LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 29. Juli 2011 – 2 O 50/10
Zum Nacherfüllungsanspruch bei zu hohem Ölverbrauch eines Neufahrzeugs
1. Der Käufer ist an eine getroffene Wahl der Art der Nacherfüllung nicht mehr gebunden, wenn die gewählte oder vereinbarte Art der Nacherfüllung misslingt.(Rn.22)
2. Der Verkäufer eines Kraftfahrzeugs kann sich bei gravierenden Mängeln, wie überhöhtem Ölverbrauch des Fahrzeugs, grundsätzlich nicht auf die Einrede gemäß § 439 Abs. 3 BGB berufen, dass die Neulieferung unverhältnismäßige Kosten verursache.(Rn.23)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen neuen, mangelfreien Pkw des Typs Alfa Romeo 159 Serie 2 1.8 TBi 16 V Turismo, Hubraum/KW …/…, Farbe 601Schwarz/Farbe Innen 111 schwarz, Knie-Airbag für Beifahrer, Klimaautomatik, drei Zonen, getrennt regelbar, mit Zigarettenanzünder im Fond, Außenspiegel elektrisch anklappbar, 5er Leichtmetallräder ti 19 in Dunkelgrau mit Bereifung 235/40, 5 TG Sportpaket ti, Parksensoren vorne und hinten in die Stoßfänger integriert, Bose Soundsystem mit digitalem Verstärker, 10 Lautsprechern, Überführung und Zulassung zu liefern und zu übereignen Y3-um-Y3 gegen Übereignung des von der Beklagten an den Kläger verkaufen Pkw des Typs Alfa Romeo 159 Serie 2 1.8 TBi 16 V Turismo, Fahrgestell-Nr. ZAR….
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des vom Kläger an sie zurück zu übereignenden Fahrzeuges in Verzug befindet.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die der Streitverkündeten entstanden Kosten trägt diese selbst.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 44.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Neulieferung eines Kraftfahrzeugs aufgrund eines Kaufvertrags in Anspruch.
2
Am 11.08.2009 kaufte der Kläger von der Beklagten einen neuen Pkw Alfa Romeo 159, Serie 2 1.8 TBi 16 V Turismo zum Kaufpreis von 37.030,00 Euro. Das Fahrzeug wurde am 26.10.2009 übergeben. Der Kläger verwendete das Fahrzeug teilweise privat und teilweise für seine Pizzeria. Nach Inbetriebnahme stellte sich heraus, dass das Fahrzeug einen überhöhten Ölverbrauch hatte. Bereits am 30.10.2009 hatte es nach 160 gefahrenen Kilometern 300 ml Öl verbraucht, am 02.11.2009 erneut 300 ml. Anfang Dezember 2009 waren nach 850 gefahrenen Kilometern weitere 700 ml verbraucht, auf weiteren gefahrenen 1.000 Kilometern 1.75 l Öl. Im Verlauf des Dezember 2009 nahm der Ölverbrauch immer mehr zu. Spätestens am 23.11.2009 beanstandete der Kläger den hohen Ölverbrauch in der Werkstatt der Beklagten. Man einigte sich, einen Test durchzuführen, um den Ölverbrauch zu ermitteln. Am 23.11.2009 wurde der Ölstand auf Maximum aufgefüllt, am 09.12.2009 war er nach gefahrenen 552 Kilometern wieder auf Minimum. Nachdem er wieder auf Maximum aufgefüllt war, war er am 28.12.2009 nach gefahrenen 482 Kilometern wiederum auf Minimum abgesunken. Die Beklagte konnte sich die Ursache des überhöhten Ölverbrauchs nicht erklärten. Sie zog den Werkskundendienst der Herstellerin des Fahrzeugs hinzu, um das weitere Vorgehen zu erörtern.
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Mit Anwaltsschreiben vom 19.01.2010 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, kein Interesse mehr an dem Fahrzeug zu haben, und forderte die Beklagte zur Lieferung eines neuen Pkw Alfa Romeo Zug-um-Zug gegen Übergabe des gelieferten mangelhaften PKW auf.
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Am 21.01.2010 riet die Beklagte dem Kläger, das Auto zwecks Begutachtung durch einen Techniker in ihrer Werkstatt vorzuführen.
