Zum Mitverschulden eines Radfahrers bei einem Sturz auf einem Waldweg wegen quer gespannter Schnüre

LG Kassel, Urteil vom 04. April 2002 – 9 O 1155/01

Zum Mitverschulden eines Radfahrers bei einem Sturz auf einem Waldweg wegen quer gespannter Schnüre

Tatbestand
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Der Kläger nimmt den Beklagten aus Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch. Der Beklagte ist Landwirt. Er unterhält in „…….“ an der Landstraße K „…….“ einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Viehhaltung. Eine der von ihm genutzten Weideflächen befindet sich unmittelbar neben seinem Anwesen. Entlang der Grundstücksgrenzen zwischen dem Anwesen des Beklagten und dieser Weidefläche befindet sich ein Waldweg, der auf die K „…….“ mündet. Der Beklagte treibt sein Vieh über diesen Waldweg auf die Weidefläche. Zu diesem Zweck pflegt er den Wegteil zwischen den Gattern durch zwei quer über den Waldweg gespannte Nylonseile abzuspannen.Der Kläger befuhr am Samstag, den 18. 08. 2000 um ca. 20.00 Uhr aus Richtung „…….“ kommend diesen Waldweg. Auf der Höhe der von dem Beklagten genutzten Weidefläche im Bereich der Stelle, welche vom Beklagten für den Viehtrieb genutzt wird, kam der Kläger aus zwischen den Parteien strittigen Umständen mit seinem Fahrrad zu Fall.Ausweislich des vom Kläger vorgelegten Arztberichts des Krankenhauses „…….“ vom 18. 08. 2000 (BI. 12 d.A.) traf der Kläger dort sodann um 21. 20 ein. Zur Anamnese ist in dem Bericht ausgeführt:“Unbekannte Person hatte Drahtseile über einen Waldweg gespannt, über die der Pat. als Radfahrer stürzte“.Als festgestellte Verletzungen werden großflächige Abschürfungen im Schulter- und Rückenbereich sowie am Knie festgestellt; ferner eine Verletzung des Schultereckgelenks.Ausweislich Verkehrsunfallanzeige vom 19. 09. 2000 (BI. If der Beiakte StA Kassel 2611 Js 30639/00) erschien der Kläger am 19. 08. 2000 bei der Polizeistation „…….“ und erstattete dort Anzeige, weil er mit seinem Fahrrad wegen eines von dem Beklagten zurück gelassenes, quer über einen Feldweg gespanntes Nylonseil gestürzt sei.

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Wegen der Verletzungen des Schultergelenks wurde bei dem Kläger nachfolgend ausweislich Operationsberichts der Klinik für Orthopädie, „…….“ (BI. 14 d.A.) am 28. 08. 2000 eine Reposition und Cerclagen-Osteosynthese zur Behebung einer Zerreißung der Gelenkkapsel des Schultereckgelenks durchgeführt.Der Kläger befand sich vom 28. 08. bis 02. 09. 2000 in der Klinik für Orthopädie in Behandlung. Ein weiterer Krankenhausaufenthalt wurde vom 23. bis 24. 10. 2000 erforderlich.Bis zum 30. 11. 2000 war der Kläger arbeitsunfähig krank geschrieben.Das zu Aktenzeichen StA Kassel 2611 Js 30639/00 gegen den Beklagten eingeleitete Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Kassel vom 05. 10. 2000 (BI. 31 d. Beiakte) eingestellt, da es an für eine strafrechtliche Verurteilung des Beschuldigten ausreichenden Anhaltspunkten für sein Verschulden fehle.Mit Schreiben vom 01. 11. 2000 forderte der Kläger den Haftpflichtversicherer des Beklagten erfolglos auf, einen Vorschuss auf Schmerzensgeld in Höhe von DM 5.000,00 sowie einen Betrag von DM 5.710,40 zum Ausgleich erlittener materieller Schäden zu zahlen.Der Kläger behauptet: Er sei mit seinem Fahrrad zu Fall gekommen, als er beim Befahren des Feldweges in ein von dem Beklagten dort zurück gelassenes, quer über den Feldweg gespanntes Nylonseil geraten sei. Das Nylonseil sei für ihn zum Unfallzeitpunkt nicht rechtzeitig wahrnehmbar gewesen. Der Beklagte habe mit einer Nutzung des Feldwegs durch Radfahrer rechnen müssen. Entweder habe der Beklagte selbst das Nylonseil von einem von ihm durchgeführten Viehtrieb zurück gelassen, oder er habe dieses nicht ausreichend gegen mißbräuchliche Verwendung durch Dritte gesichert.Zu den einzelnen Schadenspositionen behauptet der Kläger: An seinem Fahrrad sei ein Sachschaden von DM 900,00 durch Schäden an Lenker, Gabel und Gangschaltung entstanden.

