Zum qualifizierten Verschulden des Verfrachters

BGH, Urteil vom 24.11.2010 – I ZR 192/08

Im Rahmen der Seefracht reicht es für die Annahme eines qualifizierten Verschuldens des Verfrachters wegen Verlustes des Transportguts nicht aus, dass das sperrige Transportgut (hier: ein Mobilkran mit einem Gewicht von 48.000 kg) auf seine Veranlassung vor der Schiffsverladung auf einem frei zugänglichen Gelände eines mitteleuropäischen Seehafens (hier: Antwerpen) verschlossen abgestellt worden ist.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 31. Oktober 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht das Grundurteil des Landgerichts über die gesetzliche Höchstbetragshaftung gemäß § 660 Abs. 1 Satz 1 HGB hinaus bestätigt hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.


Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin, Transportversicherer der W. AG, nimmt das beklagte Speditionsunternehmen aus abgetretenem und übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen des Diebstahls zweier Mobilkräne auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Versicherungsnehmerin erwarb von der G.-GmbH in L. im März 2003 zwei Mobilkräne zum Gesamtpreis von 580.000 €. Die Kräne wurden zunächst im Auftrag der Verkäuferin auf dem Landweg von L. nach Antwerpen befördert. Von dort sollten sie auf dem Seeweg nach Guyana transportiert werden. Mit der Besorgung des Seetransports beauftragte die Versicherungsnehmerin die Beklagte zu festen Kosten, die ihrerseits das Kaiumschlagsunternehmen A. mit der Verladung des Gutes an Bord und die Reederei E. mit der Durchführung des Seetransports betraute.

Die am 22. und 26. Mai 2003 in Antwerpen angelieferten Kräne, die jeweils ein Gewicht von 48.000 kg hatten, wurden zunächst auf Weisung der A. auf deren Terminal im frei zugänglichen Hafengelände in Antwerpen abgestellt. Dies war auch die von der Beklagten der Versicherungsnehmerin benannte Anlieferungsadresse. Dort wurden die Kräne in der Nacht vom 4. auf den 5. Juni 2003 entwendet. Die Klägerin hat den ihrer Versicherungsnehmerin entstandenen Schaden durch Zahlung von 634.389 € reguliert. Diesen Betrag verlangt sie von der Beklagten ersetzt.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte hafte für den Verlust der beiden Kräne, weil die Entwendung während ihres Obhutszeitraums erfolgt sei. Auf vertragliche oder gesetzliche Haftungsbeschränkungen könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, weil sie sämtliche mit dem Verlust des Gutes im Zusammenhang stehenden Umstände völlig im Dunkeln gelassen habe und daher von einem groben Organisationsverschulden der Beklagten auszugehen sei.

Die Beklagte hat demgegenüber insbesondere geltend gemacht, dass sich ihre Haftung nach dem Seefrachtrecht beurteile, da sie nur mit dem Seetransport der beiden Kräne beauftragt worden sei. Danach sei ihre Haftung auf zwei Sonderziehungsrechte für jedes fehlende Kilogramm des Gutes beschränkt. Der Vorwurf einer leichtfertigen Schadensverursachung könne ihr nicht gemacht werden, weil die Fahrer die zum Starten der Kräne erforderliche Vorrichtung ausgebaut hätten.

Das Landgericht hat durch Zwischenurteil über den Haftungsgrund entschieden und angenommen, dass die Beklagte der Klägerin für den der Versicherungsnehmerin entstandenen Schaden unbeschränkt hafte. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben.

Der Senat hat die Revision zugelassen, soweit das Berufungsgericht das Grundurteil des Landgerichts über die gesetzliche Höchstbetragshaftung nach § 660 Abs. 1 Satz 1 HGB hinaus bestätigt hat. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag in diesem Umfang weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.


Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Landgericht eine unbeschränkte Haftung der Beklagten für den streitgegenständlichen Schaden aus § 606 Satz 2, § 660 Abs. 3 HGB angenommen. Dazu hat es ausgeführt:

Auf den zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlossenen Güterbeförderungsvertrag sei gemäß Art. 28 Abs. 4 EGBGB aF deutsches Recht anzuwenden. Die Versicherungsnehmerin und die Beklagte hätten einen reinen Seetransport per Schiff vereinbart mit der Folge, dass dieses Vertragsverhältnis dem Seefrachtrecht unterliege.

