Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen),Urteil vom 12.12.2011 – 15 Sa 1036/11
Die Erklärung eines Arbeitgebers, er werde zukünftig kein Weihnachtsgeld mehr zahlen, wer damit nicht einverstanden sei, möge sich einen anderen Arbeitsplatz suchen, kann Angebot für eine mögliche Vertragsänderung gewertet werden (Rn. 47).
Im Schweigen des Arbeitnehmers liegt keine Annahme des solcherart unterbreiteten Änderungsangebots. Regelmäßig stellt Schweigen allein schon keine Willenserklärung dar. Reagiert jemand auf ein Angebot nicht, stimmt er diesem gem. § 147 BGB nicht zu. Das gilt erst recht, wenn einem Arbeitnehmer eine Verschlechterung seiner Rechtsposition angeboten wird (Rn. 49).
Gleichwohl lässt sich eine stillschweigende Zustimmungserklärung eines Arbeitnehmers für den Fall annehmen, dass er nach dem Angebot einer (verschlechternden) Vertragsänderung durch den Arbeitgeber unmittelbar und sogleich betroffen wird und dennoch widerspruchslos seine Tätigkeit fortsetzt. Allein die tatsächliche Praktizierung der geänderten Vertragsbedingungen kann eine konkludente Erklärung sein, die einer Annahme innerhalb der Frist des § 147 Abs. 1 BGB („sofort“) gleichkommt. Ein Antrag des Arbeitgebers für eine nicht unmittelbar, sondern erst in einigen Monaten fällig werdenden Weihnachtsgeldzahlung wirkt sich lediglich langfristig aus. Eine „Unmittelbar-und-sogleich-Betroffenheit“ scheidet somit aus (Rn. 50).
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 17.05.2011 – 1 Ca 283/11 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
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Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Weihnachtsgeld.
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Der Kläger ist seit 1989 bei der Beklagten, die eine Druckerei betreibt, beschäftigt, zuletzt zu einem monatlichen Bruttoentgelt von durchschnittlich etwa 2.336,00 EUR.
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Das Arbeitsverhältnis unterliegt nicht einer Tarifbindung.
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In den Jahren 2003, 2004 und 2005 leistete die Beklagte an ihre Mitarbeiter ein Weihnachtsgeld, an den Kläger ohne Vorbehalt in Höhe von jeweils 2.094,07 EUR brutto.
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Anfang 2006 fand bei der Beklagten eine Betriebsversammlung mit allen Betriebsangehörigen statt. Der Geschäftsführer der Beklagten erklärte während dieser Versammlung, dass die bislang gewährten Weihnachtsgelder zukünftig nicht mehr gezahlt werden könnten. Er stellte anheim, den Arbeitsplatz zu verlassen, wenn jemand damit nicht einverstanden sei.
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Der Kläger gab zu den Äußerungen des Geschäftsführers weder in der Betriebsversammlung noch später irgendeine Erklärung ab.
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Die Beklagte leistete in den Folgejahren keine Weihnachtsgeldzahlungen an ihre Mitarbeiter mehr.
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Mit Schreiben vom 13.01.2011 verlangte der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten von der Beklagten vergeblich die Zahlung von Weihnachtsgeld für die Jahre 2008, 2009 und 2010.
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Mit am 07.02.2011 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage hat der Kläger seine Ansprüche weiter verfolgt auf der Basis eines jährlichen Weihnachtsgeldbetrages von 2.094,07 EUR.
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Er hat vorgetragen, der Anspruch folge aus dem Arbeitsvertrag. Denn durch die vorbehaltlose Zahlung eines Weihnachtsgeldes in den Jahren 2003 – 2005 sei eine betriebliche Übung entstanden. Dem stehe nicht der Umstand entgegen, dass die Beklagte seit 2006 ein Weihnachtsgeld nicht mehr gezahlt habe; eine „negative Übung“ gebe es nicht mehr.
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Auch könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass er nach der Betriebsversammlung Anfang 2006 kommentarlos weitergearbeitet habe. Schweigen habe im Rechtsverkehr keine Bedeutung. Er habe weder ausdrücklich noch schlüssig sein Einverständnis zu einer Vertragsänderung erklärt. Auch habe sich die Weihnachtsgeldzahlung für 2006 erst zum Ende des Jahres 2006 ausgewirkt, nicht aber unmittelbar im Anschluss an die angediente Vertragsänderung. Keinesfalls habe er ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrages jedoch unmittelbar angenommen.
