Zum Unterlassungsanspruch einer prominenten Sängerin wegen Darstellung von ihr auf einem Plakat durch eine andere Person

BGH, Urteil vom 24. Februar 2022 – I ZR 2/21

Tina Turner

1. Wird eine Person durch eine andere Person dargestellt, ist die Darstellung (erst) dann als Bildnis der dargestellten Person anzusehen, wenn der täuschend echte Eindruck erweckt wird, es handele sich um die dargestellte Person selbst, wie dies etwa bei dem Einsatz eines Doppelgängers oder „look-alike“ oder einer nachgestellten berühmten Szene oder Fotografie der Fall sein kann (Fortführung von BGH, Urteil vom 1. Dezember 1999 – I ZR 226/97, GRUR 2000, 715, 716 f. [juris Rn. 21] = WRP 2000, 754 – Der blaue Engel und Urteil vom 18. Mai 2021 – VI ZR 441/19, GRUR 2021, 1222 Rn. 22 bis 27 mwN). Dabei reicht es aus, wenn ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Publikums glaubt, es handele sich um die dargestellte Person.(Rn.16)

2. In einem solchen Fall kann sich allenfalls die tatsächlich, nicht aber die vermeintlich abgebildete Person darauf berufen, dass es sich um ein auf Bestellung angefertigtes Bildnis im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG handelt. Nur zwischen der tatsächlich abgebildeten Person und dem Künstler kann durch die Umstände bei der Entstehung der Abbildung ein Vertrauensverhältnis entstehen, das der Verbreitung oder Schaustellung des Bildnisses für ein höheres Interesse der Kunst entgegensteht.(Rn.44)

3. Die Werbung für eine Show, in der Lieder einer prominenten Sängerin von einer ihr täuschend ähnlich sehenden Darstellerin nachgesungen werden, mit einem Bildnis der Darstellerin, das den täuschend echten Eindruck erweckt, es handele sich um die prominente Sängerin selbst, ist grundsätzlich von der Kunstfreiheit gedeckt. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff in den vermögenswerten Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des prominenten Originals ist mit der Werbung für eine solche Tribute-Show allerdings dann verbunden, wenn der unzutreffende Eindruck erweckt wird, das prominente Original unterstütze sie oder wirke sogar an ihr mit.(Rn.70)

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. Dezember 2020 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand
1
Die unter dem Künstlernamen Tina Turner auftretende Klägerin ist eine weltberühmte Sängerin. Die Beklagte ist die Produzentin der Show „SIMPLY THE BEST – DIE tina turner STORY“, in der die Sängerin D. F. auftritt und die größten Hits der Klägerin präsentiert. Die Beklagte warb für die Show mit Plakaten, auf denen D. F. abgebildet ist und der (Künstler-)Name der Klägerin in der Aufschrift „DIE tina turner STORY“ verwendet wird.

2
Die Klägerin, die weder in die Verwendung ihres Bildnisses noch ihres Namens eingewilligt hat, ist der Auffassung, dass der Betrachter aufgrund der Ähnlichkeit zwischen D. F. und ihr davon ausgehe, sie selbst sei auf den Plakaten abgebildet und an der Show beteiligt. Nach erfolgloser Abmahnung hat sie beantragt,

1. die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

a) den Namen der Klägerin „Tina Turner“ für Werbemittel für die Bewerbung der Show „SIMPLY THE BEST – die Tina Turner Story“ zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, wenn dies geschieht wie nachfolgend abgebildet

 

 

b) das Bildnis der Klägerin für Werbemittel für die Bewerbung der Show „SIMPLY THE BEST – die Tina Turner Story“ zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, wenn dies geschieht wie nachfolgend abgebildet

[es folgt eine Einblendung der vorstehend wiedergegebenen Plakate]

2. hilfsweise, die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

a) den Namen der Klägerin „Tina Turner“ für Werbemittel für die Bewerbung der Show „SIMPLY THE BEST – die Tina Turner Story“ zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, wenn dies geschieht wie nachfolgend abgebildet, ohne zugleich einen jede Verwechslungsmöglichkeit ausschließenden Zusatz hinzuzufügen

[es folgt eine Einblendung der vorstehend wiedergegebenen Plakate]

b) das Bildnis der Klägerin „Tina Turner“ für Werbemittel für die Bewerbung der Show „SIMPLY THE BEST – die Tina Turner Story“ zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, wenn dies geschieht wie nachfolgend abgebildet, ohne zugleich einen jede Verwechslungsmöglichkeit ausschließenden Zusatz hinzuzufügen

[es folgt eine Einblendung der vorstehend wiedergegebenen Plakate].

3
Das Landgericht (LG Köln, ZUM-RD 2020, 293) hat der Klage nach den Hauptanträgen stattgegeben. Das Berufungsgericht (OLG Köln, ZUM-RD 2021, 293) hat das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils und verfolgt nachrangig ihre Hilfsanträge weiter.

Entscheidungsgründe
4
A. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Verwendung ihres Bildnisses und ihres Namens nach dem Haupt- und dem Hilfsantrag verneint und zur Begründung ausgeführt:

5
Ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Bildnisverwendung folge nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 2 BGB, §§ 22, 23 KUG. Zwar habe die Beklagte auf den Plakaten jeweils ein Bildnis der Klägerin im Sinne von § 22 Satz 1 KUG verwendet. Auch die Abbildung eines Doppelgängers sei als Bildnis einer berühmten Person anzusehen, wenn – wie im Streitfall – bei einem nicht unerheblichen Teil des Publikums der Eindruck erweckt werde, bei dem Doppelgänger handele es sich um die berühmte Person selbst. Die Verwendung des Bildnisses sei jedoch gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG zulässig, da es nicht auf Bestellung der Klägerin angefertigt worden sei, seine Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst diene und durch die Verbreitungshandlung kein berechtigtes Interesse der Klägerin im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG verletzt werde. Gleiches ergebe sich aus § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Auch auf das Datenschutzrecht könne die Klägerin einen Unterlassungsanspruch jedenfalls deswegen nicht stützen, weil die auch insofern gebotene umfassende Interessenabwägung zu demselben Ergebnis wie die Abwägung nach den §§ 22, 23 KUG komme.

6
Der Klägerin stehe auch kein Unterlassungsanspruch nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB wegen der Benutzung ihres Namens auf den Plakaten zu. Es bestünden schon grundsätzliche Zweifel, ob die Vorschrift überhaupt anwendbar sei und ein „Gebrauchen“ des Namens der Klägerin vorliege. Jedenfalls gingen wiederum die Interessen der Beklagten denjenigen der Klägerin vor.

7
Ein Unterlassungsanspruch ergebe sich auch nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Zwar habe die Beklagte in die vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts der Klägerin eingegriffen, indem sie deren Namen und Bildnis zu Werbezwecken verwendet habe. Diese Verwendung sei jedoch nicht rechtswidrig. Im Rahmen der Abwägung verdienten die Interessen der Beklagten, die sich hinsichtlich der Gestaltung der Plakate auf ihre Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG berufen könne, den Vorrang vor den Interessen der Klägerin an einer Entscheidung über die Verwendung von Bildnis und Namen.

8
Die Klage habe auch mit den Hilfsanträgen keinen Erfolg. Da der Beklagten nicht verwehrt sei, die Plakate in der angegriffenen Form als Werbemittel für die Show zu nutzen, könne sie rechtlich nicht verpflichtet werden, diese mit einem erklärenden Zusatz zu versehen.

9
B. Die zulässige (dazu B I) Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die gegen die Verwendung des Bildnisses (dazu B II) und des Namens (dazu B III) der Klägerin gerichteten Hauptanträge mit Recht abgewiesen. Mit Blick auf die Hilfsanträge hat die Klageabweisung ebenfalls Bestand (dazu B IV).

10
I. Die Revision ist unbeschränkt zulässig. Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält keine Beschränkung der Revisionszulassung. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar anerkannt, dass sich eine Eingrenzung der Zulassung der Revision auch aus den Entscheidungsgründen ergeben kann. Nach dem Grundsatz der Rechtsmittelklarheit müssen die Parteien allerdings zweifelsfrei erkennen können, welches Rechtsmittel für sie in Betracht kommt und unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist. Die bloße Angabe des Grundes für die Zulassung der Revision reicht nicht, um von einer nur beschränkten Zulassung des Rechtsmittels auszugehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 22. Juli 2021 – I ZR 194/20, GRUR 2021, 1534 Rn. 20 = WRP 2021, 1556 – Rundfunkhaftung). Das Berufungsgericht hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung mit Blick auf die nicht höchstrichterlich geklärten Anforderungen bei der Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG auf Bildnisse von Prominenten oder deren Doppelgängern, die nicht nur werbenden Charakter hätten, sondern auch der Kunstfreiheit unterfielen. Damit hat es lediglich den Grund für die Revisionszulassung angegeben, ohne das Rechtsmittel zu beschränken. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung lässt sich den Ausführungen des Berufungsgerichts keine Beschränkung der Revisionszulassung auf die gegen die Verwendung des Bildnisses der Klägerin gerichteten Unterlassungsanträge (1 b und 2 b) entnehmen, weil das Berufungsgericht die Abweisung der gegen die Verwendung des Namens der Klägerin gerichteten Unterlassungsanträge (1 a und 2 a) mit denselben Erwägungen begründet hat.

