Zum Anspruch auf Schadensersatz nach fehlgeschlagenem Palettentausch

AG Brakel, Urteil vom 28.04.2010 – 7 C 366/09

Soweit dem Frachtführer durch eine Schadensersatzregelung das Tauschrisiko für den Palettentausch überbürdet werden soll, setzt dies eine klare und eindeutige Individualvereinbarung zwischen Frachtführer und Auftraggeber voraus, aus der sich ergibt, dass der Frachtführer für die Rückführungspflicht und die Übernahme des Tauschrisikos ein angemessenes Entgelt zu erhalten hat (Rn. 7).

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 452,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.03.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Von der Abfassung eines Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1, 495a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

2

Die zulässige Klage ist nur im tenorierten Umfang begründet, darüber hinaus nicht.

1.

3

Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 611 BGB Bezahlung der Rechnung vom 31.01.2009 in Höhe von 452,20 EUR für den unstreitig am 27.01.2009 erfolgten Transport von Steinheim nach Bingen verlangen.

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Die von der Beklagten gegen diese Forderung erklärte Aufrechnung mit ihrer Palettenrechnung vom 01.09.2009 über 575,96 EUR greift nicht durch. Die Forderung des Klägers ist nicht gemäß § 389 BGB erloschen. Vielmehr ist die – einseitig durch die Beklagte getroffene – Festlegung über die Verpflichtung zur Zahlung eines pauschalen Betrages von 11,00 EUR für jede verspätet getauschte Palette nach § 307 Abs. 1 BGB aus mehreren Gründen unwirksam:

5

Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen nicht getauschter Paletten setzt bereits das Vorliegen einer wirksamen Palettenabrede voraus. Der in die Transportauftragsbestätigung vom 27.01.2009 einseitig von der Beklagten aufgenommene Vermerk: „Bei Verladung auf Europaletten gilt Palettentausch als vereinbart. Getauschte Europaletten sind innerhalb von 30 Tagen an den Absender oder an eine von uns genannte Adresse zurückzuführen.“ entspricht aber nicht den Anforderungen, die an Vereinbarungen über Palettentauschgeschäfte zu stellen sind.

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Die Parteien hatten bereits für den Fall, dass ein Palettentausch 1 : 1 nicht möglich sein würde, keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen. Dies bedeutet mangels weiterer Abreden aber nichts anderes, als dass der Kläger bei Beladung des Lkw eine der Ladung entsprechende Anzahl Paletten an der Ladestelle ablädt und bei der Entladestelle eine entsprechende Anzahl Paletten wieder auflädt, so dass die Palettenkonten aller Beteiligten anschließend wieder ausgeglichen sind. Insoweit liegt es auch in der Natur der Sache, dass ein solcher Tausch 1 : 1 nicht stets durchführbar ist, insbesondere wenn an der Entladestelle keine ausreichende Anzahl leerer Paletten vorhanden ist. Insoweit hat auch der glaubwürdige Zeuge XXX im Rahmen seiner Vernehmung glaubhaft bekundet, dass es sich bei den Bestimmungen, wie sie die Beklagte getroffen hat, um Regelungen handelt, die sich primär an die Unternehmen wenden, die an der Ladestelle gar keine Paletten abladen, sondern nur welche aufladen.

7

Soweit dem Frachtführer aber durch eine Schadensersatzregelung – wie im vorliegenden Fall geschehen – das Tauschrisiko überbürdet werden soll, setzt dies aber eine klare und eindeutige Individualvereinbarung zwischen Frachtführer und Auftraggeber voraus, aus der sich ergibt, dass der Frachtführer für die Rückführungspflicht und die Übernahme des Tauschrisikos ein angemessenes Entgelt zu erhalten hat. Denn es ist der Frachtführer, im vorliegenden Fall der Kläger, der das Risiko trägt, dass der Empfänger der Fracht keine eigenen Europaletten zur Verfügung stellt (vgl. hierzu u.a. OLG Frankfurt, Urt. v. 15.04.2003, Az. 21 U 72/02; OLG Celle, Urt. v. 06.03.2003, Az. 11 U 124/02; s.a. OLG Celle, Urt. v. 22.09.2005, Az. 11 U 70/03; AG Kehl, Urteil vom 13.02.2007, Az.: 4 C 607/06). Dies ist vorliegend bereits nicht geschehen.

8

Die in der Transportauftragsbestätigung vom 27.01.2009 enthaltene Verpflichtung zur Zahlung einer Schadenspauschale von 11,00 EUR ist aber auch vor dem Hintergrund der Regelung des § 309 Nr. 5 BGB, die auch im Verkehr zwischen Unternehmern anwendbar ist (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB 69. Aufl. 2010, § 309 Rn. 32), unwirksam. Hiernach ist eine Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen dann unzulässig, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale. Vorliegend wird dem Vertragspartner – hier dem Kläger – der Nachweis eines geringeren Schadens aber nicht gestattet, so dass die Bestimmung auch deshalb unwirksam ist.

2.

9

Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Verzugszinsen, allerdings rechtfertigen sich diese nur in der Höhe eines Zinssatzes von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, vgl. §§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 2 BGB. Der Beklagte hat den Zugang der Rechnung vom 31.01.2009 nicht bestritten, so dass die Beklagte – normalen Postlauf unterstellt – diese spätestens am 03.02.3009 bekommen hat. Gemäß § 286 Abs. 3 BGB ist die Beklagte damit mit der Begleichung der Rechnung seit dem 06.03.2009 in Verzug. Zudem hat der Kläger in seiner Rechnung vom 31.01.2009 eine Frist zur Zahlung bis zum 08.03.2009 gesetzt, so dass auch die Voraussetzungen des § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB vorliegen. Zinsbeginn ist damit wie beantragt der 09.03.2009. Soweit der Kläger indes einen über dem gesetzlichen Verzugszins von 8 Prozentpunkten (vgl. § 288 Abs. 2 ZPO) liegenden Zinssatz von 13 % fordert, ist er den Beweis fällig geblieben, dass er tatsächlich einen in dieser Höhe liegenden Bankkredit in Anspruch nimmt.

3.

10

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung beruht auf § 511 Abs. 4 ZPO. Die Rechtssache ist weder von grundsätzlicher Bedeutung, noch war eine Entscheidung des Berufungsgerichtes zur Fortbildung des Rechtes oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

4.

11

Der Streitwert wird auf 452,20 EUR festgesetzt.

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