ortsrechts (vgl. §§ 137 Abs. 1, 173 VwGO in Verbindung mit § 562 ZPO).
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Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner ausgeführt, diesen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften habe die den Beigeladenen erteilte Befreiung nicht ausräumen können, weil sie mit § 31 Abs. 2 BBauG nicht zu vereinbaren und deswegen rechtswidrig sei: Eine Befreiung setzt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats voraus, daß es sich um einen dem Schutzgut der Norm entzogenen (atypischen) Sonderfall handelt (vgl. Urteil vom 14.Juli 1972 – BVerwG IV C 69.70 – BVerwGE 40, 268 <272>). Davon kann hier – zumal gerade das Hochhaus der Beigeladenen und die Planung weitgehend aufeinander abgestimmt sind – keine Rede sein: Das Erfordernis, die in dem Bebauungsplan festgesetzte Geschoßzahl und die Geschoßflächenzahl einzuhalten, stellt keine von der Planung“ offenbar nicht beabsichtigte Härte“ dar (vgl. auch dazu Urteil vom 14. Juli 1972 a.a.O.). Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß die Planung die Festsetzung einer Geschoßzahl von höchstens 11 und einer Geschoßflächenzahl von höchstens 2,4 gerade für das in Rede stehende Bauvorhaben gewollt hat.
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Auch „Gründe des Wohls der Allgemeinheit“ rechtfertigen die Befreiung nicht. Das Berufungsgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, daß eine (etwa im Hinblick auf das Nordrhein-Westfalen-Programm) angezeigte bauliche Konzentration bereits durch den Bebauungsplan selbst erreicht worden und damit als planerisches Ziel „verbraucht“ ist. Die gegenteilige Meinung der Beigeladenen und des Beklagten verkennt den Begriff des Wohls der Allgemeinheit (vgl. dazu Urteil des Senats vom 9. Juni 1978 – BVerwG IV C 54.75 – BVerwGE 56, 71). Was allein zur Überschreitung der Geschoßzahl und der Geschoßflächenzahl geführt hat, ist das private Interesse der Bauherren an einer wirtschaftlich optimalen Grundstücksnutzung.
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Schließlich kann die Befreiung auch nicht auf die – in den § 31 Abs. 2 BBauG erst durch die Novellierung von 1979 eingeführten – „städtebaulichen Gründe“ gestützt werden: Es ist hier schlechterdings kein städtebaulicher Grund ersichtlich, die Festsetzung von elf Geschossen und einer Geschoßflächenzahl von 2,4, die ohnehin zu Lasten der im Planbereich liegenden zwei- und dreigeschossigen Häuser geht, noch zu überschreiten. Alle erkennbaren städtebaulichen Gründe sprechen eher für ein geringeres Bauvolumen oder zumindest für eine terrassenförmige Abstufung des Gebäudes der Beigeladenen zum Grundstück des Klägers hin, das sich damit besser in das durch den Bebauungsplan begründete nachbarliche Austauschverhältnis einfügen würde.
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Daß der Kläger sein Abwehrrecht nicht verwirkt hat, liegt auf der Hand. Dem § 2 Abs. 6 BBauG 1960/§ 2 a Abs. 6 BBauG 1976 kommt eine Präklusionswirkung nicht zu: Auch dem Planbetroffenen der im Planaufstellungsverfahren Bedenken und Anregungen nicht geltend gemacht hat, kommt die Befugnis zu, eine nach seiner Meinung rechtswidrige Baugenehmigung anzufechten. Abgesehen davon liegt hier gerade in der Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplans ein Nachteil, mit dem der Kläger im Planaufstellungsverfahren gar nicht rechnen konnte.
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Aus alledem folgt, daß die Baugenehmigung, unterstellt man die Gültigkeit des Bebauungsplanes, den Kläger in seinen Rechten verletzt.