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Dies geschah auch am 22.01. bzw. 25.01.2010. Nachdem die Beklagte wiederum den Grund für den Ölverbrauch nicht finden konnte, tauschte sie den Zylinderkopf aus. Am 11.02.2010 rief sie den Kläger an, erklärte ihm, das Fahrzeug sei repariert, der Mangel sei behoben, es habe Probleme mit den Zylindern gegeben. Am 15.02.2010 erhielt der Kläger das Auto zurück. Tatsächlich war der Mangel des überhöhten Ölverbrauchs nicht behoben. Nach 510 gefahrenen Kilometern war der Ölstand wiederum auf Minimum gesunken. Die Ursache des erhöhten Ölverlustes liegt in einem von Anfang an bestehenden Motorschaden.
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Der Kläger behauptet, bei dem Fahrzeug seien auf jeder Fahrt nach Abschalten des Motors bis zu 10 Minuten dicke Rauchwolken ausgetreten. Den erhöhten Ölverbrauch und die Rauchentwicklung habe er erstmals am 30.10.2009 der Beklagten angezeigt. Bereits am 31.12.2009 habe er der Beklagten mitgeteilt, kein Interesse mehr an dem Fahrzeug zu haben, und Nacherfüllung in Form der Ersatzlieferung verlangt. Als er das Fahrzeug auf Bitten der Beklagten dieser am 22.01.2010 zur Begutachtung zur Verfügung gestellt habe, habe er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er eine Nachbesserung des Fahrzeugs ablehne und Ersatzlieferung verlange. Er ist der Ansicht, es sei ihm nicht zumutbar, ein Fahrzeug zu behalten, welches offensichtlich einen kapitalen Motorschaden erlitten habe.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, ihm einen neuen, mangelfreien Pkw des Typs Alfa Romeo 159 Serie 2 1.8 TBi 16 V Turismo mit der sich im einzelnen aus dem Urteilstenor ergebenden Ausstattung zu liefern und zu übereignen Zug-um-Zug gegen Übereignung des ihm von der Beklagten verkauften Pkw Alfa Romeo 159 Serie 2 1.8 TBi 16 V Turismo, Fahrgestellnummer ZAR…;
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festzustellen, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befinde.
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Die Beklagte und die Streitverkündete beantragen, die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte behauptet, der Kläger habe sich mit dem Austausch des Zylinderkopfs am 12.02.2010 ausdrücklich einverstanden erklärt. Zwischen den Parteien sei damit ausdrücklich die Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels vereinbart worden. Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger habe bereits bei dem Werkstattbesuch am 28.12.2009 und durch Vereinbarung des Austauschs des Zylinderkopfes wirksam sein Wahlrecht betreffend die Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels ausgeübt und sei an seine Wahl gebunden. Ferner verweigert die Beklagte die Lieferung eines mangelfreien Pkw unter Berufung auf § 439 Abs. 3 BGB und behauptet, die vom Kläger gewünschte Art der Nacherfüllung liege weit über 10 % über den Kosten der Mangelbeseitigung.
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Die Streitverkündete behauptet, die Kosten der Nachlieferung lägen sogar bei weitem oberhalb der 20%-Grenze. Die Streitverkündete bietet dem Kläger den Einbau eines komplett neuen Motors in das Fahrzeug an.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben über die Frage der Rauchentwicklung und zu den Vereinbarungen der Parteien zur Reparatur des Fahrzeugs durch Vernehmung der Zeugen Y, Y1, U und A. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 09.07.2010 (Bl. 67 ff. der Akte) Bezug genommen.
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Das Gericht hat ferner zu der Frage, ob auch heute noch ein erhöhter Ölverbrauch des Fahrzeugs vorliege, Beweis erhoben durch Einholung des schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen C. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 08.12.2010 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet.
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Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Neulieferung eines mangelfreien Pkw Alfa Romeo aus §§ 433 Abs. 1, 434 Abs. 1, 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB zu.
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Das von dem Kläger bei der Beklagten mit Kaufvertrag vom 11.08.2009 gekaufte und am 26.10.2009 gelieferte Fahrzeug weist einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB auf. Wie der Sachverständige C festgestellt hat, ergibt sich bei dem Wagen ein rechnerischer Ölverbrauch von 1,78 Litern auf 1.000 km, obwohl der Betriebsanleitung des Fahrzeugs zu entnehmen ist, dass es auf 1.000 km einen Ölverbrauch von lediglich 400 Gramm haben darf. Damit ist der Ölverbrauch als deutlich zu hoch anzusehen. Dies ist zwischen den Parteien auch unstreitig.