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Verwirkung sei nicht anzunehmen, denn es seien keine Umstände ersichtlich, aus denen die Beklagte darauf habe vertrauen dürfen, er werde seine Weihnachtsgeldansprüche zukünftig nicht mehr geltend machen.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.282,21 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.02.2011 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat die Auffassung vertreten, der Anspruch des Klägers sei durch eine Änderung des Arbeitsvertrags erloschen. Der Kläger habe ihr Angebot aus der Betriebsversammlung des Januars 2006 durch jahrelange vorbehaltlose Weiterarbeit schlüssig angenommen. Da der Kläger über die Jahreswende 2006/07 vorbehaltlos weitergearbeitet habe, sei der Arbeitsvertrag stillschweigend abgeändert worden.
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Jedenfalls sei ein möglicher Anspruch verwirkt. Der Kläger habe erstmals mit Schreiben vom 13.01.2011 die Zahlung von Weihnachtsgeld geltend gemacht. Durch sein Stillhalten zwischen 2006 und 2010 habe sie darauf vertrauen dürfen, der Kläger werde auch zukünftig Ansprüche auf ein Weihnachtsgeld nicht mehr erheben.
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Mit Urteil vom 17.05.2011 hat das Arbeitsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben und seine Entscheidung wesentlich so begründet:
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Der Anspruch auf ein Weihnachtsgeld für die Jahre 2008 – 2010 in Höhe von insgesamt 6.282,21 EUR brutto stehe dem Kläger aus seinem Arbeitsvertrag zu. Er sei nach dem Rechtsinstitut der betrieblichen Übung Vertragsinhalt geworden. Durch die mehrfache Nichtzahlung sei keine gegenläufige betriebliche Übung entstanden. Hierfür hat sich das Arbeitsgericht auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.03.2009 (10 AZR 281/08) bezogen.
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Der Anspruch des Klägers sei auch nicht durch eine Vertragsänderung erloschen. Eine solche sei nicht eingetreten, insbesondere nicht durch ein schlüssiges Verhalten des Klägers. Zum einen bewirke die vorbehaltlose Weiterarbeit nach Erklärung eines negativen Vertragsangebots nur dann eine Vertragsänderung, wenn sie sich unmittelbar auswirke. Anfang 2006 hätten Ansprüche auf ein Weihnachtsgeld für 2006 schon mangels Fälligkeit nicht im Raum gestanden. Von einer Angebotsannahme könne deshalb nicht ausgegangen werden. Zudem stehe einer Annahme nach etwa einem Jahr auch § 147 BGB entgegen, wonach (Vertragsänderungs-) Angebote unter Anwesenden nur sofort angenommen werden können.
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Mangels Vorliegens des sogenannten Umstandsmoments seien die Ansprüche des Klägers auch nicht gem. § 242 BGB verwirkt.
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Gegen das ihr am 10.06.2011 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat die Beklagte am 30.06.2011 (eingehend) Berufung eingelegt und diese mit am 27.07.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
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Sie ist weiterhin der Rechtsansicht, der Anspruch auf ein Weihnachtsgeld sei infolge einer Vertragsänderung entfallen. In der Weiterarbeit über den Fälligkeitstermin des Weihnachtsgeldes im November und das Jahresende 2006 hinaus liege eine schlüssige Annahme des Arbeitgeberangebots. Der Geschäftsführer habe den Wegfall des Weihnachtsgeldes Anfang 2006 deutlich angesprochen. Der Kläger habe deshalb erkennen müssen, dass seine widerspruchslose Weiterarbeit als Einverständnis mit der angebotenen Vertragsänderung verstanden werde. Ebenso habe der Kläger erkennen müssen, dass das Angebot bis zum Fälligkeitszeitpunkt November 2006 im Sinne von § 148 BGB befristet gewesen sei.
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Auch stehe dem Anspruch der Gesichtspunkt der Verwirkung entgegen. Das Umstandsmoment ergebe sich aus der deutlich unmissverständlichen Ablehnung des Anspruchs auf ein zukünftiges Weihnachtsgeld und dem Fehlen jeglicher Reaktion hierauf für mehr als vier Jahre. Sie habe sich darauf eingerichtet, dass Ansprüche nicht mehr geltend gemacht würden. Entsprechend habe sie es unterlassen, weitere Schritte zu einer rechtssicheren Änderung etwa durch Vertragsverhandlungen oder den Ausspruch einer Änderungskündigung zu unternehmen.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 17.05.2011 abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
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Er meint, eine schlüssige Annahme eines etwaigen annahmefähigen Angebots der Beklagten durch die erfolgte Weiterarbeit liege nicht vor. Der Kläger bezieht sich insoweit auf die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 25.11.2009 (10 AZR 779/08) und des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22.01.2010 (10 Sa 1456/09). Auch gehe die Beklagte fehl in ihrer Auffassung, bei ihrer Erklärung im Januar 2006 handele es sich um eine auf das Ende des Jahres 2006 befristete Erklärung im Sinne des § 148 BGB. Denn es sei hier eine Fristbestimmung weder ausdrücklich noch konkludent erfolgt. Dann aber gelte automatisch (§ 147 BGB), dass der Antrag – was erkennbar nicht erfolgt sei – nur sofort angenommen werden könne.
