Zur irreführenden Werbung eines Fleischereibetriebs durch Verwendung der Aussage „nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt“

LG Offenburg, Urteil vom 15.09.2017 – 5 O 54/16 KfH

Zur irreführenden Werbung eines Fleischereibetriebs durch Verwendung der Aussage „nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt“

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer) zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Fleisch und/oder Fleischerzeugnisse mit der Aussage „nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt“ anzubieten und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, sofern diese aus dem Produktionsbetrieb E. S. F. GmbH stammen, insbesondere wie geschehen in Anlage K1.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 246,10 zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 30.10.2016 zu zahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors Ziff. 1 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
1
Der Kläger macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend.

2
Ihm gehören ca. 2.000 Mitglieder an, darunter insbesondere der DIHK, die Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern und etwa 600 Verbände.

3
Die Beklagte ist eines der regionalen Großhandelsunternehmen der deutschlandweit tätigen E.-Gruppe. Die jeweiligen E.-Märkte werden von ca. 4.000 einzelnen Kaufleuten betrieben. Diese werden von insgesamt sieben Regionalgesellschaften, darunter die Beklagte, als Großhändler beliefert und im Vertrieb unterstützt. Die E.-eigenen Produktionsbetriebe sind ebenfalls dort organisatorisch angegliedert, so auch u.a. die E. S. F. GmbH. Die überregionale Koordination übernimmt die Unternehmenszentrale in H., die auch das nationale Warengeschäft sowie die deutschlandweite Werbekampagnen steuert.

4
Die Beklagte wirbt für das von ihr vertriebene Fleisch und von ihr vertriebene Fleischerzeugnisse, die sie von der E. S. F. GmbH bezieht, mit der Aussage „nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt“. So heißt es in der streitgegenständlichen, als Anlage K1 (ALHK 1 f.) in Kopie vorgelegten Werbeanzeige:

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„Beste Qualität – dafür stehen wir von der E. S. Nehmen wir zum Beispiel die vielen Fleisch- und Wurstspezialitäten von unserem Produktionsbetrieb E. S. F. Die werden aus ausgewählten, hochwertigen Rohstoffen nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt. Und das schmeckt man! Also, worauf warten Sie noch? Schmeißen Sie den Grill an und verwöhnen Sie sich und Ihre Familie mit unseren herzhaften Steaks. Guten Appetit.“

6
Die E. S. F. GmbH ist in der Handwerksrolle eingetragen. Sie produziert an 6 1/2 Tagen pro Woche, dabei ca. 250 t Fleischprodukte und weitere 125 t Wurst pro Tag. Sie beschäftigt 1300 Mitarbeiter in dem Produktionsbetrieb in R., darunter in der Produktion, ca. 30 ausgebildete Metzgermeister und ca. 125 Metzgergesellen. Die meisten Metzgermeister und Metzgergesellen arbeiten im Bereich der Fleischzerlegung und Verarbeitung sowie in der Wurst- und Schinkenproduktion. Mit Metzgermeistern sind die Abteilungsleiter- und Schichtleiterfunktionen besetzt. Als Maschinenführer fungieren die Metzgergesellen. Es werden dort pro Tag ca. 5000 Schweinehälften angeliefert und verarbeitet. Die Produktionsanlagen sind computergesteuert. Im Produktionsbetrieb der E. S. F. GmbH werden Fließbänder eingesetzt. An diesen Fließbändern werden etwa Schweinehälften zerlegt. Die Zerlegung erfolgt in arbeitsteiliger Weise. Der gesamte Herstellungsprozess der Fleisch und Wurstspezialitäten erfolgt unter Aufsicht und Anleitung von Metzger- bzw. Fleischermeistern und -gesellen. Der Geschäftsführer der E. S. F. GmbH ist Fleischermeister. Die E. S. F. GmbH beliefert 1300 verschiedene E.-Märkte.

7
Die Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 8.6.2016 ab. Sie berechnet ihre Aufwendungen für die Abmahnung pauschal auf 230 EUR zzgl. 7 % Mehrwertsteuer, insgesamt 246,10 EUR. Die Beklagte wies die Abmahnung anwaltlich vertreten zurück. Die Beklagte war zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht bereit.

8
Der Kläger behauptet:

9
Die E. S. F. GmbH gehöre zu den industriellen Fleischverarbeitungsbetrieben. Die Abläufe dort seien industrialisiert. Es werde in erster Linie technisches, logistisches oder Vertriebspersonal beschäftigt. Eine handwerkliche Verarbeitung des Fleisches finde bei der E. S. F. GmbH nicht durchgehend, sondern allenfalls teilweise statt. Bei einigen Produkten finde die Verarbeitung, insbesondere die Zerlegung, teilweise woanders statt. Es würden entsprechend vorgefertigte (oder vielleicht auch komplett vorgefertigte) Fleischprodukte zugekauft. Bei der Beklagten bzw. bei der E. S. F. GmbH sei ein Produkt bereits „regional“ hergestellt, wenn z.B. die Tiere irgendwo aus Süddeutschland kommen.

