OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.01.2011 – 18 U 87/10
Zur Haftung des Strassenfrachtführers für Schäden, die durch einen Brand auf einem Fährschiff, das den Lastzug und das Transportgut beförderte, entstanden sind.
Tenor
Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 22.04.2010 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mönchengladbach (7 O 13/09) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägerinnen zu 1) und 2) jeweils zu 45 % und der Klägerin zu 3) zu 10 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerinnen können die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
1
Die Klägerinnen nehmen als behauptete Transportversicherer der Fa. A.E. GmbH in M. aus abgetretenem und übergegangenem Recht die Beklagte auf Schadensersatz wegen eines Transportschadensfalles in Anspruch. Dabei geht es um einen Transformator im Wert von 13.799,- €, der von der Beklagten im Auftrag der A…. von I. nach M. transportiert werden sollte und auf der Seestrecke nach T. in Folge eines auf dem transportierenden Schiff aufgetretenen Brandes vollständig zerstört worden ist. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil vom 22.04.2010 Bezug genommen.
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Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es könne offen bleiben, ob die Klägerinnen ihre Aktivlegitimation zur Führung des vorliegenden Rechtsstreits nachgewiesen hätten, da die Klage bereits aus anderen Gründen abweisungsreif sei. Unstreitig sei das Transportgut auf einen Sattelauflieger verladen und dieser – ohne Zugmaschine – anschließend auf das Ro-Ro-Schiff „U…..“ verbracht worden, wobei das Schiff später im Mittelmeer ausgebrannt und untergegangen sei. Soweit die Klägerin dies mittlerweile bestreite, sei dies unbeachtlich, da sie selbst noch in der Klageschrift davon gesprochen habe, dass die Sendung auf das Schiff transportiert worden sei. Die Kammer sei auch davon überzeugt, dass die Versenderin, die Fa. A…., die Beklagte ermächtigt habe, ein Ro-Ro-Schiff einzusetzen; auch insoweit sei das spätere Bestreiten der Klägerinnen unbeachtlich. Außerdem sei für das Transportgut auch ein Konnossement (Anlage B 7) ausgestellt worden. Der damit gemäß Art. 2 CMR geltende Grundsatz der einheitlichen Haftung des Frachtführers für die gesamte Transportstrecke gemäß den Regeln der CMR erfahre jedoch gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR dann eine Ausnahme, wenn bewiesen werde, dass während der Beförderung durch das andere Verkehrsmittel eingetretene Verluste oder Beschädigungen nicht durch eine Handlung oder Unterlassung des Straßenfrachtführers, sondern durch ein Ereignis verursacht worden seien, das nur während und auf Grund der Huckepack-Beförderung in Erscheinung getreten sein könne und deshalb eine Haftung des Huckepack-Beförderers in Betracht komme. Die Kammer folge in der umstrittenen Rechtsfrage der Ansicht, wonach auch Feuer an Bord zu den typischen Gefahren des Seetransports gehörten. Die Brandgefahr sei an Bord eines Schiffes wesentlich größer, da Ladung und Maschinenraum beim Betrieb eines Schifffes eng zusammen lägen und durch die Einwirkungen von Wind und Wasser sowie das dichte Zusammenparken von vielen Fahrzeugen die Gefahr eines Brandes höher sei als bei einem reinen Straßenverkehrstransport zu Lande. Wenn wie vorliegend auf einem Schiff ein Brand entstehe, entspreche es daher der Regelung des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR, darauf abzustellen, wie der Frachtführer des anderen Verkehrsmittels gehaftet hätte. Dessen Haftung würde sich nach den Haager-Visby-Regeln richten, die in Art. 4 § 2 b bei Feuer Schadensersatz ausschließen, es sei denn, dass dieses durch eigenes Verschulden des Unternehmers verursacht worden sei. Letzteres hätten die Klägerinnen indessen nicht vorgetragen.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerinnen.
