Zum Umfang der Überwachungstätigkeit eines Architekten

OLG Koblenz, Urteil vom 08. Oktober 2020 – 6 U 1945/19

Zum Umfang der Überwachungstätigkeit eines Architekten

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Teil-Grundurteil und Endurteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 24.10.2019 wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung der Beklagten zu 2) und 3) gegen das Teil-Grundurteil und Endurteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 24.10.2019 wird zurückgewiesen.

Die Sache wird zur Entscheidung über die Höhe und die noch offenen Kosten der ersten Instanz an das Landgericht Koblenz zurückverwiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens verteilen sich wie folgt:

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben diese 39 % und die Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner 61 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) werden der Klägerin auferlegt. Von den Kosten der Streithelferinnen zu 1) und 2) der Klägerin haben die Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner 61 % zu tragen. Die Kosten der Streithelferin der Beklagten trägt die Klägerin zu 39 %. Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.

4. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe
I.

1
Die Beklagte zu 1) wurde von der Klägerin im Zuge der Neuerrichtung des …[A] in …[Z] mit Landschaftsbauarbeiten betraut. Die Beklagten zu 2) und 3) waren die planenden und bauüberwachenden Architekten für das gesamte Bauvorhaben. Mit der Bauherrenvertretung war außerdem als Projektsteuerin die am Rechtsstreit unbeteiligte …[B] GmbH beauftragt.

2
Aufgrund eines schriftlichen Vertrags vom 09./13.04.2015, bestehend aus einem Verhandlungsprotokoll, den diesem als Anlage 1 beigefügten Ausschreibungsbedingungen (Leistungsverzeichnis) und dem als Anlage 2 beigefügten, überarbeiteten Angebot der Beklagten zu 1) vom 16.03.2015 verpflichtete sich die Beklagte zu 1) u.a., zwölf Stieleichen in der … des …[A] zu pflanzen und für die Dauer von zwei Jahren zu pflegen. Vorgesehen war eine Sommerpflanzung, wobei die Bäume durch die Streithelferin zu 2) der Klägerin auf die Sommerpflanzung vorbereitet und geliefert wurden. Für die Ausführung der Landschaftsbauarbeiten war die VOB Teil B in der damals gültigen Fassung vereinbart. Die – nicht von der Beklagten zu 1) zu erstellenden – Baumquartiere aus Beton in der … sollten nach Ziffer 3.010.5 der Leistungsbeschreibung Landschaftsbauarbeiten 300 x 300 x 150 cm betragen. Außerdem ist in Ziffer 17. lit. c) des Verhandlungsprotokolls unter „Sonstige Vereinbarungen“ geregelt, dass die Beklagte zu 1) für den Fall der Übernahme der optional angebotenen zweijährigen Pflege- und Unterhaltsarbeiten „die vollständige Gewährleistung inkl. Anwachsgarantie für die Bepflanzung für die Dauer von mindestens 2 Jahren“ übernimmt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die Anlage K1 (Anlagenmappe Klägerin) Bezug genommen.

3
Am Tag der Pflanzenanlieferung stellte die Beklagte zu 1) fest, dass die von der Streithelferin der Beklagten im Auftrag der Streithelferin zu 1) der Klägerin gelieferten und bereits eingebauten Beton-Pflanzquartiere an sechs Baumstandorten nur ein Maß von 200 x 200 x 100 cm aufwiesen. Die Beklagte zu 1) meldete hierauf mit Schreiben vom 16.06.2015 (Anlage B4, Anlagenmappe Beklagte zu 1)) gegenüber dem Geschäftsführer der …[B] GmbH, Herrn …[C], Bedenken an und lehnte die Gewährleistung für die Stieleichen mit dem Hinweis ab, dass die bauseitigen Baumschutzquartiere für die bauseitig gelieferten Eichen viel zu klein seien; in der Ausschreibung seien sie mit 300 x 300 x 150 cm angegeben. Zugleich übersandte sie per E-Mail an die Beklagten zu 2) und 3) Fotos von den Bäumen mit der Frage: „Wie sollen diese Bäume in den kleinen Baumschutzquartieren wachsen?“ (Anlage B5, Anlagenmappe Beklagte zu 1)). Mit weiterer E-Mail vom selben Tag an den Beklagten zu 3) und Herrn …[C] von der …[B] GmbH teilte sie weiter mit, dass die Baumquartiere ein Innenmaß von 1,80 m hätten, was noch kleiner als angegeben sei (Anlage B6, Anlagenmappe Beklagte zu 1)). Die Schreiben der Beklagten zu 1) wurden jeweils an die Klägerin weitergeleitet. Auf Anweisung der Beklagten zu 2) und 3) pflanzte die Beklagte zu 1) die sechs Stieleichen anschließend in die vorhandenen Baumquartiere ein.

4
Die sechs weiteren Stieleichen wurden von der Beklagten zu 1) in Pflanzgruben von 300 x 300 x 135 cm gepflanzt. Anschließend ließ die Klägerin Betonwiderlager (Betonkantenstein, beidseitige Betonrückenstütze nebst Betonunterbau) für die Baumroste einbauen und entsprechend anpflastern, wodurch die Pflanzgrube nachträglich auf 200 x 200 x 90 cm verkleinert wurde. Hintergrund war, dass die Baumroste nur in den Maßen 200 x 200 cm geliefert worden waren. Die Beklagte zu 1) meldete daraufhin gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) per E-Mail vom 23.07.2020 Bedenken hinsichtlich des Anwuchses an, rügte, dass die Pflanzgruben bis an den Wurzelballen mit Beton verfüllt worden seien und lehnte die Gewährleistung für die betroffenen sechs Stieleichen ab. Der E-Mail waren Fotos von den verkleinerten Baumquartieren beigefügt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage B7 (Anlagenmappe Beklagte zu 1)) verwiesen. Die Beklagten zu 2) und 3) lehnten die Bedenkenanmeldung ab und leiteten beide E-Mails an Herrn …[C] und den Geschäftsführer der Komplementäre der Klägerin weiter. Sie beriefen sich darauf, dass die Ausführung im Vorfeld abgestimmt worden sei und sie ebenfalls die Freigabe durch den Landschaftsarchitekten Herrn …[D] erhalten hätten. Die Bedenkenanmeldung sei daher unbegründet; der Wurzelstock könne sich unterhalb der Einfassung ungehindert ausdehnen (vgl. Anlage B8, Anlagenmappe Beklagte zu 1)).

5
Im August 2016 rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1), dass die zwölf Stieleichen eine schüttere, chlorotische Belaubung, Blattverluste und Totholz aufwiesen und vom Eichensplintkäfer befallen seien. Die Klägerin holte eine kurze sachverständige Ersteinschätzung des Privatgutachters …[E] zu den Ursachen ein (vgl. Anlage K2, Anlagenmappe Klägerin) und setzte der Beklagten zu 1) eine Frist zur Mängelbeseitigung. Die Beklagte zu 1) wies die Verantwortung für die gerügten Mängel zurück und beantragte im November 2016 die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens (Az.: 12 OH 13/16 Landgericht Koblenz). Hinsichtlich der Ergebnisse des selbständigen Beweisverfahrens wird auf die Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) …[F] vom 20.10.2017 (Bl. 139 ff. der Beiakte) und 30.04.2018 sowie das Protokoll ihrer Anhörung vom 22.08.2018 (Bl. 343 ff. der Beiakte) Bezug genommen.

