LG Darmstadt, Urteil vom 27.06.2014 – 14 O 292/13
Bei Artikel 35 MÜ handelt es sich um eine materielle Ausschlussfrist, die sicherstellen soll, dass nach deren Ablauf in jedem Falle Rechtsfrieden eintritt. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts kann diese Frist deshalb nur dann gewahrt werden, wenn die Klage innerhalb von 2 Jahren bei einem für den Schadensfall zuständigen Gericht angebracht wird (Rn. 17, 18, 19)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Mit ihrer zunächst bei dem örtlich unzuständigen Landgericht Frankfurt am Main am 27.03.2013 eingegangenen und aufgrund Verweisungsbeschlusses vom 22.07.2013 am 18.09.2013 an das Landgericht Darmstadt abgegebenen Klage begehrt die Klägerin aus abgetretenem Recht als Transportversicherer Ausgleich für angeblich elf beim Lufttransport von den USA zu dem Empfänger in Aschaffenburg entstandener Transportschäden. Ausweislich der Anlage K 12 gingen die Sendungen im Zeitraum vom 25.03. bis 19.05.2011 beim Empfänger ein.
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Auf dessen mündliche Schadensanzeige vom 06.05.2011 übersandte die Beklagte per Fax die Schadensprotokolle gemäß den Anlagen K 1 bis K 11 mit der Bitte um Rücksendung derselben bis zum 20.05.2011.
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Die Empfängerin füllte gleichwohl sämtliche Schadensanzeigen erst danach im Zeitraum vom 23. bis 25.05.2011 aus.
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Die Parteien streiten unter anderem darüber, ob die nunmehr von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche bereits gemäß Artikel 31 Abs. 2 Montrealer Übereinkommen (MÜ) und Artikel 35 MÜ verfristet sind.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin USD 73.319,40 zuzüglich Zinsen jeweils in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins auf USD 2.057,76 seit dem 27. April 2011, auf USD 3.479,04 seit dem 25. März 2011, auf USD 3.738,06 seit dem 27. April 2011, auf USD 3.323,52 seit dem 27. April 2011, auf USD 2.077,20 seit dem 02. Mai 2011, auf USD 1.028,88 seit dem 19. Mai 2011, auf USD 29.323,08 seit dem 19. Mai 2011, auf USD 14.955,00 seit dem 19. Mai 2011, auf USD 5.400,72 seit dem 02. Mai 2011, auf USD 1.246,32 seit dem 02. Mai 2011 und auf USD 6.687,72 seit dem 17. Mai 2011 zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist nicht begründet.
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Dies gilt unabhängig von sämtlichen übrigen zwischen den Parteien streitigen Fragen schon deshalb, weil die Klägerin, bzw. deren Zedentin jedenfalls zum weit überwiegenden Teil der Schadensfälle die gemäß Artikel 31 MÜ erforderliche schriftliche Schadensanzeige nicht innerhalb der Frist des Absatzes 2 dieser Regelung bei dem Luftfrachtführer angebracht hat.
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Zwischen den Parteien ist gänzlich unstreitig, dass auf die vorliegenden Schadensfälle das Montrealer Übereinkommen Anwendung findet.
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Aus den von der Klägerin vorgelegten Anlagen K 1 bis K 11 und der Anlage K 12 ergibt sich ohne weiteres, dass die mit der Annahme durch den Empfänger beginnende zweiwöchige Frist des Artikels 31 Abs. 2 MÜ in den Schadensfällen 1 bis 5, 9 und 10 nicht eingehalten worden ist.
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Gemäß Absatz 4 des Artikels 31 MÜ ist damit jede Klage gegen den Luftfrachtführer ausgeschlossen.
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Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Beklagte zu 1) auf die formunwirksame mündliche Schadensanzeige des Empfängers diesem die Schadensprotokolle mit der Bitte um Rücksendung derselben bis zum 20.05.2011 übersandt hat. Die von der Beklagten zu 1) gesetzte Frist entspricht damit exakt der Frist des Artikels 31 Abs. 2 MÜ und die Empfängerin konnte nach Treu und Glauben auch nur davon ausgehen, dass innerhalb dieser Frist übersandte Schadensprotokolle von der Beklagten zu 1) berücksichtigt werden würden.
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Auch soweit die Beklagte zu 1) im Einzelfall weitere Aufklärung gefordert hat, die dem Empfänger innerhalb der gesetzten Frist vielleicht nicht möglich gewesen sein sollte, hätte dieser die Schadensprotokolle soweit möglich ausfüllen, innerhalb der gesetzten Frist übersenden und hinsichtlich weiterer Angaben um Fristerstreckung bitten müssen.
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Unabhängig davon sind allerdings sämtliche Ansprüche auf Schadensersatz gemäß Artikel 35 MÜ ausgeschlossen, weil die Klägerin Klage nicht binnen der dort vorgesehenen Ausschlussfrist von 2 Jahren erhoben hat.
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Bei dieser Regelung handelt es sich um eine materielle Ausschlussfrist, die sicherstellen soll, dass nach deren Ablauf in jedem Falle Rechtsfrieden eintritt.
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Nach Auffassung des erkennenden Gerichts kann diese Frist deshalb nur dann gewahrt werden, wenn die Klage innerhalb von 2 Jahren bei einem für den Schadensfall zuständigen Gericht angebracht wird.
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Das war das Landgericht Frankfurt ganz unstreitig nicht, da der Flughafen Frankfurt am Main noch nicht der Bestimmungsort der Sendung war, der in Aschaffenburg lag. Die zunächst bei dem örtlich unzuständigen Landgericht Frankfurt am Main erhobene Klage war daher unzulässig und wurde erst mit Eingang der Akten bei dem erkennenden Gericht am 18.09.2013 zulässig.
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Zu diesem Zeitpunkt war die Frist des Artikels 35 Abs. 1 MÜ aber längst mit der Folge abgelaufen, dass die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abgewiesen werden musste.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.