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Die Klägerinnen vertreten die Auffassung, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft das Vorliegen der Ausnahmevorschrift des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR angenommen und dabei ihr Bestreiten außer Acht gelassen, dass sich die streitgegenständliche Sendung an Bord der „U…..“ befunden habe und dort zerstört worden sei. Die Beklagte habe auch nicht dargelegt, dass der Totalverlust der Sendung nicht durch eine Handlung oder Unterlassung des Straßenfrachtführers verursacht worden sei. Die Beklagte habe nämlich überhaupt nicht konkret zu der Ursache des Feuers, zu den Umständen und Ursachen der Brandausdehnung und den Löschmaßnahmen bzw. Löschvorrichtungen vorgetragen, so dass die Umstände des Schadens immer noch im Dunkeln lägen. Schließlich habe das Landgericht rechtsfehlerhaft auch das weitere Tatbestandsmerkmal des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR bejaht, wonach der Schaden durch ein Ereignis verursacht worden sein müsse, das nur während und wegen der Beförderung durch das andere Beförderungsmittel habe eintreten können. Insoweit müsse sich eine ausschließlich seespezifische Gefahr realisiert haben, wozu der Ausbruch eines Brandes nicht gehöre, weil ein Feuer generell auf jedem Beförderungsmittel eintreten könne, und zwar mit der Ursache beim Beförderungsmittel selbst oder bei der Ladung. Insbesondere bei Bränden in Straßen- oder Eisenbahntunneln sei die Situation vergleichbar mit einem Feuer an Bord eines Schiffes. Abgesehen davon sei die „U…..“ entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht untergegangen, so dass, was das Landgericht verkannt habe, sehr wohl die Möglichkeit bestanden habe, die Entstehung des Feuers zu rekonstruieren. Gleichwohl habe die Beklagte nur allgemein zu den Umständen der Entstehung des Feuers vorgetragen.
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Die Klägerinnen sind weiter der Auffassung, auch vom Sinn und Zweck des Art. 2 CMR her sei eine Anwendung des hypothetischen Seerechts, vermeintlich der Haager-Visby-Regeln mit dem Haftungsausschlussgrund für Feuer, nicht geboten. Da die Beklagte selbst die Wahl getroffen habe, einen Teil der Strecke per Ro-Ro-Fähre zurückzulegen, sich also eines Seebeförderers als Erfüllungsgehilfen bedient und diesen selbst ausgesucht habe, gingen die ggfs. eingeschränkten Regressmöglichkeiten zu Lasten der Beklagten. Der Anspruchsteller sei im Licht der CMR schutzwürdiger, da der Anspruchsteller grundsätzlich darauf vertrauen dürfe, dass der CMR-Frachtführer auch wie ein solcher nach der CMR hafte. Andernfalls drohe eine Zersplitterung der auf der Basis der CMR anzuwendenden Haftungsregime und der Anspruchsteller werde auf ein hypothetisches Teilstreckenrecht verwiesen, das er nicht vorhersehen könne. Dies gelte umso mehr, als es sich bei dem Haftungsausschluss für Feuer nach den Haager-Visby-Regeln um einen Anachronismus handele, weshalb die Voraussetzungen der Sonderregelung des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR eng auszulegen seien. Angesichts des nur rudimentären Vortrags der Beklagten könne auch nicht ermittelt werden, ob das Feuer durch ein Verschulden des Seebeförderers verursacht worden sei. Die Beklagte, die den Seebeförderer mit der Ro-Ro-Verschiffung beauftragt habe, habe indessen eine sekundäre Darlegungsobliegenheit, konkret bezogen auf den Einzelfall, darzulegen, was an Bord des Schiffs passiert sei. Erst dann könne sich heraus stellen, ob der Ausbruch des Feuers und dessen Ausbreitung auf ein Verschulden des Seebeförderers oder des Reeders zurückzuführen sei.
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Die Klägerinnen beantragen,
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das Urteil des Landgerichts M. vom 22.04.2010 (7 O 13/09) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerinnen zu 1) und 2) jeweils 6.209,55 € und an die Klägerin zu 3) 1.379,90 € jeweils nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der Berufung im Einzelnen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.
11
Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Berufung der Klägerinnen, die insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, hat in der Sache selbst keinen Erfolg.
