LG Arnsberg, Urteil vom 13. September 2019 – 2 O 347/18
Zur Frage der Haftung wegen in einem Heizkessel verbrannten Papiergeldes
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Parteien waren befreundet.
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Der Kläger ist Eigentümer und Betreiber einer Kfz-Werkstatt in T.
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Der Kläger flog über Weihnachten bis Neujahr 2014/2015 in den Urlaub. Im Vorfeld hatte er den Beklagten darum gebeten, die Werkstatt gelegentlich zu kontrollieren. Dafür hatte er ihm den Schlüssel übergeben.
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Der Beklagte suchte die Werkstatt in Abwesenheit des Klägers auf. Er stellte die dortige Heizungsanlage jedenfalls an. Der Beklagte hat eine private Haftpflichtversicherung.
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Der Kläger behauptet, dass der Schornsteinfeger die Heizungsanlage im November 2014 stillgelegt habe, u. a. wegen überhöhter Abgaswerte. Im Nachgang der Stilllegung habe die Anlage gebrannt. Das Feuer habe er, der Kläger, gelöscht. Um weiteren Schaden zu verhindern, habe er „die Heizungsanlage komplett demontiert, die Brenneinheit ausgebaut, den Kessel von der Stromzufuhr abgeschnitten sowie die Verbindung vom Heizöltank zur Brenneinheit gekappt“ (Bl. 17 d. A.). Eine Fachfirma habe die Ursache für den Brand identifizieren sollen. Die Anlage habe dann wieder in Betrieb genommen werden sollen. Der Beklagte habe von alldem gewusst.
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Der Kläger habe den Beklagten informiert, dass „er alle Wasseranschlüsse entleert hatte, um ein Einfrieren der Leitungen in Folge der fehlenden Heizung zu verhindern“. Vor seinem Urlaub, den er mit seiner langjährigen Lebensgefährtin angetreten habe, habe er „den über Jahrzehnte angesparten Barbetrag und die Barkasse seines Unternehmens in Höhe von insgesamt 540.000,00 EUR im Heizkessel der defekten Heizung in der Werkstatt versteckt“. Die Geldscheine, die „vorwiegend eingeschweißt“ gewesen seien, habe er „in eine Tasche gepackt“. „Im Zusammenhang mit der Finanzkrise“ habe er sich entschlossen, sein gespartes Geld selbst aufzubewahren. Sukzessive habe er „zwischen 2011 und 2014 die Bank- und Rentenkonten bis auf einen Rest aufgelöst. Der Kläger hatte z.B. bis 2011 eine Teilsumme auf Bankkonten in M deponiert, aus weiteren ersparten Barreserven Freunden Kredite gewährt und einen Barbetrag von 150.000,00 EUR privat im Safe gelagert“.
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Der Beklagte habe die Heizungsanlage „wieder eingebaut und in Betrieb genommen“. Durch die Inbetriebnahme der Heizung sei das Bargeld im Heizkessel verbrannt worden. Die noch vorhandene Asche habe der Kläger zusammengekehrt und sie zur E.C. nach N gebracht, um die Ascherückstände untersuchen zu lassen. Die C habe zwar Rückstände von Geldnoten feststellen, aber nicht ermitteln können, wie hoch der verbrannte Betrag insgesamt gewesen sei. Anfang April sei im Zusammenhang mit dem Brand des Geldes ein „Mindestbetrag“ von 20.400,00 EUR erstattet worden. Anderweitig habe das Geld nicht abhanden kommen können, Einbruchspuren seien nicht vorhanden gewesen. Andere Personen hätten keinen Schlüssel.
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Der Kläger habe die Heizung sofort stillgelegt und erneut auseinandergebaut (Bl. 18 d. A.). „In Folge des unfachmännischen Zusammenbaus der Heizung“ (Bl. 22 d. A.) habe der Kläger diese von der Firma F reparieren lassen müssen. Die Heizung sei „nach dem Einbau durch den Beklagten nicht ordnungsgemäß funktionsfähig“; sie „war nicht leistungsfähig und „stotterte““ (Bl. 20 d. A.).
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Der Kläger beantragt,
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1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 519.600,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, und
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2. den Beklagten zu verurteilen, den Kläger von der Forderung seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 2.625,08 EUR der Gebührennote vom 07.12.2017 anlässlich des Schadens freizustellen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte behauptet, dass er die Heizungsanlage lediglich angestellt habe. Die Anlage hätte lediglich angestellt, nicht aber montiert werden müssen. Die Witterung habe zu einem Heizen Anlass gegeben.
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Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 1 BGB schlüssig dargelegt. Die behauptete Eigentumsverletzung (Beschädigung bzw. Zerstörung der Geldscheine) ist dem Beklagten jedenfalls objektiv nicht zurechenbar.
1.
17
Ein für die objektive Zurechenbarkeit erforderlicher adäquater Zusammenhang zwischen der Tathandlung und der Rechtsgutverletzung ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn eine Tatsache im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg dieser Art herbeizuführen (BGH, Urteil vom 15.11.1990 – I ZR 254/88). Danach werden diejenigen Schäden als nicht zurechenbar verursacht ausgeschieden, die – vom Standpunkt eines optimalen Beobachters – soweit außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegen, dass mit ihrem Eintritt vernünftigerweise nicht zu rechnen war (Staudinger, in: Schulze, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Auflage 2019, § 823 BGB Rn. 48). Zu berücksichtigen ist auch, dass eine Schadensersatzpflicht durch den Schutzzweck der verletzten Norm begrenzt wird. Eine Schadensersatzpflicht besteht nur, wenn die Tatfolgen, für die Ersatz begehrt wird, aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen worden ist. Hierfür muss die Norm den Schutz des Rechtsguts gerade gegen die vorliegende Schädigungsart bezwecken; die geltend gemachte Rechtsgutsverletzung muss also auch nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm fallen (BGH, Urteil vom 21.5.2019 – VI ZR 299/17).
2.
18
Hier war es für den Beklagten auf Grundlage des klägerseitigen Vortrags nicht vorhersehbar, dass der Kläger Papiergeld in erheblichem Umfang in dem Inneren eines Heizkessels eingelagert hat. Der Kläger hat den Beklagten von dem Versteck nicht in Kenntnis gesetzt. Es ist auch vernünftigerweise nicht damit zu rechnen, dass ein Heizkessel als Versteck für Geldzeichen genutzt wird, zumal Papiergeld besonders feueranfällig ist. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Beklagte die Anlage eigenmächtig in Betrieb genommen hat. Im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Heizungsanlage soll die „Umwelt“ der Anlage geschützt werden. Es sollen insbesondere die Sicherheit der Anlage und der Umweltschutz gewährleistet werden (vgl. Muncke/Wedekind, NVwZ 2016, 1688; vgl. auch § 15 SchfHwG). Danach ist es rechtlich unerheblich, wenn eine Anlage bestimmungsgemäß eingesetzt wird. Fremdkörper, die für sich betrachtet kein Risiko für die Sicherheit der Anlage darstellen, sind nicht in den Schutzbereich der für den Betrieb einer Anlage maßgeblichen Vorgaben einbezogen.
II.
19
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
III.
20
Der Streitwert wird auf bis 520.000,00 EUR festgesetzt.