BGH, Urteil vom 17. April 2018 – VI ZR 237/17
Die psychische Gesundheitsverletzung eines Polizeibeamten, die infolge der unmittelbaren Beteiligung an einem durch einen Amoklauf ausgelösten Geschehen eingetreten ist, ist dem Amokläufer zuzurechnen. Der Zurechnung steht in einem solchen Fall nicht entgegen, dass sich in der Gesundheitsverletzung ein berufsspezifisches Risiko des Polizeibeamten verwirklicht hat.(Rn.12)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 1. Juni 2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 27. Juni 2016 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelzüge.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Das klagende Land nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht (§ 72 LBG Rheinland-Pfalz) wegen der Verletzung der psychischen Gesundheit eines Polizeibeamten auf Schadensersatz in Anspruch.
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Hintergrund des Rechtsstreits ist ein Amoklauf des Beklagten am 18. Februar 2010 in einer Berufsbildenden Schule in L. Der Beklagte, ein ehemaliger Schüler dieser Schule, der an dem sogenannten Klinefelter-Syndrom leidet und aufgrund dessen eine kombinierte Persönlichkeitsstörung entwickelt hat, begab sich an diesem Tag während der Unterrichtszeit in das Schulgebäude. Er war mit einem Messer und einer geladenen Schreckschusspistole bewaffnet und führte bengalische Feuer mit sich. Er wollte seinen früheren Lehrer B. und den Schulleiter L. töten. Mittels der Feuerwerkskörper wollte er Feueralarm und damit Chaos auslösen, um sodann weitere Lehrer sowie Schüler töten zu können.
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Nach Betreten des Schulgebäudes traf der Beklagte auf den Lehrer B. und tötete diesen durch fünf Messerstiche. Im Anschluss daran löste er Feueralarm aus. Er bedrohte drei Lehrer, denen er im Treppenhaus begegnete, mit der Schreckschusspistole, schlug einen der Lehrer zu Boden und gab mehrere Schüsse aus seiner Schreckschusspistole ab, darunter einen auf den Schulleiter L., der ihn zum Aufgeben bewegen wollte.
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Zu den nach Verständigung der Polizei zum Tatort beorderten Polizeibeamten gehörte der Polizeibeamte K., der mit drei weiteren Kollegen das Schulgebäude betrat und es gezielt nach dem mutmaßlichen Amokläufer durchsuchte. Nachdem die Polizisten den Beklagten gestellt hatten, forderten sie ihn unter Vorhalt ihrer Dienstwaffen zur Aufgabe auf. Der Beklagte warf daraufhin seine Schreckschusspistole und eine Umhängetasche weg und ließ sich festnehmen.
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Bei dem Polizeibeamten K. lag infolge dieses Vorfalls eine Anpassungsstörung als Reaktion auf eine schwere seelische Belastung vor, die eine medizinische Behandlungsbedürftigkeit zur Folge hatte und zu einer Dienstunfähigkeit vom 22. Februar 2010 bis 13. März 2010 führte.
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Das klagende Land hat als Versorgungsträger aus übergegangenem Recht der nach dem Amoklauf an ihrer (psychischen) Gesundheit beschädigten Landesbediensteten – mehrerer Lehrer und des Polizeibeamten K. – Schadensersatz aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung verlangt. Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben, bezogen auf den Polizeibeamten K. in Höhe von 3.053,77 € nebst Zinsen. Auf die Berufung des Beklagten, mit der sich dieser allein gegen seine Verurteilung im Hinblick auf die Gesundheitsbeschädigung des Polizeibeamten K. gewandt hat, hat das Oberlandesgericht das Urteil insoweit abgeändert und die Klage in diesem Umfang abgewiesen.
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt das klagende Land die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I.
