BGH, Urteil vom 15.11.1994 – VI ZR 194/93
1. Der Ermittlung des entschädigungspflichtigen Verdienstausfallschadens eines sozialversicherten Arbeitnehmers können sowohl die entgangenen Brutto- als auch die entgangenen Nettobezüge des Geschädigten zugrunde gelegt werden.
2. Die im Falle einer nur quotenmäßigen Haftung des Schädigers zwischen beiden Berechnungswegen auftretende steuerliche Progressionsdifferenz ist dem Schädiger gutzubringen.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. Mai 1993 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es zum Nachteil des Klägers ergangen ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Der am 24. August 1961 geborene Kläger ist bei einem Verkehrsunfall am 8. Juli 1986 schwer verletzt worden. Er ist seitdem erwerbsunfähig.
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Mit der Klage hat der Kläger von den Beklagten u.a. die Erstattung seines unfallbedingten Verdienstausfalls verlangt. Durch rechtskräftiges Grundurteil steht fest, daß die Beklagten für den Unfallschaden zu 2/3 einstehen müssen. Von dieser Haftungsquote ausgehend hat der Kläger seinen Verdienstausfallschaden im ersten Rechtszug bis zum 31. Januar 1992 auf 79.101,27 DM beziffert. Diesen Betrag nebst Zinsen hat er mit der Klage geltend gemacht, ferner hat er für die Zeit ab 1. Februar 1992 eine monatliche Verdienstausfallrente von 1.778,46 DM begehrt. Dabei hat er der Berechnung seines Verdienstausfalls sein fiktives Bruttoeinkommen zugrunde gelegt.
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Das Landgericht hat dem Kläger für die Zeit bis zum 31. Dezember 1991 einen Verdienstausfallanspruch in Höhe von 55.061,41 DM und für die Zeit ab 1. Januar 1992 eine monatliche Rente von 950 DM – jeweils nebst Zinsen – zuerkannt. Bei der Berechnung des Verdienstausfalls ist das Landgericht von dem fiktiven Nettoeinkommen des Klägers ausgegangen.
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Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung und der Kläger Anschlußberufung eingelegt. Die Beklagten haben mit ihrer Berufung die Befristung der Geldrente auf den Zeitpunkt begehrt, an dem der Kläger voraussichtlich aus Altersgründen aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sein würde. Der Kläger hat mit seiner Anschlußberufung geltend gemacht, ihm stehe über den bereits ausgeurteilten Betrag von 55.061,41 DM hinaus ein weiterer Verdienstausfallanspruch von 21.698,78 DM gegen die Beklagten zu, ferner habe er über die zuerkannte Monatsrente von 950 DM hinaus Anspruch auf Zahlung einer weiteren monatlichen Rente von 507,79 DM. Dabei ist der Kläger weiterhin von der Auffassung ausgegangen, daß sein unfallbedingter Erwerbsschaden auf der Grundlage seines fiktiven Bruttolohns zu berechnen sei.
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Das Oberlandesgericht hat dem Kläger – jeweils nebst Zinsen – einen Verdienstausfallanspruch in Höhe von 59.609,90 DM sowie eine monatliche Rente in Höhe von 1.154,78 DM für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1992 und in Höhe von 1.147,78 DM ab 1. Januar 1993 bis zum 24. August 2026 (Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers) zuerkannt. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit der er seine zweitinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
I.
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Auch das Berufungsgericht hat den Verdienstausfallanspruch des Klägers auf der Grundlage seines fiktiven Nettoeinkommens errechnet, und zwar in der Weise, daß es von dem 2/3 des fiktiven Nettoeinkommens (zuzüglich der vom Kläger entrichteten Krankenversicherungsbeiträge) entsprechenden Betrag 2/3 des an den Kläger gezahlten Krankengeldes bzw. 2/3 der an ihn seit dem 11. März 1987 geleisteten Erwerbsunfähigkeitsrente abgezogen und den sich daraus ergebenden Betrag um die auf die Ersatzleistungen und die Sozialrenten zu entrichtenden Steuern unter Berücksichtigung der Haftungsquote der Beklagten erhöht hat.
