Zur Haftung eines Sportvereins bei unterlassenen Erste-Hilfe-Maßnahmen durch einen angestellten Sporttrainer

BGH, Urteil vom 19. Januar 2021 – VI ZR 188/17

Zur Frage des Haftungsmaßstabs bei pflichtwidrig unterlassenen Erste-Hilfe-Maßnahmen von Sporttrainern bei einem Tischtennis-Kreiskadertraining.(Rn.29)

(Leitsatz der Gerichts)

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. April 2017 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand
1
Der Kläger macht gegen die Beklagten zu 1 – 3 Schadensersatzansprüche wegen unzulänglicher Hilfeleistung bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand des Klägers während eines Tischtennistrainings geltend.

2
Der damals 15-jährige Kläger nahm am 20. September 2009 an einem von dem Beklagten zu 1, einem Verband der Tischtennissport treibenden Vereine in Nordrhein-Westfalen, veranstalteten Kreiskadertraining für minderjährige Jugendliche teil. Zur Einladung der Teilnehmer hatte der Beklagte zu 1 den verbandsangehörigen Vereinen – auch dem des Klägers – eine Namensliste geschickt, die die ausgewählten Teilnehmer dann ihrerseits zum Kadertraining entsandt hatten.

3
Die Beklagten zu 2 und 3, die von dem Beklagten zu 1 bei dem Training als Trainer eingesetzt waren, verfügten über eine Tischtennis-Trainerlizenz B. Der Beklagte zu 2 hatte am 20./21. Oktober 2006, der Beklagte zu 3 am 7./8. April 2009 an einem Erste-Hilfe-Lehrgang teilgenommen.

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Das Training am 20. September 2009 begann mit Aufwärmübungen, anschließend führten die Jugendlichen ein Schnelligkeitstraining mit Sprints durch. Bei dessen Beendigung brach der Kläger mit einem Herz-Kreislauf-Stillstand zusammen. Er war zunächst noch kurz bei Bewusstsein, reagierte aber von Anfang an nicht mehr auf Ansprache und verlor das Bewusstsein kurze Zeit später. Der Beklagte zu 3 brachte den Kläger in die stabile Seitenlage. Währenddessen suchten andere Anwesende die Sporttasche des Klägers, um zu überprüfen, ob es darin Hinweise auf einen Medikamentengebrauch etwa in Form eines Asthmamittels gebe. Um 11:14 Uhr wurde der Notarzt verständigt. Die Beklagten zu 2 und 3 führten keine Wiederbelebungsmaßnahmen beim Kläger durch. Die Einzelheiten der Geschehnisse und die Einzelheiten des Zustandes des Klägers im Übrigen – insbesondere ob und bis zu welchem Zeitpunkt nach seinem Zusammenbruch der Kläger atmete und einen Puls aufwies – bis zum Eintreffen des Notarztes um 11:18 Uhr sind streitig. Bei Ankunft des Notarztes jedenfalls war der Kläger pulslos, beide Pupillen waren geweitet und es lag eine komplette Blaufärbung von Haut und Schleimhäuten vor. Die nunmehr umgehend eingeleiteten Wiederbelebungsmaßnahmen führten nach fünf Minuten dazu, dass der Kläger kreislaufstabil und beatmet in ein Krankenhaus verbracht werden konnte. In der Folgezeit zeigten sich beim Kläger Zeichen einer durch Sauerstoffmangel bedingten Hirnschädigung mit ausgeprägten körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen. Der Kläger ist schwerst pflegebedürftig und wird dies bleiben.

5
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld, Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige materielle Schäden und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch.

6
Das Landgericht hat die Klage gegen den Beklagten zu 1 abgewiesen. Hinsichtlich der Beklagten zu 2 und 3 hat es festgestellt, dass der Anspruch des Klägers auf Schmerzensgeld und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten dem Grunde nach gerechtfertigt sei und sie dem Kläger zum Ersatz der zukünftigen materiellen Schäden verpflichtet seien. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht zurückgewiesen, auf die Berufung der Beklagten zu 2 und 3 hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe
I.

7
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagten zu 2 und 3 hätten ihre allgemeine Pflicht zur Hilfeleistung verletzt, indem sie es unterlassen hätten, sofort nach dem Kollabieren des Klägers mit Wiederbelebungsmaßnahmen zu beginnen. Der Kläger habe eine Gesundheitsverletzung erlitten. Die Laienreanimation sei nach den Ausführungen des Sachverständigen unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Klägers wegen seiner flachen Atmung und des anschließenden Bewusstseinsverlusts objektiv erforderlich gewesen. Die – vom Landgericht möglicherweise zu Unrecht bejahte – Kausalität der unterlassenen Wiederbelebungsmaßnahmen für den eingetretenen Hirnschaden könne offenbleiben, da es zumindest an einem haftungsbegründenden Verschulden der Beklagten zu 2 und 3 fehle. Ein solches liege grundsätzlich bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Begehungsweise vor. Vorliegend sei aber das Haftungsprivileg des § 680 BGB, welches auch konkurrierende Ansprüche aus §§ 823 ff. BGB erfasse, anwendbar, so dass die Haftung der Beklagten zu 2 und 3 auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt sei.