10
Der Kläger meint:

11
Die streitgegenständliche Werbung vermittle den Eindruck einer handwerklichen Produktion des Fleisches. Für die angesprochenen Verkehrskreise sei der Hinweis auf „traditionelle Metzgerkunst“ als Hinweis auf eine handwerkliche Herstellung zu verstehen. Durch die Aussage, die Produkte seien „nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt“, werde die Unterscheidung zwischen industrieller und handwerklicher Fleischverarbeitung verschleiert. Die maschinelle Erzeugung von Würsten bzw. das maschinelle Schneiden von Scheiben habe mit „traditioneller Metzgerkunst“ nichts zu tun. Es habe nichts mit „traditioneller Metzgerkunst“ zu tun, wenn, wie bei der Beklagten, dass Fleisch schon dann als „regional“ bezeichnet wird, wenn es etwa komplett aus dem „Südwesten“ kommt. Mit traditioneller Metzgerkunst sei auch die bei der Beklagten übliche Praxis, Fleisch in einer Kunststoffverpackung und unter Schutzatmosphäre zu verkaufen, nicht mehr zu vereinbaren. „Traditionelle Metzgerkunst“ bedeute auch die Bewahrung und Umsetzung von Regionalität. 3000 unterschiedliche Produkte seien ein Merkmal industrieller Produktion.

12
Der Kläger hat ursprünglich nach Hinweis des Gerichts, dass Fleisch und Fleischerzeugnisse keinen synonymen Begriffe sind, beantragt:

13
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, zur Vollstreckung an dem Geschäftsführer) zu unterlassen,

14
im geschäftlichen Verkehr Fleisch und/oder Fleischerzeugnisse mit der Aussage „nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt“ anzubieten und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, sofern diese aus dem Produktionsbetrieb E. S. F. GmbH stammen.

15
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 246,10 zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem je welligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

16
Der Kläger beantragt – nach einem Hinweis des Gerichts, dass sein Antrag zu weit gefasst sein könnte – zuletzt:

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1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, zur Vollstreckung an dem Geschäftsführer) zu unterlassen,

18
im geschäftlichen Verkehr Fleisch und/oder Fleischerzeugnisse mit der Aussage „nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt“ anzubieten und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, sofern diese aus dem Produktionsbetrieb E. S. F. GmbH stammen,

19
insbesondere wie geschehen in Anlage K1.

20
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 246,10 zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem je welligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

21
Die Beklagte beantragt,

22
die Klage abzuweisen.

23
Die Beklagte behauptet:

24
Bei der E. S. F. GmbH liege keine industrielle Herstellung vor. Der Umstand, dass die weit überwiegende Anzahl der Mitarbeiter der E. S. F. GmbH in der Logistik, Verwaltung und Verpackung beschäftigt sind, ändere nichts daran, dass die Herstellungsweise handwerklicher Tradition folge. Wenn auch die Produktion bei der E. S. F. GmbH auf hohe Stückzahlen ausgelegt sei, so folge diese doch den Herstellungsweisen der traditionellen Metzgerkunst. Traditionelle Herstellung verweise auf die Methode und die Rezeptur. Beides erfülle die E. S. F. GmbH. Die Rezepturen seien teilweise Jahrzehnte alt, die Methoden seien denen des handwerklichen Metzgers gleich. Rohesser wie Pfefferbeißer würden kalt geräuchert, wie es der traditionellen Metzgerkunst entspreche. Bei der Herstellung von Fleisch und Wurstwaren für den Rauch werde kein Flüssigrauch eingesetzt, sondern ein Feuer entfacht, über dem im Rauchschrank geräuchert werde. Dazu werde traditionell mit Hackspänen und Sägemehl gearbeitet. Dazu sei aus handwerklich-fachlichen Gründen jede Rauchanlage mit einem Raucherzeuger ausgerüstet. Der Fleischverarbeitungsbetrieb der E. S. F. GmbH setze die gleichen Maschinen und Werkzeuge ein, wie sie sich auch in einem Handwerksbetrieb befinden. Das Fleisch, das in den Theken angeboten werde, stamme aus der eigenen Zerteilung bei der E. S. F. Ausgenommen seien lediglich Spezialitäten, die einen Hinweis auf den entsprechenden ausländischen Ursprung haben.

25
Auch in örtlichen Metzgereien werde die Ware verpackt.

26
Der Maschineneinsatz bei der E. S. F. GmbH habe lediglich eine dienende und unterstützende Funktion. Die Rezeptur- und Produktentwicklung sowie die Produktweiterentwicklung liege in der Hand des Geschäftsführers M. und seiner ausgebildeten langjährigen Mitarbeiter.

