Zur Geltung der Bestimmungen über das Lagergeschäft bei der Übernahme anderer Aufgaben durch den Lagerhalter

BGH, Urteil vom 20. September 2018 – I ZR 146/17 

1. Die Bestimmungen der §§ 467 bis 475h HGB über das Lagergeschäft gelten auch dann, wenn der Lagerhalter – wie bei einem Konsignationslager – neben der Lagerung der Güter noch andere Aufgaben übernimmt.(Rn.8)

2. Die Haftung gemäß § 475 HGB kann außer durch Allgemeine Geschäftsbedingungen, die den Erfordernissen der §§ 305 bis 310 BGB entsprechen und dabei insbesondere die Kardinalpflichten des Lagerhalters angemessen berücksichtigen, auch durch Individualvereinbarungen beschränkt werden, sofern diese die für sie geltenden Grenzen der Gestaltungsmacht der Parteien einhalten.(Rn.13)

3. Eine Individualvereinbarung, wonach der Lagerhalter für Inventurverluste von bis zu 0,4% jährlich nicht haftet, kann im Blick auf § 276 Abs. 3 BGB dahin auszulegen sein, dass die Haftung für vorsätzliches Verhalten des Lagerhalters damit nicht ausgeschlossen ist.(Rn.15)

4. Das in Ziffer 19 ADSp 2003 bestimmte Aufrechnungsverbot gilt für Gegenansprüche, die streitig sind und über deren Bestehen nicht ohne Beweiserhebung entschieden werden kann (im Anschluss an BGH, Urteil vom 7. März 1991, I ZR 157/89, TranspR 1991, 308, 310 [juris Rn. 19] und Urteil vom 6. Mai 1999, I ZR 84/97, TranspR 1999, 347, 348 [juris Rn. 2], jeweils mwN). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Gegenansprüche nach Darstellung des Aufrechnenden auf einer vorsätzlichen Vertragsverletzung des Aufrechnungsgegners beruhen (im Anschluss an BGH, Urteil vom 7. März 1985, III ZR 90/83, WM 1985, 866, 868 [juris Rn. 67] und Urteil vom 15. Februar 2007, I ZR 118/04, TranspR 2007, 374 Rn. 24).(Rn.22)

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand
1
Die Klägerin, eine in Koblenz ansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betreibt ein Speditionsunternehmen. Sie führte für die in Nürnberg ansässige Beklagte, die Hausgeräte und Unterhaltungselektronik vertreibt, auf der Grundlage des von ihr unter dem 2. Mai 2012 gegengezeichneten „G. by 30.04.2012“, in dem die Geltung der ADSp 2003 vereinbart war (im Weiteren: Vertrag), bis zum 30. September 2014 ein sogenanntes Konsignationslager, wobei sie die von der Beklagten verfügte Ware kommissionierte und an Empfänger innerhalb Deutschlands zustellte.

2
Der Klägerin standen gegenüber der Beklagten aus dem Vertrag nach dessen Beendigung noch Ansprüche aus erbrachten speditionellen Leistungen sowie auf Lagermiete wegen der nicht rechtzeitigen Räumung einer Halle zu. Die Klägerin hat von der Beklagten in erster Instanz zuletzt die Zahlung von 278.906,11 € nebst Zinsen verlangt. Die Beklagte hat gegenüber der Klageforderung mit einem Anspruch wegen bei der Klägerin im Vertragszeitraum entstandener Inventurverluste in Höhe von 425.569,92 € aufgerechnet. Für den Fall, dass die Aufrechnung gemäß § 19 ADSp 2003 als unwirksam angesehen werden sollte, hat die Beklagte hilfsweise eine Widerklage in Höhe der Klagesumme erhoben.

3
Die Klägerin hat sich demgegenüber auf die Bestimmung in dem Vertrag

ITC is liable for inventory differences up to 99,6% from the value of the goods (buying price) which are handled by ITC each year.

(im Weiteren: Schwundklausel) berufen.

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Das Landgericht hat die Beklagte – unter Abweisung der Klage im Übrigen – zur Zahlung von 218.235,30 € nebst Zinsen verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die von der Beklagten dagegen eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Abweisung der Widerklage entfällt. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe
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I. Das Berufungsgericht hat die Klageforderung in Höhe von 218.235,30 € als begründet und die Gegenforderung der Beklagten als unbegründet erachtet. Es hat angenommen, der Beklagten stehe wegen der Inventurverluste kein Schadensersatzanspruch zu. Dazu hat es ausgeführt:

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Auf die Rechtsbeziehung der Parteien seien die Vorschriften über den Lagervertrag anwendbar, weil das lagerrechtliche Element überwiege. Einer Haftung der Klägerin aus § 475 HGB stehe die von den Parteien vereinbarte Schwundklausel entgegen. Diese sei dahin zu verstehen, dass der Klägerin pro Jahr ein Warenschwund im Bereich zwischen 99,6% und 100% zugestanden werde, ohne dass sie sich insoweit entlasten müsse. Die getroffene Vereinbarung fingiere den bei Haftungsbeschränkungen für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit an sich zu führenden Entlastungsbeweis, womit für die relativ geringe Bandbreite von 0,4% ein Schwund freigegeben sei. Dagegen hafte die Klägerin außerhalb dieser Grenze unbeschränkt und damit auch für einfache Fahrlässigkeit. Die jährlichen Inventurdifferenzen hätten unstreitig unterhalb von 0,4% des jährlichen Wareneinkaufswerts gelegen. Wegen des vereinbarten Haftungsausschlusses scheide auch eine Haftung der Beklagten aus § 823 BGB oder wegen der Verletzung vertragswesentlicher Pflichten aus. Nichts Abweichendes ergebe sich daraus, dass die vereinbarte Haftungsbegrenzung wegen Ziffer 27 ADSp nicht für Kardinalpflichtverletzungen gelten würde, da andernfalls die Regelung der Ziffer 24 ADSp leerliefe.

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II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die von der Beklagten erhobene Gegenforderung nicht verneint werden.

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1. Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend und von den Parteien auch unbeanstandet davon ausgegangen, dass sich die Frage der Haftung der Klägerin gegenüber der Beklagten für Inventurverluste grundsätzlich nach den Bestimmungen über das Lagergeschäft (§§ 467 bis 475h HGB) beurteilt. Die genannten Bestimmungen gelten auch dann, wenn der Lagerhalter – wie im Streitfall die Klägerin bei dem von ihr für die Beklagte geführten Konsignationslager – neben der Lagerung der Güter noch andere Aufgaben übernimmt (vgl. Köper in Hartenstein/Reuschle, Transport- und Speditionsrecht, 3. Aufl., Kapitel 8 Rn. 27). Entscheidend ist, dass die Klägerin die ihr anvertrauten Güter entsprechend dem Leitbild des Lagervertrags ordnungsgemäß einzulagern und aufzubewahren hatte.

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2. Nach § 475 Satz 1 HGB haftet der Lagerhalter für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Lagerung bis zur Auslieferung entsteht, es sei denn, dass der Schaden durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht abgewendet werden konnte. Diese gesetzliche Haftung ist durch die zwischen den Parteien vereinbarten ADSp 2003 und dann nochmals durch die vereinbarte Schwundklausel modifiziert worden. Nach Ziffer 24.1 AdSp 2003 ist die Haftung des Spediteurs bei Verlust oder Beschädigung des Gutes (Güterschaden) bei einer verfügten Lagerung auf 25.000 € begrenzt, wenn der Schaden des Auftraggebers – wie hier – in einer Differenz zwischen Soll- und Ist-Bestand des Lagerbestandes (Inventurdifferenz) besteht. Diese Haftungsbegrenzung gilt gemäß Ziffer 27.1 ADSp 2003 allerdings nicht, wenn der Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Lagerhalters oder seiner leitenden Angestellten oder durch eine Verletzung vertragswesentlicher Pflichten verursacht worden ist, wobei Ersatzansprüche in letzterem Fall auf den vorhersehbaren typischen Schaden begrenzt sind. Diese Haftung ist von den Parteien zudem dadurch weitergehend geändert worden, dass die Klägerin nach der mit der Beklagten individuell vereinbarten Schwundklausel für Inventurverluste von bis zu 0,4% jährlich nicht haftet.

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3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Haftung der Klägerin für Inventurverluste von bis zu 0,4% jährlich sei durch die vereinbarte Schwundklausel umfassend und daher auch im Falle der vorsätzlichen Verursachung solcher Verluste ausgeschlossen worden, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, soweit diese Klausel danach auch gelten sollte, wenn der Warenschwund seine Ursache in einer vorsätzlichen Pflichtverletzung der Klägerin hatte.

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a) Bei der Schwundklausel handelt es sich um eine individuelle Vertragsabrede. Das Revisionsgericht kann die Auslegung einer solchen Individualvereinbarung durch den Tatrichter nur darauf überprüfen, ob gesetzliche oder anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden ist (BGH, Urteil vom 4. Februar 2016 – I ZR 216/14, TranspR 2016, 404 Rn. 41 mwN). Das Berufungsgericht hat bei seiner Auslegung den anerkannten Auslegungsgrundsatz nicht berücksichtigt, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage der Parteien entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2002 – X ZR 31/00, juris Rn. 23 mwN). Danach ist eine Individualvereinbarung im Zweifel so auszulegen, dass sie nicht gegen zwingende gesetzliche Regelungen verstößt.