11
II. Mit Recht hat das Berufungsgericht einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 und 2 BGB, §§ 22, 23 KUG wegen einer Verwendung ihres Bildnisses auf den Plakaten der Beklagten nach dem Hauptantrag (Antrag 1 b) verneint.

12
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild der Klägerin eingegriffen hat.

13
a) Die Entscheidung, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll, ist wesentlicher – vermögensrechtlicher – Bestandteil des Persönlichkeitsrechts. Die unbefugte Nutzung eines Bildnisses für Werbezwecke stellt daher einen Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild dar und begründet grundsätzlich – wie jeder unbefugte Eingriff in das Recht am eigenen Bild – einen Unterlassungsanspruch. Die Frage, ob ein Bildnis zur Werbung, also kommerziell, eingesetzt worden ist, beurteilt sich aus der Sicht des durchschnittlichen Betrachters. Ein Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwendung des Bildnisses den Werbe- und Imagewert des Abgebildeten ausnutzt, indem die Person des Abgebildeten beispielsweise als Vorspann für die Anpreisung eines Presseerzeugnisses vermarktet wird. Es genügt jedoch auch, führt allerdings zu einem geringeren Gewicht des Eingriffs, wenn eine bloße Aufmerksamkeitswerbung vorliegt, also lediglich die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das beworbene Produkt gelenkt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 – I ZR 207/19, GRUR 2021, 643 Rn. 12 bis 14 = WRP 2021, 484 – Urlaubslotto, mwN).

14
b) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die in Rede stehenden Plakate ein Bildnis der Klägerin zeigen.

15
aa) Wird eine Person durch eine andere Person – beispielsweise einen Schauspieler – dargestellt, richtet sich der Bildnisschutz nach den folgenden Grundsätzen:

16
Im Fall der als solche erkennbaren Darstellung einer Person durch einen Schauspieler steht der Bildnisschutz dem Schauspieler zu, der in diesem Fall auch in seiner Rolle noch „eigenpersönlich“ und damit als er selbst erkennbar bleibt. Als Bildnis der dargestellten Person ist die Darstellung (erst) dann anzusehen, wenn der täuschend echte Eindruck erweckt wird, es handele sich um die dargestellte Person selbst, wie dies etwa bei dem Einsatz eines Doppelgängers oder „look-alike“ oder einer nachgestellten berühmten Szene oder Fotografie der Fall sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1960 – I ZR 87/59, GRUR 1961, 138, 139 – Familie Schölermann; Urteil vom 1. Dezember 1999 – I ZR 226/97, GRUR 2000, 715, 716 f. [juris Rn. 21] = WRP 2000, 754 – Der blaue Engel; Urteil vom 18. Mai 2021 – VI ZR 441/19, GRUR 2021, 1222 Rn. 22 bis 27 mwN). Dabei ist nicht von Bedeutung, auf welchen Merkmalen des äußeren Erscheinungsbilds dieser Eindruck beruht; er muss sich nicht aus den Gesichtszügen, sondern kann sich auch aus anderen, die betreffende Person kennzeichnenden Einzelheiten ergeben (vgl. BGH, GRUR 2000, 715, 716 f. [juris Rn. 21] – Der blaue Engel). Auch die Beifügung des Namens der dargestellten Person kann dazu beitragen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 1965 – Ib ZR 126/63, GRUR 1966, 102 [juris Rn. 9] – Spielgefährtin).

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Für die Annahme eines Bildnisses der dargestellten Person reicht es in solchen Fällen aus, wenn ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Publikums glaubt, es handele sich um die dargestellte Person (vgl. OLG Karlsruhe, AfP 1996, 282 [juris Rn. 29]; LG Düsseldorf, AfP 2002, 64, 65; Wenzel/von Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl., Kap. 7 Rn. 24; zur Frage der Erkennbarkeit in anderen Fallgestaltungen vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2020 – VI ZR 445/19, ZUM-RD 2020, 637 Rn. 18).

18
bb) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen und hat ausgeführt, die auf den Plakaten abgebildete Hauptdarstellerin der Show erinnere schon aufgrund ihrer Frisur sowie der von ihr eingenommenen Pose stark an die Klägerin in der Zeit, als sie noch selbst Bühnenauftritte durchgeführt habe. Es komme nicht darauf an, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Plakate schon wesentlich älter gewesen sei als die abgebildete Doppelgängerin. Es könne sich auch um ein älteres Foto der Klägerin aus der Zeit handeln, als sie selbst noch auf der Bühne aufgetreten sei. Zudem werde der Name der Klägerin in der Titelzeile des Plakats genannt. Aus Sicht des Durchschnittsrezipienten handele es sich daher um eine Darstellung der Klägerin.

19
cc) Die gegen diese Beurteilung gerichteten Einwände der Revisionserwiderung dringen nicht durch.

20
(1) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist der Einsatz eines Doppelgängers lediglich eine, aber nicht die einzige Möglichkeit, durch die der täuschend echte Eindruck erweckt werden kann, es handele sich um die dargestellte Person. Erforderlich ist eine Beurteilung anhand der Gesamtumstände, die das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei vorgenommen hat. Zudem hat das Berufungsgericht angenommen, dass die auf den Plakaten abgebildete Hauptdarstellerin der Show der Klägerin im Sinne einer Doppelgängerin ähnlich sieht.

21
(2) Ebenfalls ohne Erfolg wiederholt die Revisionserwiderung den in den Tatsacheninstanzen gehaltenen Vortrag der Beklagten, aus den angegriffenen Plakaten gehe – schon aufgrund des Hinweises „DIE tina turner STORY“ – für den angesprochenen Verkehr eindeutig hervor, dass nicht die Klägerin abgebildet sei, sondern die deutlich jüngere Darstellerin einer Show, die die Klägerin zum Gegenstand habe; das Hervorrufen einer Assoziation zu ihr reiche für die Begründung des Bildnisschutzes nicht aus. Der von der Revisionserwiderung gezogene Schluss ist keineswegs zwingend; sie macht auch nicht geltend, dass das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung maßgebliche Umstände übersehen hätte.

22
(3) Das von der Revisionserwiderung ergänzend vorgebrachte Argument, es müsse erlaubt sein, für eine erlaubte Tribute-Show mit einem Bild aus der Show zu werben, ist für die Einordnung der Abbildung als Bildnis der Klägerin ohne Belang. Der Klägerin wird damit auch nicht unzulässigerweise ein Recht am eigenen Lebensbild im Sinne eines Rechts, nicht zum Vorbild einer Werkfigur zu werden, eingeräumt (vgl. hierzu BVerfGE 119, 1, 27 f. [juris Rn. 82 bis 85]; BGH, GRUR 2021, 1222 Rn. 27). Die Frage, ob die Show der Beklagten in Rechte der Klägerin eingreift, ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Es findet auch keine unzulässige Verdopplung des Bildnisschutzes statt (vgl. hierzu BGH, GRUR 2021, 1222 Rn. 22). Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass es sich (auch) um ein Bildnis von D. F. handelt.

23
c) Ebenfalls zutreffend und von der Revision unangegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin im vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt ihres Rechts am eigenen Bild betroffen ist. Das folgt bereits daraus, dass die Beklagte das Bildnis der prominenten Klägerin ohne deren Einwilligung zu Werbezwecken verwendet hat.

24
2. Es unterliegt im Ergebnis keinen Bedenken, dass das Berufungsgericht die Rechtmäßigkeit des Handelns der Beklagten nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG beurteilt hat.

