BGH, Urteil vom 10.05.2012 – I ZR 109/11
1. Ein Frachtführer kann mit einem Versender von Transportgut auch dann einen einheitlichen Luftbeförderungsvertrag im Sinne von Art. 1 Abs. 1 MÜ abschließen, wenn ein nicht unwesentlicher Teil des Transports im Wege einer Oberflächenbeförderung per Lkw und nicht per Luftfracht erfolgen soll.(Rn.24)
2. Ist ungeklärt, ob der Verlust von Transportgut während der Luftbeförderung im Sinne von Art. 18 Abs. 1 und 3 MÜ oder während eines Oberflächentransports eingetreten ist, so muss derjenige, der den Eintritt des Schadens während der Luftbeförderung bestreitet, den Verlust des Gutes während eines Oberflächentransports beweisen (Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ).(Rn.28)
3. Damit ein Geschädigter in der Lage ist, die Vermutung gemäß Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ zu widerlegen, ist der Frachtführer nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehalten, zu den näheren Umständen eines Verlustes – soweit möglich und zumutbar – im Einzelnen vorzutragen. Kommt der Frachtführer der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht in ausreichendem Maße nach, ist vom Vortrag des Anspruchstellers auszugehen, dass der Verlust des Gutes während einer Oberflächenbeförderung eingetreten ist.(Rn.29)
(Leitsätze des Gerichts)
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. Mai 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Die Klägerinnen sind mit unterschiedlichen Beteiligungen Transportversicherer der I. Fa GmbH in E. (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nehmen das beklagte Paketdienstunternehmen aus übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin wegen Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte, mit der sie seit 2002 in laufender Geschäftsbeziehung stand, am 27. Juni 2008 mit der Beförderung eines Pakets, das nach dem Vortrag der Klägerinnen Schmuckwaren im Wert von 14.973 € enthielt, zu einem in Zeist/Niederlande ansässigen Juwelier. Am selben Tag übernahm die Beklagte das Paket, für dessen Transport die Versicherungsnehmerin einen von der Beklagten zur Verfügung gestellten „Internationalen Frachtbrief“ ausgefüllt hatte. Der Frachtbrief enthielt unter anderem folgende Eintragungen:
Gewicht 2,2 Kilogramm
Zollwert/Warenwert 14.980
Versicherungswert US-Dollar 500
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Ferner war auch auf der Vorderseite des Frachtbriefs folgender Hinweis abgedruckt:
Indem Sie uns Ihre Sendung übergeben, erklären Sie sich mit den Geschäftsbedingungen der Firma I. einverstanden. (Siehe Rückseite)
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Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für internationale Frachtbeförderungen (im Weiteren: AGB), die nach dem Vortrag der Beklagten auf der Rückseite des Frachtbriefformulars abgedruckt waren, sahen unter anderem folgende Regelungen vor:
1 Geltungsbereich und Rechtsgrundlagen
1 (1) Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen … gelten für alle Verträge mit der Firma I. über die Vermittlung und Beförderung von Sendungen im internationalen Bereich.
1 (2) …
1 (3) Soweit nichts anderes ausdrücklich vereinbart wird, erfolgt die Beförderung per Luftfracht. I. ist insoweit Luftfrachtführer i.S.d. gesetzlichen Bestimmungen.
1 (4) Soweit durch schriftliche Einzelvereinbarung sowie in diesen AGB nichts anderes bestimmt ist, erfolgt die Vermittlung und Beförderung auf der
Grundlage des Montrealer Übereinkommens 1999 … bzw. für den Fall, dass dessen Voraussetzungen nicht vorliegen, auf der Grundlage des Warschauer Abkommens 1955.
2 (1) Der Vertragsabschluss kommt wie folgt zustande: Der Kunde erteilt den Auftrag in elektronischer Form (durch Ausfüllen des elektronischen Formulars und dessen Absendung) oder durch direkte Übergabe bzw. Übersendung des ausgedruckten und ausgefüllten Formulars per Telefax oder per Brief (= Angebot).