II.
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1. Die Revision verficht weiter die Auffassung, daß die Berechnung des Verdienstausfallschadens des Klägers auf der Grundlage seines fiktiven Nettoeinkommens rechtsfehlerhaft sei und § 249 BGB die Ermittlung des Schadens auf der Grundlage des fiktiven Bruttoeinkommens des Klägers gebiete.
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Damit kann sie keinen Erfolg haben.
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a) Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Ersatz von 2/3 seines unfallbedingten Erwerbsschadens beruht auf §§ 823, 842, 843 BGB und §§ 7, 11 StVG. Es ist unstreitig, daß der Kläger ohne den Unfall bei 13 Monatsgehältern im Jahr monatliche Bruttogehälter in Höhe von 3.168,16 DM bis zum 31. Dezember 1989, in Höhe von 3.784,00 DM in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1990 und in Höhe von 4.003,47 DM in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1991 bezogen hätte. Streitig ist allein, wie auf dieser Grundlage der unfallbedingte Verdienstausfall des Klägers zu errechnen ist.
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Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat zur Ermittlung des Verdienstausfallschadens sozialversicherter Arbeitnehmer zwei Berechnungsmethoden entwickelt. Nach der einen, der sog. Bruttolohnmethode, ist mit der Schadensberechnung bei dem entgangenen Bruttoverdienst des Geschädigten anzusetzen. Vorteile, die dem Geschädigten aufgrund des Schadensereignisses durch den Wegfall von Sozialabgaben und Steuern zufließen, sind im Wege des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen, wobei der Vorteilsausgleich ein entsprechendes Verteidigungsvorbringen des Schädigers voraussetzt. Für diese Berechnungsmethode wird im wesentlichen angeführt, daß die Lohnbezüge in ihrer Gesamtheit wirtschaftlich das Einkommen des Geschädigten darstellten, daß dieser Berechnungsweg für alle Fälle des Verdienstausfalls – gleichgültig, ob es um den Verdienstausfall von Beamten, Selbständigen oder sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern mit und ohne Lohnfortzahlung gehe – in gleicher Weise anwendbar sei und sich im Einzelfall als praktikabler als eine auf das fiktive Nettoeinkommen abstellende Berechnung erweise (vgl. etwa BGH, Urteile vom 23. Juni 1965 – III ZR 185/62 – VersR 1965, 793, vom 13. Juli 1967 – III ZR 94/66 – VersR 1967, 1095, 1097, vom 18. Juni 1973 – III ZR 155/70 – VersR 1973, 1028, 1030 und vom 19. September 1974 – III ZR 73/72 – VersR 1975, 37, 40; vgl. ferner Hartung, VersR 1981, 1008 und VersR 1986, 308; Marschall v. Bieberstein, VersR 1975, 1065; Staudinger/Medicus, BGB, 12. Aufl., § 252 Rdn. 35; MünchKomm/Grunsky, BGB, 3. Aufl., § 252 Rdn. 7; RGRK/Boujong, BGB, 12. Aufl., § 843 Rdn. 69). Nach der anderen, der sog. modifizierten Nettolohnmethode, ist der Schaden, den es auszugleichen gilt, das fiktive Nettoeinkommen des Geschädigten zuzüglich aller seiner aus dem Schadenereignis folgenden weiteren Nachteile einschließlich der auf die Schadensersatzleistung geschuldeten Steuern. Für diesen Berechnungsweg wird geltend gemacht, daß es der aus § 249 BGB abgeleitete Grundsatz der konkreten Schadensberechnung gebiete, den Berechnungsfaktor “Steuern und Beiträge” mit seiner konkreten, nach dem Unfall häufig veränderten Größe einzusetzen (vgl. etwa Senat BGHZ 42, 76, 78 ff; Senatsurteile vom 26. Februar 1980 – VI ZR 2/79 – VersR 1980, 529 und vom 29. September 1987 – VI ZR 293/86 – VersR 1988, 183; vgl. ferner Dornwald, VGT 1986, 192, 196; Hofmann, NZV 1993, 139 und Wussow/Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 5. Aufl., S. 20).
