Zur Bedeutung der Incoterm-Klausel CPT

OLG Hamm, Urteil vom 26.03.2012 – I-2 U 222/11, 2 U 222/11

Die Incoterm-Klausel „CPT“ der Incoterms 2000 beinhaltet keine Vereinbarung über einen bestimmten Lieferort i.S. des Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO.(Rn.34)

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27.10.2011 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Münster aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht Münster zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

1

Die Klägerin macht mit ihrer Klage Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend.

2

Die Klägerin ist Herstellerin von Reinigungs- und Körperpflegemitteln. Sie hat sich auf die Herstellung von Produkten im Bereich von Handelsmarken spezialisiert und beliefert mit ihren Produkten im Wesentlichen Discounter. Bei der Beklagten, die ihren Sitz in M/C hat, handelt es sich um eine Produzentin von Milchsäure.

3

Die Klägerin beabsichtigte, bei der Herstellung von Bad- und WC-Reinigern die bislang verwendete Ameisensäure durch Milchsäure zu ersetzen. Hintergrund war, dass Ameisensäure, um ausreichend wirksam zu sein, in einer solch hohen Konzentration verwandt werden muss, dass der kennzeichnungspflichtige Bereich für „reizend/ätzend“ erreicht wird und das betreffende Reinigungsmittel einer entsprechenden Kennzeichnung bedarf. Um den hieraus resultierenden Wettbewerbsnachteil zu vermeiden, suchte die Klägerin – wie ihre Wettbewerber – nach Wegen, um eine andere organische Säure zu verwenden.

4

In diesem Zuge trat die Beklagte auf die Klägerin zu und bot dieser die von ihr hergestellte Milchsäure an. Die Produktpalette der Beklagten umfasst eine sog. Milchsäure technischer Qualität mit einer 88%igen Konzentration („Galacid Industrial 88-XT“) und eine sog. Milchsäure kosmetischer Qualität mit einer 88%igen und 80%igen Konzentration („Galacid Excel 80 %“ bzw. „Galacid Excel 80 %“). Die Klägerin bestellte Mitte des Jahres 2008 bei der Beklagten mehrfach Testmengen des Produkts „Galacid Industrial 88-XT“, um dieses auf seine Eignung bei der Herstellung von Bad- und WC-Reinigern zu testen. Zugleich testete die Klägerin auch die von der Beklagten hergestellte Milchsäure „Galacid Excel 80%“. Die Tests ergaben, dass die unter dem Einsatz von Milchsäure hergestellten Reinigungsmittel deutlich geruchsunauffälliger waren als die unter der Verwendung von Ameisensäure hergestellten Produkte, aber gleichwohl eine zufriedenstellende Wirksamkeit zeigten. Da die Milchsäure technischer Qualität deutlich preisgünstiger war als die Milchsäure kosmetischer Qualität, entschloss sich die Klägerin im Einvernehmen mit ihren Kunden, für die Herstellung von Bad- und WC-Reinigern künftig die von der Beklagten hergestellte Milchsäure technischer Qualität zu verwenden.

5

Ab Oktober 2008 bestellte die Klägerin bei der Beklagten auf der Basis von Lieferplankontrakten jeweils auf Abruf die von ihr benötigten Mengen Milchsäure technischer Qualität. In den Lieferplankontrakten der Klägerin hieß es jeweils: „Lieferbed.: CPT H“. Die Beklagte bestätigte die Bestellungen der Klägerin regelmäßig schriftlich, wobei auf den Schreiben jeweils „Incoterm CPT“ angegeben war.

6

Zunächst setzte die Klägerin die Milchsäure nur für die Herstellung von WC-Reinigern, ab Februar 2009 dann auch für die Produktion von Bad-Reinigern ein.

7

In der zweiten Juli-Hälfte des Jahres 2009 erhielt die Klägerin Kenntnis von Reklamationen von Endverbrauchern hinsichtlich des Bad-Reinigers „A“. Beanstandet wurde ein sehr strenger Eigengeruch des Reinigungsmittels ähnlich einem Maggi- oder Katzenurin-Geruch. Ab Anfang September 2009 kamen Reklamationen hinsichtlich des WC-Reinigers hinzu.