13
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
14
Für die Klage ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit gemäß Art. 31 Abs. 1 lit. b) CMR gegeben. Auch wenn der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 01.12.2010 erklärt hat, die Rüge der fehlenden internationalen Zuständigkeit werde nicht aufrecht erhalten, ist deren Vorliegen festzustellen, weil es hierbei um eine in allen Instanzen von Amts wegen zu prüfende Frage geht (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 513 Rdnr. 8). Da es sich bei dem vorliegenden Transport unstreitig um einen sog. Huckepacktransport im Sinne des Art. 2 Abs. 1 CMR gehandelt hat (auch Sattelschlepper ohne Zugmaschine, auf denen sich das Gut befindet, sind Kraftfahrzeuge im Sinne des Art. 2 Abs. 1 CMR, vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Band 2, Art. 2 CMR Rdnr. 9; Koller, Transportrecht, 7. Aufl., Art. 2 CMR Rdnr. 3), handelt es sich um eine der CMR unterliegende Beförderung im Sinne des Art. 1 CMR und ist deshalb die internationale Zuständigkeit aus Art. 31 Abs. 1 lit. b) CMR begründet, wobei hier M. der für die Ablieferung des Transportgutes vorgesehene Ort ist. An diesem Ergebnis ändert sich auch dann nichts, wenn sich im Rahmen der Prüfung der Begründetheit der Klage herausstellen würde, dass der Einwand der Beklagten, vorliegend sei ein Fall des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR gegeben, durchgreift. Im deutschen Zivilprozessrecht gilt der Grundsatz, dass Tatsachen, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit einer Klage erheblich sind (sog. doppelt relevante Tatsachen) erst im Rahmen der Prüfung der Begründetheit der Klage festgestellt werden; für die Zulässigkeit der Klage reicht die Behauptung aller erforderlichen Tatsachen durch den Kläger aus (BGH NJW 2010, 873 ff.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 12 Rdnr. 14 und § 32 Rdnr. 19). Diese Grundsätze gelten auch für die internationale Entscheidungszuständigkeit deutscher Gerichte (BGH NJW-RR 2004, 495 ff.). Daher hat das Landgericht seine internationale Zuständigkeit zu Recht angenommen, ohne dass es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung einer Klärung der Frage bedarf, ob, wie die Beklagte behauptet, die Voraussetzungen der Rück-Ausnahme-Regelung des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR gegeben sind (in der Begründung ebenso: Hinweisbeschlüsse des OLG Frankfurt/ Main vom 26.04.2010 – 13 U 16/10 – (Anlage K 19) und des OLG Köln – 3 U 27/10 – (Anlage K 18).
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Auf die Zulässigkeit der vorliegenden Klage hat es keinen Einfluss, dass in einem in I. geführten Rechtsstreit der Transportversicherer (A…..) der Absenderin (A…. (aus abgetretenem Recht der Absenderin) die Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits unter anderem wegen des hier in Rede stehenden Schadens auf Schadensersatz in Anspruch genommen hat (vgl. Anlage B 1). Auszugehen ist nämlich davon, dass nach dem Klagevorbringen die Beklagte sowohl gegenüber der Absenderin als ihrem Vertragspartner gemäß Art. 17 CMR zum Schadensersatz verpflichtet ist, daneben gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR aber auch gegenüber der Versicherungsnehmerin der Klägerinnen (Fa. A.E. GmbH in M.) als bestimmungsmäßiger Empfängerin des Transportguts. Empfänger und Absender sind daher doppellegitimiert, da sie im Verhältnis zum Frachtführer (hier: Beklagte) Gesamtgläubiger im Sinne von § 428 BGB sind (BGH NJW-RR 2006, 1544, 1545 f.) und daher unabhängig von einander und gleichzeitig den Frachtführer verklagen können; dem entsprechend sind klagende Gesamtgläubiger auch keine notwendigen Streitgenossen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 62 Rdnr. 10). Nur die Leistung des Frachtführers an einen der beiden Ersatzberechtigten lässt auch die Anspruchsberechtigung des anderen Gläubigers entfallen, vgl. § 429 Abs. 3 i.V.m. § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB (BGH NJW-RR 2006, 1544, 1546). Dies betrifft dann im Übrigen nicht die Zulässigkeit der Klage, sondern ihre Begründetheit (Erfüllungseinwand).
