Zur Haftung eines Schwimmbadbetreibers für Rutschenunfall

OLG Hamm, Urteil vom 01.02.2013 – I-7 U 22/12, 7 U 22/12

1. Der Betreiber eines Schwimmbades haftet nicht für einen Rutschenunfall eines Badegastes, weil eine ursächliche Verletzung der Verkehrssicherungspflichten nicht festgestellt werden konnte.

2. Die Anlagen einer Badeanstalt müssen so beschaffen sein, dass die Benutzer vor vermeidbaren Gefahren bewahrt bleiben. Das bedeutet, dass die Badegäste vor den Gefahren zu schützen sind, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen, von ihnen nicht vorhersehbar und nicht ohne weiteres erkennbar sind. Den Betreiber trifft dabei neben der Pflicht, eine nach ihrer Bauart sichere, den einschlägigen technischen Normen entsprechende Anlage bereitzustellen, auch die Pflicht, die Benutzer durch klare und leicht verständliche Hinweise über den richtigen Gebrauch der Anlage zu instruieren sowie die Pflicht, die ordnungsgemäße Nutzung bei dem Betrieb der Anlage zu beaufsichtigen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 18.01.2012 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

A.

1

Die Beklagte betreibt das Freizeitbad „x“ in E. Der Kläger nimmt sie auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in einer Größenordnung von 150.000,- EUR und auf Feststellung der Ersatzpflicht sämtlicher weiterer entstandener und zukünftiger Schäden aus einem Unfall in Anspruch, der sich am 08.03.2009 bei der Nutzung einer im Außenbereich des Bades befindlichen Wasserrutsche ereignet hat. Der Kläger erlitt bei dem Unfall, dessen Hergang im einzelnen streitig ist, schwere Verletzungen und ist seitdem vom Bauchnabel abwärts gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen.

2

Der Kläger hat behauptet, er habe die Wasserrutsche sitzend und vorwärts rutschend benutzt. Am Ende des Rutschvorgangs sei er nach einer unwillkürlichen Körperdrehung so in das ca. 1,10 m tiefe Wasserbecken gefallen, dass er mit dem Kopf auf den Beckenboden aufgeschlagen sei. Der genaue Ablauf und die Ursache der Drehung sei ihm nicht erinnerlich. Nach dem Aufprall auf den Beckenboden habe er bewegungsunfähig mit dem Gesicht nach unten im Wasser getrieben. Seine Ehefrau, die sich im Wasserbecken aufgehalten habe, sei zu ihm geschwommen und habe seinen Kopf aus dem Wasser gehoben. Mit Hilfe eines anderen Badegastes sei es ihr dann gelungen, den Kläger über den Beckenrand an Land zu rollen. Aufsichtspersonal der Beklagten sei im Außenbereich nicht anwesend gewesen und erst später, durch andere Badegäste alarmiert, hinzugekommen. Seine Gesundheitsschäden hätten sich durch das Einatmen von Wasser, dass durch ein sofortiges Eingreifen der Badeaufsicht hätte verhindert werden können, vertieft. Der Unfallhergang belege, dass die Rutsche bauartbedingt gefährlich sei. Anderenfalls sei der Unfall nicht ohne ein Fremdeinwirken, insbesondere ein Aufrutschen durch einen anderen Besucher, erklärbar. Im Fall des Aufrutschens eines anderen Besuchers habe die Beklagte ihre Aufsichtspflicht verletzt, da ihr Aufsichtspersonal den Rutschbetrieb nicht beobachtet und ein gefährliches Aufrutschen nicht verhindert habe. Dass am Aufgang zur Rutsche bereits zum Unfallzeitpunkt Hinweisschilder mit Piktogrammen angebracht gewesen seien, die ein Rutschen im Sitzen als unzulässig gekennzeichnet hätten, hat der Kläger mit Nichtwissen bestritten. Er habe zudem schon deshalb davon ausgehen dürfen, dass das Rutschen im Sitzen gestattet sei, weil diese Rutschhaltung durch Fotos im Prospektmaterial der Beklagten als üblich dargestellt sei und das Aufsichtspersonal weder bei ihm noch bei anderen Gästen das Rutschen im Sitzen eingeschritten sei. Die Beklagte habe zudem jedenfalls ihre Instruktionspflichten verletzt, da die Hinweisschilder keine Angaben zum einzuhaltenden Sicherheitsabstand enthielten und die Benutzung der Rutsche nicht durch eine Ampelanlage geregelt sei.