27
Die Anlieferung der Rohware, Schweine und Rinderhälften, erfolge unter Kontrolle durch Fleischermeister, die die Schlachtkörper auswählen und ungeeignete Stücke zurückweisen. Es werde nicht automatisch das zur Verarbeitung genommen, was angeliefert werde. Dabei sei eine optische Betrachtung der angelieferten Stücke durch den Menschen, deren Befühlen durch den Menschen und auch eine geruchliche Auswahl durch den Menschen notwendig. Die Auswahl werde nicht von einer Maschine vorgenommen, die Beurteilung erfolge alleine durch den langjährig ausgebildeten Menschen, auf dessen Erfahrungsschatz zurückgegriffen werde.

28
Die Beklagte erwerbe immer ganze Schweinehälften und verarbeite diese Schweinehälften komplett.

29
Die Beklagte verfüge über drei Kutter, jeder Kutter werde von einem Metzgermeister beaufsichtigt.

30
Viele weitere Arbeiten bei der Beklagten erfolgten händisch, obwohl es auch dafür Maschinen gäbe. So werde Cordon bleu von Hand paniert, Rollbraten von Hand gelegt, Spieße von Hand gesteckt. Steaks erhielten die Trockenwürzung von Hand.

31
Die Beklagte meint:

32
Traditionelle Metzgerkunst liege vor, wenn mit den Geräten und Rezepturen gearbeitet werde, die denen des Metzgers entsprechen. Die Auslobung der Herstellung nach „traditionelle Metzgerkunst“ verlange schließlich keine Regionalität. Auch das Verpacken von Lebensmitteln unter Schutzatmosphäre verhindere nicht, dass das Lebensmittel als solches „nach traditionellem Metzgerhandwerk“ hergestellt wurde und damit der Auslobung entspreche. In der als Anlage K1 vorgelegten Werbeanzeige gehe es im Übrigen nur um das Angebot an der Fleisch- und Wursttheke und nicht um vorverpackte Waren.

33
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird zur Ergänzung des Tatbestands auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

34
Das Gericht hat zu der Frage, ob Fleisch und Fleischerzeugnisse aus der E. S. F. GmbH handwerklich produziert werden, Beweis durch Vernehmung des Zeugen M. und Einnahme eines Augenscheins erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 27.06.2017 (AS 307 – 321) nebst der als Anlage dem Protokoll beigefügten CD (AS 323) Bezug genommen, auf welcher Lichtbilder gespeichert sind, die durch den Gehilfen des Gerichts Rechtsreferendar Z. im Rahmen des Augenscheintermins aufgenommen worden sind.

35
Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung durch die Vorsitzende allein an Stelle der Kammer und ohne eine weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe
I.

36
Die zulässige Klage ist auch begründet.

37
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte nach §§ 8 Abs. 1 Satz 1 u. Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1 i.V.m. §§ 5 Abs. 1 Satz 1 u. 2 Nr. 1, 3a, 3 Abs. 1 UWG und i.V.m. Art. 7 Abs. 1 lit. a Lebensmittelinformations-VO / VO (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) einen Anspruch auf Unterlassung der Werbung wie aus Anlage K1 ersichtlich und kerngleicher Verstöße. Er kann dagegen nicht verlangen, dass die Beklagte es ganz allgemein – losgelöst von der konkreten Verletzungsform – unterlässt, im geschäftlichen Verkehr Fleisch und/oder Fleischerzeugnisse mit der Aussage „nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt“ anzubieten und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, sofern diese aus dem Produktionsbetrieb E. S. F. GmbH stammen.

38
Die aus der Anlage K1 ersichtliche Werbeaussage ist in ihrer Gesamtheit sowohl nach Art. 7 Abs. 1 lit. a LMIV als auch i. S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 u. 2 Nr. 1 UWG irreführend. Denn durch die Bezeichnung „nach traditioneller Metzgerkunst“ hergestellt, erwartet der insoweit maßgebliche durchschnittlich angemessen aufmerksame, informierte und verständige Verbraucher, dass sämtliche „Fleisch- und Wurstspezialitäten“ aus dem Produktionsbetrieb der Beklagten „E. S. F.“ handwerklich hergestellt sind. Dabei wird er annehmen, dass mit „Fleisch- und Wurstspezialitäten“ sämtliches Fleisch und alle Fleischerzeugnisse gemeint sind, da in der Werbung nicht deutlich wird, ob bzw. ggf. dass sich diese nur auf bestimmte Produkte – etwa nur solche aus der Fleisch- und Wursttheke – beziehen soll. Tatsächlich ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aber nur ein Teil der aus Produktionsbetrieb E. S. F. GmbH stammenden Produkte handwerklich gefertigt.

