Zur Frage des Anspruchs des Mieters auf Aufwendungsersatz gegen seinen Vermieter wegen Reparatur einer Gasetagenheizung ohne vorherige Rücksprache mit dem Vermieter

Amtsgericht Münster, Urteil vom 30.09.2009 4 C 2725/09

Zur Frage des Anspruchs des Mieters auf Aufwendungsersatz  gegen seinen Vermieter wegen Reparatur einer Gasetagenheizung ohne vorherige Rücksprache mit dem Vermieter

Tenor:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 611,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 12.03.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 43 % und der Beklagte zu 57 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite von der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Seit Dezember 2002 ist die Klägerin Mieterin des Beklagten. Sie bewohnt die Erdgeschosswohnung im Hause C-Straße in N. Die Beheizung und Warmwasserversorgung erfolgt über eine sogenannte Gasetagenheizung.

Am 06.12.2008 beauftragte die Klägerin die Firma L aus N mit dem Auftrag, die Gasetagenheizung wieder in Gang zu setzen. Ob die Klägerin zuvor versucht hatte, den Beklagten bzw. den Vater des Beklagten telefonisch zu erreichen, ist zwischen den Parteien streitig. Der 06.12.2008 war ein Samstag. Die nächtlichen Tiefsttemperaturen beliefen sich zu diesem Zeitpunkt auf etwas unter null Grad.

Ein Mitarbeiter der Firma L erschien am 06.12.2008 und führte Arbeiten aus. Dazu heißt es auf der Rechnung: „Keine Heizung, Gerät lässt sich nicht füllen, Wasser kommt aus dem Gerät gelaufen, Ursprungsursache gesucht, Ausdehnungsgefäß hat ein Loch, neues Gerät vom Großhändler besorgt, defektes Bauteil ausgebaut und erneuert, Anlage gefüllt und in Betrieb genommen, Abgasrohr nicht mehr betriebssicher, da durchoxidiert, provisorisch mit Spezialband abgedichtet für reibungslosen Betrieb, Gerät muss unbedingt gewartet werden.“

Für die am 06.12.2008 durchgeführten Arbeiten zur provisorischen Instandsetzung berechnete die Firma 513,64 € zuzüglich Mehrwertsteuer. Ausweislich der Rechnung ist ein anderer Mitarbeiter am 16.12.2008 erschienen und hat weitere Arbeiten vorgenommen, die nach Rechnung wie folgt lauten: „Im Bad defektes Abgasrohr ausgebaut. Dabei festgestellt, dass Abgasrohr auf der gesamten Länge hin zum Kamin defekt (porös) war und aus Sicherheitsgründen ausgebaut werden musste. Dann Durchbruch gestemmt. Neues Abgasrohr eingebaut und an Therme und an Kamin angeschlossen. Durch Wand geführtes Abgasrohr mit Brandschutzwolle ummantelt. Wanddurchbrüche wieder verschmiert. Danach Thermoblock gewartet und Abgasmessung durchgeführt.“ Für diesen Teil der Arbeiten stellte die Firma L der Klägerin 383,38 € zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung.

Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 02.03.2009 auf, den gesamten Rechnungsbetrag in Höhe von 1.067,45 € binnen einer Frist von 10 Tagen ab Schreibdatum zu zahlen. Dies lehnte der Beklagte ab.

Die Klägerin behauptet, dass nachdem die Gastherme der Heizungsanlage am 06.12.2008 ausgefallen sei, aufgrund der niedrigen Außentemperatur eine sofortige Instandsetzung der Gastherme zur Vermeidung einer Auskühlung der Wohnung erforderlich gewesen sei. Sie habe auch versucht, den Vater des Beklagten, über dessen Telefonnummer sie verfügte, zu erreichen. Dies sei ihr nicht gelungen. Eine Telefonnummer des Beklagten habe sie in dem Moment nicht zur Verfügung gehabt. Im Übrigen handelte es sich auch um eine Notmaßnahme, so dass die vorherige Information des Beklagten auch nicht zwingend notwendig gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.067,45 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.01.2009 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bestreitet, dass die Klägerin versucht habe, ihn oder seinen Vater vor Beauftragung der Firma zu informieren. Die Klägerin habe eigenmächtig und ohne Rücksprache mit dem Beklagten als Vermieter die Firma beauftragt. Zu dem werde auch bestritten, dass wegen extrem niedriger Außentemperaturen eine sofortige Instandsetzung der Gastherme erforderlich gewesen sei. Es wäre sicherlich möglich gewesen, den Beklagten vorher zu informieren. Aufgrund vorherigen Schriftverkehrs sei der Klägerin auch die Handynummer des Beklagten bekannt gewesen, zu dem die Telefonnummer des Vaters des Beklagten, der auch den ganzen Tag erreichbar gewesen sei.

Auch hätte die Klägerin weiterhin versuchen müssen, den Beklagten über die Sachlage zu informieren, so dass ihm Gelegenheit gegeben worden wäre, mit der Firma L Kontakt aufzunehmen und sich über die Sachlage zu informieren. Im Übrigen werde bestritten, dass der Schaden nicht auf eine mangelhafte Wartung der Anlage zurückzuführen sei. Insoweit sei die Klägerin für die Wartung der Gastherme gemäß Mietvertrag verantwortlich.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist in Höhe von 611,23 € begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 611,23 € gem. § 536 a Abs. 2 Ziffer 2 BGB.