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Nach anfänglichem Bestreiten seitens der Beklagten ist nunmehr auch unstreitig geworden, dass der Mangel an dem Fahrzeug auch nach dem Reparaturversuch durch Austausch eines Zylinderkopfs am 12.02.2010 noch vorliegt. Die Streitverkündete hat dies nach Erlass des Beweisbeschlusses vom 09.07.2010 mit Schriftsatz vom 26.05.2011 unstreitig gestellt, die Beklagte hat sich diesen Ausführungen der Streitverkündeten mit Schriftsatz vom 07.06.2011 angeschlossen. Desweiteren haben die Beklagte und die Streitverkündete hiermit unstreitig gestellt, dass die Ursache für den erhöhten Ölverbrauch in einem bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger vorhandenen Motorschaden zu suchen ist. Auch zu dieser Frage sollte zunächst gemäß § Ziffer 1 des Beweisbeschlusses vom 09.07.2010 durch Einholung des Gutachtens Beweis erhoben werden. Nachdem der Sachverständige in seinem Gutachten vom 08.12.2010 zunächst zur Beweisfrage 2, ob der erhöhte Ölverbrauch des Fahrzeugs noch heute vorliege, Stellung genommen hatte, haben die Streitverkündete und die Beklagte mit Schriftsätzen vom 26.05.2011 und 07.06.2011 auf die Beantwortung der Beweisfrage zu Ziffer 1 verzichtet und damit unstreitig gestellt, dass der Mangel nicht im Nachhinein entstanden ist, sondern von Anfang an vorhanden war.
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Gemäß § 439 Abs. 1 BGB kann der Kläger wegen des Mangels des gekauften Fahrzeuges die Lieferung eines neuen, mangelfreien Pkw verlangen. Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Streitverkündeten muss er sich nicht mit der Reparatur des gekauften Fahrzeuges durch Einbau eine neuen Motors zufrieden geben.
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Das Wahlrecht, ob die Nacherfüllung im Wege der Beseitigung des Mangels oder der Neulieferung einer mangelfreien Sache erfolgt, steht gemäß § 439 Abs. 1 BGB dem Käufer zu. Der Kläger hat das ihm zustehende Wahlrecht spätestens mit Anwaltsschreiben vom 19.01.2010 sowie durch Erhebung der vorliegenden Klage ausgeübt. Ob er bereits am 31.12.2009 die Ersatzlieferung eines Fahrzeugs verlangt hat, was unter den Parteien streitig ist, ist daher in diesem Zusammenhang unerheblich.
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Der Kläger hat sein Wahlrecht nicht dadurch verloren, dass er, wie die Beklagte behauptet, sich durch sein Einverständnis mit der Reparatur im Wege des Austauschs des Zylinderkopfes für die Art der Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels entschieden hätte. Auf die Entscheidung der unter den Parteien streitigen Frage, ob sich der Kläger tatsächlich mit dieser Reparatur einverstanden erklärt hat, kommt es nicht an. Denn selbst, wenn dies der Fall gewesen wäre, wäre der Kläger an eine diesbezügliche Vereinbarung mit der Beklagten bzw. an eine Einverständniserklärung mit einer Reparatur nicht mehr gebunden. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob ein Käufer überhaupt an eine einmal getroffene Wahl über die Art der Nacherfüllung gebunden ist (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Auflage, 337). Nach einer differenzierten Auffassung, die den beiderseitigen Interessen der Kaufvertragsparteien am besten Rechnung trägt und der sich das Gericht daher anschließt, kann der Käufer seine Wahl grundsätzlich jederzeit ändern, grundsätzlich allerdings nur so lange, wie der Verkäufer mit der Durchführung der gewählten Art der Nacherfüllung noch nicht begonnen hat. Auch an eine zwischen Käufer und Verkäufer getroffene Vereinbarung über die Art der Nacherfüllung ist der Käufer grundsätzlich gebunden (Reinking/Eggert, a. a. O., n 337, 340). Etwas anderes gilt aber dann, wenn die gewählte oder vereinbarte Art der Nacherfüllung misslingt. In einem solchen Fall kann der Käufer wieder auf die andere Art der Nacherfüllung übergehen (Reinking/Eggert, a. a. O.). Dies ist hier der Fall. Wie durch das Gutachten des Sachverständigen C vom 08.12.2010 bewiesen und sodann auch unstreitig geworden ist, liegt der Mangel des erhöhten Ölverbrauchs bei dem Fahrzeug nach wie vor vor. Der Reparaturversuch vom 12.02.2010 hat damit keinen Erfolg gehabt. Daher kann dem Kläger als Käufer nicht mehr angesonnen werden, sich an der von der Beklagten behaupteten, ursprünglich gewählten bzw. vereinbarten Art der Nacherfüllung durch Nachbesserung festhalten zu lassen. Der Kläger ist in seiner Wahl wieder frei und kann nunmehr die Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs verlangen.