8

Am 28.07.2009 informierte die Klägerin den für sie zuständigen Verkäufer der Beklagten fernmündlich über die Reklamationen. Mit e-mail an die Beklagte vom 29.07.2009 teilte die Klägerin mit, dass sie wegen der Geruchsauffälligkeiten fortan die Milchsäure „Galacid Excel 88“ verwenden wolle. Die Beklagte erwiderte mit e-mail vom 30.07.2009, dass sie den Reklamationen nachgehen werde. In der Folgezeit belieferte die Beklagte die Klägerin mit Milchsäure kosmetischer Qualität. Probleme traten hierbei nicht mehr auf.

9

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin wegen der aufgetretenen Geruchsprobleme und der hieraus resultierenden Unverwendbarkeit eines Teils ihrer Produkte Schadensersatz in Höhe von 38.326,22 EUR. Wegen der einzelnen Schadenspositionen wird auf die Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift Bezug genommen.

10

Die Klägerin hat vorgetragen:

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Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich aus Art. 5 Nr. 1 a) und b) EuGVVO. Der Erfüllungsort befinde sich am Sitz der Klägerin in H, da bei der von den Parteien verwendeten Incoterm-Klausel „CPT“ die Ware vom Käufer am Bestimmungsort abzunehmen sei. Dass bei dieser Klausel die Gefahr bereits mit Übergabe der Sache an den ersten Beförderer auf den Käufer übergehe, sei für die Frage des Erfüllungsortes unerheblich.

12

In der Sache bestehe ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte. Ursächlich für die aufgetretenen Geruchsprobleme sei die von der Beklagten gelieferte Milchsäure gewesen. Die Beklagte habe während der Test- und eingangs der Produktionsphase Milchsäure kosmetischer Qualität geliefert und diese als Milchsäure technischer Qualität deklariert, um die Klägerin zu der Annahme zu verleiten, dass Milchsäure technischer Qualität unbedenklich für die Produktion von Reinigungsmitteln verwandt werden könne. In der Folgezeit habe die Beklagte das Mischungsverhältnis dahingehend umgestellt, dass sich der Anteil der Milchsäure technischer Qualität stetig erhöht habe. Dies ergebe sich aus den umfangreichen Testanalysen der Klägerin nach Eingang der Reklamationen. Ihren Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten habe die Klägerin genügt. Sie habe jede Einzellieferung der Beklagten untersucht und hiervon Muster gebildet. Hierbei seien keine Geruchsauffälligkeiten festgestellt worden. Die Geruchsauffälligkeiten hätten sich erst im Zuge der Reklamationen gezeigt und seien unverzüglich angezeigt worden.

13

Die Klägerin hat beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an sie 38.326,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.10.2009 zu zahlen.

15

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

17

Sie hat vorgetragen:

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Die Klage sei unzulässig, da das Landgericht Münster international unzuständig sei. Der allgemeine Gerichtsstand der Beklagten befinde sich in Belgien. Auch der Erfüllungsort nach Art. 5 Nr. 1 a) EuGVVO liege in Belgien. Für den Erfüllungsort komme es entscheidend darauf an, an welchem Ort der Verkäufer die Erfüllungshandlung vorgenommen habe. Bei einem Versendungskauf geschehe dies am Absendeort. Dies gelte auch dann, wenn Lieferungen auf Grundlage der Incoterm-Klausel „CPT“ erfolgten. Denn nach der „CPT“-Klausel gehe die Gefahr mit Übergabe der Sache an den Frachtführer auf den Käufer über, so dass hierin die Erfüllungshandlung des Verkäufers liege.