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Ohne Bedeutung ist auch, dass die Transportversicherung der Absenderin (A…..) ihrer Versicherungsnehmerin A…. auf Grund der Vereinbarung vom 29.04.2008 (Anlagen B 16, B 17) einen unter anderem auch den vorliegenden Schadensfall betreffenden Entschädigungsbetrag gezahlt hat. Eine Leistung des Transportversicherers auf den dem Versicherungsnehmer (Absender) durch den Verlust des Guts entstandenen Schaden führt nämlich keineswegs zu einem Erlöschen der Ansprüche des Empfängers gegen den Frachtführer aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR (BGH NJW-RR 2006, 1544, 1545; Koller, Transportrecht, 7. Aufl., Art. 13 CMR Rdnr. 8).
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Die von der Beklagten bestrittene Aktivlegitimation der Klägerinnen beurteilt sich nach dem von der Klägerin als Anlagen K 9, K 10 (s. Anlagenhefter zum Schriftsatz vom 02.03.2010) vorgelegten Versicherungspolice (Warentransportversicherung Nr. F……..). Nach Ziff. 1.1 dieser Versicherungspolice gelten als versichert Unternehmen der Gruppe A., an welchen A. zu mindestens 50 % beteiligt ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen in Bezug auf die Empfängerin, die A.E. GmbH in M., haben die Klägerinnen bislang nicht dargelegt. Dem braucht jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, weil die Klage bereits aus anderen Gründen keinen Erfolg hat.
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Im vorliegenden Fall findet nämlich die Regelung des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR Anwendung mit der Folge, dass ein Schadensersatzanspruch der Klägerinnen nicht gegeben ist. Im Einzelnen:
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– Schadenseintritt während der Trägerbeförderung:
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Da sich der Sattelauflieger mit dem Transportgut, dem streitgegenständlichen Transformator, auf dem Schiff befand, als dieses ausbrannte, ist diese Voraussetzung gegeben, was die Klägerin allerdings bestreitet. Nachdem die Klägerin in der Klageschrift noch vorgetragen hat, der streitgegenständliche Transformator sei auf der „U…..“ transportiert worden, ist sie im weiteren Verlauf des Rechtsstreits dazu übergegangen zu behaupten, die Beklagte habe den Transformator zwar zur Beförderung übernommen (vgl. Frachtbrief Anlage B 11), dieser sei jedoch nicht auf das Schiff gelangt. Diese Änderung des Sachvortrags unterliegt prozessual zwar nicht den Regeln des Geständniswiderrufs (§ 290 ZPO), weil der Widerruf noch vor der ersten mündlichen Verhandlung erfolgte. Gleichwohl bleibt der Einwand der Klägerinnen ohne Erfolg. Entsprechend den Ausführungen der Klageschrift der A….. betreffend deren Rechtsstreit gegen die Beklagte in I., auf die das Landgericht Darmstadt in seinem Urteil vom 13.09.2010 (- 22 O 39/09 -, Anlage B 19, Bl. 433 ff. GA) zu Recht Bezug genommen hat – dieses Urteil betrifft anderweitige Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte in Folge des Brandes der „U…..“ – sollten drei Transformatoren, von denen einer im vorliegenden Rechtsstreit streitgegenständlich ist, mit dem Fahrzeug mit dem Kennzeichen 3……… befördert werden. Für diesen Lkw mit Ladung ist das Konnossement Anlage B 7 ausgestellt worden. Daher kann mit einem hinreichenden Grad an Gewissheit davon ausgegangen werden, dass sich der streitgegenständliche Transformator auf dem Schiff „U…..“ befunden hat.
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– Keine Verursachung des Schadens durch den Straßenfrachtführer:
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Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass das schadensursächliche Feuer auf der „U…..“ durch eine Handlung oder Unterlassung des Straßenfrachtführers oder seiner Gehilfen im Sinne des Art. 3 CMR verursacht worden ist. Der Sattelauflieger der Beklagten war nämlich unstreitig auf dem Hochdeck (drittoberstes Deck) abgestellt, während der Brand, was die Beklagte nicht bestreitet, auf dem Hauptdeck (zweitoberstes Deck) ausgebrochen ist. Darüber hinaus liegt auch nicht der geringste Anhaltspunkt dafür vor, dass und in welcher Weise der hier in Rede stehende Sattelauflieger oder die darauf transportierten Transformatoren als Brandursache in Betracht kommen könnten.
