Zum Honoraranspruch des Zahnarztes nach kurzfristiger Terminabsage durch den Patienten

OLG Stuttgart, Urteil vom 17.04.2007 – 1 U 154/06

Zu den Voraussetzungen eines Vergütungsanspruchs nach § 615 BGB oder eines Schadenersatzanspruchs nach § 252 BGB bei kurzfristiger Absage eines ärztlichen Behandlungstermins durch den Patienten.(Rn.7)

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 13.10.2006 – 5 O 490/05 – (Bl. 78 ff.d.A.)

abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 338,82 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers werden

zurückgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert im 2. Rechtszug: 6.255,31 €

Gründe

A.
1

Der Kläger, ein niedergelassener Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg mit eigener Praxis, nimmt den Beklagten, seinen ehemaligen Patienten, auf Zahlung von Honorar, hilfsweise Schadensersatz, für eine ausgefallene zahnärztliche Behandlung in Anspruch. Die für den 5.7.2005, 13.00 Uhr vorgesehene Behandlung hat der Beklagte 4 Stunden vorher wegen einer angeblichen Verhinderung durch einen Gerichtstermin abgesagt. Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe gleichwohl gemäß § 615 BGB der vertragliche Honoraranspruch in Höhe von 5.916,49 € zu. Zumindest aber schulde der Beklagte Schadensersatz, weil der Kläger wegen der Kurzfristigkeit der Absage die freigewordene Zeit nicht habe anderweit gewinnbringend nutzen können. Er habe dem Beklagten – wie jedem seiner Patienten – im Rahmen der Erstvorstellung am 21./22.12.2004 einen Anamnesebogen vorgelegt, der neben verschiedenen Fragen zu Vorerkrankungen den folgenden vorgedruckten Hinweis enthält:

2

Wir bitten darum, Terminänderungen bzw. Terminabsagen uns mindestens 24 Stunden, bei Vollnarkoseeingriffen 3 Tage vorher mitzuteilen. Andernfalls sind wir berechtigt, Ihnen eine Ausfallzeitgebühr zu berechnen.

3

Das Landgericht hat dem Kläger Schadensersatz in Höhe von 2.512.-€ sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 338,82 € zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Dem Kläger stehe zwar kein Anspruch nach § 615 BGB zu, doch habe der Beklagte durch die kurzfristige Absage vertragliche Nebenpflichten verletzt. Er sei daher zum Schadensersatz verpflichtet. Ein Patient sei gehalten, einen für ihn reservierten Behandlungstermin, den er nicht wahrnehmen könne, nach Möglichkeit frühzeitig abzusagen, um dem Arzt Gelegenheit zu geben, seine Zeit anderweit zu nutzen und Gewinn zu erwirtschaften. Es sei bewiesen, dass der Kläger für den Beklagten einen Zeitraum von 2 Stunden reserviert habe und wegen der kurzfristigen Absage keinen anderen Patienten habe behandeln können, was bei einer längerfristigen Absage möglich gewesen wäre. Der Schaden sei zu berechnen nach dem der nutzlos verstrichenen Zeit entsprechenden durchschnittlichen Umsatz der Praxis, der – einschließlich der Allgemeinunkosten – den entgangenen Gewinn gemäß § 252 BGB darstelle. Aus den Bekundungen des Steuerberaters des Klägers ergebe sich, dass der Kläger pro Stunde im Jahresdurchschnitt 1.256.-€ erwirtschafte, so dass der Schaden insgesamt 2.512.-€ betrage. Der Anspruch sei auch nicht nach § 254 BGB zu kürzen, weil es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Kläger die Zeit hätte anderweit gewinnbringend nutzen können.

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Dagegen wenden sich beide Parteien mit Berufung (Beklagter) und Anschlussberufung (Kläger). Der Kläger verfolgt sein Zahlungsbegehren vollumfänglich weiter. Der Beklagte erstrebt die Abweisung der Klage insgesamt.

B.
5

Berufung und Anschlussberufung sind zulässig. Während die Berufung des Beklagten ganz überwiegend begründet ist, bleibt der Anschlussberufung der Erfolg versagt. Dem Kläger steht weder nach § 615 BGB ein vertraglicher Honoraranspruch zu, noch kann er nach den §§ 280, 281, 252 BGB Schadensersatz verlangen.