8
Die Beklagten zu 2 und 3 hätten mit ihrer Hilfeleistung objektiv ein Geschäft des Klägers geführt. Es habe an einem Auftrag oder einer sonstigen dem Tätigwerden zugrundeliegenden Verpflichtung gefehlt. Soweit den Beklagten zu 2 und 3 die Betreuung der Teilnehmer des Kadertrainings oblegen habe, habe sich diese Obliegenheit aus dem Rechtsverhältnis zum Beklagten zu 1 ergeben. Die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag werde nur durch eine dem Geschäftsherrn gegenüber bestehende Verpflichtung ausgeschlossen, nicht aber durch eine solche, die sich aus den tatsächlichen oder rechtlichen Beziehungen des Geschäftsführers gegenüber einem Dritten ergebe. Sei damit das Haftungsprivileg nach § 680 BGB anwendbar, so hätten die Beklagten zu 2 und 3 die Pflichtverletzung gegenüber dem Kläger nicht zu vertreten, da sie nicht grob fahrlässig gehandelt hätten.

9
Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 1 bestehe weder aus § 280 BGB wegen einer Verletzung vertraglicher Pflichten noch aus § 31 BGB oder aus § 831 Abs. 1 BGB. Ein vertragliches Schuldverhältnis sei zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1 nicht zustande gekommen, insbesondere habe die Einladung des Klägers zum Kreiskadertraining kein Angebot der Beklagten zu 1 auf Abschluss eines Betreuungsvertrages dargestellt. Denn die Einladung sei nicht an den Kläger persönlich, sondern nur an dessen Verein gerichtet gewesen, der es dann unternommen habe, den Kläger zu entsenden. Da der Kläger nicht Mitglied des Beklagten zu 1, sondern allein des entsendenden Sportvereins gewesen sei, hätten auch mitgliedschaftliche Rechte des Klägers nicht durch den Beklagten zu 1 verletzt sein können. Einer Haftung des Beklagten zu 1 aus § 31 BGB für ein etwaiges Fehlverhalten der Beklagten zu 2 und 3 stehe bereits entgegen, dass diese im Beklagten zu 1 keine Organstellung gehabt hätten. Soweit der Kläger geltend mache, das für die Durchführung der Veranstaltung zuständige Vorstandsmitglied des Beklagten zu 1 habe sich wegen der unterbliebenen Vorhaltung eines Rettungswagens und eines Defibrillators vor Ort einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten schuldig gemacht und hafte zudem unter dem Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens, ergebe sich hieraus kein Anspruch, da der Kläger keinen eine entsprechende Annahme rechtfertigenden Vortrag erbracht habe. Weder von der Art des ausgeübten Sports noch von den Besonderheiten des Auswahltrainings seien in irgendeiner Weise Gefahren ausgegangen, die einen Herz-Kreislauf-Stillstand auch nur entfernt als eine typischerweise mögliche Trainingsfolge hätten erscheinen lassen. Dann sei aber der Ausrichter auch nicht verpflichtet, insoweit besondere Vorkehrungen zu treffen. Der Beklagte zu 1 habe auch nicht aufgrund des Gesundheitszustandes der Teilnehmer damit rechnen müssen, dass es infolge des Trainings bei einem Teilnehmer zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand kommen könnte. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass die mit weitaus besseren Informationsmöglichkeiten ausgestatteten und sachnäheren Erziehungsberechtigten ihre Kinder keinen Sport würden ausüben lassen, der für diese mit erheblichen Gesundheitsgefahren verbunden sei.

II.

10
Entgegen der Auffassung der Revisionsgegner ist die Klage gegen den Beklagten zu 1 nicht bereits unzulässig, weil dieser nicht parteifähig sei. Beklagter zu 1 ist vielmehr der Westdeutsche Tischtennis-Verband e.V. (WTTV e.V.) mit Sitz in Duisburg und nicht ein vom Kläger so genannter „WTTV Wuppertal e.V.“. Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 1 hat im Revisionsverfahren mitgeteilt, dass der „WTTV Wuppertal e.V.“ nicht existiere und auch niemals in dieser Form existiert habe. Es habe einen „WTTV e.V. Kreis Wuppertal“ bis 2005 gegeben, der eine eigene Rechtspersönlichkeit nicht gehabt habe, vielmehr eine unselbständige Unterorganisation des WTTV e.V. gewesen und 2005 aufgelöst worden sei. Wegen der Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach der Beklagte zu 1 das Kreiskadertraining veranstaltet habe, sei Beklagter der „WTTV Wuppertal e.V.“ geworden. Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Es liegt hier nur eine unrichtige Parteibezeichnung vor.