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– Auf Trägerbeförderung beruhendes Schadensereignis:
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Gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR muss der Schaden durch ein Ereignis verursacht worden sein, das nur während und wegen der Beförderung durch das Trägerbeförderungsmittel eingetreten sein kann. Damit ist gemeint, dass das Schadensereignis auf einer besonderen Gefahr beruht, die gerade dem Trägerbeförderungsmittel eigen ist (Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Band 2, Art. 2 CMR Rdnr. 16). Vorliegend beruht der Untergang des streitgegenständlichen Transportguts, wie dargelegt, auf einem an Bord des Schiffes „U…..“ ausgebrochenen Brand. Die sich damit stellende Frage, ob zu den besonderen transportträgertypischen Gefahren beim Seetransport auch ein Feuer auf einem Schiff, das die Ladung vernichtet, gehört oder nicht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Dafür sprechen sich aus: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Band 2, Art. 2 CMR Rdnr. 16; LG Bochum, Urteil vom 27.07.2010 – 12 O 10/09 – (Anlage B 9); LG Darmstadt, Urteil vom 13.09.2010 – 22 O 39/09 – (Anlage B 19); LG Bielefeld, Urteil vom 17.09.2010 – 17 O 18/09 – (Anlage B 20); verneinend: MünchKomm/Jesser-Huß, HGB, Transportrecht, 2. Aufl., Art. 2 CMR Rdnr. 13, 14; LG Koblenz, Zwischenurteil vom 08.12.2009 und Urteil vom 15.06.2010 – 4 HK O 29/09 – (Anlagen K 6 und K 20); LG Köln, Zwischenurteil vom 21.01.2010 – 83 O 37/09 – (Anlage K 12); LG Hamburg, Urteil vom 28.01.2010 – 409 O 17/09 – (Anlage K 13); LG Landshut, Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung vom 17.02.2010 – 2 HK O 35/09 – (Anlage K 16).
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Der Senat hält die erstgenannte Auffassung für vorzugswürdig, wonach ein Feuer auf einem Seeschiff eine typische Seegefahr darstellt. Das Landgericht hat hierzu in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, dass die Brandgefahr an Bord eines Seeschiffes dadurch wesentlich erhöht ist, dass Ladung und Maschinenraum beim Betrieb eines Schiffes eng zusammen liegen und vor allem durch Windeinwirkungen und das dichte Zusammenparken von vielen Fahrzeugen im Vergleich die Gefahr eines Brandes gesteigert wird. Dieses dichte Zusammenparken von Fahrzeugen führt zugleich dazu, dass es für diese keinerlei Möglichkeit gibt zu versuchen, durch Veränderung ihres Standorts auf dem Schiff einem sich ausbreitenden Feuer zu entgehen; vielmehr kann ein auf dem Schiff entstehender Brand ungehindert auf sämtliche auf dem Schiff befindliche Fahrzeuge über greifen, ohne dass diese – anders als auf der Straße – dem Feuer ausweichen können.
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Da somit die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR vorliegen, bestimmt sich die Haftung des Frachtführers nicht nach der CMR, sondern danach, wie der Frachtführer des anderen Verkehrsmittels gehaftet hätte, wenn ein lediglich das Gut betreffender Beförderungsvertrag zwischen dem Absender und dem Frachtführer des anderen Verkehrsmittels (hier: Seeschiff) „nach den zwingenden Vorschriften des für die Beförderung durch das andere Verkehrsmittel geltenden Rechts geschlossen worden wäre“. Bestehen keine solchen Vorschriften, verbleibt es gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 3 CMR bei der Haftung des Frachtführers nach der CMR.