39
a) Bei der Prüfung, ob eine Angabe über geschäftliche Verhältnisse geeignet ist, den Verkehr irrezuführen, kommt es nicht auf den objektiven Wortsinn und nicht darauf an, wie der Werbende selbst seine Aussage über die Ware oder gewerbliche Leistung verstanden haben will. Entscheidend ist die Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet. (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm UWG § 5 Rn. 1.57, beck-online mwN). Bei richtlinienkonformer Auslegung ist dabei das Leitbild eines durchschnittlich (angemessen) aufmerksamen, verständigen und informierten Mitglieds des maßgeblichen Verkehrskreises zu Grunde zu legen (Harte/Henning/Dreyer aaO Rn. 14 mwN). Werbung für – wie hier in Streit stehende – Waren des täglichen Bedarfs richtet sich i.d.R. an das allgemeine Publikum. Hierzu zählt nicht nur, wer regelmäßig die fraglichen Waren oder Leistungen nachfragt, sondern auch derjenige, der – z.B. im Falle einer Werbebeilage eines Supermarkts – nur gelegentlich oder selten selbst einkauft, weil dies im Rahmen der familiären Arbeitsteilung üblicherweise vom Partner übernommen wird. (Vgl. Köhler/Bornkamm/Bornkamm/Feddersen UWG § 5 Rn. 1.66, beck-online). Das Verständnis dieses Verkehrskreises kann das Gericht wegen seiner Zugehörigkeit zu dem Verkehrskreis selbst feststellen.

40
b) Die Beschreibung „nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt“ weist im Zusammenhang mit Fleisch und Fleischerzeugnissen einen durchschnittlich angemessen aufmerksamen, verständigen und informierten Verbrauchers auf eine handwerkliche Herstellung hin.

41
Metzger ist ein Synonym für Fleischer. Fleischer ist ein Handwerksberuf (vgl. auch § 25 Handwerksordnung, im Folgenden kurz: HwO i.V.m. Anlage Ziff. 32). „Traditionell“ im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Fleisch und Herstellung von Fleischerzeugnissen weist ebenfalls auf eine handwerkliche Herstellung hin (vgl. insoweit auch 2.341 der Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse, die freilich nicht jeder Verbraucher kennt, über deren Inhalt er sich jedoch jederzeit über die Internetseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft informieren kann). Der Verbraucher im oben genannten Sinn wird sich dabei allenfalls vorstellen, dass die Bearbeitung von Fleisch und die Herstellung von Fleischerzeugnissen durch Fleischergesellen und -meister sowie Fleischerauszubildende – ggf. auch unter Verwendung von Anlagen, Maschinen und Geräten, die auch EDV-gesteuert sein können – erfolgt. Er wird allerdings keine konkrete Vorstellung davon haben, was eine handwerkliche Herstellung im Einzelnen ausmacht. Er wird mit der Beschreibung „nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt“ allein auch keine konkrete Vorstellung von der Größe des Handwerksbetriebs haben. Es gibt auch keine allgemein herrschende Verkehrsauffassung, ab welcher Betriebsgröße man nicht mehr von einer handwerksmäßigen Gewerbeausübung sprechen kann.

42
Maßgeblich für die Frage, welchen Inhalt die Angabe „nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt“ hat, ist, wie der angesprochene Verbraucher die beanstandeten Angaben im Gesamtzusammenhang aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht (vgl. Harte/Henning/Dreyer, UWG, 4. Aufl., § 5 B Rn. 106 mwN). Entscheidend ist der Gesamteindruck in der konkreten Situation und Art und Weise, in der die Angabe gemacht wird (Harte/Henning/Dreyer aaO). Im Fall der in Streit stehenden Werbung (Anlage K1) wird sich der Verbraucher jedenfalls einen großen Betrieb vorstellen. Es ist nämlich in einem Fließtext, der in gleicher Schriftgröße ohne besondere Hervorhebungen gestaltet ist, von den „vielen Fleisch- und Wurstspezialitäten von unserem Produktionsbetrieb E. S. F.“ die Rede, die so im darauf folgenden Satz, „aus ausgewählten und hochwertigen Rohstoffen nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt“ werden. Der Verbraucher weiß, dass es eine sehr große Zahl von E.-Märkten gibt. Ein Betrieb, der alle diese Märkte – jedenfalls im Südwesten – mit den in der Werbung angesprochenen vielen Fleisch- und Wurstspezialitäten beliefert, muss – auch nach der maßgeblichen Verbrauchersicht – sehr groß sein.