19

In der Sache bestehe kein Schadensersatzanspruch der Klägerin, da die Beklagte stets diejenige Art Milchsäure geliefert habe, die die Klägerin bestellt habe. Zudem habe die Klägerin ihre Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten verletzt. Denn die Mängelrüge vom 28.07./29.07.2009 sei verspätet erfolgt und habe nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Mängelanzeige genügt. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass etwaige vertragswidrige Lieferungen der Beklagten ursächlich für die aufgetretenen Geruchsauffälligkeiten gewesen seien.

20

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, die Klage sei unzulässig, da die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht gegeben sei. Nach Art. 2 i.V.m. Art. 60 EuGVVO sei die Beklagte in Belgien zu verklagen. Der Ausnahmetatbestand des Art. 5 Nr. 1 a) EuGVVO greife nicht ein. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei hinsichtlich des Lieferortes maßgeblich auf den Willen der Vertragsparteien abzustellen. Nur wenn der Lieferort auf dieser Grundlage nicht bestimmt werden könne, komme es darauf an, an welchem Ort die Ware dem Käufer übergeben worden sei. Bei der Frage, wo nach dem Willen der Vertragsparteien der Lieferort liegen soll, seien nach der Rechtsprechung des EuGH auch die Incoterms zu berücksichtigen. Bei der hier verwendeten „CPT“-Klausel erfolge die Lieferung gemäß Ziff. A 4 der Klausel durch Übergabe der Ware an den Frachtführer. Da dieser Ort in Belgien gelegen habe, sei der Sitz der Beklagten Erfüllungsort gewesen.

21

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie meint, entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die Klage zulässig, da H Lieferort gewesen sei. Gemäß Ziff. B 4 der „CPT“-Klausel sei die Ware vom Käufer am Bestimmungsort abzunehmen. Daher sei bei der „CPT“-Klausel der Bestimmungsort als der vereinbarte Lieferort anzusehen. Anders als etwa bei der „FOB“-Klausel könne bei Lieferungen nach der „CPT“-Klausel auch nicht angenommen werden, dass der Ort der Übergabe an den Frachtführer eine besonders enge Verknüpfung mit dem Vertrag aufweise. Denn bei der „CPT“-Klausel habe der Verkäufer die Kosten der weiteren Beförderung bis zum Bestimmungsort zu tragen. Zudem oblägen ihm ausweislich der Regelungen in Ziff. A 2 und A 3 der „CPT“-Klausel weitere Verpflichtungen, die über seinen Sitz-Staat hinausgingen.

22

Die Klägerin beantragt,

23

1. unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte entsprechend dem erstinstanzlich gestellten Antrag zu verurteilen,

24

2. hilfsweise die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.

25

Die Beklagte beantragt,

26

die Berufung zurückzuverweisen.

27

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

28

Die Berufung der Klägerin hat in der Sache – vorläufig – Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht.

29

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Klage zulässig, da die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben ist.

30

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich vorliegend aus dem besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß Art. 5 Nr. 1 a) und b) EuGVVO.

31

Nach Art. 5 Nr. 1 a) EuGVVO kann eine Person, die ihren (Wohn)Sitz in dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden und die betreffende Verpflichtung an einem Ort in diesem Mitgliedstaat erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Dieser Erfüllungsort ist bei dem Verkauf beweglicher Sachen – sofern vertraglich nichts anderes bestimmt ist – gemäß Art. 5 Nr. 1 b) EuGVVO der Ort, an den die Ware geliefert worden ist oder hätte geliefert werden müssen. Nach der „Car Trim“-Entscheidung des EuGH vom 25.02.2010 (NJW 2010, 1059 ff.) entspricht dieser Ort vorbehaltlich einer anderweitigen vertraglichen Vereinbarung der Parteien dem Ort der körperlichen Übergabe der Ware an den Käufer, mithin dem endgültigen Bestimmungsort des Verkaufsvorgangs, an dem der Käufer die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Waren erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Danach ist der Sitz der Klägerin in H Liefer- und damit Erfüllungsort i.S.v. Art. 5 Nr. 1 a) und b) EuGVVO, da die Milchsäure jeweils zum Sitz der Klägerin in H verbracht worden ist und die Klägerin erst dort Verfügungsgewalt über die Milchsäure erlangt hat.