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Mit den „zwingenden Vorschriften“ im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR sind vor allem die Bestimmungen internationaler Transportrechtskonventionen gemeint (MünchKomm/Jesser-Huß, HGB, Transportrecht, 2. Aufl., Art. 2 CMR Rdnr. 17; Theunis, Die Haftung des Straßenfrachtführers bei der Ro/Ro-Beförderung, TranspR 1990, 263, 270), im Bereich des Seerechts also die sog. Haager Regeln (Internationales Abkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über Konossemente vom 25.08.1924, dem sowohl Deutschland als auch die Türkei beigetreten sind, vgl. Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl., Anhang I zu § 663 b HGB, Rdnr. 1), die die Haager Regeln teilweise modifizierenden sog. Visby-Regeln (Protokoll von 1968 zur Änderung des Internationalen Abkommens vom 25.08.1924 zur Vereinheitlichung von Regeln über Konnossemente (auch als Haager-Visby-Regeln bezeichnet; zu den Mitgliedstaaten gehören weder Deutschland noch die Türkei, wohl aber Italien, vgl. Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl., Anhang III zu § 663 b HGB, Rdnr. 9), und die Hamburger Regeln, zu deren Mitgliedstaaten Deutschland und die Türkei ebenfalls nicht gehören, vgl. Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl., Anhang IV zu § 663 b HGB, Rdnr. 12).
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Art. 4 § 2 lit. b) der Haager Regeln sowie Art. 4 § 2 lit. b) der Haager-Visby-Regeln sehen übereinstimmend einen Haftungsausschluss des Schiffsunternehmers für Verluste und Schäden, die aus Feuer entstehen, vor, es sei denn, die Verluste oder Schäden wurden durch eigenes Verschulden des Unternehmers verursacht. Ein solches Verschulden lässt sich vorliegend indessen nicht mehr feststellen.
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Dieser Haftungsausschluss kommt der Beklagten jedoch nur dann zu Gute, wenn Art. 4 § 2 lit. b) der Haager Regeln bzw. Art. 4 § 2 lit. b) der Haager-Visby-Regeln auf den gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR zu unterstellenden hypothetischen unimodalen Beförderungsvertrag zwischen dem Absender und dem Frachtführer des anderen Verkehrsmittels (hier: Seeschiff) betreffend den Schiffstransport des Transportgutes von I. nach T. zwingend Anwendung finden und nicht durch Bezugnahmen der Parteien auf möglicherweise vereinbartes nationales Recht hätten derogiert werden können. Insoweit greift jedoch die im Verhandlungstermin vor dem Senat vom 01.12.2010 erhobene Rüge der Beklagten, es müsse geklärt werden, wie das türkische Seerecht aussieht und ob es auf die Haager-Visby-Regeln verweise und ob diese dann noch zwingend seien, nicht durch. Da die Türkei, wie dargelegt, Mitgliedstaat der Haager Regeln ist und diese daher für die Türkei völkerrechtlich bindend sind, konnten die Parteien des zu unterstellenden hypothetischen unimodalen Beförderungsvertrags betreffend den Schiffstransport des Transportgutes von I. nach T., sofern sie für den Vertrag die Geltung türkischen Rechts vereinbart hätten, von dem Inhalt der Haager Regeln, insbesondere also auch von dem Haftungsausschluss gemäß Art. 4 § 2 lit. b) der Haager Regeln, nicht abweichen, soweit diese „zwingend“ im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR sind, was für den vorliegenden Fall zu bejahen ist und worauf an späterer Stelle noch einzugehen sein wird. Deshalb ist es auch nicht denkbar, dass – bei fehlender Rechtswahl der Parteien – das nationale türkische Recht von zwingenden Bestimmungen der Haager Regeln wirksam abweichen kann. Die Haager Regeln und auch die Haager-Visby-Regeln nehmen nämlich nur innerstaatliche Transporte von ihrem Geltungsbereich aus; nur soweit innerstaatliche Teilstrecken einer kombinierten Beförderung den Gegenstand des hypothetischen Transportvertrages bilden, kommen daher auch nationale Rechtsvorschriften als „zwingende Vorschriften“, die von den Haager Regeln bzw. Haager-Visby-Regeln abweichen, in Betracht (MünchKomm/Jesser-Huß, HGB, Transportrecht, 2. Aufl., Art. 2 CMR Rdnr. 17). Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben, weil der hypothetische unimodale Seetransport von I. nach T. erfolgen sollte und damit die Grenzen des türkischen Hoheitsgebiets bzw. der türkischen Hoheitsgewässer überschritt. Entsprechendes gilt, wenn man unterstellt, die Beteiligten des hypothetischen unimodalen Seefrachtvertrages hätten die Geltung deutschen oder italienischen Rechts vereinbart, weil beide Länder, wie dargelegt, entweder den Haager-Regeln (Deutschland) oder den Haager-Visby-Regeln (Italien) beigetreten sind und sich daher die zwingende Geltung des Haftungsausschlusses nach Art. 4 § 2 lit. b) der Haager Regeln bzw. Art. 4 § 2 lit. b) der Haager-Visby-Regeln auf den gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 2 CMR zu unterstellenden hypothetischen unimodalen Beförderungsvertrag zwischen dem Absender und dem Frachtführer des anderen Verkehrsmittels in gleicher Weise ergibt.