43
c) Nach herkömmlicher Auffassung unterscheidet sich der Industriebetrieb vom Handwerksbetrieb durch die stärkere Arbeitsteilung zwischen der leitenden Tätigkeit des Unternehmers und der technischen Tätigkeit der Gehilfen, durch die umfangreichere Verwendung von technischen Hilfsmitteln und durch den verhältnismäßig stärkeren Kapitaleinsatz (vgl ua Eyermann-Fröhler-Honig, HandwO, 3. Aufl, RdNr 11 zu § 1). Dabei ist indessen zu beachten, dass das Ausmaß der Arbeitsteilung angesichts der auch im Handwerk vordringenden Rationalisierung nicht nur in Industriebetrieben zunimmt und dass die Mitarbeit des Betriebsinhabers von dessen persönlichem Entschluss abhängt und infolgedessen nur ein unsicheres Kriterium für die Abgrenzung zum Industriebetrieb sein kann. Mögen deshalb allgemein die Grenzen zwischen industrieller und handwerklicher Betriebsweise in vieler Hinsicht flüssig werden, so kann doch, wenn mehrere der herkömmlichen Abgrenzungskriterien zusammentreffen, ein Schluss in bestimmter Richtung nahe liegen. Das gilt insbesondere für die Verwendung von Maschinen. Für die Annahme industrieller Betriebsweise spricht es, wenn ihre Verwendung für die Entfaltung der Handfertigkeit keinen Raum mehr lässt; für einen handwerksmäßigen Betrieb, wenn der Handwerker sich ihrer nur zur Erleichterung seiner Tätigkeit und zur Unterstützung seiner Handfertigkeit bedient. (BVerwG, Urteil vom 12. Juli 1979 – 5 C 10/79 –, BVerwGE 58, 217-225, Rn. 25).

44
Wenn festgestellt wird, dass wesentliche Kenntnisse und Fertigkeiten des betreffenden Handwerks durch den Einsatz von Maschinen entbehrlich werden und kein Raum mehr für das handwerkliche Können bleibt, sodass es sinnlos erscheint, von dem Inhaber des Betriebes oder dem Betriebsleiter eine derartige Befähigung zu erwarten oder gar zu verlangen, spricht eine Vermutung gegen eine handwerksmäßige Betriebsform (Nomos-BR/Detterbeck HwO/Steffen Detterbeck HwO § 1 Rn. 25, beck-online mwN).

45
Auch das Ausmaß der Arbeitsteilung kann für die Abgrenzung industrieller und handwerksmäßiger Betriebsweise Bedeutung haben. Da jedoch auch die Rationalisierung in Handwerksbetrieben eine Aufteilung in einzelne Arbeitsvorgänge fordert, können nur die Art und das Ausmaß der im Betrieb durchgeführten Arbeitsteilung entscheidend sein. (Nomos-BR/ Detterbeck HwO/ Steffen Detterbeck HwO § 1 Rn. 26, beck-online mwN). Wenn diese so weit fortgeschritten ist, dass die im Betrieb zu leistenden Arbeiten unter den dort Beschäftigten derart weitgehend aufgeteilt sind, dass jede einzelne Arbeitskraft stets nur bestimmte in der Regel immer wiederkehrende und eng begrenzte Teilarbeiten auszuführen hat, wird dies allerdings gegen eine handwerksmäßige Betriebsweise sprechen. (BVerwG, Urteil vom 17. April 1964 – VII C 228.59 –, BVerwGE 18, 226-235; vgl. auch Nomos-BR/Detterbeck HwO/Steffen Detterbeck HwO § 1 Rn. 26, beck-online mwN vgl. auch Günther, GewArch 2012, 62).

46
Ein wichtiges Kriterium zur Abgrenzung einer handwerklichen von einer industriellen Betriebsform stellt die persönliche Einflussnahme des Betriebsinhabers bzw. des angestellten handwerklichen Betriebsleiters auf den Geschehensablauf dar (vgl. auch Günther, GewArch 2012, 16, 18). Nach dem heute maßgeblichen Betriebsleiterprinzip müssen das Fertigungsprogramm und die Fertigungsweise so gestaltet sein, dass ein Einzelner die technische Leitung des Betriebs von der Gesamtplanung bis hinunter zum einzelnen Arbeitsvorgang beherrschen kann und in der Lage ist, bei Schwierigkeiten im Produktionsablauf aufgrund seiner besonderen Kenntnisse und Fertigkeiten helfend in den Einzelvorgang einzugreifen. Dabei ist zu beachten, dass infolge des Einsatzes moderner Kommunikationsmittel (Laptops, Handys, Internet, Videokonferenzen, Fernsehüberwachung) ein Betriebsleiter eine größere Beweglichkeit und eine verbesserte Informations- und Führungsmöglichkeit hat als noch vor wenigen Jahrzehnten, so dass nunmehr auch bei größeren Betrieben das Kriterium der Überschaubarkeit und Einwirkungsmöglichkeit gewährleistet ist. Bei Betrachtung handwerklicher Großbetriebe ist es daher möglich, dass ein Betriebsleiter beispielsweise mehr als 500 Mitarbeiter überwachen kann. (Günther, GewArch 2012, 16, 18, 19).