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Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in MDR 2017, 1184 veröffentlicht ist, hat einen auf das klagende Land übergegangenen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen der von dem Polizeibeamten K. anlässlich des Amoklaufs des Beklagten erlittenen psychischen Gesundheitsbeeinträchtigungen verneint. Zwar stellten traumatisch bedingte psychische Störungen von Krankheitswert eine Verletzung der Gesundheit im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB dar, welche dem Schädiger grundsätzlich zuzurechnen seien. Erforderlich sei aber ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem pflichtwidrigen Verhalten des Schädigers und dem Gesundheitsschaden. Daran fehle es hier. Nach den Feststellungen des Landgerichts habe der Beklagte die ihn festnehmenden Polizeibeamten nicht angegriffen, sondern sich widerstandslos festnehmen lassen, nachdem diese ihn unter Vorhalt ihrer Dienstwaffen zur Aufgabe aufgefordert hätten. Die psychischen Beeinträchtigungen des Polizeibeamten K. beruhten somit allein darauf, dass er im dienstlichen Einsatz die Situation des Amoklaufs in der Schule und die damit einhergehenden schlimmen Folgen, die aber unmittelbar dritte Personen – in erster Linie Lehrer – betroffen hätten, miterlebt habe. Zu der Ausbildung und dem Beruf von Polizeibeamten oder sonst hauptberuflich tätigen Hilfs- und Rettungskräften gehöre es aber, psychisch belastende Einsatzlagen zu bewältigen und die sich daraus ergebenden Erfahrungen und Erlebnisse zu verarbeiten. Psychische Gesundheitsstörungen als Folge von traumatischen Erlebnissen bei dienstlichen Einsätzen gehörten daher für Angehörige solcher Berufe grundsätzlich zum entschädigungslos hinzunehmenden allgemeinen Lebensrisiko. Anders könne es beim Vorliegen zusätzlicher Umstände zu beurteilen sein, etwa bei einem direkten tätlichen Angriff gegen Polizeibeamte bei der Ausübung ihres Dienstes oder bei einem sonstigen Verhalten von Straftätern, welches den Polizeibeamten zu einem selbstgefährdenden Verhalten herausfordere. Solches sei hier aber nicht der Fall gewesen. Etwas anderes gelte auch nicht deshalb, weil sich der Polizeibeamte K. damit konfrontiert gesehen habe, während des Einsatzes notfalls von der Schusswaffe gegen den Beklagten Gebrauch machen zu müssen. Auch dies gehöre zum Berufsrisiko jedes Polizeivollzugsbeamten.
II.
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Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die von dem Polizeibeamten K. erlittene psychische Gesundheitsverletzung ist dem Beklagten zuzurechnen und löst daher einen Schadensersatzanspruch gegen diesen aus § 823 Abs. 1 BGB aus, der gemäß § 72 Abs. 1 LBG Rheinland-Pfalz auf das klagende Land übergegangen ist.
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1. Durch ein Geschehen ausgelöste psychische Störungen von Krankheitswert können eine Verletzung des geschützten Rechtsguts Gesundheit im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen (vgl. Senatsurteile vom 27. Januar 2015 – VI ZR 548/12, VersR 2015, 501 Rn. 6; vom 20. Mai 2014 – VI ZR 381/13, BGHZ 201, 263 Rn. 8; vom 22. Mai 2007 – VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263 Rn. 12; vom 16. Januar 2001 – VI ZR 381/99, VersR 2001, 874, 875; vom 30. April 1996 – VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 344). Dies gilt selbstverständlich auch für psychische Störungen von Krankheitswert, die sich als Reaktion auf das Geschehen bei einem Amoklauf ergeben. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lag infolge des von dem Beklagten ausgelösten Geschehens vom 18. Februar 2010 bei dem Polizeibeamten K. eine Anpassungsstörung als Reaktion auf eine schwere seelische Belastung vor, die eine medizinische Behandlungsbedürftigkeit des K. zur Folge hatte. Erhöhte Anforderungen an das Vorliegen einer Gesundheitsverletzung, wie sie in Fällen sogenannter Schockschäden infolge des Todes oder der schweren Verletzung Dritter, namentlich naher Angehöriger, gestellt werden (vgl. nur Senatsurteile vom 10. Februar 2015 – VI ZR 8/14, VersR 2015, 590 Rn. 9, 19; vom 27. Januar 2015 – VI ZR 548/12, VersR 2015, 501 Rn. 7, jeweils mwN), sind vorliegend nicht zu erfüllen. Der Polizeibeamte K. führt seine psychischen Beeinträchtigungen nicht mittelbar auf die Verletzung oder den Tod eines Dritten zurück, sondern darauf, dass er selbst unmittelbar dem Geschehen eines Amoklaufs ausgesetzt wurde und dieses psychisch nicht verkraften konnte.
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Für die Gesundheitsverletzung des Polizeibeamten K. war das Verhalten des Beklagten sowohl äquivalent als auch adäquat kausal.