11
1. Wer Partei eines Zivilrechtsstreits ist, ergibt sich aus der in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung, die als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich ist. Maßgebend ist, welcher Sinn dieser prozessualen Erklärung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts aus der Sicht der Empfänger beizulegen ist. Deshalb ist bei objektiv unrichtiger oder mehrdeutiger Bezeichnung grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die fehlerhafte Parteibezeichnung betroffen werden soll. Für die Ermittlung der Parteien durch Auslegung ihrer Bezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen zu berücksichtigen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern darf, wenn diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen. Er greift auch dann, wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden (juristischen oder natürlichen) anderen Person gewählt wird, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist. Von der fehlerhaften Parteibezeichnung zu unterscheiden ist dagegen die irrtümliche Benennung der falschen – am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten – Person als Partei; diese wird Partei, weil es entscheidend auf den Willen des Klägers so, wie er objektiv geäußert ist, ankommt (vgl. BGH, Urteile vom 24. Januar 2013 – VII ZR 128/12, NJW-RR 2013, 394 Rn. 13 f.; vom 10. März 2011 – VII ZR 54/10, NZBau 2011, 416 Rn. 11; vom 27. November 2007 – X ZR 144/06, NJW-RR 2008, 582 Rn. 7 mwN; vom 24. Januar 1952 – III ZR 196/50, BGHZ 4, 328, 334; Beschluss vom 5. Februar 2009 – IX ZB 136/06, NJW-RR 2009, 854 Rn. 9). Entscheidend ist hierbei, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners als Empfänger hat (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Februar 2009 – IX ZB 136/06 aaO; Urteil vom 27. November 2007 – X ZR 144/06 aaO; Beschluss vom 15. Mai 2006 – II ZB 5/05, NJW-RR 2006, 1569 Rn. 11). Dabei können als Auslegungsmittel auch spätere Prozessvorgänge herangezogen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Februar 2009 – IX ZB 136/06 aaO; Urteile vom 26. Februar 1987 – VII ZR 58/86, WM 1987, 739, 740, juris Rn. 8; vom 12. Oktober 1987 – II ZR 21/87, ZIP 1988, 571, 574, juris Rn. 23; Beschluss vom 3. Februar 1999 – VIII ZB 35/98, ZIP 1999, 616, 617, juris Rn. 12 f.; vom 15. Mai 2006 – II ZB 5/05, NJW-RR 2006, 1569 Rn. 11).

12
2. Gemessen daran spricht für den Westdeutschen Tischtennis-Verband e.V. mit Sitz in Duisburg als Partei schon die Bezeichnung des Beklagten zu 1 mit „WTTV“, da dies im Zusammenhang des Sachverhalts nur die Abkürzung für den „Westdeutschen Tischtennis-Verband“ sein kann. Allerdings sind diesem ein Vorstand und eine Adresse in Wuppertal zugeordnet worden, die möglicherweise zum Kreis Bergisches Land – einer unselbständigen Untergliederung des Landesverbandes – gehören. Letzterer dürfte aber schon wegen des gänzlich abweichenden Namens als Beklagter nicht gemeint gewesen sein. Mit der Aufnahme der Abkürzung „e.V.“ in die Benennung des Gegners und deren Stellung hinter den Vereinsnamen hat der Kläger deutlich gemacht, dass er einen rechtsfähigen Prozessgegner verklagen wollte. Der Beklagte zu 1 hat sich in der Klageerwiderung als eingetragenen und gemeinnützig anerkannten Verein, der sich als Verband insbesondere dem Bereich der Förderung der Jugendarbeit seiner angeschlossenen Mitgliedsvereine widmet, beschrieben und geltend gemacht, der Beklagte zu 1 habe „alle ihm als Verband obliegenden Pflichten erfüllt“. Diese Selbstbeschreibung passt weder auf den nicht rechtsfähigen Kreis Bergisches Land noch auf andere unselbständige Unterorganisationen, sondern nur auf den WTTV e.V. mit Sitz in Duisburg. Der Kläger hat seinerseits auf die „Webseite des Beklagten zu 1) (www.wttv-lehre.de…)“ Bezug genommen, die dem WTTV e.V. mit Sitz in Duisburg zuzuordnen ist. Dem sind die Beklagten nicht entgegengetreten. Dass das Berufungsgericht festgestellt hat, der Beklagte zu 1 sei Veranstalter des Kreiskadertrainings gewesen, führt entgegen der Auffassung der Revisionsgegner nicht zu einer anderen Beurteilung, da der Kreis Bergisches Land als unselbständige Unterorganisation des beklagten Verbandes die Trainingsveranstaltung für diesen durchgeführt hat.