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An Verdienstausfallschaden sei für die Zeit vom 30. 09. bis 29. 11. 2000 ein Betrag von DM 1.464,22 angefallen. Der Kläger habe im Juli 2000 eine monatliche Nettovergütung von DM 3.402,11 bezogen. Der Kläger lässt sich für die Zeit vom 18. 08. bis zum 29. 09. 2000 die Lohnfortzahlungsleistungen seines Arbeitgebers sowie für die Folgezeit bis zum 29. 11. 2000 ein Krankengeld von DM 89,00 je Tag abziehen.Der Kläger habe eine Putzhilfe mit einer Arbeitszeit von 4 Stunden je Woche heranziehen müssen, da er für die Zeit vom 02. 09. bis zum 27. 10. 2000 außerstande gewesen sei, die von ihm genutzte Wohnung nebst Treppenhaus zu reinigen. Hierfür habe er bei einem Stundenlohn von DM 15,00 insgesamt 8 Wochen x 4 Std. x DM 15,00, somit DM 480,00 aufwenden müssen.Ferner sei er für einen Zeitraum von 55 Tagen auf eine Haushaltshilfe angewiesen gewesen, die für ihn 5 Stunden je Tag für einen Stundenlohn von DM 15,00 tätig geworden sei. Der Kläger habe insoweit 5 Std. x 55 Tg. x DM 15,00 somit DM 4.125,00 aufwenden müssen.Für Zuzahlungen zu Rezeptgebühren und Eigenbeteiligungen habe er DM 136,00 aufwenden müssen.Für physiotherapeutische Behandlungsmaßnahmen habe er weitere DM 48,00 aufwenden müssen, für eine Zuzahlung zu einer Rehabilitationsmaßnahme DM 85,00.An Fahrtaufwendungen seien ihm bei einer Gesamtstrecke von 1.512 km bei Ansatz eines Pauschalbetrages von DM 0,52 je km insgesamt DM 786,24 entstanden.Ferner könne er Ersatz einer Attestgebühr von DM 10,00 sowie eine Unkostenpauschale von DM 50,00 beanspruchen.Des weiteren macht der Kläger die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes geltend, welches sich nach Auffassung des Klägers auf eine Größenordnung von DM 30.000,00 belaufe. Hierzu behauptet er, bei ihm seien als Dauerfolgen verbliebene Dauerschmerzen im Bereich des rechten Schultergürtels sowie des Schultergelenks verblieben. Des weiteren liege eine irreversible Einschränkung der Beweglichkeit des Schultergelenks vor.