6
Mit der Klage hat die Klägerin von der Beklagten zu 1) zunächst einen Kostenvorschuss für den Austausch der zwölf Stieleichen und Ersatz der Kosten für das Privatgutachten von 1.302,47 € verlangt. Sie hat im Verlauf des Rechtsstreits die Bäume austauschen lassen und die Klage auf den Ersatz der hierfür angefallenen Kosten gemäß Schlussrechnung vom 08.05.2018 in Höhe von 202.622,20 € zuzüglich der Kosten für die Anzuchtpflege der neuen Bäume in Höhe von 39.119,64 € umgestellt, wobei sie einen Restwerklohnanspruch der Beklagten zu 1) in Höhe von insgesamt 61.321,18 € in Abzug bringt. Des Weiteren hat sie die Klage auf die Beklagten zu 2) und 3) erweitert, von denen sie zusätzlich Schadensersatz für die sechs Beton-Pflanzquartiere 200 x 200 x 100 cm im Umfang von 7.600,76 € begehrt.

7
Die Klägerin hat vorgetragen,

8
die Bäume seien infolge der zu kleinen Pflanzquartiere eingegangen und hätten deshalb ausgetauscht werden müssen. Die Beklagte zu 1) hafte, weil ihre Bedenkenanmeldungen unzureichend gewesen seien. Sie hätte diese unmittelbar an sie – die Klägerin – richten müssen. Im Übrigen habe die Klägerin davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte zu 1) ihre Bedenkenanmeldung wegen der nachträglichen Verkleinerung der Pflanzgruben zurückgenommen habe, nachdem sie der ablehnenden Stellungnahme der Beklagten zu 2) und 3) nicht mehr widersprochen habe. Hätte die Beklagte zu 1) unmittelbar ihr gegenüber interveniert, wären die Bäume nicht eingegangen, weil man die Pflanzkübel hätte entfernen und die Gruben frei ausheben bzw. den oberen Bereich der frei gepflanzten Eichen durch eine Veränderung der Betoneinfassung und die Anlage von Belüftungs- und Bewässerungsöffnungen umgestalten und so eine genügende Pflanzsituation hätte schaffen können. Die Bedenkenanmeldung der Beklagten zu 1) wegen der nachträglichen Verkleinerung der Pflanzgruben sei auch inhaltlich unzureichend, weil sie auf diese Möglichkeit nicht hingewiesen habe. Unabhängig davon ergebe sich eine Haftung der Beklagten zu 1) aus der in Ziffer 17. lit. c) des Verhandlungsprotokolls übernommenen Anwachsgarantie.

9
Die Beklagten zu 2) und 3) hafteten, weil aufgrund eines Planungsfehlers im Rahmen der Ausschreibung die Beton-Pflanzquartiere nur in der Größe 200 x 200 cm bestellt und eingebaut worden seien. Hinsichtlich der übrigen sechs Stieleichen ergebe sich ihre Haftung daraus, dass sie die unzulässige Verkleinerung des Vegetationsraumes durch die Verengung des Pflanzlochs mittels Pflaster und Unterbau veranlasst bzw. nicht unterbunden haben.

10
Die geltend gemachten Kosten seien angefallen und für die Mängelbeseitigung erforderlich gewesen.

11
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

12
1. die Beklagten zu 1), 2) und 3) haftend als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 182.023,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

13
2. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie weitere Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 92.362,51 € ab Rechtshängigkeit der mit der Klageschrift vom 14.12.2016 verfolgten Ansprüche bis zur Rechtshängigkeit der mit dieser Klageerweiterung [vom 16.05.2018] verfolgten Ansprüche zu zahlen,

14
3. die Beklagten zu 2) und 3) haftend als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie weitere 7.600,76 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

15
hilfsweise unter der innerprozessualen Bedingung der Verneinung einer Aufrechnungslage im Verhältnis zwischen Klägerin und Beklagter zu 1),

16
4. die Beklagten zu 2) und 3) haftend als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie weitere 62.249,38 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

17
Die Beklagten zu 1) bis 3) haben beantragt,

18
die Klage abzuweisen.

19
Widerklagend hat die Beklagte zu 1) beantragt,

20
die Klägerin zu verurteilen,

21
1. an sie 62.249,38 € zuzüglich Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. aus 31.309,38 € seit dem 08.12.2016, zuzüglich weiterer Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. aus 23.205 € seit dem 09.06.2017 sowie zuzüglich weiterer Zinsen in Höhe von neun Prozent über dem Basiszinssatz p.a. aus weiteren 7.735 € seit dem 30.12.2017 zu zahlen,

22
2. an sie einen weiteren Betrag in Höhe von 1.642,40 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

23
Die Klägerin hat beantragt,

24
die Widerklage abzuweisen.

25
Die Beklagten zu 2) und 3) haben vorgetragen,

26
Grund für die zu kleinen Pflanzquartiere aus Beton sei gewesen, dass der Tiefbauer zu kleine Betonrahmen für die Pflanzgruben bestellt und geliefert habe. Zwischen dem Einsetzen der Betonquartiere und dem Einpflanzen der Bäume sei etwa eine Woche vergangen, so dass bei einem rechtzeitigen Hinweis der Beklagten zu 1) noch eine Korrektur möglich gewesen wäre. In der Folge sei eine Einpflanzung alternativlos gewesen, weil die Bäume wegen der hohen Temperaturen (34 °C) nicht hätten zwischengelagert werden können und der bevorstehende Eröffnungstermin ein sofortiges Handeln erfordert habe. Der Schaden wäre sonst ebenfalls entstanden, da die Bäume, wären sie damals nicht in die Quartiere eingepflanzt worden, hätten entsorgt werden müssen. Das Ausheben der Pflanzgruben hätten sie, da es sich um eine handwerkliche Selbstverständlichkeit gehandelt habe, nicht im Detail überwachen müssen. Das selbständige Beweisverfahren entfalte ihnen gegenüber keine Bindungswirkung, weil sie an diesem Verfahren nicht beteiligt gewesen seien. Ursache des Schädlingsbefalls, der zum Absterben der Bäume geführt habe, seien die im Privatgutachten …[E] genannten, von der zu geringen Dimensionierung der Pflanzquartiere unabhängigen möglichen Ursachen, wie der Pflanzzeitpunkt im Sommer, unzureichende Wässerung und fehlende Kontrolle auf Schädlingsbefall. Zur Schadenshöhe haben sie sich den Vortrag der Beklagten zu 1) im Schriftsatz vom 12.07.2018 (Bl. 107-112 d.A.) zu eigen gemacht, auf den Bezug genommen wird.