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Das gemeinsame Ziel beider Berechnungswege ist die Ermittlung des “wahren”, des “wirklichen” Schadens (vgl. BGHZ 42, 76, 84; BGH, Urteil vom 23. Juni 1965 – III ZR 185/62 – aaO). Es handelt sich bei diesen Methoden, die mitunter – so auch im Berufungsurteil und in der Revisionsbegründung – auch als Bruttolohn-“Theorie” bzw. modifizierte Nettolohn-“Theorie” bezeichnet werden, indes um bloße Berechnungstechniken ohne eine eigenständige normative Aussage (vgl. Senatsurteil vom 18. Mai 1965 – VI ZR 262/63 – VersR 1965, 786). Beide Berechnungsmethoden sind zur Ermittlung des Schadens i.S. von § 249 BGB geeignet; sie führen – richtig angewandt – auch nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen. So hat der Senat denn auch schon in BGHZ 42, 76, 83 f. unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts darauf hingewiesen, daß es – abgesehen von den Fällen der Lohnfortzahlung, in denen von vornherein nur eine Berechnung auf der Grundlage der Bruttobezüge in Betracht kommt (BGHZ 42, 76, 80; 43, 378, 380 ff.) – von bloßen Zweckmäßigkeitserwägungen abhängt, ob im konkreten Fall bei der Ermittlung des Schadens vom fiktiven Brutto- oder Nettoeinkommen des Geschädigten ausgegangen wird (vgl. ferner Senatsurteile vom 18. Mai 1965 – VI ZR 262/63 – aaO, vom 19. Oktober 1982 – VI ZR 56/81 – VersR 1983, 149 und vom 10. November 1987 – VI ZR 290/86 – VersR 1988, 464, 465). Im rechnerischen Ergebnis bleibt es sich gleich, ob das Nettoeinkommen um bestehenbleibende unfallbedingte Nachteile aufgestockt oder das Bruttoeinkommen um ausgleichspflichtige unfallbedingte Vorteile des Geschädigten im Wege des Vorteilsausgleichs vermindert wird; entscheidend ist, daß nach beiden Berechnungsmethoden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, soweit sie wegen des Schadensfalls nicht mehr anfallen, aus dem Schadensersatzanspruch des Geschädigten ausgegrenzt werden.
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Allerdings wird geltend gemacht, daß zwischen den beiden Methoden durchaus Unterschiede bestünden, weil nach der modifizierten Nettolohnmethode der Geschädigte dartun müsse, welche weiteren steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Schäden er habe, während es nach der Bruttolohnmethode nach den Regeln des Vorteilsausgleichs Sache des Schädigers sei darzutun, welche Vorteile sich der Geschädigte anrechnen lassen müsse (vgl. etwa BGH, Urteil vom 13. Juli 1967 – III ZR 94/66 – aaO S. 1097; Hartung, VersR 1981, 1008, 1009). Dieser in der Tat bestehende Unterschied in der Verteilung der Behauptungs- und Beweislast, auf den auch die Revision hinweist, wird indes dadurch letztlich ausgeglichen, daß nach beiden Methoden der Geschädigte die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen dartun muß, weil die Beweismöglichkeiten in seiner Sphäre liegen (vgl. Senatsurteil vom 10. Februar 1987 – VI ZR 17/86 – VersR 1987, 668, 669 m.w.N.). Soweit die Revision weiter bemerkt, daß die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge und Steuern häufig schwierig sei, ist darauf hinzuweisen, daß diese Schwierigkeit bei beiden Berechnungsmethoden auftritt: bei der Nettolohnmethode bei der Errechnung des fiktiven Nettoeinkommens, bei der Bruttolohnmethode bei der Errechnung des Betrages, der nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs vom fiktiven Bruttoeinkommen abzuziehen ist. Im übrigen entspricht es einer auf § 287 ZPO beruhenden gefestigten Rechtsprechung, daß bei der Ermittlung des fiktiven Nettoeinkommens allein auf die vom Arbeitgeber ausgezahlten Nettobezüge des Geschädigten abzustellen ist, also besondere steuerrechtliche Regelungen wie Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen außer Betracht bleiben (vgl. Senatsurteil vom 30. Mai 1958 – VI ZR 90/57 – VersR 1958, 528, 529), solange sie nicht von dem Geschädigten nachgewiesen werden. Die Feststellung des Nettoeinkommens (bzw. Vorteilsbetrages) setzt also nicht etwa eine Art hypothetischer Einkommensteuerveranlagung des Geschädigten voraus (a.A. Hartung, VersR 1981, 1008, 1009 Fußn. 13).
