Mit dem Thema „Haftungsverteilung bei Schäden infolge fehlender Ladungssicherung“ hat sich vor längerer Zeit das OLG Celle in seinem Urteil vom 22. September 2005 – 11 U 83/05 befasst.
Folgendes war passiert:
Ein Transportunternehmen war vom Auftraggeber, der zugleich Absender und Empfänger war, beauftragt worden, mehrere rollbare Lautsprecherboxen von einem Veranstaltungsort zu seinem Firmensitz zu transportieren. Nachdem der Fahrer auf dem Betriebsgelände des Auftraggebers angekommen war, lösten dessen Mitarbeiter die Ladungssicherungen und luden einige Boxen ab. Eine erneute Sicherung der auf der Ladefläche verbliebenen Boxen erfolgte nicht. Die Mitarbeiter forderten den Fahrer sodann auf, die auf der Ladefläche verbliebenen Boxen zu einer anderen Rampe auf dem Betriebsgelände zu befördern. Sie forderten den Fahrer nicht zur Ladungssicherung auf und schüttelten verständnislos darüber den Kopf, dass er losfuhr, ohne die Boxen gesichert zu haben. Während des Rangiervorgangs fingen die Boxen an herumzurollen, woraufhin ein Mitarbeiter den Fahrer durch lautes Rufen zum Anhalten aufforderte. Durch die abrupte Bremsung fielen Boxen übereinander und wurden beschädigt.
Das LG Hildesheim gab der Klage des Auftraggebers gegen den Fahrer wegen der entstandenen Reparaturkosten an den Boxen statt. Er sei seiner Verpflichtung als Fahrer zur Ladungssicherung nicht nachgekommen. Er habe sich leichtfertig verhalten, denn ein drohender Schadenseintritt habe sich ihm aufdrängen müssen. Ein Haftungsausschluss nach § 427 HGB komme nicht in Betracht, da der Schaden nicht beim Entladen entstanden sei, ein Mitverschulden des Auftraggebers bzw. seiner Mitarbeiter sei nicht ersichtlich.
In der Berufungsinstanz vor dem OLG Celle verteidigte der Auftraggeber das Urteil des LG Hildesheim. Die auf der Ladefläche verbliebenen Boxen hätten sich noch in der Obhut des Fahrers befunden. Bis zu ihrer Ablieferung an der weiteren Rampe sei der Fahrer für die Sicherung der Boxen zuständig gewesen. Zudem habe der Fahrer gewusst, dass die Mitarbeiter die ursprünglich bestehende Ladungssicherung gelöst hatten. Er hätte die Mitarbeiter des Auftraggebers zur Ladungssicherung auffordern oder selbst für die erneute Sicherung Sorge tragen müssen.
Unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils wies das OLG Celle die Klage ab. Der Beklagte sei in keinem Fall zur Sicherung der Boxen während der Rangierfahrt transportrechtlich verpflichtet gewesen. Daher komme es nicht darauf an, ob eine Ablieferung bei Eintritt des Schadens bereits erfolgt war oder nicht. Selbst wenn man annähme, dass die Ablieferung noch nicht erfolgt sei, habe es dem Auftraggeber als Absender gemäß § 412 HGB oblegen, die beförderungssichere Verladung herzustellen. Die Mitarbeiter des Auftraggebers hätten die ursprünglich bestehende Ladungssicherung gelöst. Sie wären daher verpflichtet gewesen, die Ladungssicherung für Reststrecke zur zweiten Rampe wiederherzustellen. Die Auffassung, diese Pflicht sei irgendwie auf den Fahrer übergegangen, finde im Gesetz keine Stütze. Eine Verpflichtung zur Ladungssicherung hätte den Fahrer allenfalls getroffen, so das OLG weiter, wenn er von den Mitarbeitern des Auftraggebers hierzu aufgefordert worden wäre. Die Beweisaufnahme habe eine solche Aufforderung jedoch nicht ergeben.
Zwar habe der Fahrer fahrlässig gehandelt. Da er wusste, dass die rollbaren Lautsprecherboxen nicht mehr gesichert waren, hätte er mit der Fahrt nicht beginnen dürfen.
Schadensursächlich, so das OLG abschließend, sei jedoch das nicht nachvollziehbare Verhalten der Mitarbeiter des Auftraggebers gewesen. Aus ihren schriftlichen Aussagen folge, dass sie sicher mit dem Schadenseintritt gerechnet und diesen erwartet hätten. Sie hätten mithin absichtlich und in völliger Verkennung ihrer eigenen Verpflichtung den Fahrer losfahren lassen. Darüber hinaus habe der Mitarbeiter, der den Fahrer laut zum Halten aufforderte, damit rechnen müssen, dass jener abrupt bremsen würde, was auch nach dem eigenen Vortrag des Auftraggebers die eigentliche Schadensursache war.
Fazit: Man kann gar nicht häufig genug auf die Regelung des § 412 Abs. 1 Satz 1 HGB hinweisen, die dem Absender die Pflicht zur beförderungssicheren Verladung und Entladung auferlegt. Und man kann jedem Fahrer nur davon abraten, zu beladen oder entladen, wenn er hierzu nicht vertraglich verpflichtet ist.