27
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

28
Das Landgericht hat die Akte des selbständigen Beweisverfahrens beigezogen und nach Anhörung der Sachverständigen …[F] (vgl. Sitzungsprotokoll vom 27.06.2019, Bl. 377 ff. d.A.) die Klage gegen die Beklagte zu 1) abgewiesen und die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) für dem Grunde nach gerechtfertigt erachtet. Der Widerklage hat es bis auf die Zinshöhe für die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten stattgegeben, die es auf fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz ermäßigt hat. Zur Begründung der Klageabweisung gegen die Beklagte zu 1) hat es ausgeführt, dass das Verkümmern der Bäume unstreitig auf die zu kleinen Pflanzquartiere zurückführen sei und damit auf einem Mangel des Vorgewerks beruhe. Auf diesen Mangel habe die Beklagte zu 1) hinsichtlich der sechs Stieleichen in den zu engen Betonquartieren hingewiesen und jegliche Gewährleistung zurückgewiesen. Es sei ausreichend gewesen, die Beklagten zu 2) und 3) als bauleitende Architekten und Ansprechpartner vor Ort mit den Bedenken zu konfrontieren. Zwar möge es im Einzelfall erforderlich sein, unmittelbar den Bauherren zu informieren, wenn erkennbar sei, dass der Architekt die Interessen des Auftraggebers möglicherweise nicht wahrnehmen werde, weil er einen Planungsfehler verantworten müsse. Hier falle den Beklagten zu 2) und 3) aber kein Planungsfehler zur Last. Anhaltspunkte dafür, dass sie ihren Bauüberwachungsfehler hätten verheimlichen wollen, habe die Beklagte zu 1) nicht gehabt. Unbestritten hätten die Beklagten zu 2) und 3) die Klägerin auch über die Bedenken der Beklagten zu 1) informiert, so dass sie in der Lage gewesen sei, eine Entscheidung zu treffen. Gleiches gelte für die mit Beton verfüllten Pflanzgruben. Auch hier sei es ausreichend gewesen, die Beklagten zu 2) und 3) über die nachträgliche Betonverfüllung zu informieren. Hierauf habe die Klägerin reagieren können und so reagiert, dass es bei der Betonverfüllung habe bleiben sollen. Inhaltlich seien die Hinweise für die fachmännisch beratene Klägerin ausreichend gewesen. Eine Aufklärungspflicht über mögliche Maßnahmen zur Schadensabwendung oder -geringhaltung habe nicht bestanden. Die Beklagte zu 1) hafte auch nicht aufgrund der vereinbarten Anwachsgarantie. Zwar komme es insoweit auf einen Verschuldensvorwurf oder die Feststellung der Verursachung nicht an. Das festgestellte Leistungsdefizit müsse aber von der Garantie erfasst sein. Hier ergebe die Auslegung, dass die Garantie nur für den Fall übernommen worden sei, dass die Ursache für das Nichtanwachsen der Bäume in dem von der Beklagten zu 1) übernommenen Leistungsumfang den Ursprung habe, was hier gerade nicht der Fall sei. Die Widerklage sei bis auf die Höhe der Zinsforderung für die Anwaltskosten begründet. Aufgrund der Aufrechnung durch die Klägerin sei der Anspruch der Beklagten zu 1) gegenüber der Klägerin dem Grunde nach sowie in einer Höhe von 61.321,18 € unbestritten. Bezüglich der streitigen Differenz lägen die klägerseits geltend gemachten Voraussetzungen für ein Skonto nicht vor.

29
Die Beklagten zu 2) und 3) hafteten dem Grunde nach §§ 631, 634, 280 BGB. Sie hätten ihre Pflicht zur Bauüberwachung verletzt, weil ihnen nicht aufgefallen sei, dass die falschen Betonquartiere bestellt und hierzu sechs zu gering dimensionierte Gruben ausgehoben worden seien. Darüber hinaus hätten sie nicht verhindert, dass bei weiteren sechs Bäumen nachträglich die Pflanzgrube verkleinert worden sei, um sie an die zu kleinen Baumroste anzupassen. Es sei zwischen den Parteien letztlich unstreitig, dass deshalb die Bäume hätten ausgetauscht werden müssen. Mit den Ergebnissen des selbständigen Beweisverfahrens, die die Klägerin zum Gegenstand ihres Sachvortrags gemacht habe, setzten sich die Beklagten zu 2) und 3) nicht auseinander, sondern hielten am widerlegten Privatgutachten fest. Hierin liege kein ausreichend substantiiertes Bestreiten. Sie trügen auch nichts dazu vor, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn sie ihre Pflicht aus der Bauüberwachung erfüllt hätten. Vielmehr behaupteten sie selbst, dass sie noch hätten reagieren können, wenn sie rechtzeitig von der Falschlieferung Kenntnis genommen hätten. Da der Schaden in der Höhe noch streitig sei, sei durch Grundurteil zu entscheiden gewesen.

30
Mit der Berufung wiederholt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag, dass die Bedenkenanmeldung gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) nicht ausgereicht habe. Die Beklagte zu 1) hätte nach Zurückweisung ihrer Bedenken durch die Bauleitung unmittelbar Kontakt zur Klägerin suchen und diese mit einem eindeutigen Hinweis auf die Tragweite der Nichtbefolgung ihrer Bedenken warnen müssen. Die Bedenkenanmeldung gegenüber dem Vertreter der Bauleitung sei nur ausreichend, wenn dieser den Bedenken Rechnung trage. Nach den Feststellungen der Sachverständigen sei eine Lösung durch Belüftungs- und Bewässerungsöffnungen im Pflaster möglich gewesen; einen entsprechenden Hinweis hätte die Beklagte zu 1) jedenfalls im Rahmen des Garantie- und Pflegevertrags erteilen müssen. Die Auslegung der Garantievereinbarung durch das Landgericht reduziere diese auf einen bloßen Gewährleistungsanspruch, was die Parteien ausweislich der nicht unerheblichen zusätzlichen Vergütung nicht gewollt hätten. Die Beklagte zu 1) habe nach dem Pflanzvorgang mit angesehen, wie sich der Zustand der Bäume verschlechtert habe und die Klägerin nicht über die Ursache aufgeklärt. Alle Pflegeleistungen seien letztlich wertlos gewesen.

31
Die Klägerin beantragt,

32
das Teil-Grundurteil und Endurteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 24.10.2019 – 9 O 375/16 – teilweise abzuändern und gemäß den zuletzt gestellten Anträgen 1. Instanz bei Abweisung der Widerklage

33
1. die Beklagte zu 1) haftend als Gesamtschuldner neben den Beklagten zu 2) und 3) zu verurteilen, an sie 182.023,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 19.06.2018 zu zahlen,

34
2. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie weitere Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 92.362,51 € seit dem 11.01.2017 bis zum 19.06.2018 zu zahlen.

35
Die Beklagte zu 1) beantragt,

36
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,

37
hilfsweise, hinsichtlich des Verfahrens zur Höhe die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.

38
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

39
Die Beklagten zu 2) und 3) machen mit ihrer Berufung geltend, das Landgericht habe sich mit ihren erstinstanzlichen Ausführungen, dass die Anlieferung der Baumaterialien und die Aushebung der Pflanzgruben von ihnen nicht habe gesondert überwacht werden müssen und die Einpflanzung der Bäume in die zu kleinen Betonquartiere wegen des Eröffnungstermins alternativlos gewesen sei, nicht auseinandergesetzt. Jedenfalls sei nicht nachgewiesen, dass etwaige Fehler der Bauüberwachung zum Austausch der Bäume geführt hätten. Entgegen der insoweit widersprüchlichen Feststellungen des Landgerichts sei die Kausalität erstinstanzlich bestritten gewesen. Das Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren hätte im Verhältnis zu den Beklagten zu 2) und 3) nicht verwertet werden dürfen, weil das Landgericht keine Anordnung nach § 411a ZPO getroffen und folglich in Bezug auf sie die gebotene Beweisaufnahme unterlassen habe. Letztlich habe die Sachverständige zu den Ursachen der Beschädigung der Bäume keine abschließenden Feststellungen treffen können; auch deshalb sei der Kausalitätsnachweis nicht geführt.