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Wenn dagegen der Bebauungsplan ungültig ist, kann die Baugenehmigung ihre Rechtfertigung allein in § 34 BBauG finden. Auch dann würde sie Rechte des Klägers verletzen:
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Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang offengelassen, ob § 34 BBauG 1960 oder § 34 BBauG 1976 anzuwenden ist. Das ist im Ergebnis ohne Bedeutung, weil die Baugenehmigung in der Tat bei Anwendung beider Gesetzesfassungen Rechte des Klägers verletzt. Der erkennende Senat hat allerdings in seinem Urteil vom 14. April 1978 – BVerwG 4 C 96 und 97.76 – (Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 34) klargestellt, daß bei Nachbarklagen gegen nach altem Recht erteilte Baugenehmigungen Rechtsänderungen, die erst während des Verwaltungsstreitverfahrens eingetreten sind, im allgemeinen nicht zu Lasten des Bauherrn berücksichtigt werden können. Folglich ist hier § 34 BBauG 1960 anzuwenden.
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Den nach § 34 BBauG 1960 für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens maßgeblichen Bereich hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der durchgeführten Ortsbesichtigung in einer rechtlich nicht zu beanstandenden Weise bestimmt. Soweit die Beigeladenen und der Beklagte darin einen Verfahrensfehler sehen, daß das Berufungsgericht die an der Nordseite der K-Straße und die in der J-Gasse liegenden Hochhäuser nicht beachtet und die Notwendigkeit der Konzentrierung der Bebauung an U-Bahn-Haltestellen verkannt habe, übersehen sie folgendes: Die hochgeschossige Bebauung ist im Protokoll über die Ortsbesichtigung durchaus erwähnt; mit einer Sofortbildkamera aufgenommene Bilder, die u.a. die Hochhäuser darstellen, sind als Anlage zum Protokoll genommen. Wenn das Berufungsgericht gleichwohl nicht auf diese Hochhäuser eingegangen ist, so deswegen, weil es auf der Grundlage seiner materiellrechtlichen Auffassung den Bereich zwischen Südseite der K-Straße, F-Gasse und N-Straße als den nach § 34 BBauG 1960 maßgeblichen Bereich angesehen hat.
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Materiellrechtlich ist diese Bestimmung des maßgebenden Bereichs nicht zu beanstanden. Was das Berufungsgericht hierzu ausgeführt hat, steht mit der ständigen Rechtsprechung des Senats im Einklang (vgl. die Zusammenfassung der bisherigen Rechtsprechung zum maßgeblichen Bereich im Sine des § 34 BBauG 1960 und die Übertragung dieser Rechtsprechung auf § 34 BBauG 1976 im Urteil vom 26. Mai 1978 – BVerwG 4 C 9.77 – BVerwGE 55, 369 <380> mit weit. Nachw.).
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Geprägt war der maßgebliche Bereich vor Errichtung des Hochhauses der Beigeladenen durch „eine im wesentlichen zwei- und dreigeschossige Wohnbebauung“ (BU S. 15 u. 21). Nach § 34 BBauG 1960 wäre das Vorhaben der Beigeladenen nur dann zulässig, wenn es „bei Beachtung der gebotenen Rücksichtnahme auf die sonstige Bebauung im maßgeblichen Bereich einen bodenrechtlich relevanten Widerspruch zu der vorhandenen Bebauung nicht hervorruft“ (Urteil des Senats vom 18. Oktober 1974 – BVerwG IV C 77.73 – Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 45 S. 111 <118> m. weit. Nachw.). Das Vorhaben der Kläger steht jedoch in einem derartigen bodenrechtlich relevanten Widerspruch zur vorhandenen Bebauung. Der Widerspruch beruht gerade darauf, daß das Vorhaben, das von der in jenem Bereich sonst vorhandenen Bebauung in bodenrechtlich beachtlicher Weise abweicht, es an der gebotenen Rücksichtnahme fehlen läßt (vgl. über das erwähnte Urteil vom 18. Oktober 1974 hinaus zur Anwendung des Rücksichtnahmegebotes im Rahmen des § 34 BBauG 1960 Beschluß des Senats vom 31. Oktober 1977 – BVerwG IV B 185.77 – Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 60 und zur Anwendung des Rücksichtnahmegebotes bei der Anwendung § 34 BBauG 1976 Urteil vom 26. Mai 1978 – BVerwG 4 C 9.77 – a.a.O. S. 386). Dabei ist im Hinblick auf die Ausführungen des Berufungsgerichts, das einen objektiven Verstoß gegen § 34 BBauG 1960/76 und zusätzlich für das alte und das neue Recht einen weiteren Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme bejaht, folgendes klarzustellen: Das Gebot der Rücksichtnahme gilt nicht isoliert neben § 34 BBauG 1960 bzw. § 34 BBauG 1976/79. Es ist vielmehr inhaltlicher Bestandteil dieser Vorschrift dergestalt, daß es nach altem Recht in dem Begriff der „Unbedenklichkeit“ (d.h. der Nichtverursachung eines bodenrechtlich relevanten Widerspruchs) und nach heutigem Recht in dem Begriff des „Einfügens“ aufgeht.