25
a) Das Recht am eigenen Bild nach §§ 22, 23 KUG zielt als spezialgesetzliche Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darauf ab, die Persönlichkeit davor zu schützen, gegen ihren Willen in Gestalt der Abbildung für andere verfügbar zu werden (vgl. BGH, GRUR 2021, 1222 Rn. 21 mwN). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden (§ 22 Satz 1 KUG). Fehlt eine solche Einwilligung, ist die Verbreitung und Schaustellung eines Bildnisses nur zulässig, wenn sie einem der Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 1 KUG positiv zuzuordnen ist und berechtigte Interessen des Abgebildeten im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG nicht verletzt werden. Zu den Ausnahmen gehören Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) und Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient (§ 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG).

26
b) Das abgestufte Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG steht sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben als auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Einklang (vgl. BGH, GRUR 2021, 643 Rn. 31 – Urlaubslotto, mwN).

27
c) Die Frage, ob die §§ 22, 23 KUG unter Geltung der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO) noch auf die Nutzung des Bildnisses einer Person zu künstlerischen Zwecken anwendbar sind, kann vorliegend offenbleiben, weil im Streitfall nichts dafür ersichtlich ist, dass eine Abwägung am Maßstab des Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchst. f DSGVO zu einem anderen Ergebnis führen könnte.

28
aa) Nach ihrem Art. 2 Abs. 1 gilt die Datenschutz-Grundverordnung für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Personenbezogene Daten sind nach Art. 4 Nr. 1 DSGVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Die Verarbeitung umfasst nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung.

29
Die Einwilligung der betroffenen Person zur Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke führt gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchst. a DSGVO zur Rechtmäßigkeit der Verarbeitung. Darüber hinaus ist die Verarbeitung der Daten nach Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchst. f DSGVO rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Art. 85 Abs. 1 DSGVO bestimmt, dass die Mitgliedstaaten das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten gemäß dieser Verordnung mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken und zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken, durch Rechtsvorschriften in Einklang bringen. Wenn es hierzu erforderlich ist, sehen sie nach Art. 85 Abs. 2 DSGVO Ausnahmen unter anderem von Kapitel II vor, zu dem auch Art. 6 DSGVO gehört. Nach Art. 85 Abs. 3 DSGVO teilt jeder Mitgliedstaat der Kommission die aufgrund von Art. 85 Abs. 2 DSGVO erlassenen Rechtsvorschriften einschließlich aller späteren Änderungen unverzüglich mit.

30
bb) Das Berufungsgericht hat das Vorliegen personenbezogener Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DSGVO bejaht. Die Revision greift diese Beurteilung nicht an. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu der ähnlich gefassten Vorgängervorschrift in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr fällt das von einer Kamera aufgezeichnete Bild einer Person unter diesen Begriff (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Februar 2019 – C-345/17, GRUR 2019, 760 Rn. 31 – Buivids, mwN). Von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bislang nicht geklärt und auch nicht zweifelsfrei zu beantworten ist allerdings die Frage, ob eine Person auch dann als identifizierbar anzusehen ist, wenn in Wirklichkeit eine andere Person abgebildet ist, aber von einem nicht unerheblichen Teil des Publikums für diese Person gehalten wird.

31
cc) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Beklagte bei der Verwendung der streitgegenständlichen Abbildung einen der in Art. 4 Nr. 2 DSGVO genannten Tatbestände erfüllt hat. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu der ähnlich gefassten Vorgängervorschrift in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG stellt die (Video-)Aufzeichnung einer Person auf dem Speicher einer Kamera eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten dar (vgl. EuGH, GRUR 2019, 760 Rn. 35 – Buivids, mwN). Darüber hinaus führt auch die Offenlegung durch Verbreitung der Abbildung im Zuge der Plakatierung in den Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung (zum Begriff der Offenlegung durch Verbreitung vgl. Herbst in Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 3. Aufl., Art. 4 DSGVO Rn. 31 f.; BeckOK.Datenschutzrecht/Schild, 38. Edition [Stand 1. November 2021], Art. 4 DSGVO Rn. 49 f. mwN).

32
dd) Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, ein Unterlassungsanspruch der Klägerin bestehe auch dann nicht, wenn man davon ausgehe, dass bei einer Veröffentlichung von Bildnissen, die – wie hier – zu künstlerischen und nicht zu journalistischen Zwecken erfolge, nicht mehr die Regelungen in §§ 22, 23 KUG, sondern vielmehr die datenschutzrechtliche Norm des Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchst. f DSGVO anzuwenden sei, weil der Gesetzgeber außerhalb des Bereichs der journalistischen Tätigkeit von der Öffnungsklausel des Art. 85 Abs. 2 DSGVO noch keinen Gebrauch gemacht habe. Mangels Einwilligung der Klägerin sei auch nach Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchst. f DSGVO eine umfassende Abwägung aller widerstreitenden Grundrechtspositionen der Klägerin sowie der Beklagten geboten. Das Ergebnis bleibe das gleiche wie nach den §§ 22, 23 KUG, zumal im konkreten Fall keine unterschiedliche Reichweite der nach Art. 51 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta bei der Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung zu berücksichtigenden Grundrechte der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gegenüber den nationalen Grundrechten des Grundgesetzes, einschließlich der jeweils interpretationsleitend zu berücksichtigenden Vorgaben aus der Europäischen Menschenrechtskonvention, im Raum stehe. Diese Beurteilung ist rechtsfehlerfrei.

33
(1) Bei der Anwendung unionsrechtlich vollständig vereinheitlichter Regelungen sind aufgrund des grundsätzlichen Anwendungsvorrangs des Unionsrechts die Grundrechte der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einschlägig, soweit der durch sie gewährleistete Grundrechtsschutz – wie nach ständiger Rechtsprechung auch des Bundesverfassungsgerichts anzunehmen ist – hinreichend wirksam ist (vgl. BVerfGE 152, 216 Rn. 42 bis 49 – Recht auf Vergessen II). Von einer vollständigen Vereinheitlichung ist bei den von der Datenschutz-Grundverordnung erfassten Materien auszugehen (vgl. BVerfGE 152, 216 Rn. 41 – Recht auf Vergessen II; BGH, GRUR 2021, 643 Rn. 40 – Urlaubslotto). Im Streitfall wären daher – die Anwendbarkeit der Datenschutz-Grundverordnung unterstellt – auf Seiten der Klägerin die Grundrechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 7 EU-Grundrechtecharta und auf Schutz personenbezogener Daten aus Art. 8 EU-Grundrechtecharta sowie auf Seiten der Beklagten die Grundrechte auf Freiheit der Kunst aus Art. 13 EU-Grundrechtecharta und ergänzend auf unternehmerische Freiheit aus Art. 16 EU-Grundrechtecharta in die Abwägung einzustellen.

34
(2) Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht angenommen, eine am Maßstab des Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchst. f DSGVO vorzunehmende Interessenabwägung müsse zum gleichen Ergebnis führen wie eine solche am Maßstab der §§ 22, 23 KUG. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat bereits zur Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung nach der Richtlinie 95/46/EG ausgeführt, dass diese eine Abwägung der jeweiligen einander gegenüberstehenden Rechte und Interessen erfordert, bei der die Bedeutung der Rechte der betroffenen Person aus den Art. 7 und 8 EU-Grundrechtecharta zu berücksichtigen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Mai 2014 – C-131/12, GRUR 2014, 895 Rn. 74 = WRP 2014, 805 – Google Spain und Google). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Grundsätze bei der Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung nicht mehr gelten sollten. Auch für einen grundsätzlichen Vor- oder Nachrang eines der auf einer Seite betroffenen Grundrechte gegenüber den auf der anderen Seite einzustellenden Grundrechten gibt es weder in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union selbst noch in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union Anhaltspunkte (zu Art. 7, 8 und 11 EU-Grundrechtecharta vgl. BVerfGE 152, 216 Rn. 141 – Recht auf Vergessen II; zu Art. 7, 8, 11 und 16 EU-Grundrechtecharta vgl. BGH, GRUR 2021, 643 Rn. 41 – Urlaubslotto).