40
Die Beklagten zu 2) und 3) beantragen,

41
das Teil-Grundurteil und Endurteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 24.10.2019 – 9 O 375/16 – teilweise abzuändern und die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) abzuweisen.

42
Die Klägerin und ihre Streithelferin zu 1) beantragen,

43
die Berufung der Beklagten zu 2) und 3) zurückzuweisen.

44
Die Klägerin beantragt außerdem,

45
hinsichtlich des Verfahrens zur Höhe die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.

46
Die Klägerin trägt vor, es sei unstreitig und im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils festgestellt, dass es sich im Hinblick auf die zu kleinen Beton-Pflanzquartiere um einen Planungsfehler gehandelt habe. Die Beklagten zu 2) und 3) hätten dem Generalunternehmer entgegen der Ausschreibung der Landschaftsarbeiten vorgegeben, auch in der … Pflanzkübel der Größe 200 x 200 x 100 cm zu verbauen. Sie hätten zudem auch die nachträgliche Verkleinerung der sechs anderen Pflanzgruben geplant und dem mit der Erstellung der Freianlage beauftragten Bauunternehmen so vorgegeben. Auch insoweit handele es sich um einen Planungs- und keinen Überwachungsfehler; auch dies sei unstreitig.

47
Wegen des Sach- und Streitstands in seinen weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

48
Die zulässigen Berufungen der Klägerin und der Beklagten zu 2) und 3) haben in der Sache keinen Erfolg. Im Hinblick auf den übereinstimmenden Antrag der Klägerin und Hilfsantrag der Beklagten zu 2) und 3) hält der Senat es für sachdienlich, das Verfahren hinsichtlich der gegen die Beklagten zu 2) und 3) gerichteten Klage zur Entscheidung über die Höhe des Schadensersatzes an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

49
1. Zu Recht hat das Landgericht die Klage gegen die Beklagte zu 1) abgewiesen und der Widerklage weitgehend stattgegeben.

50
a) Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) kein Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Austausch der Bäume zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 13 Abs. 3 und 5 Nr. 2 VOB/B in der – wie vereinbart – bei Vertragsschluss gültigen Fassung, mithin der ab dem 14.07.2012 geltenden Fassung. Das Eingehen der zwölf Stieleichen ist nicht auf eine vertragswidrige Leistung der Beklagten zu 1) zurückzuführen. Vielmehr haftet die Beklagte zu 1) nicht, weil sie gegenüber der Klägerin in ausreichender Weise Bedenken sowohl hinsichtlich der sechs zu kleinen Beton-Pflanzquartiere als auch hinsichtlich der nachträglichen Verkleinerung der sechs anderen Pflanzgruben angemeldet hat (§§ 4 Abs. 3, 13 Abs. 3 VOB/B).

51
Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) steht außer Streit, dass das Eingehen der sechs in den Beton-Pflanzquartieren gepflanzten Stieleichen auf deren zu geringe Dimensionierung und das Eingehen der sechs Stieleichen in den freien Pflanzgruben auf die nachträgliche Verkleinerung der Baumquartiere durch das Einbringen der Betonwiderlager für die zu kleinen Betonroste und das entsprechende Anpflastern zurückzuführen ist. Nach den Feststellungen der Sachverständigen …[F] im selbständigen Beweisverfahren wären die in Ziffer 3.010.5 der Leistungsbeschreibung Landschaftsbauarbeiten vorgesehenen Baumquartiere aus Beton mit den Maßen 300 x 300 x 150 cm ausreichend gewesen, um den Bäumen ein störungsfreies Anwachsen zu ermöglichen. In den tatsächlich eingebauten Betonquartieren von nur 200 x 200 x 100 cm war dies hingegen nicht der Fall. Gleiches gilt für die nachträgliche Verkleinerung der Pflanzquartiere auf ein Maß von nur noch 200 x 200 x 90 cm. In beiden Fällen liegt hierin die Ursache für die an den Bäumen aufgetretenen Mängel.

52
Nach § 13 Abs. 3 VOB/B haftet der Auftragnehmer auch dann, wenn ein Mangel auf Bauteile oder die Beschaffenheit der Vorleistung eines anderen Unternehmers zurückzuführen ist, es sei denn, er hat die ihm nach § 4 Abs. 3 VOB/B obliegende Mitteilung gemacht. Bedenken gegen die Leistungen anderer Unternehmer muss der Auftragnehmer dem Auftraggeber nach § 4 Abs. 3 VOB/B unverzüglich – möglichst schon vor Beginn der Arbeiten – schriftlich mitteilen. Diesen Anforderungen ist die Beklagte zu 1) sowohl im Hinblick auf die zu kleinen Beton-Pflanzquartiere als auch hinsichtlich der nachträglichen Verkleinerung der anderen Pflanzgruben nachgekommen.

53
aa) Soweit die Beklagte zu 1) ihre Bedenken überwiegend per E-Mail mitgeteilt hat, steht dies einer wirksamen Bedenkenanmeldung, die nach § 4 Abs. 3 VOB/B „schriftlich“ zu erfolgen hat, nicht entgegen. Nach herrschender Auffassung genügt für die Wahrung der Schriftform gemäß § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB auch die telekommunikative Übermittlung, weshalb eine Mitteilung per E-Mail im Falle einer rechtsgeschäftlich vereinbarten Schriftform ausreicht (vgl. BGH, Urteil v. 27.04.2016 – VIII ZR 46/15 -, NJW 2016, 3713 Rn. 28 zum Schrifterfordernis in AGB; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 127 Rn. 2; Einsele, in: MünchKomm BGB, 8. Aufl. 2018, § 127 Rn. 10; Ganten, in: Beck’scher VOB-Kommentar Teil B, 3. Aufl. 2013, § 4 Rn. 56; Voit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Aufl. 2018, § 4 VOB/B Rn. 19; Merkens, in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 7. Aufl. 2020, § 4 VOB/B Rn. 99; Fuchs, in: BeckOK VOB/B, 40. Ed. 30.04.2020, § 4 Abs. 3 Rn. 16). Selbst wenn man dies anders sehen und für die Einhaltung der Schriftform bei telekommunikativer Übermittlung eine qualifizierte elektronische Signatur fordern wollte (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 30.04.2012 – 4 U 269/11 -, NJW 2012, 2206 Rn. 12 zu § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B; Hertel, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2017, § 127 Rn. 33 ff.), wären die per E-Mail erteilten Hinweise gleichwohl nicht unbeachtlich. So ist anerkannt, dass selbst ein mündlicher Hinweis, wenn er eindeutig, inhaltlich klar und vollständig ist, den Auftragnehmer enthaften kann (vgl. OLG Schleswig, Urteil v. 18.07.2018 – 12 U 8/18 -, BauR 2019, 273 Rn. 97; Jurgeleit, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, Teil 5 Rn. 68). Wenn aber ein mündlicher Hinweis die Informations- und Schutzinteressen des Auftraggebers im Einzelfall hinreichend schützt, gilt dies erst recht für eine Bedenkenanmeldung per E-Mail, die wie ein Schreiben den Inhalt der Warnung jederzeit abrufbar gestaltet und darüber hinaus auch der Beweisfunktion des § 4 Abs. 3 VOB/B gerecht wird.

