Amtsgericht München, Urteil vom 4.7.11 – 485 C 28220/10
Zu dunkel, zu klein…
Vor einer Beschlussfassung über eine konkrete Modernisierungsmaßnahme sind den Eigentümern einer Wohnungseigentümergemeinschaft die Informationen über die für sie wesentlichen Entscheidungskriterien mitzuteilen. Geschieht dies nicht, sind gefasste Beschlüsse ungültig.
Auf einer Eigentümerversammlung einer Wohnungseigentümergemeinschaft berichtete im Juni 2008 ein Mitarbeiter einer Firma, die energetische Sanierungen an Häusern durchführt, über die Ergebnisse einer thermographischen Untersuchung des Anwesens und stellte verschiedene Maßnahmen der energetischen Modernisierung vor. Die Wohnungseigentümergemeinschaft fasste darauf hin den Beschluss, dass diese Firma eine Bestandsaufnahme sowie einen Plan über die erforderlichen Arbeiten erstellt sowie die Ausschreibung übernehmen solle.
Im Juli 2009 beschlossen die Eigentümer, dass grundsätzlich Maßnahmen an der Außendämmung und an den Fenstern sowie eine Keller- und Dachdämmung durchgeführt werden.
Ab Mai 2010 wurden die Maßnahmen zur Dämmung der Fenster konkreter. Es wurde eine Kostenaufstellung vorgelegt. Im Oktober 2010 wurde schließlich die Ausführung der Arbeiten mehrheitlich beschlossen, wobei allerdings Art und Umfang der Arbeiten erst nach einem Ortstermin endgültig festgelegt werden sollte. Einer der Eigentümer wies in der Versammlung darauf hin, dass sich durch die Maßnahmen die ursprüngliche Fenstergröße und das Raumvolumen im Gaubenbereich verändern würden.
Als trotzdem der Beschluss gefasst wurde, erhob er Klage vor dem Amtsgericht München und beantragte die Ungültigerklärung des Beschlusses. Außerdem wollte er festgestellt haben, dass auch die vorherigen Beschlüsse nicht zur Durchführung der Arbeiten berechtigten. Schließlich – so der Kläger – seien die Eigentümer über die Folgen der Sanierungsmaßnahmen an den Fenstern nicht ausreichend aufgeklärt worden.
Der zuständige Richter beim Amtsgericht München gab dem Kläger Recht:
Den Eigentümern seien vor der Beschlussfassung die Informationen über die für sie wesentlichen Entscheidungskriterien mitzuteilen gewesen. Dies sei nicht geschehen.
Die Dachgeschosswohnungen würden durch die beabsichtigte Innendämmung kleiner und erheblich dunkler. Das Raumvolumen verringere sich ebenso wie die Fensterfläche und der Lichteinfall. Eine Wohnung, die an Volumen verliere, verliere auch an Marktwert. Der Eigentümer müsse daher Gelegenheit haben, diese Nachteile mit dem Zuwachs an Heizkosteneinsparung und Umweltschutz abzuwägen. Er müsse auch die Chance haben, zu überlegen, ob nicht auch andere Maßnahmen, z.B. eine Außendämmung möglich wären.
Da den Eigentümern diese Abwägung nicht ermöglicht wurde, seien alle gefassten Beschlüsse nicht wirksam.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung 05/12 des Amtsgerichts München vom 30. Januar 2012