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Nach den Haager Regeln bzw. Haager-Visby-Regeln sind die Haftungsregeln des Seehandelsrechts und damit auch die jeweils in Art. 4 § 2 lit. 2 b) getroffene Regelung allerdings nur dann zwingend, wenn ein Konnossement ausgestellt wurde (OLG Hamburg TranspR 1983, 157, 158; Großkommentar HGB/Helm, 4. Aufl., Anh. VI zu § 452, Art. 2 CMR Rdnr. 34; Herber, Die CMR und der Roll-on/Roll-off-Verkehr, VersR 1988, 645, 647; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Band 2, Art. 2 CMR Rdnr.22). Die vereinzelt vertretene Auffassung, die die zwingende Geltung der Haager bzw. Haager-Visby-Regeln trotz Vorliegens eines Konnossements in Frage stellt, wenn ein Konnossement nicht ausgestellt werden musste (vgl. Nachweise bei Koller, Transportrecht, 7. Aufl., Art. 2 CMR Rdnr. 2 Rdnr. 8 mit Fn. 48), ist abzulehnen, weil sie mit dem Wortlaut der Abkommen nicht vereinbar ist (MünchKomm/Jesser-Huß, HGB, Transportrecht, 2. Aufl., Art. 2 CMR Rdnr.20; ebenso Koller, Transportrecht, 7. Aufl., Art. 2 CMR Rdnr. 2 Rdnr. 8).
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Vorliegend ist von dem Seefrachtführer zu Gunsten der Beklagten das Konnossement Anlage B 7 ausgestellt worden, das, soweit ersichtlich, keine Haftungsverzichte der Beklagten enthält. Entscheidend ist jedoch, ob auch für den hypothetischen Vertrag zwischen Absender und Seebeförderer ein solches Konnossement ausgestellt worden wäre. Dies ist hier zu bejahen. Da der Seebeförderer bei der Beförderung der konkreten Güter im vorliegenden Fall dem Straßenfrachtführer ein Konnossement ausgestellt hat, besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Seebeförderer für die Beförderung der selben Güter über dieselbe Strecke auch dem Absender ein Konnossement ausgestellt hätte (vgl. OLG Hamburg, TranspR 1983, 157, 159; Herber, Die CMR und der Roll-on/Roll-off-Verkehr, VersR 1988, 645, 647). Damit ist für den vorliegenden Fall von einer zwingenden Geltung der Haager Regeln bzw. Haager-Visby-Regeln auszugehen mit der vorstehend bereits dargestellten Rechtsfolge, dass über Art. 2 Abs 1 Satz 2 CMR zu Gunsten der Beklagten der Haftungsausschluss nach Art. 4 § 2 lit. b) der Haager Regeln bzw. Art. 4 § 2 lit. b) der Haager-Visby-Regeln eingreift, so dass der geltend gemachte Schadensersatzanspruch der Klägerin aus Art. 17 Abs. 1 CMR nicht besteht.
33
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
34
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind gemäß § 543 ZPO Satz 1 Nr. 2 ZPO gegeben, weil das Urteil hinsichtlich der Beurteilung mehrerer Rechtsfragen von anderen obergerichtlichen Entscheidungen abweicht und deshalb die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.