3

Die Beklagte hat den vom Kläger behaupteten Unfallhergang und bauartbedingte Eigenschaften der Rutsche als Ursache für den Unfall bestritten. Sie hat behauptet, bei ordnungsgemäßer Benutzung der Rutsche entsprechend der an der Rutsche befindlichen Benutzungshinweise hätte sich der Unfall nicht ereignen können. Das Aufsichtspersonal habe den Außenbereich des Freizeitbades unter Einschluss der Rutsche auf ständig durchgeführten Kontrollgängen laufend aus verschiedenen Blickwinkeln beobachtet und kein Fehlverhalten von anderen Badegästen wahrgenommen. Nach dem Unfallereignis sei ihr Personal spätestens binnen 30 Sekunden an der Unfallstelle erschienen und habe umgehend mit einem als Badegast anwesenden Arzt die Erstversorgung des Klägers durchgeführt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags und der Anträge in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

5

Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen T nebst zweier Ergänzungsgutachten sowie Anhörung des Sachverständigen im Verhandlungstermin abgewiesen. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten der Beklagten könne nicht festgestellt werden. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen sei die Rutsche ihrer Bauart nach nicht gefährlich. Die sich aus der einschlägigen DIN ergebenden sicherheitstechnischen Anforderungen an die Rutsche seien erfüllt. Das Unfallgeschehen lasse keinen Rückschluss auf eine bauartbedingte Gefährlichkeit der Rutsche zu. Es könne nicht festgestellt werden, dass sich der Unfall so, wie vom Kläger geschildert, ereignet habe. Der Sachverständige habe überzeugend ausgeführt, dass – die Rutschposition und Rutschfahrt wie vom Kläger angegeben als zutreffend unterstellt – ein Aufschlagen mit dem Kopf auf dem Beckenboden nicht erklärlich und nicht plausibel sei. Dass ein anderer Badegast auf ihn aufgerutscht sei, habe der Kläger selbst nicht vorgetragen, sondern lediglich als Vermutung geäußert. Außerdem sei nach den Ausführungen des Sachverständigen ein Aufschlagen auf den Beckenboden allein durch ein Aufrutschen einer anderen Person ebenfalls nicht erklärbar. Eine eventuelle Aufsichtspflichtverletzung durch das Nichtverhindern eines Aufrutschens anderer Badegäste sei daher für das Unfallgeschehen jedenfalls nicht kausal. Auch eine Verletzung der Instruktionspflichten der Beklagten sei nicht gegeben. Aufgrund des von der Beklagten zur Akte gereichten Schreibens der Fa. G GmbH vom 27.06.2008 stehe fest, dass die Hinweisschilder am Aufgang zur Rutsche bereits zum Unfallzeitpunkt angebracht gewesen seien. Durch die auf den Schildern angebrachten Piktogramme sei klar erkennbar, welche Rutschpositionen erlaubt seien und welche nicht, und dass erst losgerutscht werden dürfe, wenn Rutsche und Auslauf frei sind. Da die Rutsche bis zum Auslauf überschaubar sei, seien weitere technische Maßnahmen, wie z.B. eine Ampelanlage, nicht notwendig gewesen. Schließlich könne auch eine Aufsichtspflichtverletzung im Zusammenhang mit einer verzögerten Rettung des Beklagten nicht festgestellt werden. Jedenfalls sei davon auszugehen, dass eine frühere Hilfeleistung durch das Aufsichtspersonal nach dem Unfall die vom Kläger erlittenen Verletzungen nicht hätte verhindern können, da diese schon mit dem Aufprall auf den Beckenboden entstanden seien und die Sauerstoffversorgung durch Anheben des Kopfes aus dem Wasser bereits schnellstmöglich durch die zur Hilfe geeilte Ehefrau des Klägers gewährleistet gewesen sei.