Die Beklagte habe die Kräne vor der Verladung auf das Seeschiff im Sinne von § 606 Satz 2 HGB angenommen. Sie hafte daher für den Verlust des Gutes, weil dieser während ihres Obhutszeitraums eingetreten sei. Die Beklagte könne sich nicht auf die Haftungsbeschränkung gemäß § 660 Abs. 1 HGB berufen. Sie habe für die Sicherung der beiden Kräne nur insoweit gesorgt, als sie diese – mit abgezogenen Zündschlüsseln – habe stehen lassen. Es sei nicht einmal bekannt, wer die Schlüssel bis zur Verschiffung wo und wie habe verwahren sollen und ob etwa A. die Kräne gegen unbefugten Zugriff gesichert habe. Auf einem frei zugänglichen Hafengelände sei alles, was mobil und unbewacht sei, in hohem Maße diebstahlgefährdet.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen kann auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen kein qualifiziertes Verschulden der Beklagten angenommen werden.

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlossene Güterbeförderungsvertrag jedenfalls gemäß Art. 28 Abs. 4 Satz 1 EGBGB aF dem deutschen Recht unterliegt. Denn sowohl die Versicherungsnehmerin als Auftraggeberin als auch die Beklagte als Verfrachter haben ihren Sitz in Deutschland. Darüber hinaus ergibt sich die Anwendung deutschen Rechts aus Art. 27 Abs. 2 Satz 1 EGBGB aF, da die Parteien durchweg auf der Grundlage deutscher Rechtsvorschriften vorgetragen haben (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 2008 – I ZR 12/06, TranspR 2009, 130 Rn. 19 = VersR 2009, 1141).

2. Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, dass sich die Haftung der Beklagten für den Verlust der beiden Kräne nach den Bestimmungen über die Haftung eines Verfrachters beurteilt (§§ 556 ff. HGB).

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte die Besorgung der Versendung der beiden Kräne von Antwerpen nach Guyana auf dem Seeweg zu festen Kosten übernommen, so dass sie hinsichtlich der Beförderung die Pflichten eines Verfrachters hatte (§ 459 Satz 1 HGB). Die als solche einheitliche Speditionsleistung hatte die Beförderung mit nur einem Transportmittel (Schiff) zum Gegenstand. Daraus ergibt sich die unmittelbare Anwendung des Seefrachtrechts.

3. Gemäß § 606 Satz 2 HGB haftet der Verfrachter für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung der Güter in der Zeit von der Annahme bis zur Ablieferung entsteht, es sei denn, der Verlust oder die Beschädigung beruht auf Umständen, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters nicht abgewendet werden konnten. Ein Verschulden seiner Leute hat der Verfrachter nach § 607 Abs. 1 HGB in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden.

Im vorliegenden Fall ist der Schaden während der Obhutszeit der Beklagten eingetreten. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte die Kräne nach deren Anlieferung in Antwerpen durch das von ihr beauftragte Kaiumschlagsunternehmen A. zum Zweck der anschließend vorgesehenen Seebeförderung angenommen hat. Ab diesem Zeitpunkt haftete die Beklagte gemäß § 606 Satz 2 HGB grundsätzlich für den Verlust des Gutes, und zwar unabhängig davon, welche Weisungen das Umschlagsunternehmen hinsichtlich des Ortes der Zwischenlagerung der Kräne bis zum Eintreffen des Seeschiffes erteilt hatte (§ 607 Abs. 1 HGB). Die Revision erhebt insoweit auch keine Beanstandungen.

4. Der Umfang des von der Beklagten gemäß § 606 Satz 2 HGB zu leistenden Schadensersatzes bestimmt sich nach § 249 BGB (BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 – I ZR 140/06, BGHZ 181, 292 Rn. 28; Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl., § 606 HGB Rn. 44). Dementsprechend ist die Beklagte grundsätzlich zum Ersatz des der Versicherungsnehmerin aufgrund des Diebstahls der Kräne entstandenen Schadens verpflichtet. Der gemäß § 249 BGB zu berechnende Schadensersatz wird allerdings – wenn kein qualifiziertes Verschulden nach § 660 Abs. 3 HGB vorliegt (dazu nachfolgend unter II 5) – durch die Regelungen in § 660 Abs. 1 Satz 1 HGB begrenzt. Nach dieser Vorschrift haftet der Verfrachter höchstens bis zu einem Betrag von 666,67 Rechnungseinheiten pro Frachtstück oder bis zu einem Betrag von zwei Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des abhandengekommenen Gutes, je nach dem, welcher Betrag höher ist. Gemäß § 660 Abs. 1 Satz 2 HGB ist die in Satz 1 genannte Rechnungseinheit das Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds. Der danach zu leistende Ersatz ist gemäß § 660 Abs. 1 Satz 3 HGB in Euro entsprechend dem Wert am Tag des Urteils über den Betrag der Haftung – eine davon abweichende Parteivereinbarung ist nicht dargetan – umzurechnen.

5. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagten sei es im Streitfall nach § 660 Abs. 3 HGB verwehrt, sich auf die Haftungsbegrenzung gemäß § 660 Abs. 1 Satz 1 HGB zu berufen, weil der durch den Verlust des Transportguts eingetretene Schaden auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten zurückzuführen sei.

a) Gemäß § 660 Abs. 3 HGB verliert der Verfrachter sein Recht auf Haftungsbeschränkung nach Absatz 1, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Verfrachter in der Absicht, einen Schaden herbeizuführen oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Entsprechend dem Wortlaut des § 660 Abs. 3 HGB, in dem nur vom „Verfrachter“ und nicht auch – wie etwa in § 435 HGB – von den in § 428 HGB genannten Personen die Rede ist, führt nur ein qualifiziertes Verschulden des Verfrachters selbst zum Wegfall der Haftungsbeschränkung nach § 660 Abs. 1 HGB. Die Vorschrift des § 607 Abs. 1 HGB findet – wie der erkennende Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat – im Rahmen von § 660 Abs. 3 HGB keine Anwendung (BGHZ 181, 292 Rn. 34 ff.; ebenso: Rabe aaO § 660 HGB Rn. 26; ders., TranspR 2004, 142, 144; Herber, Das neue Haftungsrecht der Schifffahrt, 1989, S. 315 f.; ders., Seehandelsrecht, 1999, S. 332 f.).

Handelt es sich bei dem in Anspruch genommenen Verfrachter um eine juristische Person oder – wie im Streitfall – um eine Kapitalgesellschaft, erfordert der Verlust des Rechts auf Haftungsbeschränkungen ein qualifiziertes Verschulden der Organe des Anspruchsgegners, hier also des Geschäftsführers der Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 2005 – I ZR 325/02, TranspR 2006, 35, 37, insoweit nicht in BGHZ 164, 394; BGHZ 181, 292 Rn. 39).

b) Das Berufungsgericht hat seine Annahme, der streitgegenständliche Schaden sei auf ein Verschulden der Beklagten im Sinne von § 660 Abs. 3 HGB zurückzuführen, darauf gestützt, dass die Beklagte nach der Anlieferung der beiden Kräne nicht in ausreichendem Maße für deren Sicherung gegen Diebstahl gesorgt habe. Es hat darauf abgestellt, dass die Kräne nach dem eigenen Vortrag der Beklagten lediglich durch Abziehen der Zündschlüssel gesichert worden seien. Dagegen sei offengeblieben, wer die Schlüssel bis zur Verschiffung habe verwahren sollen und ob das Kaiumschlagsunternehmen diese – gegebenenfalls auf welche Weise – gegen unbefugten Zugriff gesichert habe. Die Kräne hätten tagelang außerhalb der Sichtweite des Büros des Kaiumschlagsbetriebs gestanden. Auf einem frei zugänglichen Hafengelände sei Gut, das mobil und unbewacht sei, in hohem Maße diebstahlgefährdet.

c) Das Berufungsgericht hat – wie die Revision mit Recht rügt – zu Unrecht ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten bejaht. Es hat nicht berücksichtigt, dass nur ein eigenes Verschulden des Verfrachters gemäß § 660 Abs. 3 HGB zur Durchbrechung der Haftungsbeschränkung nach § 660 Abs. 1 HGB führt. Vielmehr ist das Berufungsgericht ersichtlich davon ausgegangen, dass sich die Beklagte ein pflichtwidriges Verhalten des Kaiumschlagsunternehmens gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss.