35
ee) Danach bedarf es keiner Entscheidung, ob die Verwendung des Bildnisses der Klägerin für die Plakate der Beklagten zu „künstlerischen Zwecken“ im Sinne des Art. 85 Abs. 1 und 2 DSGVO erfolgt ist und die darin aufgestellten Voraussetzungen für den Erlass oder die Weitergeltung nationaler Vorschriften mit Blick auf die Konstellation des Streitfalls erfüllt sind (für § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG ablehnend Wenzel/von Strobl-Albeg aaO Kap. 7 Rn. 130; im Ergebnis bejahend BeckOK.Urheberrecht/Engels, 33. Edition [Stand 15. Januar 2022], § 22 KUG Rn. 10a bis 10e; zu § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG mit Blick auf „journalistische Zwecke“ vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2020 – VI ZR 250/19, ZUM-RD 2020, 642 Rn. 10 mwN; BGH, ZUM-RD 2020, 637 Rn. 15; BGH, Beschluss vom 16. Februar 2021 – VI ZA 6/20; allgemein zum Meinungsstand hinsichtlich der Fragen, ob Art. 85 Abs. 1 DSGVO eine eigenständige Öffnungsklausel enthält und Art. 85 Abs. 2 DSGVO ein neues Tätigwerden des (Bundes- oder Landes-)Gesetzgebers verlangt, vgl. BeckOK.InfoMedienR/Cornils, 34. Edition [Stand 1. Februar 2021], Art. 85 DSGVO Rn. 20 bis 27 und 122 bis 132 mwN; Wenzel/von Strobl-Albeg aaO Kap. 7 Rn. 122 bis 125, 127 bis 128 und 130).

36
ff) Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nach alledem nicht veranlasst. Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist (zu diesem Maßstab vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 – Cilfit u.a.; Urteil vom 6. Oktober 2021 – C-561/19, NJW 2021, 3303 Rn. 33, 36 und 39 bis 49 – Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi).

37
3. Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass die Klägerin in die Verwendung ihres Bildnisses auf den Plakaten nicht nach § 22 Satz 1 KUG eingewilligt hat.

38
4. Im Ergebnis mit Recht hat das Berufungsgericht die Verwendung des Bildnisses der Klägerin auf den Plakaten der Beklagten für nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 KUG erlaubt angesehen.

39
a) Entgegen der Auffassung der Revision kann die Klägerin sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG bereits deswegen nicht zu Gunsten der Beklagten eingreifen könne, weil das in Rede stehende Bildnis auf Bestellung angefertigt worden sei.

40
aa) Dieser Ausschlusstatbestand enthält nach seinem Wortlaut zwar keine weiteren Voraussetzungen als das Erfordernis, dass der Anfertigung des Bildnisses eine Bestellung zugrunde liegen muss.

41
bb) Den Gesetzgebungsmaterialien zu § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG ist jedoch als Begründung für den Ausschlusstatbestand zu entnehmen, dass der Abgebildete „im Falle der Bestellung eines Bildnisses … zu dem Künstler in eine Art von Vertrauensverhältnis [tritt], das eine weitergehende Berücksichtigung seiner Interessen erheischt“ (RT-Verhandl. 11-II 1905/06 Nr. 30, S. 1540; vgl. auch LG Frankfurt, ZUM 2017, 772, 775 [juris Rn. 67]; Götting in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Aufl., § 23 KUG Rn. 101 mwN; Specht in Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl., § 23 KUG Rn. 43; Wenzel/von Strobl-Albeg aaO Kap. 8 Rn. 87).

42
(1) Ist der Abgebildete zugleich der Besteller des Bildnisses, steht er zumeist in einer Vertragsbeziehung zum Künstler, die sein Vertrauen darauf rechtfertigt, dass der Künstler das Bildnis nur mit seiner Zustimmung für eigene künstlerische Zwecke (weiter)verwendet.

43
(2) Erfolgt die Bestellung durch eine andere Person als die abgebildete, besteht zwischen der abgebildeten Person und dem Künstler zwar im Regelfall kein Vertragsverhältnis. Dies ändert aber nichts daran, dass sich die abgebildete Person durch ihre Entscheidung, sich aufgrund einer – nicht notwendig von ihr selbst ausgehenden – Bestellung für die Anfertigung eines Bildnisses zur Verfügung zu stellen, in ein Vertrauensverhältnis zum Künstler begibt. Deswegen darf sie auch in einem solchen Fall erwarten, dass der Künstler das Bildnis für seine eigenen, im Grundsatz durch die Kunstfreiheit geschützten Interessen nur mit ihrer Zustimmung verwendet.

44
(3) Ist die tatsächlich abgebildete Person nicht identisch mit der Person, die aus Sicht eines nicht unerheblichen Teils des angesprochenen Publikums (vermeintlich) abgebildet ist, kann nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift allenfalls die tatsächlich, nicht aber die vermeintlich abgebildete Person gegen die Verwendung der Abbildung einwenden, dass sie auf Bestellung angefertigt worden sei. Nur zwischen der tatsächlich abgebildeten Person und dem Künstler kann durch die Umstände bei der Entstehung der Abbildung ein Vertrauensverhältnis entstehen, das deren Verbreitung oder Schaustellung für ein höheres Interesse der Kunst entgegensteht.

45
cc) Nach diesen Grundsätzen kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, das Bildnis sei auf Bestellung angefertigt. Da die Abbildung tatsächlich D. F. und nicht die Klägerin zeigt, kann allenfalls zwischen D. F. und dem Künstler ein Vertrauensverhältnis entstanden sein, das die Anwendung des Rechtfertigungstatbestands nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG einschränkt.

46
b) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht die Verwendung des Bildnisses der Klägerin auf den Plakaten der Beklagten für nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 KUG gerechtfertigt gehalten.

47
aa) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG sind erfüllt, wenn die Verbreitung oder Schaustellung des Bildnisses einem höheren Interesse der Kunst dient. Eine Verbreitung des Bildnisses liegt vor bei einer Weitergabe (insbesondere) körperlicher Exemplare des Bildnisses, eine Zurschaustellung bei dessen Sichtbarmachung für die Öffentlichkeit (vgl. Götting in Schricker/Loewenheim aaO § 22 KUG Rn. 36 f.; Fricke in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 5. Aufl., § 22 KUG Rn. 8 f.; Specht in Dreier/Schulze aaO § 22 KUG Rn. 9 bis 10a; BeckOK.Urheberrecht/Engels aaO § 22 KUG Rn. 51 bis 52; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch, Urheberrecht, 4. Aufl., § 22 KUG Rn. 14 und 16; Wenzel/von Strobl-Albeg aaO Kap. 7 Rn. 139 f.). Die Verbreitung oder Schaustellung des Bildnisses dient einem Interesse der Kunst, wenn sie zu einem der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unterfallenden Zweck erfolgt (vgl. OLG Celle, ZUM 2011, 341, 345 [juris Rn. 32]). Der durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vermittelte Schutz hängt nicht von einer bestimmten künstlerischen Qualität ab (vgl. BVerfGE 79, 369, 377 [juris Rn. 18]; BGH, GRUR 2021, 1222 Rn. 31 mwN). Es ist nicht erforderlich, dass es sich bei dem verwendeten Bildnis um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handelt (LG Berlin, ZUM-RD 2014, 105, 107 [juris Rn. 26]; LG Frankfurt, ZUM 2017, 772, 775 [juris Rn. 67]; LG Hamburg, NJW-RR 2017, 1392, 1392 f. [juris Rn. 32]); Götting in Schricker/Loewenheim aaO § 23 KUG Rn. 103; Fricke in Wandtke/Bullinger aaO § 23 KUG Rn. 41; Specht in Dreier/Schulze aaO § 23 KUG Rn. 43).

48
Auf § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG kann sich allerdings nicht berufen, wer keinen dem Schutzbereich der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unterfallenden Zweck verfolgt, sondern durch Verwertung des Bildnisses eines anderen zu Werbezwecken allein sein Geschäftsinteresse befriedigen will (vgl. RT-Verhandl. 11-II 1905/06 Nr. 30, S. 1540; Götting in Schricker/Loewenheim aaO § 23 KUG Rn. 102; Fricke in Wandtke/Bullinger aaO § 23 KUG Rn. 41; Specht in Dreier/Schulze aaO § 23 KUG Rn. 43; zu § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vgl. BGH, GRUR 2021, 643 Rn. 26 – Urlaubslotto, mwN). Dabei ist jedoch zu beachten, dass auch die Werbung für ein Kunstwerk – ebenso wie das Kunstwerk selbst – den Schutz der Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG in ihrem sogenannten Wirkbereich genießt (vgl. BVerfGE 77, 240, 251 [juris Rn. 31]; BGH, Urteil vom 1. Dezember 1999 – I ZR 49/97, BGHZ 143, 214, 229 f. [juris. Rn. 74] – Marlene Dietrich; BGH, GRUR 2021, 1222 Rn. 32 mwN; OLG Celle, ZUM 2011, 341, 345 [juris Rn. 32]; LG Hamburg, NJW-RR 2017, 1392, 1393 [juris Rn. 37 f.]; Specht in Dreier/Schulze aaO § 23 KUG Rn. 43; BeckOK.Urheberrecht/Engels aaO § 23 KUG Rn. 21). Ein Überwiegen wirtschaftlicher gegenüber künstlerischen Zwecken schließt den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG nicht aus (so aber wohl VerfGH Berlin, NJW-RR 2007, 1686, 1688 [juris Rn. 42] mwN; OLG Düsseldorf, AfP 2014, 454, 455 [juris Rn. 17]; LG Düsseldorf, Urteil vom 28. November 2012 – 12 O 545/11, juris Rn. 28; Engels in Möhring/Nicolini, Urheberrecht, 4. Aufl., § 23 KUG Rn. 21; BeckOK.Urheberrecht/Engels aaO § 23 KUG Rn. 21; Wenzel/von Strobl-Albeg aaO Kap. 8 Rn. 89 f.), ist aber bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen.