III.

13
Die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Verneinung einer Haftung der Beklagten halten der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

14
1. Das Berufungsgericht hat vertragliche Beziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1 rechtsfehlerhaft verneint.

15
a) Zwischen dem Kläger und dem beklagten Verband bestand zwar nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine unmittelbare vereinsrechtliche Beziehung im Sinne einer Mitgliedschaft des Klägers beim Beklagten zu 1. Der Kläger war zur Ausübung des Tischtennissports Mitglied des Vereins SV Bayer Wuppertal e.V., der seinerseits Mitglied des beklagten Landesverbandes, eines eingetragenen Vereins, war. Letzterer hatte das Kreiskadertraining – vermittelt durch den Kreis Bergisches Land – für die Jugendlichen organisiert und die Einladung an den Sportverein des Klägers gesandt, der sie an diesen weitergeleitet hatte. Zu den Fragen, in welcher Beziehung die Mitglieder der Mitgliedsvereine des Verbandes wie der Kläger zu dem beklagten Verband stehen, ob eine sogenannte „mittelbare Mitgliedschaft“ (vgl. Wagner in Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 14. Aufl., Kap. 2 Rn. 715 ff.) oder eine Verbandsangehörigkeit mit eigenen Rechten und Pflichten begründet worden und ob schon dadurch ein Schuldverhältnis im Sinne von § 311 Abs. 2 BGB mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB entstanden ist, hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.

16
b) Diese Fragen können allerdings dahingestellt bleiben, denn im Streitfall ist von einem Trainingsvertrag sui generis zwischen dem Kläger, vertreten durch seine Eltern, und dem erstbeklagten Verband auszugehen.

17
aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die Einladung des Klägers zum Kreiskadertraining kein Angebot auf Abschluss eines Betreuungsvertrages sei, da sie nicht an den Kläger, sondern an dessen Sportverein gerichtet gewesen sei. Es kann offen bleiben, ob die Auslegung dieser Einladung wegen Verstoßes gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze rechtsfehlerhaft ist, denn der Vertrag ist hier jedenfalls spätestens anlässlich der Aufnahme des Kadertrainings durch schlüssiges Verhalten der Parteien zustande gekommen.

18
Ob ein schlüssiges Verhalten als Willenserklärung zu werten ist, bestimmt sich nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Maßstäben. Hiernach kommt es entscheidend darauf an, wie das Verhalten objektiv aus der Sicht des Erklärungsgegners zu verstehen ist (BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – VIII ZR 391/12, NJW 2014, 1951 Rn. 14). Maßgeblich ist danach, wie die Beteiligten das Verhalten des jeweils anderen objektiv deuten mussten. Diese Beurteilung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und ist in erster Linie dem Tatrichter vorbehalten. Der Senat kann die vom Berufungsgericht unterlassene Auslegung jedoch hier selbst vornehmen, weil die notwendigen tatsächlichen Feststellungen getroffen sind und weitere Aufklärung nicht zu erwarten ist (vgl. BGH, Urteile vom 16. März 2016 – VIII ZR 326/14, WuM 2016, 353 Rn. 33, und vom 9. Februar 2017 – III ZR 428/16, juris Rn. 20; vom 14. Oktober 2020 – VIII ZR 318/19, VersR 2020, 1596, Rn. 32). Nach der Auswahl des Klägers als Teilnehmer des Kreiskadertrainings und der Veranlassung seiner Einladung über seinen Sportverein durch den Beklagten zu 1 ist spätestens mit dem Antritt des Klägers bei der Trainingsveranstaltung und der Gewährung seiner Teilnahme durch den Beklagten zu 1 durch jeweils schlüssiges Verhalten ein entsprechendes Schuldverhältnis entstanden.

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bb) Der Vertrag lässt sich zwar keinem der im Gesetz geregelten besonderen Schuldvertragstypen zuordnen. Doch wird dadurch der Vertragscharakter nicht in Frage gestellt, wie sich bereits aus § 311 Abs. 2 und 3 BGB ergibt. Das Fehlen unmittelbarer vereinsrechtlicher Bindungen zwischen Verband und Mitglied des verbandsangehörigen Vereins bedeutet nicht, dass keine Sonderbeziehungen möglich sind. Zwischen einem Verein und einem zu trainierenden Sportler können Sport-Unterrichtsverträge geschlossen werden, aus deren Verletzung sich vertragliche Schadensersatzansprüche ergeben können (Fritzweiler in Fritzweiler/Pfister/Summerer, SportR-HdB, 4. Aufl., Kap. 4 Rn. 14). Auch werden zwischen einem Verein und einem Nicht-Mitglied Rechtsbeziehungen, wie sie beispielsweise entstehen, wenn Dritten die Teilnahme an einer Vereinsveranstaltung gestattet wird, gewöhnlich auf rechtsgeschäftlichem Weg aufgenommen (Edenfeld, Die Rechtsbeziehungen des bürgerlich-rechtlichen Vereins zu Nichtmitgliedern, 1996, S. 58). Entsprechendes gilt für einen Sportverband, der zu den Mitgliedern der verbandsangehörigen Vereine in rechtsgeschäftliche Beziehungen treten kann (vgl. Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 14. Aufl., Kap. 2 Rn. 720 ff.).