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Die Beklagte kann die Neulieferung eines mangelfreien Fahrzeugs nicht unter Berufung auf § 439 Abs. 3 BGB verweigern, weil diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich sei. Die von ihr insoweit erhobene Einrede, für deren tatsächliche Voraussetzungen sie darlegungspflichtig ist, hat keinen Erfolg. Die Beklagte und die Streitverkündete haben – trotz diesbezüglich am 28.04.2010 erteilten Hinweises – keinerlei substantiierte Tatsachen vorgetragen, die den für die Feststellung einer Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllungskosten im Sinne von § 439 Abs. 3 BGB erforderlichen Kostenvergleich ermöglichen könnten. Das Vorbringen beider erschöpft sich in dem pauschalen Hinweis, die Kosten für die vom Kläger gewünschte Art der Nacherfüllung lägen bei über 10 % (Beklagte) bzw. über 20 % (Streitverkündete) der Kosten, die durch eine Beseitigung des Mangels anfallen würden. Diese Angaben genügen nicht, um den erforderlichen Kostenvergleich anstellen zu können. Die Beklagte und die Streitverkündete teilen keinerlei Einzelheiten zu den durch die jeweilige Art der Nacherfüllung anfallenden Kosten mit, auf denen die von ihnen angegebenen Prozentzahlen beruhen sollen. Es fehlt daher jegliche tatsächliche Grundlage sowohl für die sogenannte „absolute Unverhältnismäßigkeitskontrolle“ als auch für eine „relative Verhältnismäßigkeitskontrolle“. Erstere besteht in dem Vergleich des Wertes der Sache in mangelfreiem Zustand und der Bedeutung des Mangels mit den durch die Nacherfüllung entstehenden Kosten. Während sich der Wert der Sache im mangelfreien Zustand noch aufgrund des zwischen den Parteien vereinbarten Kaufpreises erschließen lässt, fehlt es hinsichtlich der durch die Nacherfüllung entstehenden Kosten an jeglichen konkreten Angaben der Beklagten. Welche Kostenpositionen hierzu konkret vorzutragen sind, lässt sich beispielsweise dem – von der Streitverkündete selbst zitierten – Urteil des Landgerichts F vom 13.12.2002 (LG F NJW 2003, 517, 518) entnehmen. So bedarf es etwa Angaben zu dem Listenpreis eines neuen Fahrzeugs der gleichen Baureihe, zu Aufpreisen für Extras, zu dem in Abzug zu bringenden Händlerrabatt und zum Wertverlust des gekauften Fahrzeugs. Insbesondere auch die letzte Angabe ist erforderlich, da bei den Kosten der Neubeschaffung auch die Vorteile gegengerechnet werden müssen, die dem Verkäufer durch den Rückerhalt des verkauften Fahrzeugs und dessen dann möglichen Weiterverkauf entstehen.
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Erst recht ist eine relative Verhältnismäßigkeitskontrolle aufgrund der unzureichenden Angaben der Beklagten nicht möglich. Insoweit sind die durch die vom Kläger gewünschte Neulieferung eines Fahrzeugs entstehenden Kosten den Kosten gegenüber zu stellen, die durch eine Nachbesserung in Form der Reparatur entstehen würden. Nach den hierzu in Rechtsprechung und Literatur vertretenen, in Einzelheiten differierenden Auffassungen stellen die Kosten einer Neulieferung nur dann einen unverhältnismäßigen Aufwand dar, wenn sie im Rahmen eines anzustellenden „internen Vergleichs“ die Kosten der Nachbesserung um 10 % bis 30 % übersteigen (Reinking/Eggert, a. a. O., n 445,446; LG F a. a. O.). Zur Durchführung dieses internen Vergleichs sind neben den bereits aufgeführten Kosten der Neulieferung auch die durch eine Nachbesserung anfallenden Kosten mitzuteilen. Zu den durch den von der Streitverkündeten angebotenen Einbau eines neuen Motors in das gekaufte Fahrzeug anfallenden Kosten tragen die Beklagte und die Streitverkündete nicht einmal ansatzweise irgendetwas vor.