49
Sofern der Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG eröffnet ist, erfordert die Beurteilung, ob die Verbreitung oder Schaustellung des Bildnisses der Klägerin einem höheren (also überwiegenden) Interesse der Kunst dient, eine – revisionsrechtlich voll zu überprüfende – Abwägung zwischen dem Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Persönlichkeit und dem von der Beklagten wahrgenommenen Interesse, ein in ihrer Verantwortung aufgeführtes Kunstwerk zu vermarkten. Der Prüfung ist ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, der den widerstreitenden Interessen ausreichend Rechnung trägt (zu § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2011 – VI ZR 26/11, NJW 2012, 763 Rn. 24; BGH, GRUR 2021, 643 Rn. 27 – Urlaubslotto, mwN; vgl. auch BVerfG, NJW 2018, 1744 Rn. 18 bis 22; BGH, GRUR 2021, 1222 Rn. 34; OLG Celle, ZUM 2011, 341, 345 [juris Rn. 32]; LG Düsseldorf, Urteil vom 28. November 2012 – 12 O 545/11, juris Rn. 28; OLG Düsseldorf, AfP 2014, 454, 455 [juris Rn. 17]; LG Berlin, AfP 2015, 177, 170 [juris Rn. 30 bis 40]; LG Frankfurt, ZUM 2017, 772, 775 [juris Rn. 67]; LG Hamburg, NJW-RR 2017, 1392, 1393 [juris Rn. 39 f.]; LG Darmstadt, CR 2020, 47, 48 [juris Rn. 23 f.]; LG Berlin, AfP 2020, 264, 266 f. [juris Rn. 52 bis 56]; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch aaO § 22 KUG Rn. 56).

50
Ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG wird verletzt, wenn der Abbildung ein – bei der Abwägung nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG noch nicht berücksichtigter – eigenständiger Verletzungsgehalt innewohnt, beispielsweise durch die Art ihrer Gewinnung oder Darstellung (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2007 – VI ZR 51/06, GRUR 2007, 527 Rn. 33; Urteil vom 10. März 2009 – VI ZR 261/07, GRUR 2009, 584 Rn. 15; BGH, NJW 2012, 763 Rn. 30; BGH, Urteil vom 29. September 2020 – VI ZR 449/19, GRUR 2021, 106 Rn. 27).

51
bb) Soweit eine Bildnisverwendung mit einer Wortäußerung zusammentrifft, ist auch Letztere in die Prüfung der Frage einzubeziehen, ob Persönlichkeitsrechte des Abgebildeten verletzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2008 – VI ZR 307/07, BGHZ 178, 213 Rn. 19 mwN). Hierfür ist der objektive Sinn der Äußerung aus der Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums zu ermitteln (vgl. BVerfGE 114, 339, 348 [juris Rn. 31]; BVerfG, Beschluss vom 11. November 2021 – 1 BvR 11/20, juris Rn. 17; BGH, Urteil vom 27. April 2021 – VI ZR 166/19, GRUR 2021, 1096 Rn. 11 mwN). Die Sinndeutung unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. BGH, GRUR 2021, 1096 Rn. 11 mwN). Auszugehen ist vom Wortlaut der Äußerung, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann. Darüber hinaus muss der Gesamtzusammenhang, in dem die Äußerung gefallen ist, in den Blick genommen werden. Fernliegende Deutungen sind auszuscheiden. Ist der Sinn unter Zugrundelegung dieses Maßstabs eindeutig, ist er der weiteren Prüfung zu Grunde zu legen. Zeigt sich aber, dass ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum die Äußerung als mehrdeutig wahrnimmt oder verstehen erhebliche Teile des Publikums den Inhalt jeweils unterschiedlich, ist bei der weiteren Prüfung von einem mehrdeutigen Inhalt auszugehen (vgl. BVerfGE 114, 339, 348 [juris Rn. 31]; BVerfG, Beschluss vom 11. November 2021 – 1 BvR 11/20, juris Rn. 17; BGH, GRUR 2021, 1096 Rn. 11 mwN). An einer geschlossenen, aus sich heraus aussagekräftigen Tatsachenbehauptung fehlt es hingegen bei Äußerungen, die in einem Maße vieldeutig erscheinen, dass sie gar nicht als eigenständige Behauptung eines bestimmten Sachverhalts verstanden, sondern ohne Weiteres als in tatsächlicher Hinsicht unvollständig und ergänzungsbedürftig erkannt werden, insbesondere bei Slogans und schlagwortartigen Äußerungen (vgl. BVerfGK 18, 33, 40 Rn. 23; BGH, Urteil vom 11. März 2008 – VI ZR 7/07, NJW 2008, 2110 Rn. 14; Urteil vom 26. Januar 2021 – VI ZR 437/19, GRUR 2021, 875 Rn. 23).

52
cc) Das Berufungsgericht hat angenommen, das Bildnis diene einem höheren Interesse der Kunst. Die von der Beklagten dargebotene Show und damit auch die Plakate als Werbemittel dafür fielen in den Schutzbereich der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG. Dem Charakter als Kunstwerk stehe nicht entgegen, dass die Show nicht als künstlerisch hochwertiges Musical mit der Inszenierung einer Handlungsgeschichte eingestuft werden könne, sondern letztlich nur aus einer Aneinanderreihung von Liedern der Klägerin bestehe, die teilweise von kurzen Textpassagen unterbrochen werde, ohne aber eine stringente Darstellung des Lebens der Klägerin aufzuweisen. Die Show der Beklagten als solche sei auch weder einem wettbewerbsrechtlichen noch einem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch der Klägerin ausgesetzt. Zwar könne sich auf die Ausnahmebestimmungen des § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG nicht berufen, wer durch Verwertung von Bildnissen eines anderen nicht überwiegend künstlerische Zwecke verfolge, sondern im Hinblick auf Werbezwecke allein sein Geschäftsinteresse befriedigen wolle. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Die Plakate der Beklagten dienten dazu, die Öffentlichkeit auf eine Show über das Leben der Klägerin aufmerksam zu machen, in welcher die Lieder der Klägerin zur Aufführung gelangten. Es liege weder ein Imagetransfer noch eine Aufmerksamkeitswerbung im Hinblick auf ein „fremdes“ Produkt vor, sondern vielmehr eine zutreffende Beschreibung des Inhalts der Show.

53
Durch die Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin auf den Plakaten würden ihre berechtigten Interessen im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG nicht verletzt. Im Rahmen der Abwägung habe die Kunstfreiheit der Beklagten Vorrang vor dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin in Form ihres Rechts am eigenen Bild. Es sei nur die Sozialsphäre und nicht die Privatsphäre der Klägerin betroffen, weil sie die Lieder der Show während ihres Berufslebens öffentlich aufgeführt habe und es ein rein wirtschaftliches Interesse darstelle, ihre Popularität finanziell nach ihren eigenen Vorstellungen zu verwerten.

54
Auf den Plakaten seien keine unwahren Aussagen über ihre Beteiligung an der Show enthalten. Unstreitig sei kein ausdrücklicher Hinweis darauf vorhanden; vielmehr sei dem durchschnittlichen Rezipienten durch die Formulierung „DIE tina turner STORY“ klar, dass in der Show „SIMPLY THE BEST“ die Geschichte der Klägerin erzählt werde. Auch der unabweisliche Eindruck einer Mitwirkung der Klägerin an der Show werde nicht erweckt. Es sei fernliegend, dass überhaupt ein Rezipient aufgrund des Erscheinungsbilds der Plakate von einer persönlichen Teilnahme oder auch nur Anwesenheit der im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Plakate über 80 Jahre alten Klägerin ausgehe, die ihre aktive Karriere unstreitig bereits vor über zehn Jahren offiziell beendet habe. Der durchschnittliche Rezipient gehe nicht davon aus, dass sie im Rahmen eines sogenannten Comebacks in der Show der Beklagten auftrete. Eine solche Rückkehr, die in Musikkreisen eine Sensation wäre, würde angesichts des Weltruhms der Klägerin auf keinen Fall durch Plakate wie die streitgegenständlichen angekündigt, auf denen davon überhaupt nicht die Rede sei. Der durchschnittliche Betrachter des Plakats erhalte somit allenfalls den Eindruck, dass eine der jüngeren Klägerin ähnlich sehende Sängerin in der Show der Beklagten auftrete. Nichts Anderes folge aus der Verwendung des Namens der Klägerin in der Formulierung „DIE tina turner STORY“. Aus Sicht der durchschnittlichen Rezipienten handele es sich allein um eine Inhaltsangabe zum Produkt der Beklagten.

