BGH, Beschluss vom 19. November 1991 – X ARZ 10/91
Zur Gerichtsstandsbestimmung bei Streitgenossen aus verschiedenen Gerichtsbezirken und unterschiedlichen Prozeßgegnern
Voraussetzung für die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstandes nach ZPO § 36 Nr 3 ist, daß die „als Streitgenossen“ in Anspruch genommenen Personen zumindest einem gemeinschaftlichen Gegner gegenüberstehen.
(Leitsatz des Gerichts)
Gründe
1
Die 19 Antragsteller machen geltend, sie seien durch Kapitalanlagebetrug geschädigt worden, und zwar auf der Grundlage des Prospekts eines am beabsichtigten Rechtsstreit nicht beteiligten Dritten. Sie wollen die 18 Antragsgegner als Vermittler der schadensursächlichen Kapitalanlage auf Zahlung von Schadensersatz in einem gemeinsamen Gerichtsstand in Anspruch nehmen.
2
Die Voraussetzungen für die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstandes nach § 36 Nr. 3 ZPO in Verbindung mit §§ 59, 60 ZPO sind nicht gegeben. Unausgesprochene Voraussetzung der genannten Vorschriften ist es, daß die „als Streitgenossen“ in Anspruch genommenen Personen zumindest einem gemeinschaftlichen Gegner gegenüberstehen. So verhielt es sich, soweit ersichtlich, in allen bisher entschiedenen einschlägigen höchstrichterlichen Entscheidungen. Eine solche Übereinstimmung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Keiner der Antragsteller und Antragstellerinnen verfolgt Ansprüche gegen mehrere oder alle der Antragsgegner; die Antragsgegner sind daher nicht Streitgenossen im Verhältnis zu einem bestimmten Antragsteller. Den geltend gemachten Ansprüchen der insgesamt 19 Antragsteller liegen jeweils verschiedene Anlagevermittlungen mit unterschiedlichen Beteiligten auf beiden Seiten zugrunde. Eine Übereinstimmung besteht lediglich in der sachlichen Ähnlichkeit des Geschehensablaufs und Übereinstimmung in den wirtschaftlichen Hintergrund betreffenden wesentlichen Tatbestandselementen (Inhalt des Anlageprospekts und wirtschaftliche Verhältnisse des Prospektausgebers). Das genügt nicht, um noch einen die Streitgenossenschaft rechtfertigenden, zumindest „im wesentlichen“ gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund i.S. des § 60 ZPO bejahen zu können. Bei den im allgemeinen für einen weiten Anwendungsbereich der §§ 59, 60 ZPO sprechenden prozeßökonomischen Überlegungen (vgl. BGH JZ 1990 S. 1036) hat hier die Sorge ausschlaggebendes Gewicht, daß die Verfolgung der Ansprüche in einem einheitlichen Rechtsstreit wegen der Vielzahl der Beteiligten und der möglichen Abweichung des Geschehensablaufs im einzelnen zu Unübersichtlichkeit und Verwirrung führt.