AG München, Urteil vom 20.10.10, 262 C 11943/09
Bei einer plötzlichen Verschlechterung einer bei einer Reisebuchung bekannten Krankheit, die ursprünglich die Reise nicht in Frage stellte, besteht Versicherungsschutz bezüglich der Stornokosten, wenn zunächst seitens des Reisenden mit einer Reisefähigkeit gerechnet werden durfte.
Im Dezember 2007 schloss der spätere Kläger bei einem Versicherungsunternehmen eine Reiserücktrittskostenversicherung ab, die sämtliche zukünftige Reisen beinhaltete. Im Versicherungsvertrag wurde geregelt, dass kein Versicherungsschutz besteht, wenn der Versicherungsfall, also z.B. die Krankheit zum Zeitpunkt der Buchung der Reise vorhersehbar war, d.h. der Reisende mit dem Eintritt der Krankheit rechnen musste.
Ende Februar 2008 erlitt der Versicherte einen Bandscheibenvorfall. Eine Operation war jedoch nicht erforderlich. Anfang August unterzog er sich einer Spritzentherapie. Nach Abschluss der Behandlung wurde ihm vom Arzt mitgeteilt, dass er weiterhin nicht operiert werden müsste und dass sich sein Krankheitsbild zu 90 Prozent gebessert hätte.
Ende August buchte er schließlich für sich und seine Ehefrau für die zweite Novemberhälfte eine Reise nach Rom zum Preis von 1553 Euro.
Ende Oktober musste er allerdings dann doch an der Bandscheibe operiert werden. Er stornierte sofort die Reise und wollte die angefallenen Kosten in Höhe von 916 Euro von der Versicherung ersetzt bekommen.
Diese weigerte sich allerdings zu bezahlen. Es liege ein seit Februar 2008 nicht auskurierter Bandscheibenvorfall vor. Der Versicherte hätte die Reise nicht buchen dürfen.
Dieser entgegnete, dass er schließlich zwischen Februar und Oktober 2008 zahlreiche Reisen zum Skifahren, Wandern und Radfahren ohne jegliche Probleme unternommen hätte. Er habe keinerlei Anhaltspunkte gehabt, dass er die Romreise nicht würde antreten können.
Der zuständige Richter beim Amtsgericht München gab dem Versicherten Recht und verurteilte das Versicherungsunternehmen zur Zahlung der Stornokosten:
Der Kläger sei wegen einer unerwarteten, schweren Erkrankung zum Reiseantritt nicht in der Lage gewesen. Auch eine bei Buchung der Reise vorhandene und bekannte Krankheit könne unerwartet sein, wenn zunächst mit einer Reisefähigkeit gerechnet werden konnte. Bei der Beurteilung dieser Frage dürfe der Erkrankte auf Auskünfte und Ratschläge der Ärzte vertrauen. Unerwartet bedeute nicht, dass die Erkrankung nach Reisebuchung völlig neu entstehen müsse. Auch bei einer plötzlichen Verschlechterung einer bekannten Erkrankung, die vorher die Reise nicht in Frage stellte, bestünde Versicherungsschutz.
Vorliegend habe man dem Kläger ärztlicherseits bestätigt, dass sich sein Befund zu 90 Prozent gebessert habe und dass er keine Operation benötige. Dieser habe daher mit einer Operation und der dadurch eintretenden Reiseunfähigkeit nicht rechnen müssen.
Der Versicherungsschutz bestehe daher.
Das Urteil ist rechtskräftig.