I. nimmt den Auftrag durch Unterzeichnung des vom Kunden ausgefüllten Luftfrachtbriefs auf Grundlage dieser AGB an.
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Die Beklagte beförderte das Paket zunächst zu ihrem Sitz in Idar-Oberstein. Am 30. Juni 2008 – so der Vortrag der Beklagten – wurde das Paket in Kelsterbach an ein Drittunternehmen übergeben, das mit dem Transport in die Niederlande per Luftfracht beauftragt war. Das Paket kam bei dem Empfänger nicht an. Die Beklagte leistete deshalb an die Versicherungsnehmerin – entsprechend dem im internationalen Frachtbrief angegebenen Versicherungswert – per Scheck, der von der Versicherungsnehmerin eingelöst wurde, Ersatz in Höhe von 318,55 €. Den der Versicherungsnehmerin durch den Verlust entstandenen weiteren Schaden in Höhe von 14.654,45 € regulierten die Klägerinnen. Dem Übersendungsschreiben der Beklagten an die Versicherungsnehmerin war folgende Erklärung beigefügt:
Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass mit Einlösung des Schecks hiermit alle beiderseitigen Ansprüche aus dem o.g. Schaden abgegolten sind.
6
Die Klägerinnen sind der Ansicht, die Beklagte schulde für den Verlust des Pakets vollen Schadensersatz. Die Versicherungsnehmerin und die Beklagte hätten einen multimodalen Transportvertrag geschlossen. Da der Ort des Verlustes der Sendung ungeklärt geblieben sei, hafte die Beklagte nach den Vorschriften des deutschen Landfrachtrechts. Auf Haftungsbeschränkungen könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, da ihr ein qualifiziertes Verschulden zur Last falle.
7
Die Klägerinnen haben daher beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
an die Klägerin zu 1 8.792,67 €,
an die Klägerin zu 2 3.663,61 € und
an die Klägerin zu 3 2.198,17 €,
jeweils zuzüglich Zinsen, zu zahlen.
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Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, sie habe mit der Versicherungsnehmerin einen einheitlichen Luftfrachtvertrag im Sinne von Art. 1 Abs. 1 MÜ geschlossen. Ihre Haftung sei daher nach Art. 22 Abs. 3 MÜ auf 17 Sonderziehungsrechte je Kilogramm beschränkt. Den danach geschuldeten Ersatzbetrag habe sie durch Übersendung des Schecks an die Versicherungsnehmerin erfüllt.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Karlsruhe, NZV 2010, 522). Das Berufungsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (OLG Karlsruhe, TranspR 2011, 382).
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Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerinnen beantragen, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des die Klage abweisenden erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
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I. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB in Verbindung mit § 86 Abs. 1 VVG für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
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Die Versicherungsnehmerin habe mit der Beklagten einen Frachtvertrag gemäß §§ 407 ff., 452 HGB geschlossen, auf den nach Art. 28 Abs. 4 Satz 1 EGBGB in der bis zum 16. Dezember 2009 geltenden Fassung deutsches Sachrecht zur Anwendung komme. Zwar seien die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen worden. Die Regelung in Nummer 1 (3) führe aber entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dazu, dass ein einheitlicher Luftfrachtvertrag im Sinne von Art. 1 Abs. 1 MÜ zustande gekommen sei. Bei der Auslegung von Vertragserklärungen nach §§ 133, 157 BGB sei der wirkliche Wille zu erforschen. Insbesondere müssten bei der Auslegung die Begleitumstände berücksichtigt werden, soweit diese einen Rückschluss auf den Sinngehalt der Erklärungen zuließen. Diese sprächen im vorliegenden Fall gegen einen einheitlichen Luftfrachtvertrag. Die Versicherungsnehmerin und die Beklagte hätten vielmehr eine multimodale Beförderung gemäß § 452 HGB vereinbart.
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Die weiteren Voraussetzungen der §§ 452, 425 Abs. 1 HGB lägen ebenfalls vor. Insbesondere sei unbekannt, wo der Verlust des Gutes eingetreten sei. Die Beklagte habe lediglich dargelegt, dass das Paket bis zur Übergabe an den Luftfrachtführer – also während ihrer Gewahrsamszeit – nicht verlorengegangen sei.
