OLG Hamburg, Beschluss vom 3. April 2007 – 3 W 64/07
Verstoß gegen Impressumspflicht kann unter Bagatellgrenze fallen
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 12. März 2007 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerde nach einem Beschwerdewert von € 2.000.-.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 TMG zu.
Der Antragsteller hat beantragt, der Antragsgegnerin – unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel – zu verbieten,
sich im Internet zu präsentieren, ohne die nach § 6 TDG, jetzt § 5 TMG, vorgeschriebene vollständige Anbieterkennzeichnung, hier HRB Nr. und Ausweisung der zuständigen Aufsichtsbehörde, anzubringen.
Mit dem Antragsteller ist davon auszugehen, dass das am 15. Februar 2007 abrufbare Impressum der Antragsgegnerin (Anlage A 1) gegen § 5 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 TMG verstoßen hat. Seit dem 1. März 2007 ist das Telemediengesetz (TMG) in Kraft. Nunmehr sind die bisher in § 6 TDG aufgeführten Impressumspflichten in § 5 Abs. 1 TMG geregelt.
a) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG haben Dienstanbieter für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien, Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten, soweit der Dienst im Rahmen einer Tätigkeit angeboten oder erbracht wird, die der behördlichen Zulassung bedarf.
aa) Bei dem Angebot der Antragsgegnerin handelt es sich um einen geschäftsmäßigen Telemediendienst. Zwar ist nicht ersichtlich, dass das Internetangebot der Antragsgegnerin nur gegen Entgelt angeboten worden wäre. Das Normelement „geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien“ beschränkt den Anwendungsbereich der Regelung des § 5 TMG jedoch nicht auf kostenpflichtige Telemediendienste. Vielmehr zeigt die Entstehungsgeschichte der Norm, dass mit diesem Tatbestandselement lediglich Internetangebote von privaten Anbietern und von Idealvereinen, mithin nicht-kommerzielle Angebote, aus dem Anwendungsbereich der Impressumspflicht ausgenommen werden sollten. Ansonsten sollten die allgemeinen Informationspflichten der Dienstanbieter, die zuvor in § 6 TDG geregelt waren, unverändert übernommen werden (BR-Drucksache 556/06, S. 15, 20 und BT-Drucksache 16/3078 S. 14). Somit ist die Norm dahingehend auszulegen, dass sämtliche kommerziellen Telemediendienste den Anforderungen des § 5 TMG unterliegen. Dieses Verständnis der Norm steht auch im Einklang mit § 1 TMG, wonach die Regelungen des TMG für alle Anbieter … unabhängig davon gelten, ob für die Nutzung ein Entgelt erhoben wird.
bb) Gemäß § 34 c Abs. 1 Nr. 1 a GewO bedarf die von der Antragsgegnerin ausgeübte Tätigkeit – Vermittlung und Nachweis von Immobilien – der behördlichen Erlaubnis. Im Rahmen der Erlaubniserteilung prüft die zuständige Behörde, ob der Gewerbetreibende die erforderliche Zuverlässigkeit für das betreffende Gewerbe besitzt. Die Benennung dieser Behörde ermöglicht es dem Verbraucher, dort nachzufragen, ob der Telediensteanbieter eine Erlaubnis für die von ihm angebotenen Leistungen erhalten, und ob er sich nachträglich als unzuverlässig erwiesen hat. Die für die Erteilung der Gewerbeerlaubnis zuständige Behörde ist auch als Aufsichtsbehörde im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG anzusehen, weil sich ihre Tätigkeit nicht nur auf die einmalige Erlaubniserteilung beschränkt, sondern sie auch nachträglich prüfen muss, ob ein Widerruf der Gewerbeerlaubnis wegen Wegfalls der für die Erteilung erforderlichen Voraussetzungen oder eine Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit gemäß § 35 GewO geboten ist.