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Daß das Vorhaben der Beigeladenen in dem gekennzeichneten Sinn „rücksichtslos“ ist, ergibt sich im einzelnen aus folgenden Überlegungen: Die an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellenden Anforderungen hängen wesentlich von den konkreten Umstände des Einzelfalles ab. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 25. Februar 1977 – BVerwG IV C 22.75 – BVerwGE 52, 122 <126> kann um so mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, um so weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit seinem Vorhaben verfolgten Interessen sind. Die hierbei vorzunehmende Interessenabwägung hat sich an dem Kriterium der Unzumutbarkeit auszurichten, unzumutbar freilich nicht im enteignungsrechtlichen Sinne, sondern in dem Sinne, daß dem Betroffenen die nachteilige Einwirkung des streitigen Bauwerks billigerweise nicht mehr zugemutet werden soll.
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Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß hier durch das zwölfgeschossige Gebäude mit einer Geschoßflächenzahl von 2,4, diese noch erhöht um 1 533 qm, sowie einer Überschreitung der bereits erhöhten Geschoßflächenzahl um 17,4 %, das Gebot der Rücksichtnahme objektiv verletzt wird: Die von dem Bauwerk der Beigeladenen ausgehende Beeinträchtigung ist dem Kläger nicht zuzumuten, weil die Situation in dem maßgeblichen Bereich bisher durch eine im wesentlichen zwei- und dreigeschossige Wohnbebauung geprägt ist. In diesem Bereich ein solches Bauwerk zu errichten, das mit seinem Übermaß an Höhe und Volumen auch nicht annähernd den dort vorhandenen Gebäuden gleichartig ist und das nur den unangemessen geringen Abstand von 15 Metern zum zweieinhalbgeschossigen Wohnhaus des Klägers einhält, verletzt das Gebot der Rücksichtnahme. Daraus folgt, daß die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist.
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Allein der objektiv-rechtliche Verstoß der Baugenehmigung gegen § 34 BBauG 1960 würde allerdings nicht zu einer Verletzung eigener Rechte des Klägers im Sinne des § 113 Abs. Satz 1 VwGO führen. § 34 BBauG 1960 hat nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich keine drittschützende Wirkung (Urteil vom 13. Juni 1969 – BVerwG IV C 234.65 – BVerwGE 32, 173). In bestimmten (Ausnahme-)Fällen kommt jedoch dem Gebot der Rücksichtnahme eine drittschützende Wirkung zu; in dem bereits zitierten Urteil vom 25. Februar 1977 (a.a.O. S. 129/130) hat der Senat ausgeführt, daß das Gebot der Rücksichtnahme – ausnahmsweise – Nachbarschutz vermittle, soweit in „qualifizierter und zugleich individualisierter“ Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen sei.