Auf der Grundlage dieses Vortrags könne jedoch kein Schadensort festgestellt werden, weil die Beklagte nicht einmal ansatzweise mitgeteilt habe, welchen Weg die Sendung ab dem Flughafen Frankfurt/Main genommen habe und wo sie das letzte Mal habe festgestellt werden können. Eine Haftungsbeschränkung gemäß § 452a HGB in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1, Art. 22 Abs. 3 MÜ sei daher ausgeschlossen.
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Zu einem anderen Ergebnis käme man aber auch dann nicht, wenn man die Oberflächenbeförderung der Sendung vom Sitz der Versicherungsnehmerin zum Flughafen Frankfurt/Main und vom Zielflughafen in den Niederlanden zum Empfänger als Hilfsbeförderungen im Sinne von Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ ansähe, weil die Klägerinnen den ihnen obliegenden Beweis, dass der Verlust der Sendung nicht während der Luftbeförderung eingetreten sei, geführt hätten. Die Klägerinnen seien ohne die Mitteilung von Einzelheiten der Beförderung seitens der Beklagten nicht in der Lage, den von Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ geforderten Gegenbeweis zu führen. Der Beklagten hätte es daher nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) oblegen, soweit möglich und zumutbar zu den näheren Umständen des Verlustes vorzutragen. Dieser sekundären Darlegungslast sei die Beklagte nicht in ausreichendem Maße nachgekommen mit der Folge, dass der Gegenbeweis gemäß Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ als geführt anzusehen sei.
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Die Haftung sei nicht auf den Höchstbetrag nach § 431 Abs. 1 HGB beschränkt, weil von einem qualifizierten Verschulden der Beklagten im Sinne von § 435 HGB auszugehen sei. Die Schadensursache sei völlig unbekannt geblieben. Dies rechtfertige sowohl den Schluss auf das objektive Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit als auch auf das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die Versicherungsnehmerin habe durch den Verlust der Sendung einen Schaden von 14.973 € erlitten, den die Beklagte durch ihre Zahlung lediglich in Höhe von 318,55 € reguliert habe. Den Klägerinnen stehe daher aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin noch ein Anspruch in Höhe von 14.654,54 € zu. Auf diese Forderung habe die Versicherungsnehmerin gegenüber der Beklagten nicht durch Abschluss eines Erlassvertrags verzichtet.
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II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht angenommen, dass den Klägerinnen gegen die Beklagte gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB in Verbindung mit § 86 Abs. 1 VVG der geltend gemachte Schadensersatzanspruch in Höhe von 14.654,45 € zusteht.
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1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auf den zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlossenen Beförderungsvertrag nach Art. 28 Abs. 4 Satz 1 EGBGB aF deutsches Sachrecht zur Anwendung kommt, weil die Beklagte ihren Sitz in Deutschland hat und sich hier auch der Verladeort befand. Aus der Gesamtheit der Umstände ergeben sich keine Hinweise darauf, dass der Vertrag mit einem anderen Staat als Deutschland engere Verbindungen aufweist (Art. 28 Abs. 5 EGBGB aF).
18
Da es sich bei der streitgegenständlichen Beförderung um einen Multimodaltransport handelte – der Transport des Gutes von der Versicherungsnehmerin zum Empfänger sollte mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln (Lkw und Flugzeug) erfolgen , kommt grundsätzlich § 452 HGB zur Anwendung. Nach Satz 1 dieser Vorschrift unterliegt ein derartiger Vertrag den §§ 407 ff. HGB, sofern anzuwendende internationale übereinkommen nichts anderes vorschreiben. Für eine gemischte Beförderung, die zum Teil durch Luftfahrzeuge und teilweise durch andere Verkehrsmittel ausgeführt wird, bestimmt Art. 38 Abs. 1 MÜ, dass das Übereinkommen vorbehaltlich der Regelungen in Art. 18 Abs. 4 MÜ für die Luftbeförderung gilt. Demgemäß richtet sich die Haftung des Luftfrachtführers für Verlust von Transportgut nach den Vorschriften des Montrealer Übereinkommens, wenn der Schaden während der Obhutszeit des Luftfrachtführers eingetreten ist (Art. 18 Abs. 1 und 3 MÜ). Voraussetzung für die Anwendung der Haftungsvorschriften des Montrealer Übereinkommens ist allerdings der Abschluss eines einheitlichen Luftfrachtvertrags über die gesamte Beförderung zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten.