32

Eine vorrangige Vereinbarung über den Lieferort haben die Parteien nicht getroffen.

33

Als Lieferortvereinbarung kommen sämtliche Bestimmungen eines Vertrages in Betracht, die einen bestimmten Willen der Parteien hinsichtlich des Lieferortes der Waren ohne Bezugnahme auf das jeweils anwendbare materielle Recht erkennen lassen (EuGH aaO.). Hierzu gehören, wie der EuGH in der „Electrosteel“-Entscheidung vom 09.06.2011 (ZIP 2011, 1282 f.) klargestellt hat, nicht nur solche Vertragsklauseln, die unmittelbar und ausdrücklich einen Lieferort festlegen, sondern im Hinblick auf die Vorschrift des Art. 23 Abs. 1 EuGVVO auch alle sonstigen Bestimmungen einschließlich der allgemein anerkannten und im internationalen Handelsverkehr üblichen Regelungen und Klauseln wie der Incoterms, sofern diese eine eindeutige Bestimmung des Lieferortes zulassen (EuGH aaO.). Bestimmungen der vorgenannten Art sind allerdings besonders sorgfältig daraufhin zu prüfen, ob sie lediglich Regelungen über die Gefahr- bzw. Kostentragung enthalten oder ob durch sie auch der Lieferort der Waren festgelegt werden soll (EuGH aaO.).

34

Nach diesen Grundsätzen kann eine Vereinbarung der Parteien über einen bestimmten Lieferort nicht angenommen werden. Die Parteien haben die einzelnen Lieferungen übereinstimmend auf Grundlage der Incoterm-Klausel „CPT“ abgewickelt. Bei der Bewertung dieser Klausel ist auf die Fassung der „Incoterms 2000“ und nicht der „Incoterms 2010“ abzustellen, da die hier in Rede stehenden Lieferungen in den Jahren 2008 und 2009 erfolgt sind. Zwar stellen die Regelungen der „CPT“-Klausel – wie das Landgericht im Ansatz zutreffend dargelegt hat – hinsichtlich der „Lieferung“ auf die Übergabe der Ware durch den Verkäufer an den mit dem Transport beauftragten Frachtführer und bezüglich des „Lieferortes“ auf den Ort dieser Übergabe ab. So hat der Verkäufer nach Ziff. A 4 der Klausel die Ware zu liefern, indem er sie dem beauftragten Frachtführer übergibt. Nach Ziff. A 5 der Klausel trägt der Verkäufer die Gefahr des Verlustes oder der Beschädigung der Ware, bis sie „gemäß A 4 geliefert worden ist“. Bezugnahmen auf die „Lieferung gemäß A 4“ finden sich auch in den Bestimmungen der Ziff. A 6 und A 7 der Klausel. Hierbei handelt es sich allerdings primär um einen terminologischen Aspekt, der für sich genommen keinen hinreichenden Rückschluss auf den Willen der Parteien zur Vereinbarung des Leistungsortes der Beklagten als Lieferort zulässt. Gegen einen entsprechenden Willen der Parteien spricht maßgeblich, dass nach der vorgenannten Rechtsprechung des EuGH der Ort der Leistungshandlung des Verkäufers bei Fehlen einer vertraglichen Vereinbarung gerade nicht der maßgebliche Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Lieferortes ist, sondern es insoweit auf den Ort der körperlichen Übergabe der Sache an den Käufer ankommt. Legt man diese Prämisse für die objektive Bestimmung des Lieferortes zugrunde, so kann allein die vertragliche Bestimmung des Leistungsortes des Verkäufers ohne Hinzutreten zusätzlicher Umstände nicht dahin gewertet werden, dass die Vertragsparteien hiermit gleichzeitig auch den Lieferort vereinbaren wollten. Dies entspricht offensichtlich auch der Auffassung des EuGH: In der „Electrosteel“-Entscheidung vom 09.06.2011 (aaO.) hat der EuGH hinsichtlich der Incoterm-Klausel „Ex Works“ angenommen, dass die Verwendung dieser Klausel regelmäßig dahin zu werten sei, dass die Parteien den Ort der Leistungshandlung des Verkäufers als Lieferort vereinbaren wollten. Zur Begründung hat der EuGH maßgeblich darauf abgestellt, dass gemäß Ziff. A 4 und B 4 der „Ex Works“-Klausel der Ort der Übergabe der Ware durch den Verkäufer und der Ort der Abnahme der Ware durch den Käufer identisch seien. Hieraus wird deutlich, dass der EuGH allein die Bestimmung des Leistungsortes des Verkäufers für die Annahme einer Lieferortvereinbarung im Regelfall für nicht ausreichend erachtet.

