Zur Haftung des Webdesigners bei Urheberrechtsverletzung


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LG Bochum, Urteil vom 16.08.2016 – 9 S 17/16

Zur Haftung des Webdesigners für Inanspruchnahme des Auftraggebers wegen Urheberrechtsverletzung infolge unterlassenem Urheberrechtsvermerk der von ihm beschafften und auf die Website eingestellten Fotos.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13.01.2016 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bochum abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 646,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.07.2015 zzgl. 147,56 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.07.2015 zu zahlen.

Es wird festgestellt, das die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jedweden weiteren aus der Vertragspflichtverletzung des zugrunde liegenden Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien zur Erstellung einer Kanzleihomepage aus dem September 2009 durch die urheberrechtswidrige Verwendung des gegenständlichen Bildes entstehenden Schadens zu erstatten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe
I.

1
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO verzichtet.

II.

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Die Berufung ist zulässig aber nur teilweise begründet.

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1. Die Leistungsklage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Bochum auch örtlich zuständig gewesen, da das Amtsgericht Hagen die Sache mit Beschluss vom 21.09.2015 bindend an das Amtsgericht Bochum verwiesen hat gem. § 281 Abs. 1 ZPO. Eine Bindungswirkung besteht selbst bei Rechtsirrtum oder bei Verfahrensfehlern (ZPO, Zöller, § 281 Rn. 16; 17). Eine objektiv willkürliche Handlung des Amtsgerichts Hagen, die die Bindungswirkung entfallen lassen würde, ist hier nicht erkennbar.

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Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.

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a. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz i. H. v. 100,00 Euro sowie auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i. H. v. 546,50 Euro aus § 280 Abs. 1 BGB.

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aa. Denn die Beklagte hat gegenüber der Klägerin eine Pflicht aus dem zwischen ihnen im geschlossenen Vertrag über die Erstellung einer Homepage verletzt. Unstreitig war Vertragspflicht die Erstellung der Homepage unter der Vorgabe: „Nutzung des Providers 1 und 1 ( … ), Einrichtung der Domain-Adresse …“ sowie die „Nutzungsgebühr der von mir gelieferten Fotoabbildungen“. Letzteres ist so auszulegen, dass die Beklagten die Nutzungsgebühr der von ihr auf der Homepage eingestellten Fotos gezahlt hat bzw. solche Fotos verwendet hat, für die keine Nutzungsgebühr anfällt. Indem sie jedoch das streitgegenständliche Foto auf die Homepage gestellt hat, hat sie gegen diese Pflicht bei Erstellung der Homepage verstoßen.

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Die Beklagte hätte, um einen Schadensersatzanspruch auszuschließen, vortragen müssen, dass sie das Werk mit dem Recht zur Vervielfältigung auch zu gewerblichen Zwecken erworben hat. Sie hätte ihre Fotos aus dem „Fundus“ vor Verwendung darauf überprüfen müssen, ob die Nutzung gebührenpflichtig ist oder die Fotos nur unter Nennung der entsprechenden Quelle oder des entsprechenden Urhebers hätten im Internet verwendet werden dürfen. Insoweit folgt die Kammer den Ausführungen des Amtsgerichts.

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Darüber hinaus ergibt sich aus Sicht der Kammer aus dem Vertrag zwischen den Parteien eine Nebenpflicht der Beklagten, die Klägerin auch darüber aufzuklären, ob die Nutzung der auf die Homepage eingestellten Bilder entgeltfrei ist oder nicht. Diese Pflicht dürfte nicht nur der Pflicht zur ordnungsgemäßen Rechnungslegung entspringen, sondern auch der allgemeinen Informationspflicht.

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bb. Die Beklagte hat diese Pflichten verletzt, indem sie das Foto auf die Homepage der Klägerin ohne Nennung des Urhebers eingestellt hat und sie zudem nicht über die an dem Foto bestehenden Urheberrechte belehrt hat.