19
2. Das Berufungsgericht hat das Zustandekommen eines einheitlichen Luftfrachtvertrags über die gesamte Beförderungsstrecke vom Sitz der Versicherungsnehmerin in Eisingen bis zum Empfänger in Zeist/Niederlande zu Unrecht verneint.
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a) Das Berufungsgericht ist von der Einbeziehung der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten in das streitgegenständliche Vertragsverhältnis ausgegangen. Nach Nummer 1 (3) der AGB der Beklagten erfolgt die Beförderung des Gutes grundsätzlich per Luftfracht, es sei denn, es wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart. Bei der Ausführung der Beförderung handelt die Beklagte als Luftfrachtführer im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen. Das Berufungsgericht hat den Abschluss eines einheitlichen Luftbeförderungsvertrags im Sinne von Art. 1 Abs. 1 MÜ – trotz der Regelungen in Nummer 1 (3) AGB – dennoch verneint und angenommen, zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten sei ein multimodaler Vertrag nach Maßgabe des § 452 HGB zustande gekommen. Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung vor allem darauf abgestellt, dass der Versicherungsnehmerin und der Beklagten bei Abschluss des Vertrags bekannt gewesen sei, dass ein nicht unwesentlicher Teil des Transports nicht auf dem Luftweg erfolgen würde. Am Sitz der Versicherungsnehmerin existiere kein Flughafen. Am Ablieferungsort Zeist/Niederlande gebe es ebenfalls keinen Flughafen. Zwischen den den Vertragsparteien bekannten und für die Erfüllung der von der Beklagten eingegangenen Verpflichtungen wesentlichen Umständen und den Allgemeinen Geschäftsbedingungen habe mithin ein Widerspruch bestanden. Die ausdrücklichen und konkludenten Vertragserklärungen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten unter Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien daher so auszulegen, dass sie eine Beförderung der Sendung vereinbart hätten, deren Teilabschnitte mit unterschiedlichen Transportmitteln hätten ausgeführt werden sollen, wobei eine Teilstrecke mit dem Flugzeug habe bewältigt werden sollen. Unter diesen Umständen hätten die Versicherungsnehmerin und die Beklagte eine multimodale Beförderung im Sinne von § 452 HGB vereinbart.
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b) Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Versicherungsnehmerin die Beklagte im Zeitraum 2002 bis 2008 laufend mit der Beförderung von Auslandssendungen beauftragt. Die Transporte wurden jeweils unter Verwendung des auch im Streitfall benutzten internationalen Frachtbriefs abgewickelt, von dem die Versicherungsnehmerin stets mehrere Exemplare vorrätig hatte. Das jeweilige Frachtbriefformular wurde vor Abholung einer Sendung durch die Beklagte von der Versicherungsnehmerin ausgefüllt. Auf der Vorderseite des internationalen Frachtbriefs findet sich der deutliche Hinweis, dass sich ein Versender mit den Geschäftsbedingungen der Beklagten einverstanden erklärt, wenn die Sendung an die Beklagte zur Beförderung übergeben wird. Der Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten konnte von dem für den Warenversand verantwortlichen Mitarbeiter der Versicherungsnehmerin beim Ausfüllen des Frachtbriefs ohne weiteres wahrgenommen werden. Mit der Unterschrift ihres Mitarbeiters auf dem Frachtbrief unter dem Hinweis hat sich die Versicherungsnehmerin jeweils mit der Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten einverstanden erklärt. Hiervon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
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Nach Nummer 2 (1) der AGB kommt ein Beförderungsvertrag zwischen der Beklagten und einem Versender in der Weise zustande, dass der Kunde den ausgefüllten Frachtbrief – wie auch im Streitfall geschehen – direkt an einen Abholfahrer der Beklagten übergibt, der den Frachtbrief anschließend auf der Grundlage der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten unterzeichnet. Da es sich bei dem Angebot eines Versenders zum Abschluss eines Beförderungsvertrags um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, ist diese so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2006 – III ZR 166/05, NJW 2006, 3777 Rn. 16).