47
Für die handwerkliche Zuordnung ist von Bedeutung, ob der Betriebsinhaber auf die praktische Arbeit seiner Mitarbeiter persönlich maßgeblichen Einfluss nehmen kann. In einem modernen Handwerksbetrieb ist der Betriebsinhaber ohnehin nicht mehr reiner Handwerker, sondern aufgrund des erhöhten administrativen und organisatorischen Aufwands zusätzlich Unternehmer, der sich im Büro um die Akquise neuer Aufträge, um die Verwaltung und um Kalkulationen sowie Materialeinkauf kümmern muss. Selbst wenn sich seine Aufgabenstellungen weitgehend auf diesen Bereich beschränken und er nicht mehr den ganzen Tag auf einer Baustelle mitarbeitet, bleibt der handwerkliche Charakter des Betriebs solange bestehen, wie er objektiv Einwirkungsmöglichkeiten im technischen Bereich hat. (Günther, GewArch 2012, 16, 19 mwN).

48
Kriterien wie die Größe eines Unternehmens – es sei denn, durch sie wird der Produktionsprozess beeinflusst -, sein Umsatz, sein Anlagevermögen, die Fertigung auf Vorrat oder Bestellung und die subjektive Überzeugung des Betriebsinhabers von der Art des Betriebes und sein Zugehörigkeitsgefühl zu einer bestimmten Organisation stellen bei der Beurteilung der Frage, ob ein Gewerbebetrieb dem Handwerk zuzurechnen ist, keine tauglichen Abgrenzungskriterien dar. (Vgl. Nomos-BR/Detterbeck HwO/Steffen Detterbeck HwO § 1 Rn. 33, beck-online mwN vgl. auch zum Kriterium der Betriebsgröße Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Juni 1993 – 14 S 722/92 –, Rn. 29, juris Vgl. auch Günther, GewArch 2012, 16, 17 ff.). So wurde etwa einer Großbäckerei mit ca. 600 Mitarbeitern – einer Größe, die generell auf industrielle Betriebe hindeutet – die Handwerksmäßigkeit zugesprochen (vgl. Günther, GewArch 2012, 16, 19 unter Hinweis auf VG Halle, GewArch 2001, 421 ff.; bestätigt durch OVG LSA, GewArch 2002, 201 ff. und BVerwG, GewArch 2003, 79 f.). Die Absatzorganisation (d.h. Vertriebsart und Absatzwege) selbst ist kein taugliches Abgrenzungskriterium zwischen industrieller und handwerklicher Produktion. So bleibt beispielsweise die Handwerksmäßigkeit eines Fleischer- oder Bäckerbetrieb erhalten, wenn diese ihre Waren über einen räumlich verbundenen Laden, auswärtige Filialen, verschiedene Großhändler und verschiedene Handelsvertreter absetzen, mehrere Lieferwagen einsetzen und für Verpackung und Transport ihrer Erzeugnisse weit mehr ungelerntes Personal tätig ist, als handwerklich vorgebildete Arbeitskräfte im Herstellungsbereich beschäftigt werden (Günther, GewArch 2012, 62, 64 mwN).

49
Schließlich umfasst nach § 4 Abs. 1 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Fleischer/ zur Fleischerin das Ausbildungsberufsbild nicht nur das Zerlegen und Herrichten von Schlachttierkörpern und -teilen (Ziff. 12), das Herstellen von Koch-, Brüh- und Rohwurst (Ziff. 13), das Herstellen von Hackfleisch (Ziff. 15), sondern u.a. auch das Umgehen mit Informations- und Kommunikationstechnik (Ziff. 5), das Handhaben von Anlagen, Maschinen und Geräten (Ziff. 9) und das Verpacken (Ziff. 16). Gerade die letzten drei Tätigkeiten/Fähigkeiten zeigen, dass auch der Handwerksberuf des Fleischers einem Wandel unterlegen ist und nicht nur Handarbeit, sondern auch die Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnik, Anlagen, Maschinen und Geräten Teil der handwerklichen Tätigkeit ist.

50
d) Unter Heranziehung dieser Kriterien zur Abgrenzung der handwerklichen Fertigung von der industriellen Produktion und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zweifelsfrei fest, dass sämtliches Fleisch und alle Fleischerzeugnisse, die aus dem Produktionsbetrieb E. S. F. GmbH stammen, handwerklich gefertigt sind.

51
aa) Der Umstand, dass die E. S. F. GmbH im Jahr 2012 in die Handwerksrolle eingetragen wurde, deutet zwar darauf hin, dass diese im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 HwO handwerksmäßig betrieben wird. Allein die Eintragung in die Handwerksrolle lässt jedoch nicht den bindenden und damit sicheren Schluss zu, dass sämtliche Waren handwerklich produziert werden. Denn bei der Frage, ob ein Unternehmen eine im Sinne von § 1 HwO handwerksmäßige Betriebsform aufweist, kommt es nur entscheidend darauf an, ob nach dem Gesamtbild des Betriebes die industrielle oder die handwerksmäßige Betriebsform überwiegt (Nomos-BR/ Detterbeck HwO/Steffen Detterbeck HwO § 1 Rn. 24 mwN, beck-online).