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1. Zu Recht hat das Landgericht einen auf Zahlung des Behandlungshonorars gerichteten Anspruch des Klägers gemäß § 615 BGB i.V. mit den Bestimmungen Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) als nicht gegeben erachtet. Ein derartiger Anspruch besteht im vorliegenden Fall – unabhängig von grundsätzlichen Bedenken gegen die Anwendbarkeit des § 615 BGB – jedenfalls deshalb nicht, weil sich der Beklagte nicht im Annahmeverzug befunden hat. Durch die einvernehmliche Terminsverlegung auf 5.9.2005 wurde der zunächst vereinbarte Behandlungstermin, um den es im Rechtsstreit geht, aufgehoben. Daher befand sich der Beklagte bereits nicht im Annahmeverzug. Auf die Gründe der Terminsänderung kommt es insoweit nicht entscheidend an.

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a) Ob und unter welchen Voraussetzungen einem Arzt oder Zahnarzt für den Fall der Absage eines fest vereinbarten Behandlungstermins seitens den Patienten Ansprüche auf das Behandlungshonorar nach § 615 BGB i.V. mit den Bestimmungen der jeweiligen Gebührenordnung (GOÄ bzw. GOZ) zustehen können, ohne dass der Arzt die Behandlung nachzuholen hat, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

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Ein Teil der veröffentlichten Rechtsprechung hält – mit teils divergierenden Begründungen und in unterschiedlichen Fallkonstellationen – § 615 BGB grundsätzlich für nicht anwendbar (LG München II, NJW 1984, 671; LG Heilbronn, NZS 1993, 424; LG Hannover, NJW 2000, 1799; AG München, NJW 1990, 2939; AG Calw, NJW 1994, 3015; AG Rastatt, NJW-RR 1996, 817; AG Dieburg, NJW-RR 1998, 1520). So wird insbesondere die Auffassung vertreten, die Vereinbarung eines Behandlungstermins diene – jedenfalls im Zweifel – nur der Sicherung eines zeitlich geordneten Behandlungsablaufs, beinhalte aber grundsätzlich keine kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit i.S. des § 296 BGB (so LG München II, aaO), so dass es im Allgemeinen am Annahmeverzug fehle. Zudem liege im Hinblick auf das (freie) Kündigungsrecht des Patienten nach § 621 Nr. 5 BGB oder § 627 BGB das Risiko, die erwartete Vergütung nicht zu verdienen, beim Arzt (LG München II und AG Calw, jeweils aaO, auch zur Frage eines Schadensersatzanspruchs).

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Andere Gerichte haben dagegen Vergütungsansprüche – wiederum in unterschiedlichen Sachverhaltskonstellationen und mit unterschiedlicher Begründung – bejaht (LG Konstanz, NJW 1994, 3015; AG Osnabrück, NJW 1987, 2935 für Krankengymnasten; AG Bremen, NJW-RR 1996, 819; AG Ludwigsburg, NJW-RR 1993, 1695; AG Meldorf, NJW-RR 2003, 1029 für den Fall des Nichterscheinens ohne vorherige Terminsabsage; implizit auch AG Fulda, Arzt und Recht 2003, 167).

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Auch in der Literatur sind die Meinungen geteilt (für die Anwendung des § 615 BGB: Wertenbruch, MedR 1991, 167; Uhlenbruck/Kern in Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Auflage, RN 14 zu § 78 und RN 21 zu § 82 m.w.N; wohl auch Henssler in Münchner Kommentar zum BGB, 4. Auflage, RN 9 zu § 615 BGB; Palandt-Weidenkaff, BGB, 66. Auflage, RN 2 zu § 615 BGB; gegen eine sog. Verweilgebühr dagegen Hesse in Münchner Kommentar zu BGB, 4. Auflage, RN 28 zu § 621 BGB).

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b) Die grundsätzliche Streitfrage, inwieweit Vergütungsansprüche nach § 615 BGB bei Absage eines Behandlungstermins oder bei unentschuldigtem Fernbleiben des Patienten in Betracht kommen können, braucht im vorliegenden Fall nicht abschließend entschieden zu werden. Zweifel erscheinen im Hinblick auf das freie Kündigungsrecht des Patienten (§§ 621 Nr.5, 627 BGB) und im Hinblick auf den Zweck einer Terminsvereinbarung angebracht, zumal auch Ärzte und Zahnärzte ihren Patienten nicht selten erhebliche Wartezeiten ohne Ausgleich für entgangenen Verdienst abverlangen. Ebenso wäre zu erwägen, dass die nach früherem Recht (GOÄ 1965) vorgesehene Verweilgebühr in die Neufassung der GOÄ von 1982/1999 keinen Eingang gefunden hat.