An der Mietsache lag am 06.12.2008 ein Mangel vor. Nachdem die Rechnung der Firma L durch die Klägerin nach Rüge eingereicht worden ist, ist der Beklagte den dort aufgeführten Feststellungen nicht weiter entgegengetreten, so dass diese zugrundegelegt werden können. Danach kann festgehalten werden, dass die Heizung nicht funktionierte und sich das Gerät nicht füllen ließ, da das Wasser aus dem Gerät gelaufen ist. Als Ursache wurde festgestellt, dass das Ausdehnungsgefäß ein Loch hatte. Unter Zugrundelegung dieser Feststellungen hat die seitens der Klägerin gemietete Sache, hier die Erdgeschosswohnung, einen Mangel.

Gem. § 536 a Abs. 2 Ziffer 2. BGB kann die Klägerin als Mieterin diesen Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestandes der Mietsache notwendig ist. Damit entspricht die Beschreibung dem Begriff der notwendigen Verwendung i.S.d. § 547 Abs. 1 Satz 1 a.F. Es muss sich umhin um eine Notmaßnahme des Mieters handeln, die zur Wiederherstellung der Mietsache erforderlich ist und keinen Aufschub duldet (vgl. BGH NJW 2008, 1216). Dies ist für Reparatur einer ausgefallenen Heizung im Winter von der Rechtsprechung anerkannt (vgl. LG Rottweil in WUM 1989, S. 288).

Ausgehend hiervon stehen der Klägerin nach oben genannter Anspruchsgrundlage die Kosten als Erstattung zu, die zur unmittelbaren Instandsetzung im Rahmen einer Notmaßnahme erforderlich waren. Diese Kosten belaufen sich auf 611,23 €. Legt man die Rechnung der Firma L zugrunde, so ist zu erkennen, dass Mitarbeiter zum einen am Samstag, den 06.12.2008 eine provisorische Reparatur durchgeführt haben mit dem Erfolg, dass das Gerät zumindest wieder gelaufen ist. Dafür sind Kosten in Höhe von 513,64 € zuzüglich Mehrwertsteuer, d.h. 611,23 € angefallen. Diese sind von § 536 a Abs. 2 Ziffer 2 BGB umfasst.

Soweit der Beklagte sich darauf beruft bzw. bestreitet, dass die Kosten erforderlich waren wegen mangelhafter Wartung durch die Klägerin, konnte dem nicht gefolgt werden. Ein Defekt lag zum einen darin, dass das Ausdehnungsgefäß ein Loch hatte. Im weiteren wurde auch festgestellt, dass das Abgasrohr durchoxidiert war und deshalb zu einem späteren Termin ausgetauscht worden ist. Ein durchlöchertes Ausdehnungsgefäß beruht jedoch nicht auf mangelhafter Wartung.

Soweit die Klägerin darüber hinaus auch Kosten für das Tätigwerden am 16.12.2008 begehrt, war die Klage insoweit unbegründet. Zu diesem Zeitpunkt ist laut Rechnung der Firma L das durchoxidierte Gasrohr ausgebaut und ersetzt worden, zudem der Gasthermeblock gewartet und eine Abgasmessung durchgeführt worden. Unzweifelhaft stellt ein defektes Abgasrohr, welches nicht betriebssicher ist, einen Mangel dar. Da aber bereits mit der ersten Reparatur am 06.12.2008 der Heizungsausfall provisorisch behoben war, stellen die weiteren Maßnahmen keinen unmittelbaren Maßnahmen i.S.d. § 536 a Abs. 2 Ziffer 2 BGB dar. Wie bereits aus der Rechnung zu erkennen ist, sind diese Leistungen 10 Tage später erfolgt.

Die Vorschrift des § 536 a Abs. 2 Nr. 2 BGB ist dabei eng auszulegen, da in die Rechte des Vermieters, selber über seine Mietsache zu bestimmen, eingegriffen wird (vgl. BGH in NJW 2008, 1216). Für die weiteren Maßnahmen, nachdem die Heizungstherme provisorisch wieder instandgesetzt war, war eine umgehende Beseitigung ohne Information des Beklagten nicht erforderlich.

Die Klägerin kann Ersatz dieser Aufwendungen für die Tätigkeiten der Firma am 16.12.2008 auch nicht nach § 539 Abs. 1 BGB i.V.m. den Voraussetzungen einer berechtigten (§§ 683 Satz 1, 677, 670 BGB) oder unberechtigten (§§ 684 Satz 1, 812 f BGB) Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen. Beseitigt ein Mieter einen Mangel der Mietsache selbst ohne den Vermieter zuvor in Verzug gesetzt zu haben und liegt auch keine Notmaßnahme vor, ist ein Rückgriff auf § 539 Abs. 1 i.V.m. den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag nicht gestattet (vgl. BGB in NJW 2008, S. 1216 f).

Soweit dies in Literatur und Rechtsprechung im Hinblick auf den Wortlaut des § 539 Abs. 1 BGB streitig ist, folgt das Gericht der Auffassung des Bundesgerichtshofs. Insbesondere der Zweck des § 536 a Abs. 2 Nr. 1 BGB steht der Anwendbarkeit des § 539 Abs. 1 BGB entgegen. Grundsätzlich ist dem Vermieter die Möglichkeit einzuräumen, den Mangel selbst zu beseitigen und die Sachlage zu überprüfen. Nur ausnahmsweise soll dem Mieter die Möglichkeit gegeben werden, die Mängelbeseitigung selber vorzunehmen und dafür vom Vermieter Ersatz zu verlangen. Liegen diese Ausnahmegründe nicht vor, kann auf § 539 BGB nicht zurückgegriffen werden.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 280, 286, 288 BGB aus dem im Tenor ersichtlichen Zeitpunkt. Einen früheren Verzugseintritt hat die Klägerin nicht dargelegt.

Die Kostenentscheidung ergeht aus § 92 ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen ergehen gem. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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