6

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er erhebt Einwendungen gegen die Tatsachenfeststellung des Landgerichts. Das Sachverständigengutachten sei unvollständig und in sich widersprüchlich, weshalb die Einholung eines neuen Gutachtens geboten sei. Unter Bezugnahme auf eine von ihm in Auftrag gegebene Stellungnahme des Sachverständigen für Schwimmbadanlagen U vom 13.12.2012 rügt der Kläger insbesondere, aus dem Gutachten des Sachverständigen T sei nicht ersichtlich, ob eine hydraulische Überprüfung der vorgeschriebenen Wasserkriterien (Einhaltung des vorgeschriebenen Umwälz-Wasservolumens und gleichmäßige Wasserbeaufschlagung auf der gesamten Rutschenfläche) durchgeführt worden sei. Außerdem habe der Sachverständige T in seinen Ergänzungsgutachten nicht widerspruchsfrei geklärt, ob der Unfall durch ein Berühren des seitlichen Rutschenrandes in der von dem Kläger geschilderten Rutschhaltung erklärbar sei. Auch die Ausführungen, der Unfall sei nicht allein durch ein Aufrutschen eines anderen Badegastes erklärlich, sei nicht überzeugend. Darüber hinaus rügt der Kläger, das Landgericht habe zu Unrecht seinen Vortrag nebst Beweisantritten zur Ursächlichkeit der verspäteten Rettung nach dem Unfall für die eingetretenen Gesundheitsschäden und zur Vernachlässigung der Aufsichtspflicht durch die Beklagte außer Acht gelassen.

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Der Kläger beantragt,

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unter Abänderung des angefochtenen Urteils

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1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Juli 2009 zu zahlen,

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2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weitere Schäden jedweder Art, die aus dem Vorfall vom 08. März 2008 im Außenbereich des Schwimmbades „x“ in E entstanden sind und künftig entstehen, zu ersetzen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergehen,

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3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.368,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags zweiter Instanz wird auf den Inhalt der zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

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Der Senat hat Beweis erhoben durch ergänzende Anhörung des Sachverständigen T. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk zur mündlichen Verhandlung vom 01.02.2013, Bl. 299 ff. der Gerichtsakten, Bezug genommen.

B.

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Die Berufung des Klägers ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung.

I.

18

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld und den Ersatz weiterer Schäden. Ein solcher Anspruch folgt, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, weder aus einer Verletzung vertraglicher Schutzpflichten i.S.d. §§ 280 Abs.1, 241 Abs.2 BGB noch aus der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht i.S.d. § 823 Abs.1 BGB. Auch die ergänzenden Feststellungen des Senats führen zu keiner anderen Beurteilung.

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1. Eine Haftung der Beklagten kann sich sowohl aus einer Verletzung vertraglicher Schutzpflichten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen privatrechtlichen Benutzungsvertrag i.S.d. §§ 280 Abs.1, 241 Abs.2 BGB als auch aus der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht i.S.d. § 823 Abs.1 BGB ergeben. Die vertraglichen Schutzpflichten zielen hierbei – ebenso wie die Verkehrssicherungspflichten – darauf ab, eine Verletzung der Rechtsgüter des Vertragspartners zu vermeiden und dadurch sein Integritätsinteresse zu erhalten. Sie entsprechen mithin inhaltlich den Verkehrssicherungspflichten, so dass die dazu entwickelten Grundsätze auch im Rahmen der vertraglichen Haftung anwendbar sind (vgl. BGH, NJW 2008, 3778 – bei juris Rn.9).

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Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. nur BGH, NJW 2008, 3775 mit zahlreichen Nachweisen) ist derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Denn eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Der Verkehrssicherungspflicht ist vielmehr genügt, wenn im Ergebnis der Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Es genügt daher, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind.