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b) Mit der Schwundklausel sollte ersichtlich nicht die Pflicht der Klägerin als Lagerhalterin abbedungen werden, den gesamten eingelagerten Warenbestand zurückzugeben. Vielmehr sollten damit lediglich die Haftungsfolgen für den Fall einer Inventurdifferenz geregelt werden.

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c) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, Haftungsfreizeichnungen seien beim Verlust von Gütern beim Lagerhalter unbeachtlich, weil es dabei um die Verletzung von Kardinalpflichten gehe. Sie übersieht insoweit, dass die Haftung des Lagerhalters gemäß § 475 HGB – anders als etwa gemäß § 449 HGB die Haftung des Frachtführers – grundsätzlich abdingbar ist (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 13/8445 S. 122). Die Haftung gemäß § 475 HGB kann daher durch Allgemeine Geschäftsbedingungen beschränkt werden, die den Erfordernissen der §§ 305 bis 310 BGB entsprechen und insbesondere die Kardinalpflichten des Lagerhalters angemessen berücksichtigen (vgl. dazu etwa Koller, Transportrecht, 9. Aufl., § 475 HGB Rn. 7; MünchKomm.HGB/Frantzioch, 3. Aufl., § 475 Rn. 21 ff., 29; zur Benachrichtigungspflicht des Lagerhalters gemäß Ziff. 15.1 Satz 2 ADSp 2003 im Falle der Einlagerung des Gutes bei einem fremden Lagerhalter als vertragswesentliche Pflicht [Kardinalpflicht] im Sinne von Ziff. 27.1 ADSp 2003 vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 – I ZR 48/13, TranspR 2014, 438 Rn. 17 bis 21 = VersR 2015, 260). Ferner kann diese Haftung durch Individualvereinbarungen beschränkt werden, sofern diese die für sie geltenden Grenzen der Gestaltungsmacht der Parteien einhalten.

14
d) Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, aus Ziffer 27.1 ADSp ergebe sich nicht, dass die individuell vereinbarte Haftungsbegrenzung bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit nicht gilt. Ziffer 27.1 ADSp 2003 ist nach seinem Wortlaut auf die „vorstehenden Haftungsbefreiungen und -begrenzungen“ anwendbar und gilt danach allein für die in der ADSp geregelten und nicht für individuell vereinbarte Haftungsbefreiungen und -begrenzungen.

15
e) Das Berufungsgericht hat aber nicht berücksichtigt, dass dem Schuldner die Haftung für Vorsatz nach der zwingenden gesetzlichen Regelung des § 276 Abs. 3 BGB nicht im Voraus erlassen werden kann. Dem Schuldner kann zwar die Haftung für eine schuldhafte – auch vorsätzliche – Pflichtverletzung seiner Erfüllungsgehilfen im Voraus erlassen werden (§ 278 Satz 2 BGB). Eine Haftung des Schuldners für eine eigene vorsätzliche Pflichtverletzung können die Parteien jedoch nicht im Voraus ausschließen (§ 276 Abs. 3 BGB). Da nicht angenommen werden kann, dass die Parteien eine gegen diese zwingende gesetzliche Regelung verstoßende Vereinbarung treffen wollten, ist die Schwundklausel dahin auszulegen, dass die Parteien damit eine Haftung der Klägerin für vorsätzliches Verhalten nicht ausschließen wollten. Die Revision macht allerdings ohne Erfolg geltend, die wegen des Verstoßes gegen § 276 Abs. 3 BGB gegebene teilweise Unwirksamkeit der Schwundklausel führe gemäß § 139 BGB zur Nichtigkeit der gesamten Schwundklausel. Die Schwundklausel verstößt nicht gegen § 276 Abs. 3 BGB. Sie ist vielmehr im Blick auf § 276 Abs. 3 BGB dahin auszulegen, dass sie die Haftung der Klägerin bei vorsätzlichem Verhalten nicht ausschließt.

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f) In dieser Hinsicht ergibt sich auch aus den vom Berufungsgericht angeführten Urteilen des Senats vom 20. März 2003 – I ZR 225/00 (NJW-RR 2003, 1056, 1059 [juris Rn. 65]) und vom 1. März 2007 – I ZR 279/04 (TranspR 2007, 260 Rn. 16) nichts Abweichendes. Zum einen ging es in jenen beiden Entscheidungen um die Überschreitung der vereinbarten Schwelle für Inventurverluste, während im Streitfall diese Schwelle unterschritten wurde. Zum anderen hat der Bundesgerichtshof die in den beiden Entscheidungen in Rede stehenden Klauseln als bereits gemäß § 306 Abs. 2 BGB unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen qualifiziert. Damit kam es dort auf die Regelung des § 276 Abs. 3 BGB schon von vornherein nicht an.