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Der Kläger beantragt,

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den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger DM 8.084,62 nebst 55 % Zinsen aus DM 5.710,40 seit dem 20. 11. 2000 sowie aus weiteren DM 2.372,22 seit dem 15. 07. 2001 zu zahlen.den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum vom 18. 08. 2000 bis zum 15. 07. 2001 zu zahlen.festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 18. 08. 2000 zu ersetzen, soweit diese nach Klageerhebung entstehen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er behauptet: Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger am Unfalltage gar nicht an der Unfallstelle gewesen sei und sich jedenfalls dort kein Unfall abgespielt habe, da auf dem Grundstück des Beklagten Gäste anwesend gewesen seien, die jedoch nichts von einem derartigen Vorgang bemerkt hätten. Jedenfalls seien zum Unfallzeitpunkt keine Nylonseile quer über den Weg gespannt gewesen, da diese der Beklagte nach einem gegen 16.30 Uhr durchgeführten Viehtrieb ordnungsgemäß wieder seitlich des Weges abgehängt habe, wie dies seiner Gewohnheit entspreche. Jedenfalls müsse es sich der Kläger als ein ganz überwiegendes, eine eventuelle Mithaftung des Beklagten kompensierendes Eigenverschulden anlasten lassen, dass er mit deutlich übersetzter Geschwindigkeit auf einem für Fahrverkehr gesperrten Feldweg gefahren sei, der unmittelbar hinter der Unfallstelle auf eine Kreisstraße münde.Die Akten des Verfahrens 2611 Js 30639/00 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen „…….“ , „…….“ und „…….“ . Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24. 01. 2002 (BI. 99ff d.A.) Bezug genommen. Das Gericht hat ferner Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen „…….“ , „…….“ und „…….“ . Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14. 03. 2002 (BI. 124ff d.A.) Bezug genommen.Zur Ergänzung des vorgetragenen Inhalts der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze wird über die vorgenannten Protokolle hinaus auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11. 10. 2001 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist dem Grunde nach aus § 823 Abs. 1 BGB gerechtfertigt, jedoch der Höhe nach nur unter Abzug einer Mithaftungsquote des Klägers von 2/3, somit zu 1/3 gerechtfertigt, da sich der Kläger nach § 254 BGB ein erhebliches Mitverschulden anlasten lassen muss.Der Beklagte ist dem Kläger aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der fahrlässigen Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht zum Ersatz der dem Kläger entstandenen Schäden verpflichtet. Wie auch der Beklagte nicht in Abrede stellt, geht er zur Absperrung des Viehtriebs von seinem Anwesen über den angrenzenden Waldweg auf seine gegenüber liegende Weide so vor, dass er zu diesem Zweck Schnüre quer über den Waldweg spannt. Darin liegt, falls diese Schnüre dort verbleiben, die Eröffnung einer Gefahrenquelle für den über den Waldweg führenden Verkehr. Der Beklagte ist deshalb gehalten, die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen dafür zu treffen, dass Dritte durch diese Gefahrenquelle nicht zu Schaden kommen. Dazu gehört auch eine hinreichende Sicherung der nach Nichtgebrauch herumliegenden Schnüre vor einem Mißbrauch durch Dritte. Wie sich auch aus den in der Beiakte 2611 Js 30639/00 befindlichen Lichtbildern ergibt, handelt es sich bei den verwendeten Schnüren um auffällig blau gefärbte Kunststoffseile, die vorbeikommenden Nutzern des Waldwegs durchaus auffallen und bei entsprechender Willensrichtung dieser Nutzer auch zu mißbräuchlicher Verwendung einladen können. Unter heutigen Lebensverhältnissen liegt es keineswegs fern, dass solche Schnüre von Dritten unbefugt im Sinne eines „bösen Scherzes“ zur Absperrung des Waldweges benutzt werden. Der Beklagte kann sich deshalb nicht darauf berufen, dass hier Raum für Zweifel sein mag, ob dem Kläger der Nachweis gelungen ist, dass gerade der Beklagte bzw. von diesem mit der Durchführung des Viehtriebs beauftragte Personen die Schnüre nach deren letzter Benutzung zurück gelassen haben. Wer ein naheliegendes Risiko der mißbräuchlichen Verwendung von Gegenständen schafft, muss den Verkehr auch hiervor schützen. Insbesondere die mißbräuchliche Verwendung ungesichert zurück gelassener Absperreinrichtungen für Viehtrieb liegt nicht so fern, dass ein Landwirt damit überhaupt nicht zu rechnen hätte (OLG Köln NZV 1999, 294 ). Aus der gem. § 170 StPO erfolgten Einstellung des gegen ihn geführten Strafverfahrens kann der Beklagte insoweit nichts entscheidendes für sich herleiten, denn im Fahrlässigkeitsbereich sind die strafrechtlichen Verhaltenspflichten schon wegen der abweichenden Voraussetzungen strafrechtlicher und zivilrechtlicher Verantwortlichkeit etwas enger zu fassen als die Grenzen zivilrechtlicher Verantwortlichkeit, so dass durchaus die zivilrechtliche Einstandspflicht bejaht und die strafrechtliche Verantwortlichkeit verneint werden kann (vgl. BGHSt 37, 107/115; Sternberg-Lieben in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001 § 15 StGB Rdnr. 223 mwN).Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der Kläger über eine der vom Beklagten herrührenden Schnüre deshalb zu Fall gekommen ist, weil diese quer über den Weg gespannt waren. Soweit der Beklagte in Zweifel zieht, dass der Kläger überhaupt im Bereich der Unfallstelle einen Sturz mit seinem Fahrrad erlitten hat, vermag das Gericht diese Zweifel nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zu teilen. Das Gericht ist aufgrund des vorgelegten Aufnahmeberichts des Krankenhauses „…….“ vom 18. 08. 2000 (BI. 12 d.A.) sowie der polizeilichen Anzeige aus der Beiakte vom 19. 08. 2000 davon überzeugt, dass der Kläger das Unfallgeschehen von Anfang an so wie auch im vorliegenden Verfahren vorgetragen Dritten gegenüber geschildert hat. Auch die dem Kläger in keiner Weise bekannten Zeugen „…….“ und „…….“ haben bei ihrer Vernehmung jeweils bekundet, dass der Kläger die Ursache seines Unfalles jeweils als Sturz über eine quer über den Weg gespannte Nylonschnur beschrieben hat. Des weiteren hat der Zeuge „…….“ nachvollziehbar und durchaus glaubhaft bekundet, dass er mit dem Kläger nur flüchtig bekannt gewesen sei und diesen bei dessen Radfahrt eher zufällig begleitet habe; die Bekundungen des Zeugen und das Ergebnis der informatorischen Anhörung des Klägers stimmen in einem so erheblichen Ausmaß überein, dass die Annahme einer zwischen dem Zeugen und dem Kläger zum Nachteil des Beklagten abgesprochenen Falschaussage gänzlich fernliegt. Hätte eine vorher abgesprochene Falschaussage vorgelegen, so hätte der Zeuge „…….“ in seine Vernehmung mit Sicherheit, als ihm vom Gericht der entsprechende Vortrag des Klägers vorgehalten wurde, nicht davon Abstand genommen, die Darstellung des Klägers zu bestätigen, wonach sich eine der am Unfallort auf dem Grundstück des Beklagten anwesenden Personen im beifälligen Sinne dahin geäußert habe, dass es den Kläger „zerrissen“ habe.Der Glaubhaftigkeit der Darstellung des Klägers sowie des Zeugen „…….“ hinsichtlich des Unfallhergangs steht ferner auch nicht der Umstand entgegen, dass die von Beklagtenseite benannten Zeugen „…….“ , „…….“ und „…….“ nach ihren Bekundungen jeweils nichts von einem Unfall des Klägers bemerkt haben. Die Bekundungen aller dieser Zeugen lassen ohne weiteres Raum für die Annahme, dass die Zeugen den Vorfall nicht bemerkt haben, weil sie durch das auf dem Grundstück des Beklagten stattfindende Grillfest abgelenkt waren bzw. – hinsichtlich der Zeugin „…….“ – sich um ein Kleinkind zu kümmern hatten. Da noch weitere, im vorliegenden Verfahren nicht als Zeugen gehörte Personen an dem Grillfest beteiligt waren, kommt hierbei auch durchaus in Betracht, dass es sich bei der von dem Kläger bzw. den Zeugen „…….“ auf dem Grundstück des Beklagten bemerkten Personen um eine dieser dritten Gäste gehandelt hat.Der Beklagte macht zwar geltend, die Darstellung des Klägers sowie des Zeugen „…….“ sei deshalb gänzlich unglaubhaft, weil diese sich nach ihrer eigenen Darstellung nicht an die auf dem Grundstück des Beklagten anwesenden Personen um Hilfe gewandt hätten. Jedoch waren die Verletzungen des Klägers nicht so beschaffen, dass es sich zwingend angeboten hätte, um Hilfe bei Dritten nachzusuchen. Auch ist nachvollziehbar, dass der Kläger nach seinem Sturz zunächst nicht unmittelbar das Anliegen hatte, Feststellungen über eine mögliche Verantwortlichkeit für den Vorfall vor Ort zu treffen, sondern erst am Folgetag die Polizei aufgesucht hat. Insbesondere bleibt aber auch insoweit unverständlich, was den Kläger bewogen haben soll, noch am selben Tag um 21.20 Uhr das Kreiskrankenhaus „…….“ aufzusuchen und die in dem Anamnesebogen BI. 12 d.A. enthaltene Unfalldarstellung abzugeben, wenn diese Unfalldarstellung – so die vom Gericht nicht geteilte Auffassung des Beklagten – inhaltlich auf freier Erfindung des Klägers beruhen soll.