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b) Auch im Streitfall bleibt es ohne Auswirkung auf das Ergebnis, ob der Ermittlung des entschädigungspflichtigen Verdienstausfallschadens die Brutto- oder die Nettobezüge zugrunde gelegt werden. Dem Berufungsgericht ist kein Rechtsfehler unterlaufen, als es das Nettoeinkommen des Klägers zur Grundlage seiner Berechnungen gemacht hat.
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Allerdings führt die Berechnung von 2/3 des Verdienstausfallschadens des Klägers zu einem höheren Betrag, wenn von dem Bruttoeinkommen des Klägers ausgegangen wird. Das beruht auf der progressiven Ausgestaltung des Einkommensteuertarifs, die in den Fällen einer Verkürzung der Haftung auf eine Quote des Schadens zum Tragen kommen kann. Der der Haftungsquote entsprechende Anteil an der auf das fiktive Bruttoeinkommen zu entrichtenden Steuer beläuft sich auf einen höheren Betrag als die Steuer, die der Geschädigte auf die empfangene Quote seines Erwerbsschadens tatsächlich zu entrichten hat. Dies bedeutet, daß die Berechnung des Erwerbsschadens auf der Grundlage des Bruttoeinkommens durch die Steuerprogression zu einer die wirkliche steuerliche Belastung des Geschädigten übersteigenden Differenz führt. Das heißt aber entgegen der Auffassung der Revision nicht, daß die Entscheidung darüber, ob diese Progressionsdifferenz dem Schädiger oder dem Geschädigten zukommt, von der Wahl der Berechnungsmethode abhängt; beide Berechnungstechniken sind, wie gesagt, bei richtiger Anwendung ergebnisneutral. Vielmehr ist auf der Grundlage der Vorgaben des Schadens- und Steuerrechts zu entscheiden, wem – dem Geschädigten oder dem Schädiger – diese Differenz zusteht; die beiden Berechnungsmethoden enthalten hierzu keine Aussage, sie zeigen lediglich den Weg auf, auf dem diese Differenz ermittelt werden kann.
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Der Bundesgerichtshof hatte schon wiederholt zu entscheiden, ob Steuerdifferenzbeträge dem Geschädigten zustehen oder dem Schädiger gutzubringen sind. Er hat hierbei den Grundsatz entwickelt, daß schadensbedingte Steuerersparnisse des Geschädigten stets den zu ersetzenden konkreten Schaden verringern, also dem Schädiger gutzubringen sind, wenn nicht gerade der Zweck der Steuervergünstigung einer solchen Entlastung entgegensteht (vgl. Senatsurteile vom 24. September 1985 – VI ZR 65/84 – VersR 1986, 162, 163 und vom 28. April 1992 – VI ZR 360/91 – VersR 1992, 886, 887; BGH, Urteil vom 14. Januar 1993 – III ZR 33/92 – NJW 1993, 1643 m.w.N.). Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit müssen solche Ausnahmen auf Fälle beschränkt werden, in denen ein entsprechender Normzweck – die Vermeidung einer sonst eintretenden Schlechterstellung durch steuerliche Entlastung – eindeutig festgestellt werden kann (vgl. Senatsurteil vom 30. Mai 1989 – VI ZR 193/88 – VersR 1989, 855, 856). Auf dieser Grundlage hat der Senat entschieden, daß dem Geschädigten Steuerdifferenzbeträge verbleiben, die ihm nur deshalb gewährt werden, weil er eine Körperverletzung erlitten hat (§ 33 b EStG), weil eine einmalige und außergewöhnliche Zusammenballung von Ersatzleistungen in einem Veranlagungszeitraum erfolgt ist (§ 34 Abs. 2 EStG), weil die Steuerschuld verjährt ist oder weil die Schadensersatzleistung verspätet gezahlt und inzwischen der Steuertarif ermäßigt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 24. September 1985 – VI ZR 65/84 – aaO m.w.N.).