35

Auch im Übrigen ergeben sich aus den Regelungen der „CPT“-Klausel keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien durch die Verwendung dieses Incoterms einen bestimmten Lieferort vereinbaren wollten. Anders als bei der „Ex Works“-Klausel fallen bei der „CPT“-Klausel Liefer- und Abnahmeort auseinander. Denn gemäß Ziff. B 4 der „CPT“-Klausel hat der Käufer die Ware erst am Bestimmungsort abzunehmen. Auch den übrigen Regelungen der „CPT“-Klausel ist nicht zu entnehmen, dass sich die Vertragsdurchführung auf einen bestimmten Ort konzentriert, der aus diesem Grund als vertraglich vereinbarter Lieferort anzusehen sein könnte. So sind Gefahr- und Kostentragung bei der „CPT“-Klausel differenziert in der Weise geregelt, dass der Käufer zwar die Gefahr ab Übergabe der Ware an die Transportperson trägt, der Verkäufer aber die Beförderung bis zum endgültigen Bestimmungsort zu organisieren und die entsprechenden Kosten zu tragen hat. Zudem ist der Verkäufer gemäß Ziff. A 2 der Klausel verpflichtet, die Ausfuhrbewilligung und andere erforderliche behördliche Genehmigungen zu beschaffen sowie ggf. anfallende Zollangelegenheiten zu erledigen. Danach begründet der Incoterm „CPT“ sowohl zwei unterschiedliche Orte für die von den Parteien im Rahmen der Warenlieferung geschuldeten Leistungshandlungen als auch einen differenzierten Rechte- und Pflichtenkatalog hinsichtlich der sonstigen Vertragsmodalitäten. Vor diesem Hintergrund stellt die „CPT-Klausel“ primär eine Gefahr- und Kostenregelung dar, deren Verwendung allein keinen hinreichenden Rückschluss auf den Willen der Parteien zur Vereinbarung eines bestimmten Lieferortes zulässt. Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien durch die Verwendung der „CPT“-Klausel gleichwohl nicht lediglich die Leistungs- und Preisgefahr und sonstige Vertragsmodalitäten regeln, sondern zusätzlich auch den Lieferort i.S.v. Art. 5 Nr. 1 a) und b) EuGVVO festlegen wollten, sind weder dem Sachvortrag der Parteien zu entnehmen noch aus den Umständen ersichtlich.

36

Die zu Unrecht erfolgte Abweisung der Klage als unzulässig durch das Landgericht führt gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO auf den entsprechenden Antrag der Klägerin zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Der Senat sieht von einer eigenen Entscheidung in der Sache ab, da der Rechtsstreit zum derzeitigen Zeitpunkt nicht entscheidungsreif ist. Vielmehr ist eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich, in deren Rahmen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären ist, ob die Beklagte entsprechend der Behauptung der Klägerin während der Test- und eingangs der Produktionsphase falsch deklarierte Milchsäure geliefert und im Verlauf der Lieferbeziehung das Mischungsverhältnis der Milchsäure ohne Wissen der Klägerin umgestellt hat. Weiterhin muss ggf. sachverständigenseits festgestellt werden, ob die von der Beklagten gelieferte Milchsäure für die aufgetretenen Geruchsprobleme ursächlich war.

III.

37

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.

38

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

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