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Die Beklagte konnte bei der Übergabe des von der Versicherungsnehmerin ausgefüllten Frachtbriefs davon ausgehen, dass ihr ein Vertragsangebot auf der Grundlage ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen für internationale Frachtbeförderungen unterbreitet werden sollte, da die Versicherungsnehmerin auf dem übergebenen Frachtbriefexemplar keine davon abweichenden Erklärungen eingetragen hatte. Aufgrund der Regelungen in Nummer 1 (3) der AGB musste die Beklagte daher annehmen, dass die Versicherungsnehmerin sie mit der Beförderung der streitgegenständlichen Sendung von Deutschland zu dem in den Niederlanden ansässigen Empfänger einheitlich als Luftfrachtführerin beauftragen wollte. Dieses Angebot hat die Beklagte mit der Unterzeichnung des übergebenen Frachtbriefs seitens ihres Abholfahrers angenommen. Eine ausdrückliche (Nummer 1 (3) AGB) anderweitige Vereinbarung hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und haben die Klägerinnen auch nicht vorgetragen.
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Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass ein nicht unwesentlicher Teil des Transports im Wege einer Oberflächenbeförderung per Lkw und nicht per Luftfracht erfolgen sollte. Der vom Berufungsgericht aus diesem Umstand abgeleitete Widerspruch zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten besteht nicht. Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung nicht genügend berücksichtigt, dass gemäß Art. 38 Abs. 1 MÜ gemischte Beförderungen grundsätzlich auch den Bestimmungen des Montrealer Übereinkommens unterfallen. Dies wird durch den Hinweis in Art. 38 Abs. 1 auf Art. 18 Abs. 4 MÜ klargestellt. Die Regelung in Art. 38 Abs. 1 MÜ, der zufolge das Übereinkommen nur für die Luftbeförderung gilt, wird durch Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ eingeschränkt, wenn eine Teilstrecke vertragsgemäß mit einem Luftfahrzeug ausgeführt wird und der Zubringerdienst im Sinne des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ rein tatsächlich dieser Luftbeförderung zugeordnet werden kann (BGH, Urteil vom 24. Februar 2011 – I ZR 91/10, TranspR 2011, 436 Rn. 29 = VersR 2012, 205; Koller, Transportrecht, 7. Aufl., Art. 18
WA 1955 Rn. 13 Fn. 55; MünchKomm.HGB/Ruhwedel, 2. Aufl., Art. 38 MÜ Rn. 2; Reuschle, Montrealer Übereinkommen, 2. Aufl., Art. 38 Rn. 4). Zudem bestimmt Art. 38 Abs. 2 MÜ, dass die Vertragsparteien durch das Übereinkommen nicht gehindert sind, Bedingungen für die Beförderung durch andere Verkehrsmittel in den Luftbeförderungsvertrag aufzunehmen, sofern hinsichtlich der Luftbeförderung das Montrealer Übereinkommen beachtet wird.
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3. Die Haftung des Luftfrachtführers für Verlust von Transportgut richtet sich nur dann nach den Vorschriften des Montrealer Übereinkommens, wenn der Schaden während der Obhutszeit des Luftfrachtführers (Art. 18 Abs. 1 und 3 MÜ) eingetreten ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kann dies im Streitfall nicht angenommen werden. Auf der Grundlage des Parteivortrags und der Feststellungen des Berufungsgerichts ist vielmehr davon auszugehen, dass das Gut während einer Oberflächenbeförderung per Lkw abhandengekommen ist.
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a) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort der Verlust des Gutes eingetreten ist. Es steht mithin nicht fest, ob die Sendung verlorengegangen ist, als die Beklagte sie als Luftfrachtführerin in ihrer Obhut hatte. Der Verlust kann auch während einer Beförderung per Lkw, etwa auf dem Weg vom Zielflughafen in den Niederlanden zum Empfänger der Sendung in Zeist eingetreten sein. Nach Art. 18 Abs. 4 Satz 1 MÜ umfasst der Zeitraum der Luftbeförderung grundsätzlich nicht die Beförderung zu Land, zur See oder auf Binnengewässern außerhalb eines Flughafens. Erfolgt der Transport allerdings bei Ausführung des Luftbeförderungsvertrags zum Zwecke der Verladung, der Ablieferung oder der Umladung, so wird gemäß Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ, auf den sich nicht nur der Geschädigte, sondern auch der Luftfrachtführer berufen kann (BGH, TranspR 2011, 436 Rn. 31), bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass der Schaden durch ein während der Luftbeförderung eingetretenes Ereignis verursacht worden ist.