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Die Annahme der Verwirkung scheitere am nicht gegebenen Umstandsmoment. Er habe nur weitergearbeitet; besondere Umstände in seinem Verhalten, welche bei der Beklagten vertrauensbildend hätten werden können, hätten nicht vorgelegen.
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Wegen des weiteren Sachvorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig.
II.
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In der Sache hat die Berufung der Beklagten jedoch keinen Erfolg. Zu Recht und zutreffend begründet hat das Arbeitsgericht entschieden, dass der Kläger Anspruch auf Zahlung eines jährlichen Weihnachtsgeldes in Höhe von 2.094,07 EUR brutto für 2008, 2009 und 2010 nebst gesetzlichen Zinsen hat.
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1) Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 6.282,21 EUR brutto als Weihnachtsgeld für die Jahre 2008, 2009 und 2010 gem. § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag.
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Zinsen aus dem ausgeurteilten Betrag stehen dem Kläger seit Rechtshängigkeit, 10.02.2011, zu, §§ 288 Abs. 1, 291 S. 1 BGB.
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Rechtlich unproblematisch war der Anspruch des Klägers auf ein jährliches Weihnachtsgeld in Höhe von 2.094,07 EUR brutto durch betriebliche Übung Vertragsinhalt geworden.
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a) Unter einer betrieblichen Übung wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer schließen dürfen, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung dauerhaft gewährt werden (st.Rspr., BAG vom 21.01.2009 – 10 AZR 219/08, NZA 2009, 310; vgl. BAG vom 24.06.2003 – 9 AZR 302/02, NZA 2003, 1145; BAG vom 28.06.2006 – 10 AZR 385/05, NZA 2006, 1174, j.m.w.N.). Für jährlich an die gesamte Belegschaft geleistete Gratifikationen ist die Regel aufgestellt worden, dass eine dreimalige vorbehaltlose Gewährung zur Verbindlichkeit erstarkt (BAG vom 24.06.2003, a.a.0.).
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b) So liegt der Fall hier. Die Beklagte leistete in den Jahren 2003, 2004 und 2005 an den Kläger das Weihnachtsgeld vorbehaltlos. Damit war der Anspruch des Klägers auf ein jährliches Weihnachtsgeld zur Verbindlichkeit erstarkt.
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Dies ist auch zwischen den Parteien nicht streitig.
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2) Der Anspruch des Klägers auf das Weihnachtsgeld ist nicht erloschen.
42
a) Der Anspruch ist insbesondere nicht dadurch erloschen, dass die Beklagte das Weihnachtsgeld seit 2006 in keinem Jahr mehr gezahlt hat.
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Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 18.03.2009 (10 AZR 281/08, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 83) seine Rechtsprechung zur sogenannten gegenläufigen betrieblichen Übung aufgegeben. Durch eine betriebliche Übung erwerben Arbeitnehmer, wie weiter oben erläutert, vertragliche Ansprüche auf bestimmte üblich gewordene Leistungen. Spätestens seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 01.01.2002, mit dem die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBGB weggefallen ist, können die zuvor aufgestellten Grundsätze zur Verschlechterung oder Beseitigung vertraglicher Ansprüche von Arbeitnehmern auf Sonderzahlungen aufgrund einer gegenläufigen betrieblichen Übung nicht mehr aufrechterhalten werden. Denn der aufgrund betrieblicher Übung entstandene Rechtsanspruch ist kein vertraglicher Anspruch minderer Rechtsbeständigkeit. Er kann daher nicht unter erleichterten Voraussetzungen zu Fall gebracht werden.
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b) Der durch die betriebliche Übung gestaltete Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Klägers ist nicht vertraglich abgeändert worden.
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aa) Eine ausdrückliche Vertragsänderung haben Kläger und Beklagte nicht vorgenommen.
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bb) Eine Vertragsänderung ist auch nicht durch schlüssiges Verhalten des Klägers eingetreten.
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Ausgangspunkt für eine mögliche Vertragsänderung waren die Erklärungen des Geschäftsführers der Beklagten im Rahmen der Betriebsversammlung im Januar 2006. Die ausdrückliche Erklärung hatte den Inhalt, die Beklagte werde zukünftig kein Weihnachtsgeld mehr zahlen, wer damit nicht einverstanden sei, möge sich einen anderen Arbeitsplatz suchen.
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Diese Willenserklärung der Beklagten hat der Kläger nicht angenommen.