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Im vorliegenden Fall steht einem Anspruch nach § 615 BGB aber bereits der Umstand entgegen, dass die Parteien den für den 5.7.2005, 13.00 Uhr vereinbarten Termin im Einvernehmen auf einen späteren Zeitpunkt (5.9.2005) verlegt haben. Durch diese Terminsänderung war für die Mitwirkungshandlung des Beklagten i.S. des § 296 BGB nicht mehr der 5.7.2005, sondern der 5.9.2005 maßgeblich. Daher konnte am 5.7.2005 kein Annahmeverzug mehr eintreten. Dass der Kläger zu dieser Terminsänderung nur bereit gewesen sein mag, weil sich der Beklagte durch ein Beharren auf dem Termin – möglicherweise – nicht hätte umstimmen lassen, ist für die rechtliche Beurteilung im Rahmen des § 615 BGB ohne entscheidende Bedeutung.

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Stehen somit dem Kläger keine vertraglichen Honoraransprüche zu, so kann dahinstehen, inwieweit er überhaupt in der Lage gewesen wäre, am 5.7.2005 innerhalb der reservierten Zeit sämtliche im Heil- und Kostenplan vorgesehenen, insbesondere neben der Augmentationsbehandlung auch die implantologischen Leistungen im engeren Sinn, zu erbringen. Der Beklagte hat dies bereits im ersten Rechtszug bestritten. Der Kläger hat keinen geeigneten Beweis für seine Behauptung angeboten.

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2. Dem Kläger stehen auch keine Schadensersatzansprüche zu. Zwar hat der Beklagte durch die kurzfristige Terminsabsage eine vertragliche Nebenpflicht verletzt. Der Kläger hat aber einen dadurch verursachten Schaden nicht schlüssig dargetan. Die Voraussetzungen des § 252 BGB sind auf der Grundlage seines Vortrags nicht erfüllt.

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a) Zutreffend hat das Landgericht allerdings angenommen, dass der Beklagte dadurch, dass er den Kläger lediglich 4 Stunden vor der geplanten Behandlung über seine Verhinderung informiert hat, gegen vertragliche Nebenpflichten verstoßen hat. Es lag auf der Hand, dass der Kläger, der immerhin 2 Stunden für die umfangreiche Behandlung reserviert hatte, aus Gründen der zeitlichen Planung ein erhebliches und berechtigtes Interesse daran hatte, möglichst frühzeitig über Verhinderungen informiert zu werden. Der Kläger hatte den Beklagten auch im Anamneseformular ausdrücklich gebeten, Termine nicht innerhalb der letzten 24 Stunden abzusagen.

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Da eine rechtzeitige Absage unschwer möglich war, hatte der Beklagte nach Treu und Glauben – der Bitte des Klägers entsprechend – die Pflicht, dem Kläger die Verhinderung spätestens 24 Stunden vorher mitzuteilen.

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Gegen diese Pflicht hat der Beklagte schuldhaft verstoßen. Das Landgericht hat überzeugend festgestellt, dass der Beklagte entgegen seiner Behauptung nicht bereits eine Woche vorher in der Praxis angerufen hat, um eine Absage anzukündigen. Dies wird mit der Berufung nicht angegriffen, so dass keine Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen bestehen (§ 529 ZPO). Anderweite Entschuldigungsgründe sind nicht geltend gemacht und nicht ersichtlich, so dass die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gemäß §§ 280, 281 BGB dem Grunde nach erfüllt sind.

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b) Der Kläger hat aber einen durch die Pflichtverletzung des Beklagten verursachten Vermögensschaden (§§ 249 ff. BGB) nicht schlüssig dargetan.