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b) Im vorliegenden Fall kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ berufen. Dabei kann zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, dass sie das verlorengegangene Paket in Kelsterbach an das mit der Luftbeförderung beauftragte Unternehmen übergeben hat. Ebenso kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass es sich bei den anschließenden Landtransporten von Kelsterbach zum Flughafen Frankfurt/Main und vom Zielflughafen in den Niederlanden zum Empfänger der Sendung um Zubringerbeförderungen im Sinne von Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ gehandelt hat. Die Frage, ob die Voraussetzungen für die Annahme von Zubringerdiensten erfüllt sind, braucht im Streitfall nicht abschließend entschieden zu werden, weil nach dem Parteivortrag und dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt anzunehmen ist, dass es den Klägerinnen gelungen ist, die Vermutung des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ zu widerlegen.
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aa) Die Vorschrift des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ dehnt nicht den Haftungszeitraum des Luftfrachtführers aus, sondern stellt nur eine widerlegbare Beweisvermutung auf. Steht bereits fest, dass sich das schadensauslösende Ereignis außerhalb der Flughafengrenzen ereignet hat, ist für die Vermutung kein Raum. Der Gegenbeweis braucht dann nicht geführt zu werden (vgl. Müller-Rostin in Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Bd. 3 Montrealer Übereinkommen, Stand Juli 2011, Art. 18 Rn. 92; Reuschle aaO Art. 18 Rn. 44). Steht dagegen nicht fest, ob das schadensverursachende Ereignis während der Luftbeförderung oder während eines Oberflächentransports eingetreten ist, muss derjenige, der den Eintritt des Schadens während der Luftbeförderung bestreitet, den Verlust oder die Beschädigung des Gutes während eines Oberflächentransports beweisen (Reuschle aaO Art. 18 Rn. 44). Die Anforderungen, die an den Beweis zu stellen sind, beurteilen sich nach der lex fori, also nach dem Recht des angerufenen Gerichts.
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bb) Die Klägerinnen haben sich darauf berufen, dass der Verlust des Gutes nicht während einer Luftbeförderung im Sinne von Art. 18 Abs. 1 und 3 MÜ, sondern bei einer Oberflächenbeförderung eingetreten ist. Sie sind daher grundsätzlich für diesen von der Beklagten bestrittenen Vortrag beweispflichtig. Im Hinblick darauf, dass der Ort des Verlustes nicht feststeht, trifft die Beklagte allerdings eine sekundäre Darlegungslast (BGH, TranspR 2011, 436 Rn. 34).
Der Geschädigte hat in aller Regel keine Kenntnis von den Einzelheiten der Beförderung. Er ist daher im Allgemeinen nicht in der Lage, den von Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ geforderten Gegenbeweis zu führen. Sofern der Transport ordnungsgemäß organisiert war, muss es dem Frachtführer in aller Regel möglich sein, den Schadensort zu lokalisieren und den Schadenszeitpunkt zu benennen. Der Frachtführer ist daher nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB gehalten, soweit möglich und zumutbar zu den näheren Umständen des Verlustes vorzutragen, damit der Geschädigte die Möglichkeit hat, die Vermutung gemäß Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ zu widerlegen. Kommt der Frachtführer der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht in ausreichendem Maße nach, ist von dem Vortrag des Anspruchstellers auszugehen, dass der Verlust des Gutes während einer Oberflächenbeförderung eingetreten ist.