20
cc) Im Streitfall ist ein vertragliches Schuldverhältnis anzunehmen. Die Abgrenzung zwischen einem vertraglichen Schuldverhältnis und einem rechtsunverbindlichen Verhältnis obliegt zwar grundsätzlich dem Tatrichter. Das Revisionsgericht kann jedoch eine Abgrenzung selbst vornehmen, wenn der Tatrichter die hierzu notwendigen Feststellungen getroffen hat und keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. November 2011 – III ZR 103/10, BGHZ 191, 310 Rn. 33 mwN). So liegt es hier.

21
Auch wenn die Teilnahme am Training für den Kläger unentgeltlich erfolgt sein sollte, handelt es sich nicht lediglich um ein Gefälligkeitsverhältnis. Abgesehen davon, dass die Unentgeltlichkeit eines Geschäfts für die Annahme eines rechtlich unverbindlichen Verhältnisses mit Blick auf die gesetzliche Regelung von Schenkung und Auftrag nicht genügt, steht dem hier die vereinsrechtliche Prägung der Beziehung und des konkreten Kontaktes zwischen dem Kläger und dem veranstaltenden Verband entgegen, die beispielsweise die Finanzierung der Veranstaltung auch über die Mitgliedsbeiträge des Klägers und die Abgaben der Mitgliedsvereine an den Verband erfasst.

22
Das Interesse des beklagten Verbandes an der Veranstaltung rührte naheliegender Weise aus seiner satzungsmäßigen Verpflichtung zur Förderung der sportlichen Aktivitäten und des Leistungssports seiner Mitgliedsvereine. Bereits diese erforderte eine für die Teilnehmer sachgerechte, zuverlässige und sichere, gegenüber minderjährigen Teilnehmern auch Aufsichtspflichten genügende Organisation des Trainings, zu der er sich nun auch gegenüber den jeweiligen Trainingsteilnehmern verpflichtete. Gegen die rechtliche Unverbindlichkeit spricht auch, dass er dazu die notwendigen organisatorischen Maßnahmen wie die Bereitstellung von Räumlichkeiten, Sportgeräten und Trainern veranlassen musste, die für ihn zu rechtlichen Verpflichtungen und Verbindlichkeiten (z.B. Hallenmiete, Trainervergütung, Haftpflichtversicherung etc.) führen konnte. Das Interesse des Klägers war im Gegenzug auf die Förderung seiner sportlichen Fähigkeiten gerichtet. Hierfür war er Mitglied in einem Sportverein, der selbst wieder Mitglied in dem beklagten Verband ist. Der Kläger hat sich durch die Teilnahme an der Veranstaltung verpflichtet, im Rahmen seiner Möglichkeiten und des Zumutbaren den Weisungen der Trainer und Übungsleiter Folge zu leisten und sich „wohlzuverhalten“. Störendes Verhalten oder unzureichende Leistungen konnte der Verband durch den Ausschluss aus oder die Nichtaufstellung zu dem Kader beantworten. Für den Rechtsbindungswillen der Parteien sprechen auch die möglichen erheblichen Schäden, die aus einer fehlerhaften Organisation und Durchführung des Leistungstrainings für die Gesundheit des Teilnehmers folgen konnten.

23
2. Mit der Begründung des Berufungsgerichtes kann eine schuldhafte Verletzung von Fürsorgepflichten des Beklagten zu 1 oder der Beklagten zu 2 und 3 im Rahmen des Trainingsvertrages, die sich der Beklagte zu 1 gemäß § 278 BGB zurechnen lassen müsste, nicht verneint werden. Insoweit ist das Berufungsgericht nicht vom zutreffenden Sorgfaltsmaßstab ausgegangen.