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aa) Das Landgericht hat einen entgangenen Gewinn (§ 252 BGB) mit der Erwägung bejaht, es wäre dem Kläger im Falle einer längerfristigen Absage möglich gewesen, in der frei gewordenen Zeit einen anderen Patienten zu behandeln, was die Zeugin H. zur Überzeugung der Kammer ausgesagt habe. Der Schaden errechne sich daher nach dem der „nutzlosen“ Zeit entsprechenden durchschnittlichen Umsatz der Praxis des Klägers. Der durchschnittliche Umsatz betrage pro Stunde – wie der Steuerberater D. als Zeuge glaubhaft bekundet habe – 1.256,00 €.

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bb) Diese Erwägungen rechtfertigen einen Schadensersatzanspruch nach § 252 BGB, auch unter Berücksichtigung der Beweiserleichterungen nach § 287 ZPO, nicht. Das Landgericht hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass dem Kläger durch die Pflichtverletzung des Beklagten ein Schaden nur insoweit entstanden sein kann, als er bei rechtzeitiger Terminsabsage einen „Ersatzpatienten“ hätte behandeln können und behandelt hätte, den er tatsächlich nicht behandeln konnte und nicht behandelt hat. Dies muss im Rahmen des § 252 Satz 2 BGB zumindest als wahrscheinlich anzunehmen sein. Nach dem Sachvortrag der Parteien ist dies nicht der Fall.

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(1) Gemäß § 252 BGB kann der Kläger denjenigen entgangenen Gewinn als Schaden ersetzt verlangen, welcher nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Damit genügt zwar auch hinsichtlich der Schadensverursachung ein geringerer Grad an Sicherheit als er im Allgemeinen im Schadensrecht erforderlich ist. Es darf aber dennoch der allgemeine schadensersatzrechtliche Grundsatz nicht außer Betracht bleiben, wonach sich jeder Schaden i.S. der §§ 249 ff. BGB aus einem Vergleich der tatsächlichen Vermögenslage mit derjenigen Vermögenslage errechnet, die bestünde, wenn das zum Ersatz verpflichtende schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre (sog. Differenzhypothese). Auch im Rahmen der §§ 252 BGB, 287 ZPO ist daher der maßgebliche Bezugspunkt der Schadensfeststellung stets die Frage, wie der (hypothetische) Verlauf – wahrscheinlich – gewesen wäre, wenn sich der Schädiger pflichtgemäß verhalten hätte. Dies ist nicht erst eine Frage des rechtmäßigen Alternativverhaltens, sondern im Rahmen der Kausalität zu berücksichtigen. Insoweit ist zugleich einer abstrakten Schadensberechnung die Grenze gesetzt, so dass es im vorliegenden Fall auf die durchschnittlichen Stundenumsätze der Praxis des Klägers erst ankommen kann, wenn mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit feststeht, dass in der fraglichen Zeit andere Patienten hätten behandelt werden können, wenn der Beklagte rechtzeitig – jedenfalls 24 Stunden vorher – den Termin abgesagt hätte.

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(2) Dies ist nicht der Fall. Das Landgericht hat keine tragfähigen Feststellungen dazu getroffen, wie sich der Kläger bei einer Absage bereits am Vortag verhalten hätte, insbesondere, ob er tatsächlich die Möglichkeit gehabt hätte, an Stelle des Klägers andere Patienten zu behandeln, die er wegen der verspäteten Absage nicht behandeln konnte.

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(a) Der Kläger, dem insoweit die Darlegungs- und Beweislast obliegt, hat in der Klage zum hypothetischen Geschehensablauf nichts vorgetragen, sondern darauf verwiesen, er arbeite mit längeren Terminsvorläufen und bestelle auch nicht mehrere Patienten gleichzeitig ein. Im Schriftsatz vom 14.12.2005 (Bl. 31 d.A.) hat er lediglich pauschal behauptet, es sei in Anbetracht der kurzfristigen Absage des Beklagten nicht mehr möglich gewesen, andere Patienten einzubestellen. Er hat aber nicht behauptet, dass sich andere Patienten bei ihm mit der Bitte um einen kurzfristigen Termin gemeldet hatten, die er wegen der anstehenden Behandlung des Beklagten abweisen musste oder dass eine kurzfristige Vergabe von Terminen (innerhalb von 24 Stunden) bei Wegfall einer geplanten Behandlung dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge entspricht. Die Zeugin H. hat nur allgemein erklärt, der Kläger habe „durch die Terminsabsage“ als Behandler in dieser Zeit keinen anderen Patienten behandelt (Bl. 63 d.A.), wobei sie sich – ohne eigene Erinnerung – auf das Terminsbuch gestützt hat. Dass im zeitlichen Zusammenhang die Behandlung eines anderen Patienten überhaupt nicht übernommen werden konnte, hat die Zeugin nicht ausgeführt.