54
bb) Die Beklagte zu 1) hat sowohl mit Schreiben vom 16.06.2015 an den Geschäftsführer der Projektsteuerin der Klägerin, Herrn …[C], als auch mit weiteren E-Mails vom selben Tag an die bauleitenden Architekten, die Beklagten zu 2) und 3), und die Projektsteuerin Bedenken dahingehend angemeldet, dass die bereits eingebauten sechs Baumschutzquartiere aus Beton für die Stieleichen zu gering dimensioniert sind.

55
(1) Diese Hinweise waren ausreichend, um der Klägerin den Grund der Bedenken und die Tragweite ihrer Nichtbeachtung deutlich zu machen. So hat die Beklagte zu 1) in dem Schreiben an die Projektsteuerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die in der Leistungsausschreibung mit 300 x 300 x 150 cm vorgegebenen Maße nicht eingehalten, sondern die Baumquartiere „viel zu klein“ sind und mit der gleichzeitig erklärten Ablehnung der Gewährleistung zum Ausdruck gebracht, dass hierdurch die Entwicklung der Bäume gefährdet ist. Ausweislich der Anlage B6 (Anlagenmappe Beklagte zu 1)) hat die Beklagte zu 1) dieses Schreiben vorab per Mail auch an die Beklagten zu 2) und 3) weitergeleitet. Gleiches ergab sich aus der an die Beklagten zu 2) und 3) gerichteten E-Mail vom selben Tag, der Fotos angehängt waren und in der die Beklagte zu 1) die rhetorische Frage stellte, wie die Bäume in den kleinen Baumschutzquartieren wachsen sollten. Aus beiden Mitteilungen und erst recht aus ihrer Gesamtschau war die – zutreffende – Warnung klar erkennbar, dass bei einer Pflanzung der sechs Stieleichen in die entgegen der Ausschreibung zu gering bemessenen Beton-Pflanzquartiere mit einem Nichtanwachsen und Eingehen der Bäume zu rechnen ist.

56
(2) Entgegen der Auffassung der Klägerin waren die Bedenkenmitteilungen nicht deshalb unzureichend, weil sie nicht unmittelbar an sie gerichtet waren.

57
(a) Allerdings müssen die Bedenken auch dem richtigen Adressaten mitgeteilt werden. Das ist grundsätzlich immer der Auftraggeber selbst. Darüber hinaus ist auch die Mitteilung an den bauleitenden Architekten oder sonstigen Bauleiter ausreichend, denn er vertritt den Bauherrn in den die technischen Angelegenheiten betreffenden Fragen gegenüber dem Unternehmer. Etwas anderes gilt nur, wenn es um von ihm selbst zu verantwortende Fehler geht oder er sich berechtigten Einwendungen des Unternehmers verschließt (vgl. BGH, Urteil v. 18.01.2001 – VII ZR 457/98 -, NJW-RR 2001, 520 Rn. 10; OLG Brandenburg, Urteil v. 16.10.2012 – 11 U 102/11 -, Rn. 52; Jurgeleit, a.a.O., Rn. 70; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, Rn. 2023; Voit, a.a.O., Rn. 19).

58
(b) Ausgehend von diesen Grundsätzen war vorliegend die Anmeldung der Bedenken gegenüber dem Geschäftsführer der …[B] GmbH als planungsunabhängiger Bauherrenvertretung und gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) als bauleitenden Architekten ausreichend. Bei beiden handelte es sich um die die Klägerin vertretenden Ansprechpartner der Beklagten zu 1) in den die Bauausführung betreffenden Fragen. Jedenfalls aus Sicht der Beklagten zu 1) war bei den zu kleinen Beton-Baumquartieren auch kein Fehler aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten zu 2) und 3) gegeben. Denn – wie in ihrem Schreiben an den Geschäftsführer der …[B] GmbH zum Ausdruck kommt – war der Beklagten zu 1) bewusst, dass die eingebauten Betonquartiere von den in der Ausschreibung Landschaftsbauarbeiten der Beklagten zu 2) und 3) vorgesehenen Maßen abwichen.

59
Die Vertreter der Klägerin haben sich den Bedenken der Beklagten zu 1) auch nicht verschlossen, sondern der Beklagten zu 1) eine plausible Erklärung dafür gegeben, weshalb die Bäume gleichwohl in die bereits eingebauten Betonquartiere gepflanzt werden müssen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte zu 3) sich die zu kleinen Baumschutzquartiere angesehen und erklärt hat, die Bäume müssten in Anbetracht der anstehenden Eröffnung gleichwohl eingesetzt werden; notfalls müsste man später einen Austausch vornehmen. Diese Anweisung war aus Sicht der Beklagten zu 1) ohne weiteres nachvollziehbar, weil eine Zwischenlagerung der Bäume aufgrund der hohen Temperaturen von über 30 °C nicht möglich war und die ausgehobenen Pflanzgruben für die Eröffnung hergerichtet werden mussten. Die Beklagte zu 1) durfte hiernach davon ausgehen, dass ihre Warnung gehört worden war, aber wegen der Zwänge der unmittelbar bevorstehenden Eröffnung der … und der äußeren Umstände nicht umgesetzt werden kann.

60
(c) Dessen ungeachtet war der Zweck einer Information der Klägerin als Auftraggeberin vorliegend auch deshalb erreicht, weil die Adressaten, der Geschäftsführer der Projektsteuerin der Klägerin und die Beklagten zu 2) und 3), das Schreiben und die E-Mails vom 16.06.2015 an die Klägerin weitergeleitet haben. Die Klägerin war mithin genauso informiert, als wenn die Beklagte zu 1) die Mitteilungen unmittelbar an sie gerichtet hätte.

61
cc) Auch hinsichtlich der nachträglich verkleinerten sechs Baumquartiere hat die Beklagte zu 1) eine den Anforderungen des § 4 Abs. 3 VOB/B genügende Bedenkenmitteilung an die Klägerin gerichtet.

62
(1) Es ist anerkannt, dass der Unternehmer, wenn er nach Ausführung oder sogar nach Abnahme seiner Werkleistung erkennt, dass deren Funktionstauglichkeit durch Aktivitäten anderer Unternehmer gefährdet ist, im Rahmen des ihm Zumutbaren eine Vereitelung oder Gefährdung des Vertragszwecks verhindern muss (vgl. BGH, Urteil v. 19.05.2011 – VII ZR 24/08 -, NJW 2011, 3291 Rn. 25). Dem ist die Beklagte zu 1) mit der an die Beklagten zu 2) und 3) gerichteten E-Mail vom 23.07.2015 (Anlage B7, Anlagenmappe Beklagte zu 1)), die mit der Ablehnung der Bedenken – für die Beklagte zu 1) erkennbar – auch an den Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin weitergeleitet wurde (Anlage B8, Anlagenmappe Beklagte zu 1)), nachgekommen.