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Darüber, ob die im Fall der quotenmäßigen Haftung auftretende steuerliche Progressionsdifferenz dem Schädiger oder dem Geschädigten zugute kommen soll, sind die Meinungen im Schrifttum geteilt. Nach der einen Auffassung steht dieser Differenzbetrag dem Geschädigten zu; zur Begründung wird im wesentlichen geltend gemacht, das Steuerrecht schone den geringer Verdienenden bewußt durch eine niedrigere Steuerprogression und diese Entscheidung habe das Schadensrecht hinzunehmen (vgl. Boelsen, DB 1988, 2187, 2192 f.; Hartung, VersR 1981, 1008, 1009 und 1986, 308, 314; Kullmann, VersR 1993, 385, 389 Fußnote 66; Lange, Schadensersatz, 2. Aufl., S. 372; Steinle, Schadensersatz und Ertragssteuerrecht, S. 194 f.). Dem steht die Meinung derer gegenüber, die dafür eintreten, daß die Progressionsdifferenz dem Schädiger gutzubringen ist, weil über den Differenzbetrag die Auswirkungen der Mithaftungsquote nicht teilweise wieder rückgängig gemacht werden dürften und der Geschädigte sonst ungerechtfertigt bereichert würde (vgl. Dittmayer, Das Zusammenspiel von Steuerrecht und Schadensrecht bei der Erwerbsschadensberechnung, S. 104 ff.; Hofmann, VersR 1980, 807, 809; ders. NZV 1993, 139, 140; ders. Haftpflichtrecht für die Praxis, S. 376; Ruhkopf/Book, VersR 1973, 781, 785; Wussow, DAR 1951, 3, 5; Wussow-Küppersbusch, aaO S. 21 f.).
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Die vorgenannten Rechtsprechungsgrundsätze sind auch auf die hier in Rede stehende Progressionsdifferenz anzuwenden und führen dazu, daß diese dem Schädiger gutzubringen ist. Dem Steuerrecht läßt sich kein Rechtssatz entnehmen, nach dem der Geschädigte über seine tatsächliche steuerliche Belastung hinaus durch die Zuerkennung der Progressionsdifferenz auf Kosten des Schädigers steuerlich begünstigt werden soll. Dies widerspräche dem § 249 BGB zugrundeliegenden Leitgedanken des Schadensrechts, nach dem der Schaden, für den der Schädiger aufkommen muß, konkret zu berechnen ist, so daß sich der Geschädigte durch den Schadensausgleich nicht besser, aber auch nicht schlechter steht als ohne das Schadensereignis (BGHZ 42, 76, 78). Dieser Grundsatz bedeutet für den Fall der quotenmäßigen Haftung des Schädigers, daß der Geschädigte von dem Schädiger nicht mehr und nicht weniger verlangen kann als den Betrag, der der Haftungsquote des konkret berechneten Schadens entspricht. Dem läßt sich nicht entgegenhalten, daß dieser allgemeine Grundsatz des Schadensrechts hier nicht zum Tragen komme, weil das Steuerrecht den geringer Verdienenden bewußt schone. Es ist nicht erkennbar, daß die an der Einkommenshöhe ausgerichtete Ausgestaltung des Steuertarifs den Zweck verfolgt, dem Geschädigten eine Progressionsdifferenz zukommen zu lassen, um ihm die finanziellen Lasten zu erleichtern, die er sich durch die Mitverursachung des Schadens selbst aufgebürdet hat. Vielmehr handelt es sich bei der Progressionsdifferenz um eine Folge, die wertungsneutral mit dem System des Steuertarifs verbunden ist.