55
Es werde auch nicht der unabweisliche Eindruck erweckt, dass die Klägerin die Show unterstütze und ihr dadurch eine besondere Authentizität verleihe. Es sei schon zweifelhaft, dass sich ein Durchschnittsrezipient überhaupt weitergehende Gedanken dazu mache, ob die Show mit Zustimmung oder Unterstützung der Klägerin durchgeführt werde. Selbst wenn dies im Einzelfall so sei, folge daraus noch nicht zwingend, dass er von der Erteilung einer Zustimmung ausgehe; ebenso komme in Betracht, dass er diese nicht für erforderlich halte.

56
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

57
dd) Anders als die Revision meint steht der Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG nicht entgegen, dass die Beklagte ein Bildnis der Klägerin zur Bewerbung einer anderen Kunstform – hier einer Tribute-Show – eingesetzt hat.

58
(1) Der Wortlaut der Vorschrift, der darauf abstellt, ob die Verbreitung oder Schaustellung des Bildnisses – nicht das Bildnis selbst (vgl. Specht in Dreier/Schulze aaO § 23 KUG Rn. 44) – einem höheren Interesse der Kunst dient, schließt eine Verwendung des Bildnisses für ein anderes Kunstwerk ohne Weiteres ein. Es kommt auch nicht darauf an, ob das andere Kunstwerk von demselben Künstler stammt, der das Bildnis gefertigt hat. Vor dem Hintergrund des oben dargestellten (vgl. Rn. 47 f.) weiten Schutzbereichs der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ist auch die Bewerbung des anderen Kunstwerks vom Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst. Dieser Sichtweise steht nicht entgegen, dass der Senat in seiner Entscheidung „Marlene Dietrich“ nicht (auch) diese Vorschrift, sondern nur § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG angewendet hat. In diesem Fall bestand kein für Dritte erkennbarer Zusammenhang zwischen den beworbenen Produkten und dem Musical, so dass die Kunstfreiheit nicht einschlägig war (vgl. BGHZ 143, 214, 229 f. [juris Rn. 74]).

59
(2) Das Berufungsgericht hat zwar eingangs die Frage aufgeworfen, ob das Bildnis selbst einem höheren Interesse der Kunst dient, in seinen weiteren Ausführungen aber auf die Verwertung und die Veröffentlichung des Bildnisses abgestellt. Der Sache nach hat es damit jedenfalls eine Zurschaustellung des Bildnisses bejaht. Hiergegen erhebt die Revision keine Rügen; Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich. Es unterliegt zudem keinem Zweifel, dass die Show der Beklagten in den Schutzbereich der Kunstfreiheit fällt.

60
ee) Die Revision hat auch nicht deswegen Erfolg, weil das Berufungsgericht die erforderliche Interessenabwägung nicht bereits im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG vorgenommen hat, sondern erst bei der nach § 23 Abs. 2 KUG erforderlichen Prüfung, ob durch die Verbreitung oder Schaustellung des Bildnisses ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird. Entscheidend kommt es darauf an, ob das Berufungsgericht auf beiden Seiten alle zu berücksichtigenden Gesichtspunkte in die Interessenabwägung eingestellt und rechtsfehlerfrei gewichtet hat.

61
ff) Mit der Rüge, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft darauf abgestellt, ob die Beklagte mit den Plakaten zu ihrer Show den unabweislichen Eindruck einer Mitwirkung der Klägerin oder Unterstützung durch sie erweckt habe, dringt die Revision ebenfalls nicht durch. Hierfür bedarf es keiner Entscheidung, ob dieser für das Äußerungsrecht entwickelte Maßstab auf die Konstellation des Streitfalls übertragbar ist. Es kann auch offenbleiben, ob angesichts der Gesamtwirkung der Plakate überhaupt von einer geschlossenen, aus sich heraus aussagekräftigen Tatsachenbehauptung ausgegangen werden kann. Das Berufungsgericht ist unabhängig davon zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass die Plakate jedenfalls keine unwahre Tatsachenbehauptung enthalten.

62
(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sich aus den Plakaten – insbesondere dem darauf verwendeten Bildnis der Klägerin im Zusammenspiel mit dem Text „SIMPLY THE BEST – DIE tina turner STORY“ – nicht die ausdrückliche Behauptung entnehmen lässt, dass die Klägerin in der damit beworbenen Show der Beklagten auftrete oder in anderer Form an ihr beteiligt sei. Dass die Plakate darüber hinaus auch nicht die ausdrückliche Behauptung enthalten, die Klägerin habe der Aufführung der Show zugestimmt oder unterstütze sie, hat das Berufungsgericht zwar nicht explizit festgestellt, der Sache nach aber ebenfalls verneint. Diese Beurteilung ist zutreffend und wird von der Revision nicht angegriffen.

63
(2) Die Plakate enthalten auch keine mehrdeutigen Äußerungen.

64
Das Berufungsgericht hat es als fernliegende Deutung ausgeschlossen, dass ein Rezipient aufgrund des Erscheinungsbilds der Plakate von einer Mitwirkung der Klägerin an der Show der Beklagten ausgehe. Zur Begründung hat es sich auf das Alter der Klägerin von über 80 Jahren sowie das über zehn Jahre zurückliegende offizielle Ende ihrer Karriere bezogen und darauf abgestellt, dass ein Comeback der Klägerin in anderer Form angekündigt würde und auch in größeren Hallen stattfände. Die Angabe des Namens der Klägerin hat das Berufungsgericht allein auf den Inhalt der Show bezogen; es entstehe allenfalls der Eindruck, dass eine der jüngeren Klägerin ähnlich sehende Sängerin in einer Show auftrete, in der „die Tina Turner Story“ erzählt werde. Diese Beurteilung ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Revision steht sie nicht im Widerspruch zu der zuvor getroffenen Feststellung des Berufungsgerichts, der durchschnittliche Rezipient sehe die Abbildung auf den Plakaten als Darstellung der Klägerin an. Es handelt sich um unterschiedliche Prüfungsgegenstände. Das Berufungsgericht hat zunächst geprüft, ob ein Bildnis der Klägerin vorliegt, und sodann den Aussagegehalt der Plakate ermittelt. Für eine Show über die Lieder und das Leben der Klägerin kann auch dann mit einem Bildnis der Klägerin geworben werden, wenn sie selbst nicht in der Show auftritt.

65
Die Plakate sind auch nicht deswegen mehrdeutig, weil ihnen ein erheblicher Teil des angesprochenen Publikums die Information entnähme, die Klägerin unterstütze die Show der Beklagten, etwa durch ihre Zustimmung zu deren Aufführung. Das Berufungsgericht hat diese Frage zwar nicht explizit geprüft. Es hat aber bereits für zweifelhaft gehalten, dass sich ein Durchschnittsrezipient überhaupt weitergehende Gedanken dazu mache; selbst wenn dies im Einzelfall so sei, komme in Betracht, dass er eine Zustimmung der Klägerin nicht für erforderlich halte. Diese Beurteilung ist nicht zu beanstanden. Den Plakaten ist nach der Gesamtwirkung ihrer Bild- und Wortbestandteile keine Aussage darüber zu entnehmen, ob die Klägerin der Show der Beklagten zugestimmt hat. Um zu einem solchen Eindruck zu gelangen, müssten sich die Rezipienten weitergehende, vom Inhalt der Plakate losgelöste Gedanken über eine Verbindung der Klägerin zur Show der Beklagten machen. Dass es bei einem erheblichen Teil der Rezipienten hierüber – auch unter Berücksichtigung ihres etwaigen Vorwissens über die Klägerin – zu einer Fehlvorstellung gekommen wäre, legen weder die Feststellungen des Berufungsgerichts noch sonstige Umstände nahe. Hieran ändert auch der von der Revision hervorgehobene Gesichtspunkt nichts, dass es ein von der Klägerin autorisiertes Musical gibt. Die Klägerin hat nicht substantiiert zur Bekanntheit dieses Musicals vorgetragen; es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass es in nennenswertem Umfang zu Verwechslungen mit der Show der Beklagten gekommen wäre.