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Auf der Grundlage dieser allgemeinen Maßstäbe bestimmt sich auch das Maß der Verkehrssicherungspflicht für Schwimmbäder (vgl. etwa BGH, NJW-RR 2005, 251; NJW 2004, 1449; NJW 2000, 1946; Senat, Beschluss vom 04.03.2010, 7 U 98/09, VersR 2010, 1377; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2008, 184; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2007, 462; OLG Stuttgart, NJW-RR 2003, 1531; OLG Köln, VersR 2002, 859 – jeweils betreffend den Betrieb von Wasserrutschen). Die Anlagen einer Badeanstalt müssen so beschaffen sein, dass die Benutzer vor vermeidbaren Gefahren bewahrt bleiben. Das bedeutet, dass die Badegäste vor den Gefahren zu schützen sind, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen, von ihnen nicht vorhersehbar und nicht ohne weiteres erkennbar sind. Den Betreiber trifft dabei neben der Pflicht, eine nach ihrer Bauart sichere, den einschlägigen technischen Normen entsprechende Anlage bereitzustellen, auch die Pflicht, die Benutzer durch klare und leicht verständliche Hinweise über den richtigen Gebrauch der Anlage zu instruieren sowie die Pflicht, die ordnungsgemäße Nutzung bei dem Betrieb der Anlage zu beaufsichtigen.

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2. Eine für den Unfall des Klägers ursächliche Verletzung einer der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht lässt sich nach dieser Maßgabe auf der Grundlage der Feststellungen des Landgerichts und der ergänzenden Beweisaufnahme vor dem Senat nicht feststellen. Dies geht zu Lasten des Klägers, der insoweit die Beweislast trägt.

23

a) Eine durch ihre Bauart bedingte Gefährlichkeit der Rutsche scheidet nach den Feststellungen des Landgerichts aus. Die ergänzende Anhörung des Sachverständigen im Senatstermin führt zu keinem anderen Ergebnis.

24

aa) Zutreffend und in nicht zu beanstandender Weise hat der Gutachter zur Beurteilung der bauartbedingten Sicherheit der Rutsche zunächst die einschlägige DIN EN 1069 – Teil 1 (Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren) herangezogen. Nach ständiger Rechtsprechung spiegeln die DIN-Normen in ihrem Anwendungsbereich den Stand der für die betroffenen Kreise geltenden anerkannten Regeln der Technik wider und sind somit zur Bestimmung des nach der Verkehrsauffassung zur Sicherheit gebotenen in besonderer Weise geeignet (vgl. BGH, NJW 2004, 1449 m.w.N. – bei juris Rn.9; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2007, 462 – bei juris Rn.8).

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Inhaltlich hat der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt, dass die verfahrensgegenständliche Rutsche in der DIN EN 1069 – Teil 1 als Typ beschrieben und damit klassifiziert ist und dass sie nach Auswertung der Abnahmebescheinigung vom 10.06.2008 und der ersten turnusgemäßen Folgeprüfung vom 09.03.2009 nach ihrer Bauart die sicherheitstechnischen Anforderungen an Wasserrutschen dieses Typs, insbesondere im Hinblick auf die für die Bewertung des Unfallereignis relevanten Parameter „Durchschnittliche Rutschgeschwindigkeit“, „Fallhöhe ins Wasser“, „Wassertiefe Landebecken“, erfüllt. Eigene beim Ortstermin vorgenommene Messungen des Sachverständigen haben dieses Ergebnis verifiziert. .

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Der Einwand des Klägers, der Sachverständige habe bei der Beurteilung der bauartbedingten Sicherheit der Rutsche die hierfür relevanten Parameter „Einhaltung des vorgeschriebenen Umwälz-Wasservolumens“ und „gleichmäßige Wasserbeaufschlagung auf der Rutschfläche“ vernachlässigt, greift nicht durch. Ausweislich der vom Sachverständigen berücksichtigten Abnahmebescheinigung vom 10.06.2008 wurde bei der Erstabnahme auch die Wasserdurchflussmenge untersucht und festgestellt, dass die hierbei erhobenen Daten mit Blick auf die hiermit verbundene Durchschnittsrutschgeschwindigkeit den Normforderungen für diesen Rutschentyp entsprach. Auch bei der wiederkehrenden Prüfung vom 09.03.2009, ein Tag nach dem Unfallereignis, bei der laut Auskunft des Sachverständigen alle sicherheitstechnischen Anforderungen der DIN untersucht wurden, gab es keine Beanstandungen. Bei seiner ergänzenden Anhörung vor dem Senat hat der Sachverständige T zudem noch einmal ausdrücklich klargestellt, dass er bei der Begutachtung der Rutsche im Rahmen des von ihm vorgenommenen Ortstermins selbstverständlich auch auf die Wassermenge und den Wasserfluss auf der Rutsche geachtet habe. Hierbei habe es keine Auffälligkeiten gegeben. Seine Sichtprüfung habe ergeben, dass die ganze Rutsche ordnungsgemäß von einem dünnen Wasserfilm bedeckt gewesen sei. Schließlich haben auch die vom Sachverständigen durchgeführten Rutschversuche keine Auffälligkeiten im Hinblick auf den Wasserfluss auf der Rutsche ergeben.