49
(1) Allein in dem Schweigen des Klägers in der Betriebsversammlung im Januar 2006 liegt keine Annahme des von der Beklagten auf dieser Versammlung unterbreiteten Änderungsangebots. Regelmäßig stellt Schweigen allein schon keine Willenserklärung dar. Reagiert jemand auf ein Angebot nicht, stimmt er diesem gem. § 147 BGB nicht zu. Das gilt erst recht, wenn einem Arbeitnehmer eine Verschlechterung seiner Rechtsposition angeboten wird (BAG vom 04.09.1985 – 7 AZR 262/83, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 22; BAG vom 18.09.2001 – 9 AZR 307/00, AP BGB § 611 Mehrarbeitsvergütung Nr. 37; LAG Hamm vom 22.01.2010 – 10 Sa 1456/09, juris).
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(2) Gleichwohl lässt sich eine stillschweigende Zustimmungserklärung eines Arbeitnehmers für den Fall annehmen, dass er nach dem Angebot einer (verschlechternden) Vertragsänderung durch den Arbeitgeber unmittelbar und sogleich betroffen wird und dennoch widerspruchslos seine Tätigkeit fortsetzt (BAG vom 25.11.2009 – 10 AZR 779/08, juris mit Verweis auf BAG vom 01.08.2001 – 4 AZR 129/00, BAGE 98, 293; LAG Hamm vom 22.01.2010 a.a.0. m.w.N.). Allein die tatsächliche Praktizierung der geänderten Vertragsbedingungen kann eine konkludente Erklärung sein, die einer Annahme innerhalb der Frist des § 147 Abs. 1 BGB („sofort“) gleichkommt. Ein Antrag der Beklagten im Januar 2006 wirkte sich indes nicht unmittelbar, sondern wegen der nur einmalig jährlich fällig werdenden Weihnachtsgeldzahlung allenfalls langfristig aus (so ausdrücklich BAG vom 25.11.2009, a.a.0., Rd. 27). Eine „Unmittelbar-und-sogleich-Betroffenheit“ scheidet somit aus.
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Der Beklagten ist nicht darin zu folgen, dass ihr Vertragsänderungsangebot bis zum Fälligkeitszeitpunkt November 2006 befristet gewesen sei. Eine Fristbestimmung im Sinne des § 148 BGB hat die Beklagte weder ausdrücklich noch schlüssig vorgenommen. Insbesondere sind Anhaltspunkt für eine konkludente Fristbestimmung weder von der Beklagten vorgetragen worden noch sonst erkennbar.
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Auf die weiteren Ausführungen in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils, denen sich die erkennende Berufungskammer ausdrücklich anschließt, kann zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.
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3. Die Ansprüche des Klägers sind schließlich nicht gem. § 242 BGB verwirkt.
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Die Annahme einer Verwirkung setzt neben dem Zeitablauf das Vorliegen besonderer, ein schützenswertes Vertrauen begründender Umstände voraus. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach dem vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BAG vom 15.06.2011 – 4 AZR 737/10, juris).
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Das Zeitmoment war vorliegend erfüllt. Der Kläger hatte seit 2006 Ansprüche auf ein Weihnachtsgeld nicht mehr geltend gemacht und erhob erstmals mit Schreiben vom 13.01.2011 allein Ansprüche aus nicht verjährter Zeit. Der Zeitraum der Nichtgeltendmachung des Weihnachtsgeldanspruchs von insgesamt rund 5 Jahren erfüllt das für die Annahme der Verwirkung notwendige Zeitmoment.
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Doch sind neben das erfüllte Zeitmoment keine besonderen, ein Vertrauen auf Seiten der Beklagten begründenden Umstände getreten. Dass der Kläger auf das unmissverständliche Angebot der Beklagten zu einer Vertragsänderung über einen Zeitraum von knapp 5 Jahren keine Reaktion zeigte, begründet das Umstandsmoment nicht. Denn bei zutreffender rechtlicher Einschätzung musste die Beklagte erkennen, dass das Schweigen des Klägers nicht dazu führen konnte, das Zustandekommen des geänderten Arbeitsvertrages anzunehmen. Daraus folgt jedoch, dass der Umstand eines mehrjährigen Schweigens eben keinen Vertrauenstatbestand entstehen ließ. Im Übrigen scheitert die Annahme eines Umstandsmoments auch daran, dass die Beklagte sich darauf einzurichten hatte (etwa – wie von ihr vorgetragen – durch Vertragsverhandlungen mit dem Kläger oder den Ausspruch einer Änderungskündigung), dass die Aufgabe der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur sogenannten gegenläufigen betrieblichen Übung durchaus noch zu einer späten Zahlungsklage führen konnte. Ein schützenswertes Vertrauen ist zugunsten der Beklagten, die weitere erhebliche Umstände nicht darzulegen vermochte, daher im Ergebnis nicht anzunehmen.
III.
57
Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.
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Für die Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht bestand nach § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.