52
bb) Der durchgeführte Augenschein und die Vernehmung des Zeugen M. haben ergeben, dass jedenfalls die Würste, die in der sogenannten Brätlinie hergestellt werden, nicht handwerklich gefertigt werden. In dieser Brätlinie wird das Brät für Würste im Durchlaufverfahren hergestellt, ohne dass zu erkennen wäre, dass hier – wie etwa bei der Herstellung des Bräts über den Kutter – noch für die Handfertigkeit der in der E. S. F. GmbH beschäftigten Metzgermeister oder -gesellen Raum wäre. Tatsächlich war auch kein Mitarbeiter während des Augenscheins zu sehen, der auf die Produktion Einfluss genommen hat. Der Zeuge M. hat den Produktionsablauf bei der Brätlinie so beschrieben, dass zunächst ein Fleischwolf die Wurstzutaten vorzerkleinere, wobei es sich um eine feste Rezeptur handele. Das Brät komme dann in eine so genannte Mühle, die das Ganze dann feinstzerkleinere.

53
Gleiches gilt für die Produktion des Hackfleisches. Während des Augenscheinstermins waren die Maschinen zur Herstellung des Hackfleisches nicht in Betrieb. Das Aussehen und die Größe der Maschine (vgl. Lichtbild IMG_5142.jpg) legen jedoch nicht nahe, dass bei der Produktion des Hackfleisches Raum für die Handfertigkeit der Metzgermeister oder -gesellen wäre.

54
Schließlich entspricht auch die Produktion des Kochschinkens nicht den Anforderungen nach 2.341 der Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse, um diesen als „nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt“ bezeichnen zu dürfen. Denn in diesem Leitsatz heißt es: „Zusätze zur Bezeichnung des Lebensmittels, die auf eine traditionelle handwerkliche Herstellung hinweisen (z.B. „Traditions-„, „Klassik-„), werden nur für Produkte verwendet, bei denen die Schinkenteile, wie sie von einem Tier gewonnen werden können (Ober- und Unterschale, ggf. Nuss und/oder Hüfte), ohne Knochen im natürlichen gewebsmäßigen Verband verbleiben und Auflagen von Speck und ggf. Schwarte haben.“ Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass danach der Schinken vom selben Tier stammen muss (hinsichtlich der Beklagten vgl. deren Ausführungen auf Seite 6 der Klageerwiderung (AS 67)). Nach Aussage des Zeugen M. werden die Schinken zwar aus Ober- und Unterschale produziert. Jedoch müssten Ober- und Unterschale nicht notwendigerweise von einem Tier stammen.

55
e) Allerdings ist davon auszugehen, dass jedenfalls in der sogen. „Manufaktur“ Produkte handwerklich gefertigt werden. Der Zeuge M. erklärte hierzu glaubhaft, dass in der Manufaktur etwa Spieße gesteckt, Blätterteigspezialitäten hergestellt, Rollbraten gefertigt, Cordon Bleu und gefüllte Rouladen hergestellt würden. Zwar konnte die Fertigung in der Manufaktur während des Augenscheins nicht beobachtet werden, weil – wie der Zeuge M. bekundete – die Manufaktur nur nachts besetzt ist. Allerdings konnten die dort gefertigten Produkte besichtigt werden, so etwa gesteckte Spieße (Lichtbild IMG_5172.jpg, IMG_5174.jpg, IMG_5177.jpg, IMG_5178.jpg) und mit Speck umwickelte Hackfleischbrätlinge (Lichtbild IMG_5176.jpg) sowie mariniertes Fleisch (Lichtbild IMG_5173.jpg). Darüber hinaus befanden sich in der sogen. Manufaktur keine größeren Maschinen (vgl. Lichtbild IMG_5145.jpg). All dies belegt, dass in der Manufaktur tatsächlich eine handwerkliche Fertigung erfolgt.

56
Ebenso kann bei Herstellung des Bräts in Kuttern zweifelsfrei von einer handwerklichen Fertigung ausgegangen werden. Im Augenscheinstermin konnte festgestellt werden, dass zwei Metzgermeister und eine Metzgermeisterin jeweils einen Kutter befüllten und so maßgeblichen Einfluss auf den Herstellungsprozess hatten (vgl. auch Lichtbilder IMG_5150.jpg, IMG_5151.jpg). Soweit die aus dem Brät hergestellten Würste im Rahmen der weiteren Produktion geräuchert wurden, ist auch insoweit von einer handwerklichen Fertigung auszugehen. Der Zeuge M. erklärte insoweit glaubhaft, die Würste würden klassisch heiß geräuchert. Diese Räuchermethode konnte auch im Rahmen des Augenscheins festgestellt werden.

