Zur Zulässigkeit der Abkürzung der Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche beim Tierkauf

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 05.03.2009 – 2 U 203/08

Zur Zulässigkeit der Abkürzung der Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche beim Tierkauf

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagen wird das am 02. September 2008 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Klägerin werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin kaufte vom Beklagten ein Pferd. Sie hat Rückabwicklung des Kaufvertrages, Ersatz von Einstell-, Hufschmied- und Tierarztkosten sowie die Feststellung von Annahmeverzug und der Ersatzpflicht des Beklagten für weitere Einstellkosten verlangt. Das Landgericht hat ihrer Klage stattgegeben. Wegen der dem zu Grunde liegenden Feststellungen, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung die Auffassung des Landgerichts, er sei als Unternehmer anzusehen und die Feststellungen des Landgerichts, soweit dieses Mängel festgestellt hat, angreift.

Er beantragt,

abändernd die Klage abzuweisen,

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurück zu weisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näheren Ausführungen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.

A.

Dabei kann dahin stehen, ob das Pferd mangelhaft war. Der Wirksamkeit des von der Klägerin erklärten Rücktritts steht die vom Beklagten erhobene Verjährungseinrede entgegen, §§ 218, 438 IV, 437 BGB.

1.

Nach dem Ergebnis der Erörterungen im Senatstermin hat die Klägerin eine Ankaufsuntersuchung nicht durchführen lassen. Der zunächst wegen der in § 5 des Vertrags getroffenen Regelung zur Ankaufsuntersuchung schwebend unwirksame Kaufvertrag ist deshalb entweder dadurch wirksam geworden, dass die Parteien auf eine Ankaufsuntersuchung konkludent (die Klägerin dadurch, dass sie eine Ankaufsuntersuchung nicht hat durchführen lassen, der Beklagte dadurch, dass er sie dazu und zu der Regelung entsprechender Billigungserklärung nicht aufgefordert hat) übereinstimmend verzichtet haben oder dadurch, dass die Klägerin eine Ankaufsuntersuchung innerhalb angemessener Frist nicht hat durchführen lassen und deshalb diese und die positive Entscheidung der Klägerin danach als erfolgt gelten, § 162 BGB.

Nach § 7 des zwischen den Partein geschlossenen Vertrages verjähren Mängelansprüche des Käufers in drei Monaten nach Ablieferung – was die Ablieferung betreffend der gesetzlichen Regelung des § 438 II BGB entspricht – des Pferdes. Daran, dass die Ablieferung maßgeblich ist, ändert es nichts, dass der Vertrag wegen der vereinbarten Ankaufsuntersuchung zunächst schwebend unwirksam war und erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam wurde. Denn in Fällen, in den der Kaufgegenstand vor Wirksamkeit des Vertrages übergeben wird, ist bei Fehlen besonderer Vereinbarungen davon aus zu gehen, dass sich im Fall des Wirksamwerdens an den getroffenen vertraglichen Regelungen nichts ändert, also für den Beginn der Verjährung auch bei späterem Wirksamwerden des Vertrages die Ablieferung maßgeblich ist.

Der Beklagte hat der Klägerin das Pferd am 21.03.2006 übergeben. Die vertragliche Verjährungsfrist lief damit mit dem 21.06.2006 ab. Tatsachen für eine Hemmung oder einen Neubeginn der Verjährung für die Zeit bis dahin sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Der Rücktritt ist erst durch das Wandlungsbegehren im Anwaltscheiben vom 28.09.06 und damit nach Ablauf der Verjährungsfrist erklärt worden. Soweit die Klägerin mit beweislosem Vortrag bereits im Juli/August 2006 Rücknahme gefordert haben will, wäre auch das nicht rechtzeitig gewesen.

2.

Die Abkürzung der Verjährung ist nicht nach § 475 II BGB unwirksam.

Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Vorschrift ist, dass es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt, der Verkäufer also Unternehmer ist und bei dem Verkauf als solcher tätig wird, § 474 I BGB. Unternehmer ist jede Person, die am Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbietet. Der Beklagte ist beim Verkauf des Pferdes nicht als Unternehmer tätig geworden.

a.