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2. Die geltend gemachte psychische Gesundheitsverletzung ist dem Beklagten zuzurechnen. Die Gefahr, die sich in dieser Verletzung realisiert hat, ist nicht dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen. Der Umstand, dass sich ein berufsspezifisches Risiko des Polizeibeamten K. verwirklicht hat, steht jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden der Zurechnung nicht entgegen.
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a) Der Zurechnungszusammenhang bedarf gerade in Fällen psychischer Gesundheitsbeeinträchtigungen einer gesonderten Prüfung (vgl. Senatsurteile vom 20. Mai 2014 – VI ZR 381/13, BGHZ 201, 263 Rn. 9; vom 22. Mai 2007 – VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263 Rn. 13 ff.; Stöhr, NZV 2009, 161, 163). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Schadensersatzpflicht durch den Schutzzweck der verletzten Norm begrenzt wird. Eine Schadensersatzpflicht besteht nur, wenn die Tatfolgen, für die Ersatz begehrt wird, aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen worden ist. Hierfür muss die Norm den Schutz des Rechtsguts gerade gegen die vorliegende Schädigungsart bezwecken; die geltend gemachte Rechtsgutsverletzung bzw. der geltend gemachte Schaden müssen also auch nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm fallen. Daran fehlt es in der Regel, wenn sich eine Gefahr realisiert hat, die dem allgemeinen Lebensrisiko und damit dem Risikobereich des Geschädigten zuzurechnen ist. Der Schädiger kann nicht für solche Verletzungen oder Schäden haftbar gemacht werden, die der Betroffene in seinem Leben auch sonst üblicherweise zu gewärtigen hat. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten (s. nur Senatsurteil vom 20. Mai 2014 – VI ZR 381/13, BGHZ 201, 263 Rn. 10 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
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b) In der psychischen Gesundheitsverletzung des Polizeibeamten K. hat sich nicht lediglich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht.
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aa) Für Verkehrsunfälle hat der Senat entschieden, dass dem allgemeinen Lebensrisiko eine psychische Schädigung von Personen zuzuordnen ist, die an dem eigentlichen Unfallgeschehen nicht selbst beteiligt waren, deren Schädigung aus der bloßen Anwesenheit bei dem Unfallgeschehen herrührt und die mit den eigentlichen Unfallbeteiligten nicht in näherer Beziehung stehen (Senatsurteil vom 22. Mai 2007 – VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263 Rn. 14, 17). Demgegenüber hat der Senat die Haftpflicht eines Unfallverursachers in Fällen anerkannt, in denen der Geschädigte als direkt am Unfall Beteiligter eine psychische Gesundheitsverletzung erlitten hat. Maßgeblich für die Zurechnung war dabei, dass der Schädiger dem Geschädigten die Rolle eines unmittelbaren Unfallbeteiligten aufgezwungen hat und dieser das Unfallgeschehen psychisch nicht verkraften konnte (Senatsurteil vom 12. November 1985 – VI ZR 103/84, VersR 1986, 240, 242; vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 2007 – VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263 Rn. 14). Nichts anderes hat für eine aufgezwungene unmittelbare Beteiligung des Geschädigten an einem Geschehen zu gelten, das durch eine vorsätzlich begangene Straftat ausgelöst wurde.
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bb) Anders als das Berufungsgericht wohl meint, bestehen vorliegend keine Zweifel daran, dass der Polizeibeamte K. an dem durch den Amoklauf ausgelösten Geschehen unmittelbar beteiligt war. Der Beklagte hat mit dem Amoklauf eine Gefahrenlage geschaffen. Er hat den Polizeibeamten, die zum Tatort beordert wurden, eine unmittelbare Beteiligung an dem Geschehen dahingehend aufgezwungen, sich in die Gefahrenlage zu begeben und diese mit der Festnahme des Beklagten zu beenden. Für die Rolle der Polizeibeamten als unmittelbar an dem Geschehen Beteiligte ist es nicht erheblich, wie sich der Beklagte bis zu seiner Festnahme ihnen gegenüber verhielt; insbesondere ist es nicht erforderlich, dass sie Opfer eines gezielten Angriffs des Beklagten wurden. Die infolge der unmittelbaren Beteiligung an dem Geschehen eingetretene psychische Gesundheitsverletzung des Polizeibeamten K. ging daher über das hinaus, was als zum allgemeinen Lebensrisiko gehörig hinzunehmen ist.