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cc) Das Berufungsgericht hat in seiner Hilfsbegründung mit Recht angenommen, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist. Die Beklagte hat lediglich behauptet, sie habe das abhandengekommene Paket in Kelsterbach an das mit der Luftbeförderung beauftragte Unternehmen übergeben. Einzelheiten zur weiteren Behandlung der Sendung durch das Luftfrachtunternehmen hat die Beklagte nicht einmal ansatzweise dargelegt. Insbesondere fehlen Angaben dazu, wann die Sendung weiterbefördert werden sollte und an welchem Ort und zu welcher Zeit sie das letzte Mal registriert wurde. Die Klägerinnen haben mit Recht darauf hingewiesen, dass dem Vortrag der Beklagten allenfalls entnommen werden könne, dass die Sendung bei der Anlieferungsstelle in Kelsterbach angekommen ist. Der weitere Weg des Pakets liegt vollständig im Dunkeln. Es lässt sich nicht feststellen, ob das Paket noch in Kelsterbach oder bei der Weiterbeförderung zum Flughafen Frankfurt/Main, möglicherweise aber auch erst am Abgangsflughafen Frankfurt/Main oder am Zielflughafen in den Niederlanden oder schließlich erst bei der anschließenden Landbeförderung vom Zielflughafen zum Empfänger in Verlust geraten ist. Die Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, dass es ihr unmöglich und nicht zumutbar sei, zum weiteren Verlauf der Sendung nach der Übergabe an das Luftfrachtunternehmen vorzutragen.
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Die Nichterfüllung der sekundären Darlegungslast hat zur Folge, dass von einer Widerlegung der Beweisvermutung des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ auszugehen ist. Der Verlust des Gutes ist dann nicht während einer Luftbeförderung im Sinne von Art. 18 Abs. 1 und 3 MÜ eingetreten, so dass sich die Haftung der Beklagten nicht nach den Vorschriften des Montrealer Übereinkommens richtet. Die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz beurteilt sich vielmehr nach den Haftungsbestimmungen des Landfrachtrechts.
32
4. Da der zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlossene multimodale Frachtvertrag gemäß Art. 28 Abs. 4 Satz 1 EGBGB aF dem deutschen Sachrecht unterliegt, kommen auf das Vertragsverhältnis die §§ 452, 452a HGB zur Anwendung. Nach § 452a HGB ist für die Haftung des Frachtführers das Recht maßgeblich, das für einen hypothetischen Vertrag über eine Beförderung auf der Teilstrecke gelten würde, auf der der Schaden eingetreten ist. Im vorliegenden Fall ist von einem Verlust des Pakets während einer Beförderung per Lkw entweder in Deutschland oder in den Niederlanden auszugehen, weil die Beweisvermutung des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ im Hinblick auf die Nichterfüllung der sekundären Darlegungslast durch die Beklagte als widerlegt anzusehen ist. Ein (hypothetischer) Teilstreckenvertrag zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten, der eine Straßenbeförderung per Lkw zum Gegenstand hätte, würde dem deutschen Recht unterliegen. Die Anwendung deutschen Rechts folgt im Streitfall daraus, dass sowohl die Versicherungsnehmerin als auch die Beklagte, auf deren vertragliche Beziehung insoweit abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 – I ZR 138/04, TranspR 2007, 472 Rn. 16 = VersR 2008, 661), ihren Sitz jeweils in Deutschland haben und auch nichts dafür spricht, dass ein hypothetischer Teilstreckenvertrag engere Verbindungen mit einem anderen Staat aufweisen könnte (BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 – I ZR 140/06, BGHZ 181, 292 Rn. 24).
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5. Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Revision mit Recht eine unbeschränkte Haftung der Beklagten für den streitgegenständlichen Verlust gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB bejaht. Die Revision rügt vergeblich, das Berufungsgericht habe bei seiner Beurteilung wesentlichen Prozessstoff unberücksichtigt gelassen.
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a) Die Revision macht geltend, die Beklagte habe vorgetragen, die Sendung sei bis zur Übergabe an das mit der Luftbeförderung beauftragte Unternehmen in Kelsterbach am 30. Juni 2008 noch nicht abhandengekommen. Das Lager des Luftfrachtunternehmens habe das Paket am selben Tag um 18.12 Uhr wieder verlassen.
Dementsprechend müsse der Verlust der Sendung im Anschluss daran während der Luftbeförderung eingetreten sein. Damit habe die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast genügt.