57
f) Damit kann dahinstehen, ob die Fertigung anderer Produkte wie etwa des zerlegten Fleisches ebenfalls handwerklich erfolgt oder nicht. Denn soweit der Kläger allgemein, ohne Bezug zur konkreten Verletzungshandlung die Unterlassung für sämtliches Fleisch und sämtliche Fleischerzeugnisse, die aus dem Produktionsbetrieb E. S. F. GmbH stammen, begehrt, wäre der Antrag zu weit gefasst. Wie dargestellt ist ein Teil der Produkte tatsächlich handwerklich gefertigt. Soweit der Kläger zuletzt durch den „Insbesondere“-Zusatz auf die konkrete Verletzungshandlung verwiesen hat, hat er zum Ausdruck gebracht, dass als minus wenigstens ein Verbot entsprechend dem „Insbesondere“-Zusatz erstrebt, einschließlich kerngleicher Handlungen (vgl. insoweit Harte/Henning/Brüning, UWG, 4. Aufl., Vorb zu § 12 Rn. 110). Dieses Verbot war auszusprechen, da die Beklagte jedenfalls nicht wie in der als Anlage K1 vorgelegten Werbung ausnahmslos für sämtliches Fleisch und alle Fleischerzeugnisse, die aus dem Produktionsbetrieb der E. S. F. GmbH stammen, die Aussage treffen durfte, dass sie nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt sind. Denn diese Aussage trifft jedenfalls für einen Teil der Produkte nicht zu. Soweit die Beklagte zuletzt meint, in der als Anlage K1 vorgelegten Werbeanzeige gehe es nur um das Angebot an der Fleisch- und Wursttheke, so ergibt sich dies weder aus dem Text noch aus dem Bildteil der Werbung zweifelsfrei. In dem Bildteil ist ein Steak auf dem Grill zu sehen. Im Textteil ist von „vielen Fleisch- und Wurstspezialitäten von unserem Produktionsbetrieb E. S. F.“ die Rede, jedoch nicht davon, dass es sich hierbei nur um unverpackte Produkte handelt, die nur an der Theke erhältlich sind. Auch die Bezeichnung „Spezialitäten“ legt ein solches Verständnis nicht zwingend nahe, mag diese Bezeichnung auch mit der Intention gewählt worden sein, um eine Abgrenzung zu vorverpackter Ware vorzunehmen.

58
2. Dem Kläger steht auch ein Aufwendungsersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe der geltend gemachten Pauschale von 246,10 € gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu.

59
Nach dieser Vorschrift kann Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt ist. Berechtigt ist eine Abmahnung, wenn ihr ein Unterlassungsanspruch zugrunde liegt, sie den Abgemahnten in die Lage versetzt, zu erkennen, dass ihm berechtigterweise der Vorwurf eines wettbewerbswidrigen Verhaltens gemacht wird und ihm einen Weg weist, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2010 – I ZR 47/09 –, Rn. 8, juris; Köhler/Bornkamm a.a.O., § 12 Rn. 1.80). Ist die Abmahnung nur zum Teil berechtigt, können die Kosten der Abmahnung nur anteilig beansprucht werden, es sei denn, die mit der Abmahnung übersandte vorformulierte Unterwerfungserklärung ist lediglich zu weit gefasst, denn die Formulierung der Unterwerfungserklärung ist grundsätzlich Sache des Schuldners (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 – I ZR 191/03 –, Rn. 24, juris).

60
Nach diesen Grundsätzen kann der Kläger hier die Erstattung der gesamten Abmahnkosten verlangen. Denn es handelt sich nur um eine für die Erstattung der Abmahnkosten unschädliche zu weite Fassung der vorformulierten Unterwerfungserklärung.

II.

61
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

62
Der zuletzt vom Kläger hinzugefügte „Insbesondere“-Zusatz bildet keinen eigenständigen Streitgegenstand, sondern steckt regelmäßig als minus in dem zuvor formulierten, verallgemeinerten Antrag. Demgemäß wirkt er wie ein Hilfsantrag; er ist es aber nicht, weil er mit in den Urteilsausspruch aufgenommen werden soll. Wird der Zusatz erst nachträglich eingeführt, so liegt darin keine Klageänderung in Form einer teilweisen Klagerücknahme mit Kostennachteilen für den Kläger. (Harte/Henning/Brüning, aaO, Vorb zu § 12 Rn. 111; vgl. auch Teplitzky/Schwippert, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., 51. Kap. Rn. 41 Köhler/Bornkamm, UWG 34. Aufl., § 12 Rn. 2.46; alle jew. mwN).

63
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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