66
(3) Das Berufungsgericht hat darüber hinaus den im Äußerungsrecht für verdeckte („zwischen den Zeilen stehende“) Behauptungen geltenden Maßstab angewendet, nach dem zu prüfen ist, ob sich eine im Zusammenspiel der offenen Aussagen enthaltene zusätzliche eigene Aussage dem Leser als unabweisliche Schlussfolgerung aufdrängt (vgl. BVerfGK 2, 325, 238 [juris Rn. 16]; BVerfG, NJW 2018, 1596 Rn. 22; BGH, Urteil vom 8. Juli 1980 – VI ZR 159/78, BGHZ 78, 9, 14 [juris Rn. 41]; Urteil vom 28. Juni 1994 – VI ZR 273/93, VersR 1994, 1123, 1124 [juris Rn. 19]; Urteil vom 2. Juli 2019 – VI ZR 494/17, AfP 2019, 434 Rn. 30 mwN; BGH, GRUR 2021, 1096 Rn. 12).

67
Es kann offenbleiben, ob diese Grundsätze auch für die Beurteilung einer Plakatwerbung mit nur geringen Wortbestandteilen für eine von der Kunstfreiheit geschützte Veranstaltung gelten. Angesichts der wenigen auf den Plakaten enthaltenen offenen Aussagen, die sich im Wesentlichen auf eine Abbildung und die Angabe „SIMPLY THE BEST – DIE tina turner STORY“ beschränken, liegt die Annahme einer verdeckten Tatsachenbehauptung im Streitfall fern. Die Beurteilung des Berufungsgerichts erweist sich daher jedenfalls im Ergebnis als zutreffend. Es bedarf auch keiner Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, um weitere Feststellungen zur Wirkung der Plakate zu treffen, weil der Senat deren Informationsgehalt eigenständig ermitteln kann.

68
gg) Der Eingriff in den vermögenswerten Bestandteil des Rechts der Klägerin an ihrem eigenen Bild ist auch nicht wegen eines Imagetransfers von der Klägerin auf das Produkt der Beklagten rechtswidrig.

69
Zwar steigert die Verwendung eines Bildnisses der Klägerin unter Nennung ihres Namens („DIE tina turner STORY“) die Aufmerksamkeit des Publikums für die Show der Beklagten gegenüber einer Ankündigung ohne Darstellung einer der Klägerin täuschend ähnlich sehenden Person und erst recht ohne Nennung des Namens der Klägerin. Darüber hinaus findet insoweit ein Imagetransfer statt, als die Show auch von den Teilen des Publikums den Liedern und dem Leben der weltberühmten Klägerin zugeordnet wird, die nicht bereits durch die Verwendung des Liedtitels der Klägerin „Simply the best“ zu einer solchen Assoziation gelangen. In diesem Sinne ist auch die Abbildung einer der Klägerin täuschend ähnlich sehenden Person geeignet, den Eindruck der Authentizität der beworbenen Show zu erwecken oder verstärken.

70
Die von der Kunstfreiheit geschützte Show der Beklagten ist jedoch in grundsätzlich zulässiger Weise darauf angelegt, eine solche Wirkung zu erzielen. Zudem beruht die Auswahl einer geeigneten Sängerin auf einer eigenen Leistung der Beklagten. Daher ist die Werbung für eine Show, in der Lieder einer prominenten Sängerin von einer ihr täuschend ähnlich sehenden Darstellerin nachgesungen werden, mit einem Bildnis der Darstellerin, das den täuschend echten Eindruck erweckt, es handele sich um die prominente Sängerin selbst, grundsätzlich von der Kunstfreiheit gedeckt. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff in den vermögenswerten Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des prominenten Originals wäre mit der Werbung für eine solche Tribute-Show erst dann verbunden, wenn – wie hier nicht – der unzutreffende Eindruck erweckt würde, das prominente Original unterstütze sie oder wirke sogar an ihr mit. Das gilt unabhängig von der Einordnung der im Streitfall zu beurteilenden Show als Musical, die – ungeachtet der Verwendung des Begriffs auf einem der Plakate – nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist. Dass die Inhalte der Show rechtswidrig wären, macht die Klägerin nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich.

71
hh) Einen nach § 23 Abs. 2 KUG zu berücksichtigenden zusätzlichen Verletzungsgehalt rügt die Revision nicht; hierfür sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich.

72
c) Aufgrund der bereits nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 KUG eintretenden Rechtfertigung bedarf es keiner Entscheidung, ob es sich bei der verwendeten Abbildung zugleich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, dessen Verbreitung und Zurschaustellung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 KUG erlaubt ist.

73
III. Ebenfalls mit Recht hat das Berufungsgericht einen Unterlassungsanspruch wegen der Verwendung des Namens der Klägerin auf den Plakaten der Beklagten nach dem Hauptantrag der Klägerin (Antrag 1 a) aus § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG und § 12 Satz 2 BGB verneint.

74
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, im Streitfall sei keine unberechtigte Namensanmaßung nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB gegeben. Es bestünden schon grundsätzliche Zweifel, ob die Vorschrift überhaupt anwendbar sei. Die Klägerin wende sich im Kern nicht gegen eine Namensanmaßung, sondern gegen die werbliche Nutzung ihres Namens. Darüber hinaus bestünden Zweifel, ob die Verwendung der Formulierung „DIE tina turner STORY“ ein Gebrauchen des Namens der Klägerin darstelle, weil die Beklagte – wie durch den Zusatz „STORY“ deutlich werde – lediglich auf den Inhalt der von ihr beworbenen Veranstaltung hinweise. Jedenfalls gingen wiederum die Interessen der Beklagten denjenigen der Klägerin vor. Es liege insbesondere keine Täuschung der Rezipienten durch die Verwendung des Namens innerhalb der Formulierung „DIE tina turner STORY“ vor. Bei der Namensnennung handele es sich in erster Linie um eine Inhaltsangabe hinsichtlich der „Story“, welche die Beklagte mit Liedern der Klägerin aufführe.

75
Ein Eingriff in den vermögenswerten Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin liege zwar vor. Die Beklagte habe durch die Namensnennung auf dem Plakat in das der Klägerin zustehende Recht eingegriffen, über die Verwendung ihres Namens zu Werbezwecken zu bestimmen. Dieser Eingriff sei jedoch nicht rechtswidrig, weil die Interessen der Beklagten, die sich auf ihre Kunstfreiheit berufen könne, den Vorrang vor den Interessen der Klägerin an einer Entscheidung über die Verwendung ihres Namens verdienten.

76
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

77
2. Das Berufungsgericht hat einen Namensgebrauch im Sinne des § 12 Satz 1 Fall 2 BGB zutreffend verneint.

78
a) Wird das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann der Berechtigte von dem anderen nach § 12 Satz 1 Fall 2, Satz 2 BGB Unterlassung verlangen, wenn weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind. Der Namensschutz erstreckt sich auch auf einen dem angesprochenen Publikum bekannten Künstlernamen der Person (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 1959 – IV ZR 182/58, BGHZ 30, 7, 9 [juris Rn. 9]; Urteil vom 5. Oktober 2006 – I ZR 277/03, BGHZ 169, 193 Rn. 10 – kinski-klaus.de; Wenzel/Burkhardt/Peifer aaO Kap. 10 Rn. 40). Eine unberechtigte Namensanmaßung nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB liegt vor, wenn ein Dritter unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintritt und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 – I ZR 188/09, GRUR 2012, 534 Rn. 8 = WRP 2012, 1271 – Landgut Borsig; Urteil vom 10. Dezember 2015 – I ZR 177/14, GRUR 2016, 749 Rn. 15 = WRP 2016, 877 – Landgut A. Borsig). Der Gebrauch eines fremden Namens im Sinne von § 12 Satz 1 Fall 2 BGB liegt auch vor, wenn der Dritte sich den Namen des Berechtigten als Firmennamen, als Etablissementbezeichnung oder als sonstige Bezeichnung eines Unternehmens beilegt oder einen anderen mit dem fraglichen Namen bezeichnet. Dass dem Namen beschreibende Zusätze hinzugefügt werden, steht dem Gebrauch des gleichen Namens nicht entgegen. Der Verkehr beachtet nicht diese beschreibenden Zusätze, sondern den unterscheidungskräftigen Namen (vgl. BGH, GRUR 2012, 534 Rn. 11 – Landgut Borsig; GRUR 2016, 749 Rn. 19 – Landgut A. Borsig).