35
b) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Beklagte ihrer umfassenden Einlassungsobliegenheit nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Dazu hätte sie insbesondere auch vortragen müssen, welche Ermittlungsmaßnahmen sie hinsichtlich der streitgegenständlichen Sendung eingeleitet hat und was ihre Nachforschungen und dabei vor allem die Befragung der jeweiligen Mitarbeiter, die mit dem Paket in Berührung gekommen sein mussten, ergeben haben. Darüber hinaus hätte dargelegt werden müssen, welchen Weg das Paket nach der Übergabe an das Luftfrachtunternehmen genommen hat. Vor allem hätte die Beklagte auch im Einzelnen zur Betriebsorganisation des von ihr beauftragten Luftfrachtunternehmens vortragen und darlegen müssen, zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort die Sendung letztmalig registriert worden ist. Das ist nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geschehen. Der detaillierte Vortrag zur weiteren Behandlung des Pakets ist der Beklagten nicht deshalb unzumutbar, weil sie das Gut nach der Übergabe an das Luftfrachtunternehmen nicht mehr in ihrer Obhut hatte. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass es sich bei eingesetzten Subunternehmern um „andere Leute“ im Sinne von § 428 Satz 2 HGB handelt, deren sich der Spediteur/Frachtführer bei Ausführung der Beförderung bedient. Die Beklagte muss sich deshalb so behandeln lassen, als ob sie an Stelle der ihr gemäß § 428 HGB zuzurechnenden Personen selbst gehandelt hätte (BGH, Urteil vom 4. März 2004 – I ZR 200/01, TranspR 2004, 460, 462; Koller aaO § 428 HGB Rn. 14).
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Nach den ebenfalls nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Schadensursache völlig ungeklärt geblieben. Wenn der Spediteur/Frachtführer in einem solchen Fall – wie hier – im Hinblick auf den in Rede stehenden Transport keinen Vortrag zu Sicherungsmaßnahmen in der eigenen Organisation und in der des von ihm beauftragten Subunternehmers und zum Schadenshergang hält, rechtfertigt dies den Schluss auf das objektive Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit wie auch auf das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (BGH, Urteil vom 5. Juni 2003 – I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 470 f.; Urteil vom 2. April 2009 – I ZR 60/06, TranspR 2009, 262 Rn. 27).
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6. Die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Höhe des der Versicherungsnehmerin entstandenen Schadens hat die Revision nicht angegriffen. Sie lassen auch keinen Rechtsfehler erkennen.
38
7. Das Berufungsgericht hat schließlich auch mit Recht angenommen, dass der Schadensersatzanspruch der Klägerinnen nicht durch einen Vergleich oder einen Erlassvertrag zwischen der Beklagten und der Versicherungsnehmerin ausgeschlossen ist.
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a) Das Berufungsgericht hat seine Annahme maßgeblich darauf gestützt, dass die Beklagte die Scheckeinlösung durch die Versicherungsnehmerin nicht dahingehend habe verstehen dürfen, dass diese das Abgeltungsangebot der Beklagten im Sinne von § 151 Satz 1 BGB bewusst angenommen habe. Ein derartiger Wille lasse sich allein aufgrund des Schreibens der Beklagten und der Einlösung des Schecks nicht feststellen. Schon das krasse Missverhältnis zwischen der von der Versicherungsnehmerin erhobenen Forderung und der von der Beklagten angebotenen Abfindung von etwa 2,2% der Forderung stelle ein starkes Indiz dafür dar, dass die Versicherungsnehmerin mit der Einlösung des Schecks nicht zugleich erklärt habe, ein Angebot der Beklagten zum Abschluss eines Erlassvertrags anzunehmen.
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b) Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte die Scheckeinlösung durch die Versicherungsnehmerin jedenfalls nicht als bewusste Betätigung eines Annahmewillens im Sinne von § 151 Satz 1 BGB ansehen konnte.
An die Feststellung eines Erlasswillens sind grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen (BGH, TranspR 2009, 262 Rn. 44 mwN). Der Umstand, dass die Schecksumme der Haftung der Beklagten nach dem im Frachtbrief angegebenen Versicherungswert von 500 US-Dollar entsprach, änderte nichts an dem groben Missverhältnis zwischen der geleisteten Entschädigung und dem von der Versicherungsnehmerin geforderten Ersatzbetrag (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2007 – I ZR 155/04, TranspR 2007, 466 Rn. 17; BGH, TranspR 2009, 262 Rn. 44).
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III. Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.