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4. Das Berufungsurteil beruht auf der rechtsfehlerhaften Annahme, die Klägerin hafte auch nicht für eine vorsätzliche Pflichtverletzung. Die Beklagte hat in beiden Tatsacheninstanzen vorgetragen, der eingetretene Warenschwund beruhe darauf, dass die Organe der Klägerin es vorsätzlich unterlassen hätten, deren Lagerbetrieb ordnungsgemäß zu organisieren. Mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist dieser Vortrag der rechtlichen Nachprüfung in der Revisionsinstanz zugrunde zu legen. Danach ist davon auszugehen, dass der eingetretene Warenschwund auf einer vorsätzlichen Pflichtverletzung der Klägerin beruht, die sich gemäß § 31 BGB das Verhalten ihrer Organe zurechnen lassen muss.

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III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:

19
1. Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob der eingetretene Warenschwund auf einer vorsätzlichen Pflichtverletzung der Klägerin beruht. Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass die Beweislast für ein qualifiziertes Verschulden des Unternehmers bei Verkehrsverträgen beim anderen Vertragsteil liegt. Sie ist allerdings dadurch gemildert, dass den Unternehmer in Bezug auf die Organisation seines Betriebs eine sekundäre Darlegungslast trifft. Sofern der Unternehmer dieser sekundären Darlegungslast in hinreichendem Umfang nachgekommen ist, ist es alsdann Sache des Anspruchstellers, die Voraussetzungen für die unbeschränkte Haftung des Unternehmers darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (BGH, Urteil vom 24. November 2010 – I ZR 192/08, TranspR 2011, 161 Rn. 29 mwN).

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Die Revisionserwiderung weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die Klägerin im ersten Rechtszug zu den von ihr getroffenen Maßnahmen zur Verhinderung von Schwund wie etwa Taschenkontrollen und Überprüfung der Zuverlässigkeit der Pförtner durch fingierte Diebstahlsversuche vorgetragen hat. Sollte die Klägerin mit diesem Vortrag ihrer sekundären Darlegungslast entsprochen haben, wäre es Sache der Beklagten, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Klägerin über diese Maßnahmen hinaus weitere Maßnahmen möglich und zumutbar waren, um einem Schwund des Warenbestands effektiv entgegenzuwirken.

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2. Das Berufungsgericht wird ferner erneut zu prüfen haben, ob die Aufrechnung mit der Gegenforderung zulässig ist. Streiten die Parteien – wie hier – darüber, ob eine Klageforderung durch Aufrechnung erloschen ist, darf es das Gericht nicht offenlassen, ob ein vertragliches Aufrechnungsverbot wirksam ist; andernfalls kann es zu Unklarheiten über den Umfang der Rechtskraft der Entscheidung kommen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 1990 – VIII ZR 355/89, NJW-RR 1991, 971, 972 [juris Rn. 8 f.] mwN).

22
Nach Ziffer 19 ADSp 2003 ist eine Aufrechnung gegenüber Ansprüchen aus dem – hier vorliegenden – Verkehrsvertrag (Ziffer 2.1 ADSp 2003) nur mit fälligen Gegenansprüchen zulässig, denen ein Einwand nicht entgegensteht. Gegenansprüchen steht im Sinne dieser Regelung ein Einwand entgegen, wenn sie streitig sind und über ihr Bestehen nicht ohne Beweiserhebung entschieden werden kann (zu § 32 ADSp aF vgl. BGH, Urteil vom 7. März 1991 – I ZR 157/89, TranspR 1991, 308, 310 [juris Rn. 19], Urteil vom 6. Mai 1999 – I ZR 84/97, TranspR 1999, 347, 348 [juris Rn. 2], jeweils mwN). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung nach Darstellung des Aufrechnenden – wie hier – auf einer vorsätzlichen Vertragsverletzung des Aufrechnungsgegners beruht (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 1985 – III ZR 90/83, WM 1985, 866, 868 [juris Rn. 67]; Urteil vom 15. Februar 2007 – I ZR 118/04, TranspR 2007, 374 Rn. 24). Danach dürfte es für die Zulässigkeit der Aufrechnung darauf ankommen, ob über die Behauptung der Beklagten, der eingetretene Warenschwund beruhe auf einer vorsätzlichen Pflichtverletzung der Klägerin, Beweis erhoben werden muss.

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