27

bb) Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Rutsche ihrer Bauart nach trotz Einhaltung der DIN-Normen für den Benutzer nicht erkennbare vermeidbare Gefahren birgt, sind nicht ersichtlich.

28

Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich nicht etwa schon aus dem streitgegenständlichen Unfallereignis selbst im Wege des Anscheinsbeweises ein Rückschluss auf eine bauartbedingte Gefährlichkeit der Rutsche ziehen. Dies gilt schon deshalb, weil der Unfallhergang nach dem eigenen Vortrag des Klägers unklar ist und der Kläger für den von ihm geschilderten, von der Beklagten jedoch bestrittenen Ablauf der Rutschfahrt keinen tauglichen Beweis angetreten hat. Die Ehefrau des Klägers hat die Rutschfahrt des Klägers und den Unfallhergang nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht selbst beobachtet, sondern ist auf den Unfall erst aufmerksam geworden, als der Kläger bereits verletzt im Wasser trieb.

29

Eine bauartbedingte besondere Gefährlichkeit der Rutsche lässt sich auch nicht aus der von dem Sachverständigen ausgewerteten Dokumentation der sonstigen Unfallereignisse entnehmen. Die vom Kläger erhobenen Einwendungen gegen die entsprechenden Feststellungen des Sachverständigen sind unbegründet. Der Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, dass sich aus der von ihm ausgewerteten Dokumentation keine Anhaltspunkte für wiederkehrende Auffälligkeiten ergeben. Unter Nr.10 der Auflistung findet sich zwar ein in seinen Folgen mit der Darstellung des Klägers vergleichbarer Unfall („Mit dem Kopf am Boden aufgekommen, Platzwunde an der Stirn“). Insofern ist freilich der Unfallhergang, insbesondere die Rutschhaltung, aus der heraus sich der Unfall ereignet hat, nicht dokumentiert. Wie der Sachverständige überzeugend erläutert hat, lässt sich ein Unfall auf der Breitwasserrutsche mit vergleichbaren Folgen ohne weiteres erklären, wenn der Verunfallte – unter eindeutigem Verstoß gegen die Benutzungshinweise – auf den Knien rutschend benutzt hat und am Ende der Rutschbahn einen Kopfsprung oder einen missglückten Salto versucht. Dass sich hingegen der unter Nr.10 der Auflistung genannte Unfall aus der Rutschhaltung „sitzend, Füße voraus“ heraus ereignet hätte, und damit eine Häufung des vom Kläger behaupteten Unfallgeschehens zu verzeichnen wäre, lässt sich nicht feststellen. Nicht zu beanstanden ist, dass der Sachverständige das von der Beklagte Unfallbuch nur im Hinblick auf die im ersten Betriebsjahr 2008 verzeichneten Unfälle untersucht hat. Denn er hat nachvollziehbar erläutert, aus welchem Grund die Dokumentation der Ereignisse unmittelbar nach der Inbetriebnahme der Rutsche besonders aufschlussreich im Hinblick auf mögliche durch die Bauart der Rutsche bedingte Gefahren ist.

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b) Eine für die Verletzung des Klägers ursächliche Verletzung der Instruktionspflicht lässt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ebenfalls nicht feststellen.

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aa) Der Betreiber der Rutsche ist allerdings gehalten, den Benutzern Hinweise zur gefahrlosen Nutzung der Rutsche zu erteilen. Diesem Aspekt der Verkehrssicherungspflicht kommt er nach, wenn er durch inhaltlich und optisch klar gestaltete Hinweisschilder vor Benutzung der Rutsche die Besucher darauf hinweist, welche Rutschtechniken erlaubt und verboten sowie welche sonstigen Verhaltensmaßregeln zu beachten sind (BGH, NJW-RR 2005, 251 – bei juris Rn.24; OLG Celle, NJW 2006, 3284 – bei juris Rn.5; OLG Köln, VersR 2002, 859 – bei juris Rn.74).