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cc. Die Beklagte hat diese Pflichtverletzungen auch zu vertreten. Das Vertreten müssen wird gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Die Beklagte hat nichts zu ihrer Entlastung vorgetragen. Wie das Amtsgericht in rechtlich zutreffender Weise ausgeführt hat, ist es nicht ausreichend sich darauf zu berufen, das streitgegenständliche Foto habe sich in ihrem „Fundus“ befunden. Die Beklagte hätte vielmehr – wie oben ausgeführt – überprüfen müssen, ob sie dieses Foto aus ihrem „Fundus“ entgeltfrei nutzen und der Klägerin zur Verfügung stellen darf oder ob sie die Quellenangabe hinzuzufügen muss.

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dd. Die Pflichtverletzung der Beklagten hat zu einem kausalen Schaden bei der Klägerin geführt.

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Dadurch, dass die Beklagte das Foto auf die von ihr errichtete Homepage eingestellt hat, ist auch ein Schaden bei der Klägerin eingetreten. Zwar betrieb zum Zeitpunkt der Abmahnung im Jahr 2014 die Klägerin ihre Homepage nicht mehr unter der ursprünglichen Internetadresse, sondern eine inhaltlich gleiche unter einer anderen Adresse eines anderen Providers. Dennoch bleibt die Handlung der Beklagten für den Schaden der Klägerin kausal. Die Handlung der Beklagten kann nämlich nicht hinweg gedacht werden, ohne dass der eingetretene Schaden entfällt. Zudem liegt es gerade in der heutigen Zeit auch nicht außerhalb jeglicher Lebenserfahrung, dass der Provider gewechselt wird.

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Ein solcher Wechsel war entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht durch eine vertragliche Regelung ausgeschlossen. Die Benennung des Providers und der Internetadresse im Vertrag diente lediglich der Konkretisierung des Vertragsinhaltes, wonach die Beklagte die Homepage der Klägerin gestalten sollte. Anhaltspunkte dafür, dass damit vereinbart werden sollte, dass die vertraglich erbrachten Leistungen der Beklagten nur für diese konkrete Internetadresse genutzt werden durfte, ergeben sich aus den vertraglichen Formulierungen nicht.

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Darüber hinaus ist auch die weitere Pflichtverletzung, nämlich der Umstand, dass die Beklagte die Klägerin nicht über die fehlende Berechtigung zur Einstellung des streitgegenständlichen Bildes belehrt hat, kausal für die Abmahnung und einen dafür womöglich entstandenen Schaden gewesen.

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ee. Die vorprozessual an den Urheber des Fotos gezahlten 700,00 Euro, stellen aus Sicht der Kammer jedoch in dieser Höhe nicht den zu ersetzenden Schaden dar. Denn die Klägerin war hierzu nicht verpflichtet, vielmehr hat sie das Geld an den Urheber des Fotos gezahlt in der Hoffnung, dass dieser sie nicht weiter auf Schadensersatz in Anspruch nimmt. Ob er einen Anspruch hierauf hatte, war zu dem Zeitpunkt der Zahlung unklar. Auch bisher wurde nicht rechtskräftig festgestellt, ob er gegen die Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz i. H. v. 700,00 Euro oder mehr gehabt hat, da er die Klage nach rechtlichen Hinweis des AG Charlottenburg auf die Rechtsprechung des Kammergerichts Berlin zurückgenommen hat.

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(1) Der Urheber des Fotos und zugleich Kläger im Verfahren AG Charlottenburg 224 C 202/15 hat gegen die hiesige Klägerin und Beklagte im Verfahren AG Charlottenburg 224 C 202/15 nach Auffassung der Kammer einen Anspruch auf Schadensersatz wegen öffentlicher Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Bildes ohne Benennung des Urhebers, welchen die Kammer mit 100,00 Euro bemisst. Der weitergehende Zahlungsanspruch war zurückzuweisen.