Die Annahme eines qualifizierten Verschuldens kann zwar auch dann gerechtfertigt sein, wenn der Verfrachter die ihm insoweit obliegende sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt (BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 – I ZR 212/06, TranspR 2009, 331 Rn. 34). Mit Recht rügt die Revision jedoch, dass die Beklagte – entgegen der Annahme des Berufungsgerichts – dargetan hat, wo die Kräne abgestellt waren, dass sie verschlossen und die Schlüssel bei dem Kaiumschlagsunternehmen abgegeben worden waren. Des Weiteren hat die Beklagte vorgetragen, dass die zur Aufbewahrung gegebenen Schlüssel nach dem Diebstahl bei dem Kaiumschlagsunternehmen noch vorhanden waren. Unberücksichtigt geblieben ist auch der Vortrag der Beklagten, das sperrige Gut habe auf dem Hafengelände in Antwerpen nur frei gelagert werden können, wobei eine solche Lagerung dort allgemein üblich sei und die Beklagte sich an die dort geltenden Sicherheitsstandards gehalten habe. Mit Recht beanstandet die Revision ferner, das Berufungsgericht habe nicht gewürdigt, dass es sich bei den Mobilkränen mit einem Gewicht von jeweils 48.000 kg nicht um Gut handelt, das ohne weiteres leicht verwertbar ist. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen daher nicht die Annahme eines qualifizierten Verschuldens der Beklagten im Sinne von § 660 Abs. 3 HGB.

6. Ohne Erfolg bleibt dagegen die Rüge der Revision, das Berufungsgericht hätte ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin in Erwägung ziehen müssen. Die Revision macht hierzu geltend, das Berufungsgericht habe den Vortrag der Beklagten unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte für die Versicherungsnehmerin in der Vergangenheit bereits entsprechende Transporte unter denselben Bedingungen vorgenommen habe.

Auf diesen Vortrag kann ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin nicht gestützt werden. Die Versicherungsnehmerin war nicht verpflichtet, die Kräne mit einer Alarmanlage auszustatten. Für eine Bewachung des Gutes brauchte sie schon deshalb nicht zu sorgen, weil die Kräne nach der Anlieferung in Antwerpen unter der Obhut der Beklagten standen.

III. Danach ist das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht das Grundurteil des Landgerichts über die gesetzliche Höchstbetragshaftung gemäß § 660 Abs. 1 Satz 1 HGB hinaus bestätigt hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht Folgendes zu beachten haben: Grundsätzlich hat der Anspruchsteller die Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Frachtführers/Verfrachters bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Danach trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Frachtführer/Verfrachter vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten wird (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 – I ZR 154/07, TranspR 2010, 78 Rn. 16). Die dem Anspruchsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast kann jedoch dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, zu den näheren Umständen des Schadensfalls – soweit möglich und zumutbar – eingehend vorzutragen. Eine solche sekundäre Darlegungslast des Anspruchsgegners ist zu bejahen, wenn der Klagevortrag ein qualifiziertes Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt oder sich Anhaltspunkte für ein derartiges Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. Insbesondere hat der Frachtführer dann substantiiert darzulegen, welche Sorgfalt er zur Vermeidung des eingetretenen Schadens konkret aufgewendet hat. Kommt er dem nicht nach, kann nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (st. Rspr.; vgl. BGH, TranspR 2010, 78 Rn. 16 mwN).

Das Berufungsgericht hat bislang nicht festgestellt, dass der Vortrag der Klägerin oder der unstreitige Sachverhalt auf ein qualifiziertes Verschulden gerade des Geschäftsführers der Beklagten schließen lassen. Es ist vielmehr rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass sich die Beklagte das Handeln des Kaiumschlagsbetriebs A. zurechnen lassen muss.

Sofern der Frachtführer/Verfrachter seine Darlegungsobliegenheit erfüllt hat, muss der Anspruchsteller die Voraussetzungen für dessen unbeschränkte Haftung darlegen und gegebenenfalls beweisen. Es gereicht dem Schädiger daher nicht zum Nachteil, dass er den von ihm geschilderten Sachverhalt nicht bewiesen hat, da ihn insoweit keine Beweislast trifft (BGH, TranspR 2010, 78 Rn. 20 mwN). Dies gilt auch dann, wenn der an sich darlegungs- und beweisbelasteten Partei die nähere Darlegung eines zum Wahrnehmungsbereich des Gegners gehörenden Geschehens nicht möglich ist. Dieser Umstand führt nicht zu einer Umkehrung der Beweislast, sondern allenfalls zu erhöhten Anforderungen an die Erklärungslast des Prozessgegners (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 – I ZR 139/07, NJW 2009, 2384 Rn. 17; BGH, TranspR 2010, 78 Rn. 20). Die Parteien haben im wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit, ihren Vortrag mit Blick auf diese Hinweise zu ergänzen.

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