Dafür, dass der Beklagte mit Pferden handelt, indem er Pferde einkauft und verkauft, ist nichts ersichtlich. Insbesondere ergibt sich dafür nichts daraus, dass der Beklagte zur Zeit des Verkaufs zwei Stuten, ein älteres Pferd und zwei Fohlen der beiden Stuten, von denen eines das an die Klägerin verkaufte war, auf seinem Hof stehen hatte. Als unternehmerische Tätigkeit kommt – was den Verkauf von Pferden an sich betrifft – allenfalls in Betracht, dass der Beklagte Pferde züchtet und verkauft. Nach dem unwidersprochenen Ergebnis seiner Anhörung im Senatstermin zieht er – neben dem von der Stute seiner Lebensgefährtin stammenden und an die Klägerin verkauften Pferd – mit seiner Stute „hier und da“ Fohlen und hat neben dem Verkauf an die Klägerin und dem Verkauf des von seiner Stute stammenden Fohlens in 2005 und 2008 jeweils ein Fohlen verkauft. Unterm Strich hat der Beklagte damit in den Jahren 2005 – 2008 vier Fohlen gezogen und verkauft. Das geht über einen gelegentlichen Verkauf von gezogenen Pferden nicht hinaus und reicht deshalb für die Annahme eines planmäßigen und dauerhaften Anbietens von Leistungen am Markt als Pferdezüchter nicht aus.

b.

Der Verkauf des Pferdes an die Klägerin ist entgegen der von ihr mit dem Landgericht vertretenen Auffassung auch nicht der unternehmerischen Tätigkeit des Beklagten als Landwirt zuzuordnen. Zwar zählen auch sogenannte branchenfremde Nebengeschäfte zur unternehmerischen Tätigkeit. Für die Annahme eines branchenfremden Nebengeschäftes bedarf es indessen zumindest irgendeines inneren Zusammenhangs zwischen dem Nebengeschäft und der unternehmerischen Tätigkeit.

Ein solcher Zusammenhang ergibt sich – was dem Landgericht wohl vorgeschwebt hat – nicht bereits daraus, dass sich Pferde auf dem Hof des Beklagten befanden und der Verkauf an Hofesstelle stattfand. Die vom Landgericht angenommene enge Beziehung des Verkaufs von Pferden zum landwirtschaftlichen Betrieb lässt sich daraus nicht herleiten. Im Gegenteil, der landwirtschaftliche Betrieb des Beklagten hat nicht nur keine Beziehung – schon gar keine enge – zum Verkauf von Pferden, sondern einen anderen Gegenstand. Gegenstand des landwirtschaftlichen Unternehmens des Beklagten sind nach seinen (den schriftsätzlichen Vortrag lediglich klarstellenden) Angaben im Senatstermin Bullenmast, Schweinezucht und – mast sowie die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen.

Ein Zusammenhang des Pferdeverkaufs mit der unternehmerischen Tätigkeit des Beklagten lässt sich auch nicht aus anderen Überlegungen herleiten. Dass die Pferde für den landwirtschaftlichen Betrieb des Beklagten irgendeine Funktion hätten, ist nicht ersichtlich. Dafür reicht es nicht aus, dass die Pferde nach dem – bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat unwidersprochenen Vortrag der Klägerin – im Betriebsvermögen stehen sollen, weil diese steuerliche Zuordnung für die Frage, ob die Pferde für den landwirtschaftlichen Betrieb im tatsächlichen irgendeine Funktion haben, nichts hergibt.

3.

Auf einen Verstoß gegen § 309 Ziff. 7 BGB, der in der Verkürzung der Verjährung liegt, weil in der Regelung des § 7 des Vertrages die in der Vorschrift genannten Schadenersatzansprüche von der Verkürzung der Verjährung nicht ausgenommen werden, kann sich die Klägerin nicht berufen. Denn sie ist Verwenderin der Vertragsbedingungen, weil nach dem unstreitigen Ergebnis der Anhörung der Parteien im Senatstermin sie das Formular zum Zwecke des Abschlusses des Kaufvertrages mitgebracht und damit die dort enthaltenen Bedingungen gestellt hat.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO. Die Zulassung der Revision, § 543 II ZPO, ist nicht veranlasst.

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