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Die Kammer schätzt den Schadenersatzanspruch auf 100,00 Euro in Anlehnung an die Rechtsprechung des KG Berlin (Beschluss vom 07.12.2015, 24 U 111/15). Hierbei schließt sich die Kammer der Rechtsauffassung des KG Berlin auch dahingehend an, dass kein Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG i. V. m. § 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 19a UrhG besteht, sondern allein ein solcher wegen unterlassener Benennung in solchen Fällen, in denen – wie vorliegend – eine Nutzungsrechtseinräumung über … erfolgt ist.

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Der im Wege der Lizenzanalogie aufgemachte Schadensersatzanspruch (§ 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG n.F.) wegen unterlassener Urheberbenennung (§ 13 UrhG) ist hier nicht an den MFM-Sätzen zu orientieren, da vorliegend zu berücksichtigen ist, dass die unentgeltliche Lizensierung des betroffenen Fotos über … unter bloßer Urheberbenennungspflicht stark darauf hinweist, dass der Urheber im Verletzungszeitraum unter anderem dieses Foto nicht – schon gar nicht in nennenswertem Umfang – zu den MFM-Sätzen tatsächlich lizensieren konnte und lizensiert hat, sondern auf das dortige Geschäftsmodell mit unentgeltlicher Lizensierung unter Urheberbenennung ausweichen musste, z. B. um sich zunächst einen gewissen Ruf zu erwerben. Das führt bei Schadensschätzung nach § 287 ZPO nicht zur völligen Versagung eines Lizenzschadens wegen der unterlassenen Urheberbenennung, wohl aber zur Begrenzung auf den bei richterlicher Schadensschätzung angemessen erscheinenden Betrag von 100,00 EUR wegen unterlassener Urheberbenennung (vgl. AG Charlottenburg, Beschluss vom 26.01.2016 i. V. m. KG Berlin, Beschluss vom 07.12.2015, 24 U 111/15).

19
(2) Darüber hinaus hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i. H. v. 546,50 Euro, welche sie an den Urheber des Fotos gezahlt hat. Hierbei bemisst die Kammer das Unterlassungsinteresse, wie vom Urheber behauptet, mit 6.000,00 Euro. Einwendungen hiergegen haben die Parteien nicht erhoben.

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(3) Nachdem der Urheber des Fotos vor dem Amtsgericht Charlottenburg die Klage zurückgenommen hat, besteht auch keine Vorgreiflichkeit mehr, welche zu einer Aussetzung gem. § 148 ZPO führen könnte. Voraussetzung für eine Aussetzung ist nämlich, dass in einem anderen Verfahren über ein Rechtsverhältnis entschieden wird, welches für den vorliegenden Rechtsstreit präjudiziell ist. Der andere Rechtsstreit muss anhängig sein (Zöller, ZPO, § 149 Rn. 6). Da dies nach der erfolgten Klagerücknahme nicht mehr der Fall ist, kann das Rechtsverhältnis nicht mehr präjudiziell sein. Unerheblich ist, dass die Klägerin in dem Verfahren der Klagerücknahme zugestimmt hat. Zwar könnte der Urheber nunmehr jederzeit eine neue Klage gegen die Klägerin anhängig machen. Dies ist aber für die Frage, ob derzeit ein anderes Rechtsverhältnis vorliegt, nicht entscheidend.

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b. Darüber hinaus hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf eigene vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i. H. v. 147,56 Euro, bemessen an einem Gegenstandswert von bis zu 1.000,00 Euro aus §§ 280 Abs. 1, 3, 286 BGB. Der Anspruch auf die Zinsen ergibt sich aus §§ 280, 286, 288 Abs. 2 BGB.

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2. Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat damit zu rechnen, dass ihr weitere Schäden entstehen können. Denn der Urheber hat – wie oben ausgeführt – die Klage vor dem AG Charlottenburg zurückgenommen, sodass er jederzeit erneut Klage gegen die Klägerin erheben könnte.

23
3. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist der (Feststellungs-)anspruch auch nicht verjährt. Denn Verjährungsbeginn war am 31.12.2014 gem. § 199 Abs. 1 BGB, da die Klägerin erst 2014 Kenntnis von der Pflichtverletzung der Beklagten erlangt hat.

III.

24
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

25
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

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