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bb) Das Landgericht hat angenommen, die Beklagte habe durch die am Treppenaufgang zur Rutsche und neben der Rutschplattform angebrachten Schilder die ihr obliegende Instruktionspflicht erfüllt.

33

Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht zunächst, dass die von der Beklagten angebrachten Hinweisschilder – wie der Sachverständige T in seinem Gutachten nachvollziehbar ausgeführt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzend erläutert hat – insofern den Vorgaben der DIN 1069 Teil 2 entsprechen, als sie Angaben zum Typ und Schwierigkeitsgrad der Rutsche, zum Mindestalter der Benutzer, zur Wassertiefe im Eintauchbereich, die Anweisung, sich nach dem Rutschen schnell zu entfernen und Angaben zu den empfohlenen sicheren Rutschpositionen enthalten.

34

Bedenken könnten allerdings gegen die weitere Annahme des Landgerichts bestehen, aus den auf den Schildern angebrachten Piktogrammen sei klar erkennbar, welche Rutschpositionen erlaubt sind und welche nicht. Denn aus der optischen Gestaltung der Hinweistafeln kann sich für den Betrachter die Aussage „Erlaubte Rutschpositionen“ sowohl auf die über dieser Schriftaussage stehenden Piktogramme als auch auf die unter dieser Schriftaussage stehenden Piktogramme beziehen. Das über der Schriftaussage stehende Piktogramm zeigt aber – in der für erlaubte Rutschhaltungen geltenden blauen Farbe – eine in der Rutschhaltung „sitzend, Füße voraus“ rutschende Person. Als verbotene Rutschhaltung ist links daneben lediglich die Rutschhaltung „sitzend, Füße voraus, dabei an den Rand fassend“ gekennzeichnet. Dies kann irreführend sein, denn die Gestaltung des Schildes lässt möglicherweise den Schluss zu, die – von der Beklagten tatsächlich nicht als sicher zugelassene – Rutschhaltung „sitzend, Füße voraus, ohne Anfassen des Randes“ sei erlaubt. Unklar und widersprüchlich sind zudem auch die auf den Hinweisschildern befindlichen Angaben zum einzuhaltenden Abstand zu anderen Personen. Während auf dem Piktogramm zwei sich gleichzeitig auf der Rutschfläche befindende Personen zu erkennen sind, getrennt durch einen einen gewissen Sicherheitsabstand andeutenden Pfeil, heißt es in dem im Piktogramm enthaltenen Text: „Erst losrutschen, wenn Rutsche und Auslauf frei sind.“ Wiederum im Widerspruch hierzu heißt es in der unter dem Piktogramm befindlichen Schriftaussage: „Genügend Abstand halten“.

35

cc) Ob die Gestaltung der Hinweistafeln in dieser Hinsicht den Anforderungen an eine inhaltlich und optisch klar gestaltete Instruktion der Benutzer noch entspricht, kann freilich offenbleiben, da nicht festgestellt werden kann, dass sich die denkbare Verletzung der Instruktionspflicht im Streitfall ausgewirkt hat.

36

Nicht festzustellen ist bereits, ob der Kläger überhaupt in der von ihm behaupteten Position „Sitzend, Füße nach vorne“ gerutscht ist. Die Beklagte hat dies ausdrücklich bestritten. Tauglichen Beweis für seine Behauptung hat der Kläger nicht angetreten.

37

Darüber hinaus kann nicht einmal festgestellt werden, ob sich der vom Kläger behauptete Unfallhergang – Aufschlagen mit dem Stirnbereich des Kopfes auf den Beckenboden – überhaupt so ereignet haben kann, wenn der Kläger in der Position „Sitzend, Füße nach vorne“ gerutscht ist.