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Das Berufungsgericht hat gemeint, diese Rechtsprechung dahin weiterführen zu sollen, daß nichts anderes gelten könne, wenn sich der Bauherr eine rechtswidrige Baugenehmigung durch falsche Angaben erschleiche, wenn er von der Genehmigung in Kenntnis ihrer Rechtswidrigkeit Gebrauch mache oder wenn er – wie hier – zwar weder bewußt falsche Angaben gemacht habe noch die Rechtswidrigkeit der Genehmigung kenne, aber nach Erhalt der (rechtswidrigen) Genehmigung in bewußter Abweichung von den der Genehmigung zugrundeliegenden Unterlagen ein Vorhaben ausführe, das, hätte er es in dieser Form zur Überprüfung gestellt, von den zuständigen Behörden niemals genehmigt worden wäre; in allen diesen Fällen liege es auf der Hand, daß ein sich in dieser Weise dolos verhaltender Bauherr keinen Schutz verdiene (so veröffentlicht in BRS Bd. 32 Nr. 156).
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Diese Begründung für die Annahme einer drittschützenden Wirkung des Rücksichtnahmegebotes begegnet schon deswegen Bedenken, weil sie die Voraussetzungen bereits des objektiven Rücksichtnahmegebotes verkennt. Denn die Verletzung des Rücksichtnahmegebotes setzt allein voraus, daß der Nachbar durch die Baugenehmigung oder ihre Ausnutzung unzumutbar beeinträchtigt wird. Das aber entscheidet sich nach dem Grade der Einwirkungen des genehmigten Bauwerks und nicht nach dem Verhalten des Bauherrn gegenüber der Baugenehmigungsbehörde. Deshalb ist hier zwar die Genehmigung eines derart massierten Bauwerks geeignet, das Rücksichtnahmegebot zu verletzen, nicht aber der Umstand, daß die Beigeladenen die Genehmigung dieser Massierung ausgenutzt haben, obwohl sie den Ausbau der Tiefgarage nicht ausgeführt haben, der allenfalls die Erhöhung der Geschoßflächenzahl hätte rechtfertigen können.
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Gleichwohl ist das Ergebnis, daß die Baugenehmigung wegen eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot aufzuheben ist, richtig: Das Rücksichtnahmegebot hebt, wie bereits betont, auf die gegenseitige Verflechtung der baulichen Situation benachbarter Grundstücke ab; es will einen angemessenen Ausgleich schaffen, der dem einen das ermöglicht, was für ihn unabweisbar ist, und den anderen vor unzumutbaren Belästigungen oder Benachteiligungen schützt. Muß sich der Baugenehmigungsbehörde nach der Situation eine ganz besondere Schutzwürdigkeit bestimmter – in der Regel unmittelbarer – Nachbarn aufdrängen, so ist die für die drittschützende Wirkung geforderte „Qualifizierung und Individualisierung“ gegeben. So liegt es hier: Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist das nur 2 1/2-geschossige Gebäude des Klägers an der engsten Stelle nur 15 Meter von dem Hochhaus der Beigeladenen entfernt. Der Baugenehmigungsbehörde mußte sich bei der Genehmigung des zwölfgeschossigen Gebäudes mit seiner im Verhältnis zur benachbarten Bebauung unangemessen hohen Geschoßflächenzahl aufdrängen, daß dieses Gebäude nach Höhe und Volumen das Wohnhaus des Klägers gleichsam „erdrücken“ würde. Es war offenkundig, daß gerade die den Beigeladenen im Wege der Befreiung zugestandene Überschreitung der Geschoßflächenzahl zu einem Anschwellen des Bauvolumens führen und daß dies besonders zu Lasten des Klägers gehen würde. Entsprechendes gilt auch für die zwölfgeschossige Bauweise, wobei ohne Bedeutung ist, ob das zwölfte Geschoß als Zweckgeschoß oder als Wohngeschoß genutzt wird. In dieser Situation lag die besondere Schutzwürdigkeit gerade des Klägers als des dem Hochhaus am nächsten wohnenden Nachbarn auf der Hand. Die in Rede stehende Baugenehmigung verletzt deshalb subjektive Rechte des Klägers. Da sie nicht in einen rechtmäßigen und einen rechtswidrigen Entscheidungsgehalt teilbar ist, da insbesondere eine Verringerung der Geschoßzahl oder der Geschoßflächenzahl nicht ohne eine Änderung der baulichen Konstruktion erreicht werden kann, muß deshalb auch bei Anwendung des § 34 BBauG 1960 die Baugenehmigung insgesamt aufgehoben werden.