24
a) Aus § 241 Abs. 2 BGB iVm dem Trainingsvertrag folgt, dass jede Partei ihre Rechte schonend auszuüben hat. Jeder hat sich bei der Abwicklung des Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass Person, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des anderen Teils nicht verletzt werden (vgl. nur BGH, Urteil vom 10. März 1983 – III ZR 169/81, NJW 1983, 2813, 2814, juris Rn. 12). Auch hier gilt, dass Umfang und Inhalt von Schutzpflichten nicht einheitlich für alle Schuldverhältnisse bestimmbar sind, sie vielmehr vom Zweck des Schuldverhältnisses, der Verkehrssitte und den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs abhängen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Verkehrssicherungspflichten innerhalb eines Vertragsverhältnisses zugleich Vertragspflichten sind (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2013 – III ZR 296/11, BGHZ 196, 340 Rn. 25). Dabei muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung des Vertragspartners tunlichst abzuwenden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Veranstalter für ausreichend halten darf, um Teilnehmer vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 9. September 2008 – VI ZR 279/06, VersR 2008, 1551 f. Rn. 10).

25
b) Nach diesen Grundsätzen war der Beklagte zu 1 verpflichtet, den Teilnehmern des Kadertrainings im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren den Zugang zu Maßnahmen der Ersten Hilfe zu gewährleisten. Das entspricht der berechtigten Erwartung der beteiligten Verkehrskreise.

26
Durch die Förderung und Organisation von Trainingsveranstaltungen auf Verbandsebene kommt der teilnehmende jugendliche Sportler bestimmungsgemäß mit der Leistung des Verbandes in Berührung, sie zielt gerade auf seine Teilnahme und Förderung ab. Die Organisationspflicht und Gestaltungshoheit des Verbandes wird von Schutzpflichten gerade gegenüber Minderjährigen begleitet. Der Verband bestimmte hier Ort, Zeit und Programm sowie die personelle Ausstattung des Trainings. Er hatte die organisatorische Gestaltungsmacht und in den von ihm dadurch geschaffenen Bereich entließen die Eltern und die Mitgliedsvereine die minderjährigen Teilnehmer. Jedenfalls wenn es um sportliche Betätigung über den Breitensport hinaus im Leistungsbereich mit besonderen körperlichen Herausforderungen geht, muss ein veranstaltender Sportverband damit rechnen, dass es während eines Trainings zu üblichen – ggf. auch schwereren – Sportverletzungen kommen kann.

27
Zur Bestimmung der konkreten Anforderungen, die an die durch den Beklagten zu 1 geschuldete Erste-Hilfe-Leistung zu stellen sind, hat das Berufungsgericht – aus seiner Sicht folgerichtig – keine Feststellungen getroffen. Es hat zutreffend erkannt, dass insoweit nicht dieselben Anforderungen gestellt werden können wie an einen berufsmäßig auf Grundlage einer fundierten notfallmedizinischen Ausbildung handelnden Unfallhelfer. Insoweit ist auch den Beteiligten bewusst, dass die notfallmäßige Erstversorgung im Bedarfsfall eben nicht durch einen ausgebildeten Rettungssanitäter oder Arzt erfolgen wird, dessen vertieftes medizinisches Wissen und praktische Erfahrung bei einem Tischtennistrainer nicht vorausgesetzt werden können. Eine entsprechende Verkehrserwartung besteht insoweit auch nicht. Auch gab es keinen Anlass für weitere besondere Vorkehrungen im Hinblick auf eine gegebenenfalls erforderliche Erste-Hilfe-Leistung wie beispielsweise die ständige Anwesenheit eines Rettungssanitäters. Bei Tischtennis handelt es sich um eine vergleichsweise ungefährliche Sportart und weder aus dem aus Sicht des Beklagten zu 1 zugrunde zu legenden Gesundheitszustand der Teilnehmer noch aus der konkreten Durchführung des Trainings ergab sich vorliegend ein besonderes Risiko dafür, dass es bei einem der Teilnehmer zu einem Herzkreislaufstillstand kommen würde.

28
Anhaltspunkte für die vom Berufungsgericht noch nachzuholende Bestimmung der hier berechtigten Verkehrserwartung der Teilnehmer und der konkret zu stellenden Anforderungen an Erste-Hilfe-Leistungen können sich aus der Qualifizierung der Trainingskräfte ergeben, die üblicherweise und/oder nach den Vorgaben der Sportverbände für ein derartiges Training eingesetzt werden, aus deren notwendigen Kenntnissen im Bereich der Ersten Hilfe (vgl. beispielsweise die Rahmenrichtlinien für Qualifizierung im Bereich des Deutschen Sportbundes und die Rahmenrichtlinien für Qualifizierung im Bereich des Deutschen Tischtennis-Bundes), oder aus allgemeinen Vorgaben der Sportverbände zum gebotenen Gesundheitsmanagement.

29
c) Im Rahmen des Schadensersatzanspruchs aus § 280 BGB gilt der Sorgfaltsmaßstab des § 276 BGB. Gehaftet wird damit grundsätzlich für jede Art von Fahrlässigkeit (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. April 2019 – III ZR 35/18, NJW 2019, 1809 Rn. 30).