63
(2) Mit der E-Mail vom 23.07.2015 hat die Beklagte zu 1) unter Beifügung entsprechender Fotos, die die Situation deutlich wiedergeben, darauf hingewiesen, dass die Pflanzgruben der weiteren sechs Stieleichen „bis an den Wurzelballen bauseits mit Beton verfallt“ wurden. Die Beklagte zu 1) hat deshalb Bedenken wegen des Anwuchses angemeldet und die Gewährleistung für die sechs Stieleichen abgelehnt. Hieraus ergab sich klar und eindeutig, dass die Betonarbeiten die Entwicklung der Baumwurzeln (erheblich) beeinträchtigen und deshalb ein Anwachsen der Bäume gefährdet ist.

64
(3) Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Beklagte zu 1) nicht verpflichtet, (Alternativ-)Vorschläge zur Lösung des Problems zu unterbreiten.

65
(a) Die Bedenkenhinweispflicht verpflichtet den Auftragnehmer nicht dazu, Gestaltungsvorschläge zur Behebung des sich aus den fehlerhaften Arbeiten anderer Unternehmer ergebenden Mangels zu machen (Jurgeleit, a.a.O., Rn. 69, Fuchs, a.a.O., Rn. 15). Ein solches Verlangen wäre nicht zumutbar, weil der Auftragnehmer über den ursprünglichen Vertragsinhalt hinaus die Verantwortung für eine entsprechende Planung übernehmen und zudem auch das Risiko tragen würde, dass sein Vorschlag unrichtig sein könnte (vgl. OLG Celle, Urteil v. 23.12.1999 – 22 U 15/99 -, BauR 2000, 1073).

66
(b) Dessen ungeachtet wären die klägerseits angeführten Bewässerungs- und Belüftungsöffnungen nicht ausreichend gewesen, ein Eingehen der Bäume zu verhindern. Nach den Ausführungen der Sachverständigen …[F] hatten die Wurzelballen nicht genügend Entwicklungsraum, weil sie die Pflanzgruben seitlich fast vollständig ausfüllten (vgl. Gutachten v. 20.10.2017, S. 16, Bl. 154 d. Beiakte). Durch den Einbau der Widerlager für die Baumroste wurden die Pflanzgruben allseitig mit einer Bautiefe von ca. 45 cm als geschlossener Riegel durchbrochen. Dieser Raum war seitlich nicht durchwurzelbar und stand damit als unterirdischer Vegetationsraum für die Wurzelausbreitung nicht zur Verfügung (vgl. Gutachten v. 30.04.2018, S. 6). Nach den anerkannten Regeln der Technik muss das Pflanzloch 1,5-mal so groß sein wie der jeweilige Ballen, was durch die eingebrachten Betonwiderlager nicht mehr der Fall war (vgl. Anhörungsprotokoll v. 22.08.2018 S. 3, Bl. 345 d. Beiakte). Auch eine Verbreiterung der Pflanzgrube im unteren Bereich hätte – ungeachtet des Umstands, dass die Bäume bereits gepflanzt waren – nicht ausgereicht, den Bäumen genügend Entwicklungsraum für den Wurzelballen zu verschaffen. Soweit die Sachverständige …[F] in diesem Zusammenhang in der Anhörung auf die Abbildung 6e (Anlage S6 zum Protokoll) Bezug genommen hat, ergibt sich hieraus und den gutachterlichen Erläuterungen, dass zwar die erforderlichen 12 m3 für die Pflanzgrube bei einer Einschränkung oben durch eine Erweiterung im unteren Bereich erreicht werden können. Das Pflanzloch für den Wurzelballen muss hierbei jedoch immer die Maße des 1,5-fachen des Wurzelballens aufweisen. Dies war infolge der Betonarbeiten zum Einbringen der zu kleinen Baumroste nicht mehr gewährleistet.

67
(4) Soweit die Klägerin weiter geltend macht, sie sei davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1) ihre Bedenken nach der Zurückweisung durch die Beklagten zu 2) und 3) nicht aufrechterhalten habe, weil sie hierauf nicht mehr reagiert habe, steht dies einer Enthaftung der Beklagten zu 1) nicht entgegen. Aus objektiver Empfängersicht bot das Schweigen der Beklagten zu 1) keinen Anlass für die Annahme, sie würde an ihren Bedenken nicht festhalten. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in der Zurückweisung behauptet worden war, die Vorgehensweise sei – was die Beklagte zu 1) bestreitet – im Vorfeld mit Herrn …[G] von der Beklagten zu 1) abgestimmt gewesen. Der Bedenkenhinweis der Beklagten zu 1) vom 23.07.2015 war eindeutig und wurde durch die beigefügten Fotos eindrucksvoll illustriert. Für die Klägerin ergab sich zudem aus der Bedenkenmitteilung selbst, dass die Beklagte zu 1) in der Betonverfüllung bis an die Wurzelballen ein ihrer Ansicht nach falsches und von ihr nicht gebilligtes Vorgehen des Drittunternehmens geltend macht.

68
Dessen ungeachtet hat die Beklagte zu 1) auch insoweit – von der Klägerin unwidersprochen – vorgetragen, dass ihr seitens der Beklagten zu 2) und 3) erklärt worden ist, die Situation könne wegen der unmittelbar bevorstehenden Eröffnung der … am 30.07.2015 (und damit nur eine Woche später) nicht mehr geändert werden (vgl. Schriftsatz vom 27.05.2019, S. 7, Bl. 354 d.A.). Für die Beklagte zu 1) gab es damit eine nachvollziehbare Erklärung dafür, weshalb ihren Bedenken nicht Rechnung getragen wird. Es bestand daher aus ihrer Sicht keine Veranlassung mehr, auf die Klägerseite weiter einzuwirken.

69
dd) Die Beklagte zu 1) haftet der Klägerin für den Austausch der Bäume auch nicht aufgrund der gemäß Ziffer 17. lit. c) des Verhandlungsprotokolls übernommenen Anwachsgarantie. Eine Auslegung der Vertragserklärung kann nicht am Wortlaut haften bleiben, sondern hat auch die erkennbaren Interessen der Parteien zu berücksichtigen. Hieraus folgt, dass die Beklagte zu 1) vernünftigerweise jedenfalls nicht für Umstände einstehen soll, die – wie hier – dem Verantwortungsbereich der Klägerin entstammen. Indem die Klägerin sie trotz ihrer Bedenkenmitteilungen angewiesen hat, die sechs Stieleichen in die zu kleinen Baumquartiere zu pflanzen und indem sie die nachträgliche Verkleinerung der sechs anderen Pflanzgruben nicht rückgängig gemacht hat, hat sie die Verantwortung für die hieraus resultierenden Mängel an den Stieleichen übernommen. Die Beklagte zu 1) ist hierdurch zugleich auch im Hinblick auf die übernommene Anwachsgarantie enthaftet worden.

70
b) Die zulässige Widerklage der Beklagten zu 1) ist im landgerichtlich tenorierten Umfang begründet.

71
aa) Zwischen den Parteien ist außer Streit, dass der Beklagten zu 1) noch eine Restwerklohnforderung zusteht. Diese Forderung ist nicht durch die von der Klägerin erklärte Aufrechnung mit dem von ihr geltend gemachten Schadensersatzanspruch erloschen. Die Aufrechnung geht ins Leere, da der Klägerin, wie ausgeführt, gegenüber der Beklagten zu 1) ein Anspruch auf Schadensersatz nicht zusteht. Soweit erstinstanzlich diesbezüglich (lediglich) eine Differenz von 928,20 € streitig war, hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass die Voraussetzungen für den von der Klägerin insoweit geltend gemachten Stornoabzug mangels Zahlung nicht vorliegen. Dem ist die Klägerin im Berufungsrechtszug auch nicht entgegengetreten.