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Schließlich scheidet zur Überzeugung des Gerichts auch die Denkmöglichkeit aus, dass der Kläger an der Unfallstelle allein aufgrund eines eigenen Fahrfehlers zu Fall gekommen ist, sodann zufällig die jeweils an Pfosten am Straßenrand hängenden Schnüre bemerkt und hierdurch auf den Gedanken gebracht worden ist, dem Beklagten eine von dem Kläger spontan fingierte oder gemutmaßte Unfallursache anzulasten. Nach den glaubhaften und nachvollziehbaren Bekundungen des Zeugen „…….“ lagen nämlich die Schnüre nach dem Vorfall flach und jeweils wie durch einen Anstoß zerplatzt auf dem Boden; der Fahrvorgang des Klägers ist von dem Zeugen gut nachvollziehbar so dargestellt worden, dass ein reiner Fahrfehler des Klägers ausgeschlossen werden kann und dieser über quer über den Feldweg gespannten Schnüren zu Fall gekommen sein muss. Da der Beklagte seinerseits die Schnüre nach seiner Darstellung bei Nichtgebrauch nicht flach auf dem Boden liegen lässt, sondern an seitlich am Wegrand stehenden Pfosten aufhängt, lässt sich der von dem Zeugen „…….“ geschilderte Zustand der Unfallstelle nur dadurch erklären, dass der Kläger die quer über den Waldweg gespannten Schnüre nicht rechtzeitig bemerkt hat und über diese zu Fall gekommen ist, wobei er vorher noch einen Bremsversuch unternommen haben mag.Die somit dem Grunde nach gerechtfertigte Klage ist der Höhe nach allerdings nur zum Teil begründet. Zum einen ist dem Kläger der Nachweis der von ihm geltend gemachten materiellen Schadenspositionen nur zum Teil gelungen und kann ihm auch ein Schmerzensgeldanspruch nur in deutlich geringerer als der von ihm erstrebten Höhe zuerkannt werden; des weiteren muss er sich den Abzug einer Mithaftungsquote von 2/3 gefallen lassen.Der Höhe nach hat der Kläger – vor Abzug einer Mithaftungsquote – nur einen materiellen Schaden von insgesamt DM 5.293,68 zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen.Hinsichtlich der geltend gemachten Position eines Schadens von DM 900,00 am Fahrrad des Klägers hat dieser den in der Klageschrift erwähnten Kostenvoranschlag nicht vorgelegt. Nach den Bekundungen des Zeugen „…….“ sowie den zu BI. 16 der Beiakte 2611 Js 30639/00 gereichten Lichtbildern kann das Gericht nach Maßgabe von § 287 ZPO allenfalls einen Betrag von DM 750,00 als halbwegs plausibel nachvollziehen.In vollem Umfang zugesprochen werden konnte der geltend gemachte Verdienstausfall von DM 1.464,72.Soweit der Kläger Aufwendungen für eine Putzhilfe sowie für eine Haushaltshilfe geltend macht, konnten für beide Positionen zusammen nur DM 2.145,00 als erforderlich anerkannt werden. Für 1-Personen-Haushalte mit berufstätigem Haushaltsvorstand beläuft sich der statistische Durchschnittsaufwand für Eigentätigkeiten im Haushalt auf 18 Std. je Woche (Schulz-Bork/Grimmer, Bewertung der Arbeit von Hausfrauen – Grundlagen zur Schadensbemessung, S. 113); warum hier ein deutlich höherer Zeitaufwand erforderlich geworden sein soll, ist auch auf der Grundlage der Darstellung des Klägers nicht nachvollziehbar und Belege über den behaupteten Zeitaufwand sowie die geleisteten Zahlungen sind nicht vorgelegt worden, da der Klageschrift insoweit keine Anlagen beigefügt waren und diese auch auf Beanstandung des Beklagtenvertreters hin nicht nachgereicht worden sind. Bei dieser Sachlage konnten auch nach Maßgabe von § 287 ZPO nur 2,6 St. je Tag, somit 2,6 Std. x 55 Tg. x DM 15,00 = DM 2.145,00 