30
aa) Eine Haftungsbeschränkung kraft Vereinbarung oder aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses ergibt sich auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht.

31
bb) Der eingeschränkte Haftungsmaßstab des § 680 BGB findet auf den Beklagten zu 1 keine Anwendung. Nach dieser Vorschrift ist die Haftung des Geschäftsführers ohne Auftrag auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt, wenn die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr bezweckt. Voraussetzung für die Haftungsprivilegierung ist aber, dass überhaupt der Grundtatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegt (Staudinger/Bergmann (2020), BGB § 680 Rn. 6). Besteht wie hier ein vertragliches Schuldverhältnis mit besonderen Schutzpflichten, kommt eine Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag im Bereich des Sorgfaltsmaßstabes nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2003 – X ZR 66/01, NJW-RR 2004, 81, 83, juris Rn. 17; Gregor in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 677 Rn. 1).

32
cc) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Sorgfaltsmaßstab im Rahmen des § 276 BGB objektiv typisierend bestimmt und nicht subjektiv individuell. Welche Sorgfalt jeweils erfordert wird, ist ohne Rücksicht auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Betroffenen nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen (vgl. Senatsurteile vom 31. Mai 1994 – VI ZR 233/93, NJW 1994, 2232, 2233, juris Rn. 11; vom 23. Januar 1968 – VI ZR 133/66, VersR 1968, 395, juris Rn. 19). Hierbei ist, da die Lebenswirklichkeit jede schematische Gleichsetzung verbietet, grundsätzlich auf die Verhältnisse und Anschauungen des jeweils in Betracht kommenden Verkehrskreises Rücksicht zu nehmen, mithin auf das Maß von Umsicht und Sorgfalt, das nach dem Urteil besonnener und gewissenhafter Angehöriger dieses Kreises von dem in seinem Rahmen Handelnden zu fordern ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1971 – VIII ZR 62/70, NJW 1972, 150, 151, juris Rn. 11; Senatsurteil vom 23. Januar 1968 – VI ZR 133/66, VersR 1968, 395, juris Rn. 19; Staudinger/Caspers (2019) BGB § 276 Rn. 32; MüKoBGB/Grundmann, 8. Aufl., § 276 Rn. 57 ff.). Dazu werden im Einzelnen noch Feststellungen zu treffen sein (vgl. III 2 b).

33
d) Nach diesen Grundsätzen rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Benachrichtigung des Notarztes, wie der Kläger behauptet, erst mit deutlicher zeitlicher Verzögerung geschehen ist. Zwar hat das Landgericht zum Hergang nach dem Zusammenbruch des Klägers Beweis erhoben, es hat die erhobenen Beweise aber nicht mit Blick auf die Behauptung des Klägers gewürdigt, durch die unnötige Suche nach einem Asthmaspray in seiner Tasche sei die Benachrichtigung des Notarztes erst mit einer Verzögerung von 10 bis 15 Minuten erfolgt. Dies wird nachzuholen sein.

34
e) Im Übrigen könnte einer Sorgfaltspflichtverletzung der Beklagten zu 2 und 3 entgegenstehen, dass die Beklagten zu 2 und 3 durch die Erste-Hilfe-Ausbildung möglicherweise gar nicht in die Lage versetzt worden sind, die Notwendigkeit sofortiger lebensrettender Maßnahmen bspw. durch eine Herzdruckmassage in dieser Ausnahmesituation zuverlässig zu erkennen. Das Berufungsgericht hat mit nachvollziehbarer Begründung, allerdings unter Berücksichtigung des unzutreffenden Haftungsmaßstabes grober Fahrlässigkeit, angezweifelt, dass die Beklagten zu 2 und 3 den Herz-Kreislaufstillstand und die Notwendigkeit sofortiger Wiederbelebungsmaßnahmen erkennen mussten.

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f) Eine etwaige Pflichtverletzung der Beklagten zu 2 und 3 wäre dem Beklagten zu 1 zuzurechnen, da sie zur Leitung und Durchführung des Trainings von ihm bestellt worden sind und damit seine Erfüllungsgehilfen waren, denn sie sind mit seinem Willen bei der Erfüllung einer ihm obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfspersonen tätig geworden (vgl. nur BGH, Urteile vom 25. Januar 2017 – VIII ZR 249/15, NJW 2017, 2608 Rn. 43, vom 24. Januar 2019 – I ZR 160/17, NJW 2019, 1596, Rn. 48).

36
3. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann auch ein Schadensersatzanspruch des Klägers nach § 823 Abs. 1, § 253 Abs. 2 BGB gegen die Beklagten zu 2 und 3 nicht verneint werden.

37
a) Hinsichtlich einer möglichen Verletzung von Sorgfaltspflichten kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.