38

Der Sachverständige T hat nachvollziehbar ausgeführt, dass ein Aufprall auf dem Beckenboden mit dem Stirnbereich des Kopfes aus der Rutschposition „Sitzend, Füße nach vorne“ heraus eine Drehung des Körpers um 180 ° um die Körperquerachse, also den Vollzug eines halben Saltos, voraussetze. Ferner hat er überzeugend erläutert, während eines Rutschvorganges im Sitzen mit den Füßen nach vorne seien zwar ohne weiteres unwillkürliche Drehungen um die Körperlängsachse denkbar, nicht aber Drehungen um die Körperquerachse, die dazu führen könnten, dass man kopfüber in das Wasser eintaucht. Eine solche Drehung sei aus der Rutschposition „Sitzend, Füße nach vorne“ allenfalls denkbar, wenn der Rutschende am Ende der Rutsche abrupt gestoppt würde, etwa dadurch, dass er selbst auf eine andere Person oder ein sonstiges Hindernis aufrutscht. Ein solcher Hergang ist vom Kläger nicht behauptet worden.

39

Auch ein Aufrutschen anderer Benutzer auf den Kläger ist nicht substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt. Der Kläger kann nach eigenem Bekunden selbst nicht sagen, ob er mit anderen Personen zusammengestoßen ist. Die Ehefrau des Klägers hat den verhängnisvollen Rutschvorgang nach seinem eigenen Vortrag ebenfalls nicht beobachtet. Allein der Umstand, dass sie zuvor beobachtet haben soll, wie eine Gruppe englischsprachiger Jugendlicher die Rutsche in wilder Manier und ohne auf Sicherheitsabstände zu achten genutzt habe, lässt nicht den Schluss zu, dass es bei der von ihr nicht beobachteten Unfallfahrt zu einer Kollision mit anderen Nutzern gekommen ist. Zudem hat der Sachverständige T nachvollziehbar erläutert, dass das Aufrutschen anderer Nutzer auf eine im Sitzen rutschende Person wiederum nur eine Drehung um die Körperlängsachse, nicht aber eine Drehung um die Körperquerachse mit der Folge eines kopfüber Eintauchens in das Becken erklären könne.

40

Der Sachverständige hat schließlich auch plausibel erläutert, der vom Kläger behauptete Unfallhergang lasse sich auch nicht aus einer Berührung des Seitenrandes während des im Sitzen durchgeführten Rutschvorganges erklären. Die Seitenränder der Rutsche wiesen eine ebenso glatte Fläche auf, wie die Rutschfläche selber. Eine Berührung mit dem nassen Körper führe daher nicht zu einem abrupten Abbremsen, die zu einem Überschlag führen könne.

41

Der Senat sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen T zu zweifeln. Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine weitergehende Unfallanalyse nicht geboten. Wie der Sachverständige T überzeugend erläutert hat, fehlen für die Durchführung konkreter Versuche und Berechnungen die erforderlichen Anknüpfungstatsachen, da die Einzelheiten des Verlaufs der Rutschfahrt unklar sind und mangels konkreter Erinnerung des Klägers und mangels Zeugen des Unfallhergangs auch nicht aufzuklären sind.

42

c) Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die der Senat Bezug nimmt, lässt sich auch eine für die vom Kläger erlittenen Verletzungen ursächliche Vernachlässigung der Aufsichtspflicht der Beklagten nicht feststellen.

43

Die Verursachung des Unfalls durch ein ordnungswidriges Verhalten Dritter, das von der Beklagten hätte verhindert werden können und müssen, ist – wie gezeigt – nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt.

44

Ebenso lässt sich nicht feststellen, dass die vom Kläger behauptete verzögerte Rettung kausal für den vom Kläger erlittenen Schaden geworden ist. Der Trümmerbruch des Halswirbels mit den Lähmungsfolgen ist unstreitig sogleich mit dem Aufprall im Becken entstanden und hätte durch eine schnellere erste Hilfe nicht abgewendet werden können. Gesundheitsschäden durch eine länger andauernde Aspiration von Wasser sind nicht substantiiert vorgetragen. In den vom Kläger zur Akte gereichten Arztberichten, insbesondere in dem vom Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum C dokumentierten Befund bei der Aufnahme am Unfalltag (Anlage K 1), finden entsprechende Schäden keine Erwähnung.

II.

45

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

46

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des 543 Abs.2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Es handelt sich vielmehr um eine ausschließlich auf der Grundlage gefestigter Rechtsprechung getroffene Einzelfallentscheidung des Senats.

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