Mithin hätte im Impressum gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG die für die Antragsgegnerin zuständige Behörde, d.h. das Verbraucherschutzamt des Bezirksamtes Altona, angegeben werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, liegt ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG vor. Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass die Vorschrift des § 5 Abs. 1 TMG auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Somit liegt auch ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG vor.
cc) Allerdings hat das LG zutreffend angenommen, dass die Erheblichkeitsschwelle des § 3 UWG hier nicht überschritten ist.Der Gesetzgeber hat, wenn er auch die Stellung des Verbrauchers im Wettbewerbsrecht neu gefasst und damit gestärkt hat, mittels des Kriteriums der nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung nach § 3 UWG zu erkennen gegeben, dass nicht jeder Gesetzesverstoß im Wettbewerbsrecht berücksichtigt werden soll, auch wenn die Verletzung eines den Verbraucher schützenden Gesetzes vorliegt. Entscheidend ist vielmehr die wettbewerbliche Relevanz des Verstoßes. Diese ist zweifellos gegeben, wenn sich der Anbieter gezielt in die Anonymität des Internets flüchtet, um sich der Rechtsverfolgung der Marktteilnehmer zu entziehen.
Diese Situation ist indessen nicht bereits deshalb gegeben, weil der Anbieter die Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde unterlässt. Durch die ansonsten nahezu vollständigen Impressumsangaben (Anlage A 1) besteht für die Nutzer des Teledienstes der Antragsgegnerin ohne weiteres die Möglichkeit, sich über ihren Vertragspartner ausreichend zu informieren und bei Verstößen gegen Rechtspflichten, den Vertragspartner in Anspruch zu nehmen. Es ist nicht glaubhaft gemacht und auch nicht erkennbar, dass Verbraucher oder Mitbewerber durch die fehlenden Angaben zur Aufsichtsbehörde davon abgehalten werden, sich bei Verstößen gegen Berufspflichten über die Antragsgegnerin zu beschweren. Weiter ist nicht dargelegt, dass hierdurch in nicht nur unerheblicher Weise ungleiche Wettbewerbsbedingungen gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern herbeigeführt werden.
Mithin ist der hinsichtlich der Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde geltend gemachte Unterlassungsanspruch unbegründet.
b) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 TMG haben Dienstanbieter für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien, das Handelsregister…, in das sie eingetragen sind, und die entsprechende Registernummer leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten.
aa) Der Antragsteller macht mit dem gestellten Unterlassungsantrag ausdrücklich nur die Angabe der Handelsregisternummer, nicht jedoch die Angabe des zuständigen Handelsregisters geltend. Der Wortlaut und die Begründung des Verfügungsantrages sowie die Beschwerdebegründung sind insoweit unzweideutig, so dass für eine erweiternde Auslegung des Unterlassungsantrages kein Raum bleibt.
bb) Mit dem Antragsteller ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 TMG verpflichtet ist, ihre Handelsregisternummer anzugeben. Mit dem Antragsteller ist davon weiter auszugehen, dass die Vorschrift des § 5 Abs. 1 TMG auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Somit liegt auch ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG vor.
cc) Auch im Hinblick auf die fehlende Angabe der Handelsregisternummer ist jedoch die Erheblichkeitsschwelle des § 3 UWG hier nicht überschritten worden.
Es ist nicht glaubhaft gemacht worden, und auch nicht erkennbar, dass Verbraucher oder Mitbewerber der Antragsgegnerin gerade durch die fehlende Angabe der Handelsregisternummer wettbewerbliche Nachteile erleiden müssten. Maßgeblich für die rechtliche Durchsetzung etwaiger Ansprüche gegen die Antragsgegnerin wäre vielmehr die Angabe des zuständigen Handelsregisters. Einen diesbezüglichen Unterlassungsanspruch hat der Antragsteller jedoch nicht geltend gemacht.
Mithin ist der hinsichtlich der Angabe der Handelsregisternummer geltend gemachte Unterlassungsanspruch ebenfalls unbegründet.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.