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Abgesehen hiervon scheitert die von der Beklagten erhobene Einrede des § 439 Abs. 3 BGB aber auch aus einem weiteren Grund. Bei der Beurteilung der Frage, ob die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unverhältnismäßige Kosten verursacht, ist nach § 439 Abs. 3 Satz 2 BGB neben dem Wert der Sache in mangelfreiem Zustand und der Bedeutung des Mangels auch zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Neben dem Kostenvergleich spielt somit auch das Interesse des Käufers an der Neulieferung eines mangelfreien Fahrzeuges eine Rolle. Besteht ein berechtigtes Interesse des Käufers daran, dass die von ihm verlangte Variante der Nacherfüllung verwirklicht wird, ist dies dem Verkäufer auch dann zuzumuten, wenn sie höhere Kosten als die andere Art der Nacherfüllung verursacht (Reinking/Eggert, a. a. O., 426). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es sich bei einem erheblich überhöhten Ölverbrauch eines Motors um einen wesentlichen Mangel handelt. Er hat zur Folge, dass der Kläger permanent auf den Ölverbrauch des Motors achten musste. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei dem gekauften Auto um ein Neufahrzeug handelt, ist es als nicht hinnehmbar zu erachten, dass sich der Kläger bei einem derartigen Mangel mit einem Austausch des Motors zufrieden geben muss (ebenso OLG D, NJW-RR 2007, 353, 354). Hierbei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Einbau eines werksneuen Motors, wie ihn die Streitverkündete dem Kläger angeboten hat, dazu führt, dass das Neufahrzeug technisch keinen Wertverlust erleidet, weil ein Fahrzeug mit einem nachträglich eingebauten werksneuen Motor gleichwertig ist mit einem Fahrzeug mit dem ursprünglichen Motor, wie dies der Prozessbevollmächtigte der Streitverkündeten in der Verhandlung vom 29.07.2011 mündlich vorgetragen hat. Denn selbst wenn ein Fahrzeug mit dem ersten Motor und ein Fahrzeug mit einem nachträglich eingebauten neuen Motor, anders als etwa im Falle eines Austauschmotors, technisch als gleichwertig anzusehen sind, bleibt nach Auffassung des Gerichts dennoch ein merkantiler Minderwert, der daraus resultiert, dass im Verkehr eine Sache, die einmal einen gravierenden Mangel aufgewiesen hat und dann repariert worden ist, in ihrer Wertschätzung geringer bewertet wird als eine von Anfang an mangelfreie Sache. Bei einem etwaigen späteren Weiterverkauf des Fahrzeugs könnte sich dies in dem zu erzielenden Verkaufserlös niederschlagen.
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Ferner war antragsgemäß festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des ihr vom Kläger gemäß §§ 439 Abs. 4 i. V. m. 346, 348 BGB zurück zu übereignenden Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet. Der Kläger hat der Beklagten die Rückgabe des mangelhaften Pkw mit Anwaltsschreiben vom 19.01.2010 gemäß §§ 293, 295 BGB in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten. Das hierin liegende wörtliche Angebot genügte, weil zur Bewirkung der Rücknahme und Übereignung eine Handlung der Beklagten als Gläubigerin erforderlich ist. Der Verkäufer muss, da dem Käufer durch die Rücknahme keine weiteren Unannehmlichkeiten entstehen dürfen, gemäß § 439 Abs. 2, 4 BGB für den Rücktransport des mangelhaften Fahrzeugs Sorge tragen und zudem an der Rückübereignung durch Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung mitwirken. Der Feststellungsantrag (Klageantrag zu Ziffer 2) ist, isoliert betrachtet, zwar unvollständig formuliert, da aus ihm nicht hervorgeht, womit sich die Beklagte in Annahmeverzug befinden soll. Er ist jedoch, wie jeder Klageantrag, der Auslegung zugänglich, die sich an dem objektiven, dem Empfänger vernünftigerweise erkennbaren Sinn orientiert. Da die Feststellung des Annahmeverzuges der Erleichterung der späteren Zwangsvollstreckung dienen soll (§ 756 Abs. 1 ZPO), besteht kein Zweifel, dass der Kläger den Annahmeverzug der Beklagten hinsichtlich der von ihm zu erbringenden Gegenleistung festgestellt wissen wollte.
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Die Kostenentscheidung und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 91, 101 Abs. 1, 2. Halbsatz, 709 ZPO.