als angemessener Aufwand anerkannt werden.Die Posten an Eigenanteil für Rezepte pp. von DM 136,00 und für Physiotherapie im Umfang von DM 48,16 sowie Zuzahlungen für Reha-Maßnahmen von DM 85,00 sind in vollem Umfang ersatzfähig.Soweit der Kläger Fahrtaufwendungen geltend macht, ist der Pauschalsatz von DM 0,52 je km nach Auffassung des Gerichts deshalb übersetzt, weil dieses hier den in § 9 ZSEG festgesetzten pauschalen Entschädigungssatz von DM 0,40 je km zur Anwendung bringt; dies führt bei insgesamt 1.512 km zu DM 604,80.Die geltend gemachten Aufwendungen für Atteste von DM 10,00 und die allgemeine Kostenpauschale von DM 50,00 sind wiederum in vollem Umfang gerechtfertigt.Als angemessenes Schmerzensgeld konnte dem Kläger im Ausgangspunkt – vor Ansatz der auch hier im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigenden Mithaftungsquote – statt der erstrebten DM 30.000,00 nur ein Betrag von DM 17.500,00 zuerkannt werden. Die vom Kläger erlittene Schlüsselbeinverletzung liegt auch bei Berücksichtigung der verbliebenen Dauerfolge einer Einschränkung der Beweglichkeit des Schultergelenks im Bereich der Verletzungen des Schulter-/Schlüsselbeinbereichs, die mit Schmerzensgeldbeträgen in der Bandbreite um DM 15.000,00 als angemessener Entschädigung abgefunden werden (vgl.’Hacks/Ring/Böhm 20. Aufl, lfd. Ni. 1706, 1676, 1630, 1622, 1608, 1571, 1533, 1498), wobei zur Anpassung dieser überwiegend aus Mitte der 90-er Jahre stammenden Entscheidungen an die allgemeine Preisentwicklung eine leichte Anhebung auf DM 17.500,00 angemessen und ausreichend erscheint. Die vom Kläger benannte Entscheidung fällt nach oben aus diesem Rahmen und ist nur vor dem Hintergrund der dem konkreten Einzelfall zugrunde liegenden Be- gleitverletzungen und Dauerschäden verständlich. Dabei muss zudem berücksichtigt werden, dass die sog. Tossy-Einteilung für Luxationes acromioclaviculares von Tossy I bis Tossy IV reicht (vgl. Psychrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl. 2002, S. 995) und eine Verletzung des Typs Tossy Ill somit nicht einmal den höchsten Schweregrad repräsentiert; ferner hat sich der Heilungsverlauf hier insgesamt als komplikationslos dargestellt und befand sich der Kläger nur für eine bei Verletzungen des hier vorliegenden Schweregrades vergleichsweise kurze Zeit im Krankenhaus. Vor allem aber war zu berücksichtigen, dass der Kläger nur ein Teilschmerzensgeld bis Klageerhebung geltend macht und einen selbständigen immateriellen Vorbehalt als Gegenstand seiner Feststellungsklage daneben stellt.Sowohl hinsichtlich des materiellen wie des immateriellen Schadens muss sich der Kläger jedoch gemäß § 254 BGB den Abzug einer Mithaftungsquote gefallen lassen, weil er die zur Schadensvermeidung gebotene Sorgfalt ersichtlich nicht im ausreichenden Ausmaß beachtet hat. Wie sich aus den vorliegenden Lichtbildern ergibt, sind die schadensursächlichen Nylonschnüre in einem farblich vergleichsweise auffälligen Blauton gehalten, der sich insbesondere deutlich vom schwarzen Schotteruntergrund der Straße abhebt. Der Vorfall hat sich zwar ca um 20.00 Uhr bis 20.30 Uhr, jedoch im August und somit noch im Hochsommer abgespielt; auch nach Darstellung des Klägers sowie des Zeugen „…….“waren die Lichtverhältnisse zum Unfallzeitpunkt gut. Ferner muss der Kläger mit einer auch für Radfahrer den örtlichen Verhältnissen nicht ausreichend angepaßten Geschwindigkeit gefahren sein; auf Waldwegen ist nämlich mit unvermutet auftauchenden Geländeunebenheiten und Hindernissen, etwa querliegenden Ästen usw stets zu rechnen. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist andererseits aber auch für ein Alleinverschulden des Klägers kein Raum; insbesondere betrifft das für den Waldweg angeordnete Verbot der Nutzung durch Fahrzeuge nach der örtlichen Situation und dem Schutzzweck nach ersichtlich nur von der K „…….“ auf den Waldweg hinauffahrende Kraftfahrzeuge, nicht jedoch den vom Waldweg auf die K „…….“ zufahrenden Kläger. Dennoch überwiegt hier bei einer Gesamtschau der Mitverantwortungsanteil des Klägers deutlich denjenigen des Beklagten. Nach Auffassung des Gerichts sind die Mitverantwortungsanteile hier mit 1/3 zu Lasten des Beklagten und zu 2/3 zu Lasten des Klägers zu gewichten (vgl. ähnlich OLG Hamm NJW-RR 1987, 988; OLG Celle ZfS 2000, 10 ).· Dies führt für den materiellen Schaden bei einem Ausgangsbetrag von DM 5.293,68 zu verbleibenden (1/3 x DM 5.293,68 =) DM 1.764,56.Für den immateriellen Schaden ist im Rahmen der Billigkeitsabwägung entsprechend den für § 254 BGB maßgeblichen Grundsätzen gleichfalls der Mitverantwortungsanteil des Klägers zu berücksichtigen, so dass sich das angemessene Schmerzensgeld auf DM 5.833,33 stellt.Der Feststellungsantrag ist gleichfalls gem. § 254 ZPO zulässig und nach Maßgabe der oben dargelegten Mithaftungsquote zum Teil begründet. Aufgrund der Schwere der vom Kläger erlittenen Verletzungen – es ist eine Repositionsoperation erforderlich geworden – liegt ausreichend nahe und ist hinreichend dargelegt, dass auch in Zukunft mit Folgeschäden immaterieller Natur gerechnet werden muss, da sich die weitere Entwicklung im Hinblick auf Einschränkungen der Beweglichkeit des Schultergelenks nicht hinreichend absehen lässt.Die zugesprochenen Zinsen beruhen auf §§ 286, 288 BGB.Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Zwar ist der Kläger nicht nur dem Haftungsgrund nach zu 2/3 unterlegen, sondern auch der Höhe nach ein Teil seiner Forderungen unberechtigt. Jedoch hat das Gericht die Kostenquote leicht zugunsten des Klägers verschoben, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sich der Beklagte das Verhalten seines Prozessbevollmächtigten im Termin vom 24. 01. 2002 und die durch Verschulden des Prozessbevollmächtigten erforderlich gewordene Vertagung dieses Termins anlasten lassen muss. Wenn der Parteivertreter des Beklagten gesundheitlich so beeinträchtigt war, dass er die absehbar mehrstündige Beweisaufnahme im Termin vom 24. 01. 2002 nicht durchstehen konnte, wäre es ein Gebot ordnungsgemäßer Prozessführung gewesen, dies dem Gericht sowie dem Gegner rechtzeitig mitzuteilen, damit die Verfahrensgestaltung hierauf eingerichtet werden kann und überflüssige Zeugenladungen vermieden werden. Soweit die Prozessführung einer Partei unnötige Kosten verursacht hat, muss dies bei der Kostenquotierung auch außerhalb der hier nicht einschlägigen §§ 35 GKG, 96 ZPO berücksichtigt werden (vgl. Putzo in Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl. 2002, § 92 Rdnr. 6).

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708, 711, 709 ZPO n.F.

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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 12 GKG, 3 ZPO; den Feststellungsantrag hat das Gericht hierbei mit 1/4 des nach Auffassung des Klägers angemessenen Schmerzensgeldbetrages bewertet.

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