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(b) Daher hat der Kläger nicht schlüssig dargetan, dass ihm durch die verspätete Absage des Beklagten überhaupt ein Verdienstausfall entstanden ist. Dies wäre nur der Fall, wenn er bei einer Absage bis zu 24 Stunden vor der Behandlung, wie er sie von seinen Patienten verlangt, die Möglichkeit gehabt hätte, einen bestimmten anderen Patienten in der frei gewordenen Zeit zu behandeln, den er tatsächlich nicht, auch nicht später, behandeln konnte oder wenn er behauptet und konkret belegt hätte, dass dies dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge entspricht. Beides ist nicht der Fall.

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Die allgemeine Behauptung, durch die Absage sei er an der Behandlung anderer Patienten gehindert gewesen, führt nicht weiter, weil dies allein nicht bedeutet, dass dem Kläger zahnärztliches Honorar eines anderen Patienten deshalb in seiner Praxis entgangen ist.

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Es ist auch im Übrigen nach den Gesamtumständen nicht davon auszugehen, dass ein Ablauf wie der oben geschilderte mit Wahrscheinlichkeit dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge i.S. des § 252 BGB entspricht. So hat der Kläger selbst mehrfach darauf hingewiesen, dass er seine Praxis als reine Bestellpraxis in der Weise organisiert habe, dass er Termine großräumig vergebe und daher auf kurzfristige Absagen in der Regel nicht reagieren könne. Dann aber entspricht es gerade nicht dem gewöhnlichen Verlauf, dass bei Wegfall von Behandlungen andere Patienten kurzfristig „eingeschoben“ werden können, die andernfalls abgewiesen werden müssten. Soweit – was aber nicht vorgetragen ist – in medizinischen Notfällen Ausnahmen in Betracht stehen mögen, ist dies im Rahmen des § 252 BGB nicht zu berücksichtigen, weil es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass ein Notfallpatient tatsächlich angefragt hatte und (endgültig) abgewiesen werden musste.

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Im Übrigen wäre bei kurzfristiger Hereinnahme eines Patienten ohnehin fraglich, ob der Kläger dadurch tatsächlich einen durchschnittlichen Stundenverdienst hätte erwirtschaften können, in dessen Berechnung gerade die besonders aufwändigen, kostspieligen und langfristig geplanten implantologischen Maßnahmen mit einfließen.

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c) Dem Kläger steht daher der geltend gemachte Anspruch auch als Schadensersatz nicht zu, so dass das Urteil insoweit abzuändern und die Klage abzuweisen ist.

29

3. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat Bezug nimmt, hat das Landgericht dem Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 338,82 € zugesprochen. Der Beklagte hatte trotz mehrfacher Zahlungsaufforderung die fällige Honorarrechnung vom 19.5.2005 (K 4) nicht beglichen, so dass er sich insoweit im Zahlungsverzug befand (§ 286 BGB) und nach § 280 Abs.2 BGB den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen hat. Dem Kläger sind durch die Beauftragung seiner Anwälte Kosten in Höhe von 338,82 € entstanden, die auf die Prozesskosten nicht anzurechnen sind und die der Beklagte zu erstatten hat.

C.
30

Dies bedeutet im Ergebnis, dass die Berufung bis auf einen Betrag von 338,82 € Erfolg hat, während die Anschlussberufung des Klägers insgesamt ohne Erfolg bleibt. Daher hat der Kläger die Kosten beider Rechtszüge zu tragen (§ 92 Abs.2 Nr. 1, 97 Abs.1 ZPO). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Ziff.10, 713 ZPO. Die Revision wird nicht zugelassen. Auf die höchstrichterlich nicht entschiedene Frage der generellen Anwendbarkeit des § 615 BGB bei der Absage von Behandlungsterminen durch Patienten kommt es im vorliegenden Fall nicht entscheidend an. Daher ist die Sache ohne grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs.2 Nr. 1 ZPO) und auch nicht zur Fortbildung des Rechts geeignet (§ 543 Abs.2 Nr. 2 ZPO).

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