72
bb) Die Zinsforderung zur Hauptforderung ergibt sich aus §§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 2 BGB, § 16 Abs. 3 Nr. 6 Satz 2 VOB/B. Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 3, 288 Abs. 2 BGB, § 16 Abs. 3 Nr. 6 Satz 2 VOB/B. Die Beklagte zu 1) hat die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 18.12.2017 (Anlage B24, Anlagenmappe Beklagte zu 1)) – und damit nach Verzugseintritt – zur Zahlung auffordern lassen. Die Zinsforderung auf die vorgerichtlich im vorgenannten Schreiben unter Fristsetzung bis zum 29.12.2017 mit angemahnten Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

73
2. Die Berufung der Beklagten zu 2) und 3) ist ebenfalls unbegründet.

74
a) Gegen die Zulässigkeit des insoweit ergangenen Grundurteils bestehen keine Bedenken. Ein solches darf (nur) ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und wenn nach dem Sach- und Streitstand der Anspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (BGH, Urteil v. 02.10.2000 – II ZR 54/99 -, NJW 2001, 224 Rn. 4). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Der Klägerin steht gegen die Beklagten zu 2) und 3) gemäß §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Ersatz der Kosten zu, die ihr durch das Eingehen der zwölf Stieleichen entstanden sind. Sicher ist, dass der Klägerin insoweit ein Schaden entstanden ist. Die zwölf Stieleichen hat die Klägerin zwischenzeitlich austauschen lassen, so dass die geltend gemachten Kosten angefallen sind; es handelt sich nicht um fiktive Mangelbeseitigungskosten (vgl. dazu BGH, Urteil v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17 -, BGHZ 218, 1). Die Höhe des erstattbaren Schadens ist zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 2) und 3) streitig.

75
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schuldet der Architekt dem Besteller gemäß §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz wegen der von ihm zu vertretenden Planungs- oder Überwachungsfehler, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben. Bei dem gegen den Architekten gerichteten Schadensersatzanspruch wegen Mängeln des Bauwerks, die auf seine Planungs- oder Überwachungsfehler zurückzuführen sind, handelt es sich der Sache nach um einen Schadensersatz neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB, denn die Mängel des Bauwerks können nicht durch Nacherfüllung der Architektenleistung noch beseitigt werden. Mit dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 BGB kann Schadensersatz für Schäden beansprucht werden, die an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen eintreten (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 58; Urteil v. 16.02.2017 – VII ZR 242/13 -, BauR 2017, 1061 Rn. 23 m.w.N.).

76
c) Die Beklagten zu 2) und 3) haben sowohl im Hinblick auf die sechs zu kleinen Beton-Pflanzquartiere als auch hinsichtlich der sechs nachträglich verkleinerten Pflanzgruben die ihnen als bauleitenden Architekten obliegenden Pflichten verletzt.

77
aa) Hinsichtlich der sechs Bäume in den Beton-Pflanzquartieren hat die Klägerin allerdings nicht bewiesen, dass den Beklagten zu 2) und 3) ein Planungsfehler unterlaufen ist. Ihnen fällt jedoch insoweit ein Bauüberwachungsfehler zur Last.

78
(1) Im landgerichtlichen Urteil ist entgegen der Auffassung der Klägerin kein Planungsfehler der Beklagten zu 2) und 3) festgestellt. Vielmehr ergibt sich aus dem unstreitigen Tatbestand, dass die Beton-Pflanzquartiere „nach der Planung eine Größe von 300 x 300 x 150 cm“ haben sollten, was den Vorgaben in Ziffer 3.010.5 der Leistungsbeschreibung Landschaftsbauarbeiten entspricht. In den Entscheidungsgründen ist auf Seite 9 des Urteils im Gegenteil ausgeführt, dass den Beklagten zu 2) und 3) kein Planungsfehler zur Last fällt.

79
Für die Behauptung, dass wegen eines Fehlers der Beklagten zu 2) und 3) im Rahmen der Ausschreibung Beton-Pflanzquartiere mit den Maßen 200 x 200 cm bestellt worden seien, ist die Klägerin beweisfällig geblieben. Die Beklagten zu 2) und 3) haben dieses Vorbringen bereits erstinstanzlich bestritten und geltend gemacht, der Grund für den Einbau der zu kleinen Pflanzquartiere liege darin, dass der Tiefbauer zu kleine Betonrahmen für die Pflanzgruben bestellt und geliefert habe. Damit haben sie bestritten, dass eine falsche Ausschreibung ursächlich gewesen wäre. Die darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat für ihre Behauptung keinen Beweis angeboten.

80
(2) Die Beklagten zu 2) und 3) hätten jedoch im Rahmen der gebotenen rechtzeitigen Stichproben- und Endkontrolle feststellen müssen, dass die sechs Beton-Pflanzquartiere zu klein dimensioniert sind und insoweit unverzüglich für Abhilfe sorgen müssen.

81
(a) Der Umfang und die Intensität der Überwachungstätigkeit hängen von den konkreten Anforderungen der Baumaßnahme und den jeweiligen Umständen ab. Einigkeit besteht darüber, dass der Architekt bei einfachen, gängigen Arbeiten nicht ständig auf der Baustelle anwesend sein muss, um die Arbeiten zu kontrollieren. Allerdings reicht die bloße Überprüfung von Papieren und Nachweisen im Büro nicht aus. Notwendig bleibt vielmehr die Einweisung bei Beginn der Arbeiten, die Durchführung von stichprobenhaften Überprüfungen an Ort und Stelle und die Endkontrolle der Arbeiten (Koeble, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, a.a.O., Teil 11 Rn. 812; Wer- ner/Pastor, a.a.O., Rn. 1976; Busche, in: MünchKomm BGB, 8. Aufl. 2020, § 650p Rn. 29).

82
(b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hätte es vorliegend jedenfalls einer Überwachung mittels Stichprobenüberprüfung und/oder einer Endkontrolle der Arbeiten bedurft. Diese Prüfung war rechtzeitig vorzunehmen. Eine Endkontrolle der Beton-Pflanzquartiere hätte daher unmittelbar im Anschluss an die Ausführung der Arbeiten stattfinden müssen, weil von der ordnungsgemäßen Ausführung die Pflanzung der sechs Stieleichen abhing, die wegen der hohen Temperaturen nicht zwischengelagert werden konnten. Hinzu trat, dass wegen des nahen Eröffnungstermins nur geringe Zeitfenster für mögliche Korrekturen verblieben. Dem sind die Beklagten zu 2) und 3) nicht nachgekommen. Die fehlerhafte Ausführung der Beton-Pflanzquartiere war vielmehr erst der Beklagten zu 1) am Pflanztag aufgefallen, als ein Austausch der Beton-Pflanzquartiere nicht mehr möglich war.