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Diesem Ergebnis läßt sich rechnerisch nach beiden Berechnungsmethoden Rechnung tragen. Wird – wie im Berufungsurteil – der Berechnung des Verdienstausfallschadens das fiktive Nettoeinkommen zugrunde gelegt, dann tritt die Frage nach der Zuordnung der Progressionsdifferenz von vornherein nicht auf. Erfolgt die Berechnung des Verdienstausfallschadens hingegen auf der Grundlage des fiktiven Bruttoeinkommens, so ist die Progressionsdifferenz – die Differenz zwischen den beiden hier in Rede stehenden steuerlichen Belastungen des Geschädigten – abzuschöpfen, weil sie nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs dem Schädiger zusteht.
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Der III. Zivilsenat hat auf Anfrage erklärt, daß diese Lösung nicht im Widerspruch zu seiner bisherigen Rechtsprechung steht.
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2. Das Berufungsurteil ist indes deshalb aufzuheben, weil das Berufungsgericht bei der Errechnung des unfallbedingten Erwerbsschadens des Klägers von unzutreffenden Berechnungsgrundlagen ausgegangen ist.
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a) Für die Zeit vom 20. August 1986 (Ende der Lohnfortzahlung des Arbeitgebers des Klägers) bis zum 31. Dezember 1989 hat das Berufungsgericht seiner Berechnung das unstreitige fiktive Nettoeinkommen des Klägers zugrunde gelegt. Für den darauf folgenden Zeitraum war dem Berufungsgericht nur der fiktive Bruttoverdienst des Klägers bekannt. Bei der Ermittlung des fiktiven Nettoeinkommens hat das Berufungsgericht den nach dem Grundtarif auf das fiktive Bruttoeinkommen entfallenden Steuerbetrag abgesetzt. Dieser Betrag ist indes zu hoch, weil das zu versteuernde Einkommen niedriger ist als das Bruttoeinkommen (§ 2 Abs. 2-5 EStG). Zugrundezulegen sind vielmehr, wie oben ausgeführt, die fiktiven Nettobezüge, die der Arbeitgeber des Klägers ohne den Unfall ausgezahlt hätte. Diese Bezüge sind auf der Grundlage der Monatslohnsteuertabellen, die auch der Arbeitgeber bei der Ermittlung der einzubehaltenden Lohnsteuer zu berücksichtigen hat, zu errechnen.
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b) Das Berufungsgericht hat die auf die Ersatzleistung für den Verdienstausfall zu entrichtende Steuer in der Weise ermittelt, daß es die auf das entgangene fiktive Nettoeinkommen entfallende Steuer der Einkommensteuertabelle entnommen hat. Dadurch wird der Kläger indes benachteiligt, da er auf die Entschädigung – also auf das entgangene fiktive Nettoeinkommen und die darauf entfallende Steuer – und nicht nur auf das Nettoeinkommen Steuern zu entrichten hat. Der Steuerbetrag ist deshalb im Wege des “Abtastens” anhand der Steuertabelle festzustellen. Dabei ist der Steuerbetrag zu ermitteln, bei dessen Entrichtung dem Geschädigten ein Betrag in Höhe des fiktiven Nettoeinkommens verbleibt (vgl. Kullmann, VersR 1993, 385, 386).
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c) Der Kläger hat Beiträge zur freiwilligen Rentenversicherung geltend gemacht. Mit diesem Vorbringen hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt. Mit seiner Revision beruft sich der Kläger weiter darauf, daß diese Beiträge ersatzpflichtig seien. Das Berufungsgericht wird daher aufzuklären haben, ob das Rentenversicherungsrecht einen Weg zur Fortentrichtung von Beiträgen eröffnet, auf dem der Kläger in wirtschaftlich sinnvoller Weise einem späteren Rentennachteil vorbeugen kann, und ob er solche Beiträge freiwillig fortentrichtet hat (vgl. Senatsurteil vom 9. Oktober 1990 – VI ZR 291/89 – VersR 1991, 437, 439).