38
b) Auch für einen etwaigen deliktischen Schadensersatzanspruch kann nicht von dem eingeschränkten Haftungsmaßstab des § 680 BGB ausgegangen werden.

39
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haben die Beklagten zu 2 und 3 nicht als Geschäftsführer ohne Auftrag für den Kläger gehandelt. Zwar ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass eine Geschäftsführung ohne Auftrag nicht grundsätzlich dadurch ausgeschlossen wird, dass der handelnde Geschäftsführer einem Dritten gegenüber vertraglich verpflichtet ist (sog. „pflichtgebundener Geschäftsführer“; vgl. BGH, Urteile vom 21. Oktober 2003 – X ZR 66/01, NJW-RR 2004, 81, 82 f., juris Rn. 14 ff.; vom 21. Oktober 1999 – III ZR 319/98, BGHZ 143, 9, 13, juris Rn. 15). Die Anwendung der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag setzt nur voraus, dass der Geschäftsführer ein Geschäft „für einen anderen“ besorgt. Das kann auch dann der Fall sein, wenn er das Geschäft nicht (nur) als eigenes, sondern (auch) als fremdes führt, d.h. in dem Bewusstsein und mit dem Willen, zumindest auch im Interesse eines anderen zu handeln (vgl. BGH, Urteile vom 5. Juli 2018 – III ZR 273/16, VersR 2018, 1394 Rn. 20; vom 1. Februar 2018 – III ZR 53/17, AbfallR 2018, 86 Rn. 8). Die Revision macht aber zu Recht geltend, dass Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen die Beklagten zu 2 und 3 entgegensteht, dass diese als Erfüllungsgehilfen des Beklagten zu 1 innerhalb dessen Pflichtenkreises tätig waren und damit gerade nicht als eigenständige Geschäftsführer (vgl. hierzu Staudinger/Bergmann (2020), Vorbem. zu §§ 677 ff. BGB Rn. 181; Dornis in Erman, BGB, 16. Aufl., § 677 BGB Rn. 45). Jedenfalls kann auch ein Fremdgeschäftsführungswille der Beklagten zu 2 und 3 hier nicht angenommen werden, da sie als Trainer ein Geschäft des Beklagten zu 1 und zugleich durch dessen Anordnung ihres Einsatzes als Trainer ein eigenes Geschäft führten und dabei eigene schuldrechtliche (Neben-)Pflichten zu erfüllen hatten, sei es auf der Grundlage der Vereinbarung einer Übungsleitertätigkeit, eines Trainervertrages oder aufgrund mitgliedschaftsrechtlicher Verpflichtung als Vereinsmitglieder oder Verbandsangehörige des Beklagten zu 1, auch wenn sich diese Pflichten zugunsten des Klägers auswirkten und damit auch in seinem Interesse waren.

40
bb) Auch eine analoge Anwendung des § 680 BGB scheidet hier aus. Nach Sinn und Zweck von § 680 BGB soll der potentielle Geschäftsführer in Augenblicken dringender Gefahr zur Hilfeleistung ermutigt werden. § 680 BGB will also denjenigen schützen und in gewissem Umfang vor eigenen Verlusten bewahren, der sich zu spontaner Hilfe entschließt. Dabei berücksichtigt die Vorschrift, dass wegen der in Gefahrensituationen geforderten schnellen Entscheidung ein ruhiges und überlegtes Abwägen ausgeschlossen ist und es sehr leicht zu einem Sichvergreifen in den Mitteln der Hilfe kommen kann (BGH, Urteil vom 14. Juni 2018 – III ZR 54/17, NJW 2018, 2723 Rn. 55 mwN). Die Situation eines ehrenamtlichen Trainers, der im Rahmen eines Landessportverbandes für das Kreiskadertraining von Jugendlichen eingesetzt wird, ist aber nicht mit der einer spontan bei einem Unglücksfall hilfeleistenden unbeteiligten Person zu vergleichen (vgl. dazu und zum Folgenden BGH, Urteil vom 4. April 2019 – III ZR 35/18, NJW 2019, 1809 Rn. 32). Die jeweils über eine Trainerlizenz verfügenden eingesetzten Trainer mussten nicht zur Hilfeleistung ermutigt und deshalb geschützt werden, weil sie sich zu spontaner Hilfe entschlossen haben. Ihnen oblag es aufgrund ihres Schuldverhältnisses zum Beklagten zu 1, etwa erforderliche, nach ihrem Ausbildungsstand mögliche und zumutbare Erste-Hilfe-Maßnahmen durchzuführen.

41
c) Der Frage, ob eine Pflichtverletzung möglicherweise bereits in einer verzögerten Benachrichtigung des Notarztes liegen könnte, ist das Berufungsgericht, wie ausgeführt, bisher nicht nachgegangen.

IV.

42
Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da sie noch nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO).

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