83
Nach dem von der Klägerin nicht bestrittenen und damit ihr als günstig stillschweigend zu eigen gemachten Vorbringen der Beklagten zu 2) und 3) war zwischen dem Einsetzen der Betonquartiere und dem Einpflanzen der sechs Bäume etwa eine Woche vergangen, so dass eine Korrektur der falschen Vorarbeiten bei einem rechtzeitigem Hinweis noch möglich gewesen wäre (vgl. Schriftsatz vom 27.11.2018, Seite 4, Bl. 208 d.A.). Wären die Beklagten zu 2) und 3) ihren Pflichten zu einer stichprobenartigen Überprüfung bzw. einer Endkontrolle der für die Tätigkeit der Beklagten zu 1) wesentlichen Vorarbeiten nachgekommen, hätte demnach noch rechtzeitig Abhilfe geschaffen werden können, bevor die Stieleichen angeliefert wurden.

84
bb) Hinsichtlich der nachträglichen Verkleinerung der sechs weiteren Pflanzquartiere ist unstreitig, dass dieses Vorgehen auf einer Anweisung der Beklagten zu 2) und 3) beruhte. Darüber hinaus sind sie auch ihren Überwachungspflichten nicht nachgekommen. Dabei war bei den Tiefbauarbeiten im Zusammenhang mit der Pflanzung dieser sechs Bäume besondere Aufmerksamkeit geboten gewesen, nachdem es wegen der sechs anderen Stieleichen bereits im Juni 2015 eine Bedenkenanzeige der Beklagten zu 1) gegeben hatte. Für die Beklagten zu 2) und 3) hätte deshalb bereits Mitte Juni 2015 Veranlassung bestanden, näher zu überprüfen, dass für die Pflanzgruben der sechs weiteren Stieleichen die richtig dimensionierten Baumroste bestellt bzw. geliefert worden waren. Zudem hätten die Ausführungsarbeiten besonders kontrolliert werden müssen. Wären die Beklagten zu 2) und 3) dem nachgekommen, hätte bis zur Ausführung der Arbeiten um den 23.07.2015 noch ausreichend Zeit bestanden, für eine ausschreibungsgemäße Durchführung Sorge zu tragen. War nach dem Vortrag der Beklagten zu 2) und 3) hinsichtlich der Beton-Pflanzquartiere eine Korrektur innerhalb des einwöchigen Zeitraums zwischen dem Einsetzen der Betonquartiere und dem Pflanztag noch möglich, muss dies erst recht gelten für den mehrwöchigen Zeitraum zwischen der Bedenkenanmeldung der Beklagten zu 1) am 16.06.2015 und dem Einbau der Beton-Widerlager Mitte Juli 2015.

85
d) Die Kausalität zwischen den Pflichtverletzungen der Beklagten zu 2) und 3) und dem eingetretenen Schaden – Eingehen der sechs Stieleichen – hat das Landgericht zu Recht bejaht.

86
aa) Allerdings kann sich die Klägerin nicht auf die Beweiskraft des landgerichtlichen Tatbestands berufen, denn dieser stellt sich insoweit als widersprüchlich dar. Einerseits ist im unstreitigen Tatbestand festgehalten, dass die Bäume nicht zu retten waren, weil sie in zu kleine Pflanzlöcher gesetzt, bzw. die Pflanzlöcher nachträglich durch den Einbau der Widerlager verkleinert wurden. Andererseits führt das Landgericht im streitigen Vortrag der Beklagten zu 2) und 3) aus, sie hielten daran fest, dass die zu geringe Dimension der Baumquartiere nicht schadensursächlich sei.

87
bb) Die Ursächlichkeit steht indes aufgrund der gutachterlichen Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen …[F] im selbständigen Beweisverfahren fest (Az.: 12 OH 13/16). Daraus ergibt sich, dass die zu kleinen Pflanzlöcher zumindest eine entscheidende Mitursache dafür gesetzt haben, dass die Bäume sich nicht nachhaltig entwickelt haben und deshalb nicht dauerhaft anwachsen konnten. So ist die Sachverständige in ihren Gutachten vom 20.10.2017 und 30.04.2018 zu dem Ergebnis gelangt, dass die Schäden auf die speziellen Standortbedingungen zurückzuführen sind, die den anerkannten Regeln der Technik im Hinblick auf die zwingend erforderliche Größe eines Baumquartiers nicht entsprochen haben. Soweit sie in der Anhörung vor dem Landgericht am 27.06.2019 angegeben hat, eine genauere Eingrenzung, was jetzt ursächlich gewesen sei, könne sie über die schriftlichen Gutachten hinaus nicht vornehmen, wird hierdurch nicht in Zweifel gezogen, dass es ohne die zu kleinen Pflanzquartiere nicht zu dem Schaden gekommen wäre. Als möglichen weiteren Einflussfaktor hat die Sachverständige lediglich den durch die Sommerpflanzung verursachten „Stress“ für die Bäume benannt. Dass die Stieleichen wegen der planerischen Vorgabe einer Pflanzung im Sommer in jedem Fall eingegangen wären, ist weder ansatzweise den gutachterlichen Ausführungen zu entnehmen, noch behaupten dies die Beklagten zu 2) und 3). Dagegen spricht auch, dass die Stieleichen insoweit von der Streithelferin zu 2) der Klägerin einer entsprechenden Pflanzvorbereitung unterzogen worden waren.

88
Das von der Klägerin eingeholte Privatgutachten …[E] vermag die Feststellungen der Sachverständigen …[F] schon deshalb nicht in Frage zu stellen, weil der Privatgutachter auftragsgemäß nur eine kurze sachverständige Ersteinschätzung und keine nähere Überprüfung der Baumquartiere vorgenommen hat (vgl. Seite 3 sowie Seite 8 des Privatgutachtens unter 5.5, Ziffer 4.; Anlage K2, Anlagenmappe Klägerin).

89
cc) Die Ergebnisse der Begutachtung im selbständigen Beweisverfahren hat das Landgericht verfahrensfehlerfrei auch im Verhältnis zu den Beklagten zu 2) und 3) verwertet. Sofern es eines förmlichen Beweisbeschlusses nach § 411a ZPO bedurft haben sollte (offengelassen von BGH, Beschluss v. 23.11.2011 – IV ZR 49/11 -, FamRZ 2012, 297 Rn. 8), weil die Beklagten zu 2) und 3) am selbständigen Beweisverfahren nicht beteiligt waren, hat das Landgericht einen solchen zwar nicht erlassen. Dieser etwaige Verfahrensfehler ist aber durch die rügelose Verhandlung im Anschluss an die Beweisaufnahme der Kammer durch Anhörung der Sachverständigen am 27.06.2019 nach § 295 Abs. 1 ZPO geheilt worden. Dass das Landgericht eine Verwertung der Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren im vorliegenden Rechtsstreit beabsichtigte, ergab sich eindeutig aus der Terminsverfügung vom 22.02.2019 (Bl. 328 d.A.), mit der die Ladung der Sachverständigen „zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens“ angeordnet worden war. Hiernach bestand für die Beklagten zu 2) und 3) ausreichend Gelegenheit, sich mit der beabsichtigten Verwertung auseinanderzusetzen und hierzu sowie zum Inhalt der Gutachten Stellung zu nehmen.

90
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.

91
4. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben ist.

92
5. Der Senat hat beschlossen, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 251.873,27 € (Klage: 182.023,13 € + 7.600,76 €, Widerklage: 62.249,38 €) festzusetzen.

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