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c) Der Umstand, dass sich in der psychischen Gesundheitsverletzung des Polizeibeamten K. das speziell mit einem beruflichen Einsatz von Polizeibeamten verbundene, also berufsspezifische Risiko verwirklicht hat, steht der Zurechnung im vorliegenden Fall nicht entgegen.
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aa) Der Senat hatte noch nicht zu entscheiden, wie das berufsspezifische Risiko von Polizeibeamten und Rettungskräften, psychische Gesundheitsverletzungen zu erleiden, haftungsrechtlich zu werten ist.
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In Rechtsprechung und Literatur werden hierzu unterschiedliche Meinungen vertreten. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Koblenz (VersR 2011, 938 Rn. 43) ist es für die Zurechnung psychischer Gesundheitsverletzungen eines Polizeibeamten, der bei einem Einsatz angegriffen wurde und von seiner Schusswaffe Gebrauch machen musste, ebenso wie für die Zurechnung körperlicher Schädigungen unerheblich, dass sich das Berufswahlrisiko des Polizeibeamten verwirklicht hat. Das Oberlandesgericht Celle (VersR 2006, 1376, 1377) hat die Haftung für die psychische Erkrankung eines Bundesgrenzschutzbeamten, der sich nach einer Kollision von Zügen zum Unfallort begeben musste, unter anderem mit der Begründung verneint, dass sich eine Gefahr verwirklicht habe, die dem Berufsrisiko des Geschädigten zuzuordnen sei. Das Landgericht Duisburg (Urteil vom 28. September 2015 – 8 O 361/14, juris Rn. 35, 43) hat die psychische Störung eines Feuerwehrmanns aufgrund eines Rettungseinsatzes bei einer Massenveranstaltung den Organisatoren dieser Veranstaltung nicht zugerechnet, da vom Schutzzweck der möglicherweise verletzten Verkehrssicherungspflicht der Schutz von Rettungskräften davor, Erlebnisse im Rahmen eines Einsatzes nicht verarbeiten zu können, nicht erfasst werde. Die Berufung hiergegen hat das Oberlandgericht Düsseldorf (Beschluss vom 7. Juni 2016 – I-18 U 1/16, nicht veröffentlicht) zurückgewiesen, allerdings im Wesentlichen mit der Begründung, dass es an einer unmittelbaren Beteiligung des Geschädigten an dem Geschehen fehle. Auch in der Literatur wird erwogen, dass die sich aus Erfahrungen und Erlebnissen bei beruflichen Einsätzen von Polizeibeamten und anderen Rettungskräften ergebenden psychischen Risiken der Risikosphäre dieser Berufsangehörigen zugeordnet werden könnten (Stöhr, NZV 2009, 161, 164; Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., § 3 X 4, S. 147; vgl. auch Luckey, VersR 2011, 940, 941).
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bb) Der vorliegende Fall gibt dem Senat keine Veranlassung, die haftungsrechtliche Bewertung des berufsspezifischen Risikos bei psychischen Gesundheitsverletzungen allgemein und für die in dem Meinungsstreit behandelten, sehr unterschiedlichen Fallgestaltungen zu klären. Jedenfalls bei vorsätzlichen schweren Gewaltverbrechen wie dem streitgegenständlichen Amoklauf, mit denen typischerweise Angst und Schrecken verbreitet werden sollen und verbreitet werden, besteht im Rahmen der gebotenen wertenden Betrachtung kein Grund, die psychischen Auswirkungen des Geschehens auf einen daran unmittelbar beteiligten Polizeibeamten von der Zurechnung an den Schädiger auszunehmen. Zwar gehört es zur Ausbildung und zum Beruf eines Polizeibeamten, sich auf derartige Belastungssituationen vorzubereiten, mit ihnen umzugehen, sie zu bewältigen und zu verarbeiten. Das Risiko, dass er aus einer solchen Belastungssituation eine psychische Gesundheitsverletzung davonträgt, ist aber jedenfalls bei Straftaten der vorliegenden Art nicht allein seiner Sphäre zuzurechnen. Das Verhalten eines Amokläufers wie hier des Beklagten zeichnet sich durch ein hohes Maß an Aggressivität gegenüber nicht nur der körperlichen, sondern auch der seelischen Unversehrtheit der Betroffenen aus. Ihm das Haftungsrisiko für die psychischen Auswirkungen seines Tuns insoweit abzunehmen, als davon Polizeibeamte betroffen sind, lässt sich bei wertender Betrachtung nicht rechtfertigen.