79
Allerdings kann nicht jede Verwendung eines fremden Namens als „Gebrauchen“ im Sinne von § 12 BGB angesehen werden. Die Vorschrift bezweckt allein den Schutz des Namens in seiner Funktion als Identitätsbezeichnung der Person seines Trägers. Deshalb sind nur solche Verwendungen verboten, die geeignet sind, eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung hervorzurufen. Dafür kommt sowohl ein namens- oder kennzeichenmäßiger Gebrauch des Namens durch einen Dritten als auch eine Verwendung in Betracht, durch die der Namensträger zu bestimmten Einrichtungen, Gütern oder Erzeugnissen in Beziehung gesetzt wird, mit denen er nichts zu tun hat. Hierfür genügt es, dass im Verkehr der falsche Eindruck entstehen kann, der Namensträger habe dem Benutzer ein Recht zur entsprechenden Verwendung des Namens erteilt (BGH, GRUR 2012, 534 Rn. 12 – Landgut Borsig; GRUR 2016, 749 Rn. 24 – Landgut A. Borsig).

80
Der Begriff des Interesses im Sinne von § 12 BGB ist weit gefasst und umfasst außerhalb des Geschäftsverkehrs nicht nur ein vermögensrechtliches oder geschäftliches, sondern jedes Interesse des Namensträgers, auch ein rein persönliches oder ideelles und sogar ein bloßes Affektionsinteresse. Im Bereich des bürgerlichen Namens reicht bereits das Interesse des Namensträgers, nicht mit anderen Personen verwechselt oder in Beziehung gebracht zu werden. Demgegenüber kann der Nichtberechtigte in der Regel nicht auf schützenswerte Belange verweisen, die zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wären, so dass bereits der unbefugte Namensgebrauch die Interessenverletzung indiziert (vgl. BGH, GRUR 2012, 534 Rn. 43 und 45 – Landgut Borsig; GRUR 2016, 749 Rn. 32 f. – Landgut A. Borsig).

81
b) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte den Namen der Klägerin nicht im Sinne des § 12 Satz 1 Fall 2 BGB gebraucht.

82
aa) Die Klägerin geht zwar ausweislich ihrer Anträge davon aus, dass der Titel der Show „SIMPLY THE BEST – DIE tina turner STORY“ lautet und der (Künstler-)Name der Klägerin damit einen Teil dieses Titels darstellt. Danach läge – jedenfalls bei selbstständiger Betrachtung des grafisch abgesetzten (Unter-)Titels „DIE tina turner STORY“ – ein Gebrauch des Namens der Klägerin vor, soweit damit der unzutreffende Eindruck ihrer Beteiligung an der Show erweckt würde (zur Verwendung eines Namens als Werktitel vgl. Wenzel/Burkhardt/Peifer aaO Kap. 10 Rn. 45 mwN; zur Verwendung als Warenbezeichnung vgl. MünchKomm.BGB/Säcker, 9. Aufl., § 12 Rn. 116 bis 118). Die übrigen Bestandteile „DIE … STORY“ stellten lediglich einen beschreibenden Zusatz dar und stünden einem Namensgebrauch nicht entgegen.

83
bb) Nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts lautet der Titel der Show der Beklagten jedoch „SIMPLY THE BEST“, während der Zusatz „DIE tina turner STORY“ eine zutreffende Beschreibung des Inhalts der Show darstellt. Danach liegt eine Namensnennung vor, die nicht in den Anwendungsbereich des § 12 Satz 1 Fall 2 BGB fällt.

84
3. Auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte wegen eines nicht gerechtfertigten Eingriffs in den vermögenswerten Zuweisungsgehalt ihres Rechts am eigenen Namen (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) zu, ist frei von Rechtsfehlern.

85
a) Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 12 BGB kann die Nutzung des Namens einer Person in den ideellen (vgl. BGHZ 143, 214, 218 f. [juris Rn. 49] – Marlene Dietrich) und – bei einer Nutzung zu kommerziellen Zwecken – in den vermögenswerten Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG in der Ausprägung des Rechts am eigenen Namen eingreifen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ergänzt die bestehenden einfachgesetzlichen Regelungen (vgl. BGHZ 30, 7, 11 [juris Rn. 15]; zu §§ 22, 23 KUG vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Oktober 2015 – VI ZR 271/14, BGHZ 207, 163 Rn. 15). Auch im Anwendungsbereich des Namensrechts als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist die Rechtmäßigkeit eines Eingriffs anhand einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Rechtspositionen beider Seiten zu beurteilen (vgl. BGHZ 143, 214, 219 f. und 230 [juris Rn. 51 und 75] – Marlene Dietrich, mwN; BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 – I ZR 96/07, GRUR 2008, 1124 Rn. 12 und 15 = WRP 2008, 1524 – Zerknitterte Zigarettenschachtel; Urteil vom 5. Juni 2008 – I ZR 223/05, WRP 2008, 1567 Rn. 13 f.; BGH, GRUR 2021, 643 Rn. 67 – Urlaubslotto).

86
b) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen und hat für die Interessenabwägung zum Recht der Klägerin am eigenen Namen auf seine Ausführungen bei der Interessenabwägung zum Recht am eigenen Bild verwiesen. Dies ist nicht zu beanstanden, weil das Berufungsgericht bereits bei der Beurteilung des Bildnisschutzes auf die Gesamtwirkung der von der Klägerin beanstandeten Plakate abgestellt hat, in denen eine Bildnisnutzung mit einer Namensnennung zusammentrifft. Es ist nicht ersichtlich und wird auch weder von der Revision noch von der Revisionserwiderung geltend gemacht, dass in eine Interessenabwägung zwischen dem Recht der Klägerin am eigenen Namen und der Kunstfreiheit sowie – ergänzend – der unternehmerischen Freiheit der Beklagten andere Gesichtspunkte einzustellen wären oder eine Veränderung bei der Gewichtung der Gesichtspunkte vorzunehmen wäre.

87
IV. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht die Klage auch nach den Hilfsanträgen (Anträge 2 a und 2 b) abgewiesen. Für diese Anträge fehlt der Klägerin das Rechtsschutzbedürfnis.

88
1. Das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses stellt einen von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel dar. Die Frage, ob für die Inanspruchnahme eines Gerichts ein rechtlich schutzwürdiges Interesse besteht, ist daher auch in der Revisionsinstanz unabhängig davon zu prüfen, ob der Beklagte eine entsprechende Rüge erhoben hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2020 – I ZR 85/19, GRUR 2020, 886 Rn. 19 = WRP 2020, 1017 – Preisänderungsregelung, mwN).

89
2. Für die Hilfsanträge fehlt der Klägerin das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Ergänzung um die Worte „ohne zugleich einen jede Verwechslungsmöglichkeit ausschließenden Zusatz hinzuzufügen“ nicht zu einer inhaltlichen Änderung gegenüber den Hauptanträgen führt.

90
a) Ausnahmetatbestände brauchen nicht in den Klageantrag aufgenommen zu werden, wenn dieser allein die konkrete Verletzungsform beschreibt. Es ist nicht Sache des Klägers, den Beklagten darauf hinzuweisen, was ihm erlaubt ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2021 – I ZR 227/19, GRUR 2021, 758 Rn. 18 = WRP 2021, 610 – Rechtsberatung durch Architektin). Eine diesen Grundsatz nicht beachtende Überbestimmung ist allerdings – insbesondere mit Blick auf den Bestimmtheitsgrundsatz – grundsätzlich unschädlich (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 – I ZR 81/10, GRUR 2012, 945 Rn. 24 f. = WRP 2012, 1222 – Tribenuronmethyl; Urteil vom 12. Dezember 2019 – I ZR 173/16, GRUR 2020, 401 Rn. 13 = WRP 2020, 465 – ÖKO-Test I).

91
b) Die Wendung „ohne zugleich einen jede Verwechslungsmöglichkeit ausschließenden Zusatz hinzuzufügen“ in den Hilfsanträgen der Klägerin stellt eine solche Überbestimmung dar. In der Kombination mit den Hauptanträgen fehlt der Klägerin allerdings das Rechtsschutzbedürfnis für die Hilfsanträge. Tritt die innerprozessuale Bedingung, unter der die Hilfsanträge gestellt sind, wegen der Erfolglosigkeit der Hauptanträge ein, können sie ebenfalls keinen Erfolg haben, weil sie kein aliud oder minus zu den Hauptanträgen darstellen, sondern inhaltlich identisch mit ihnen sind.

92
C. Danach ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

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