LG Hamburg, Urteil vom 10. September 2002 – 316 S 10/02
Zu geringe Trittschallisolierung kann Mietmangel sein
Aus den Urteilsgründen:
Die zulässige Berufung ist zum ganz überwiegenden Teil begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch gemäß § 536 BGB a.F. (§ 535 BGB n.F.) auf Maßnahmen, die die festgestellten Trittschallbeeinträchtigungen auf ein übliches Maß reduzieren.
1. Der in der Wohnung der Kläger zu vernehmende Trittschall stellt einen Mangel der Wohnung dar, den die Beklagte zu beseitigen hat. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Trittschall aus der Wohnung über der Wohnung der Klägerin bei normaler Nutzung eine Intensität besitzt, die nicht dem üblichen entspricht und als Mangel zu bewerten ist. Jeder Schritt auf dem Laminatboden ist in der Wohnung der Klägerin, insbesondere in deren Schlafzimmer, überdeutlich zu vernehmen. Diese Wahrnehmung entspricht auch den Feststellungen des Sachverständigen in erster Instanz, der für diesen Bereich der Wohnung eine deutliche Überschreitung der von ihm zugrundegelegten DIN-Norm festgestellt hat, wobei in Anbetracht der Feststellungen der Kammer bei der Inaugenscheinnahme der Wohnung dahingestellt bleiben kann, ob und welche DIN-Normen insoweit zur Anwendung kommen. Dies gilt um so mehr, als auch in den Fällen, in denen geltende DIN-Normen eingehalten wurden, in erster Linie darauf abzustellen ist, ob der Zustand der Sache der vereinbarten Beschaffenheit entspricht (Schmidt-Futterer/Eisenschmid § 537 Rz. 22).
Der von der Kammer wahrgenommene Trittschall beinhaltet nach Überzeugung der Kammer eine Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs, die die Klägerin nicht hinzunehmen hat. Auf die Einhaltung von DIN-Normen kommt es nicht an. Die Beklagte verkennt, dass sich die Erheblichkeit einer Lärmbelästigung nicht nach technischen Normen richtet, sondern nach dem menschlichen Gehör (Schmidt-Futterer/Eisenschmid aaO). Die Beklagte verkennt des weiteren, dass die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, dass der in der Wohnung über ihr lebende Mieter seine Wohnung nur ohne Schuhe betritt, so dass es einer Beweisaufnahme über diese streitige Behauptung nicht bedurfte.
2. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass der geltend gemachte Mängelbeseitigungsanspruch verwirkt ist. Eine Verwirkung des Instandsetzungsanspruchs kann nur ausnahmsweise greifen. Die Voraussetzungen, die zu einem Ausschluss des Minderungsrechts führen, reichen dazu keinesfalls aus (s.a. BGH WuM 488; Schmidt-Futterer/Eisenschmid § 539 Rz. 36 m.w.N.). Bei der Annahme, der Mieter wolle mit der vorbehaltlosen Zahlung des Mietzinses auch auf seinen Instandsetzungsanspruch verzichten, ist größte Zurückhaltung geboten (BGH a.a.0.). Eine derartige Ausnahmesituation trägt die Beklagte nicht vor. Das vorbehaltlose Zahlen der Miete über einen längeren Zeitraum genügt hierfür nicht (Blank/Börstinghaus, Miete l. Aufl. 2000, § 539 BGB a.F. Rn. 22). Dies gilt um so mehr, als die Parteien seit Einzug des neuen Mieters korrespondiert und verhandelt haben, so dass die Beklagte niemals davon ausgehen konnte, die Klägerin wolle die Wohnung als vertragsgerecht akzeptieren.