Rechtsnatur der Zustimmungsbedürftigkeit der Veräußerung von Wohnungseigentum

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2011 – 3 Wx 70/11

Ist als Inhalt des Sondereigentums vereinbart, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten (hier: des WEG-Verwalters) bedarf, so stellt dies keine Verfügungsbeschränkung als Ausnahme von § 137 Satz 1 BGB dar (so aber OLG Hamm NJW-RR 2010, 1524 f.), sondern eine Beschränkung des Rechtsinhalts des Wohnungseigentums.

2. Ist der schuldrechtliche Vertrag bereits geschlossen worden, so ist die alsdann erklärte Zustimmung endgültig wirksam und nicht mehr widerruflich, sobald sie von dem im Zeitpunkt der Erklärung Zustimmungsberechtigten gegenüber den Vertragsparteien oder dem mit dem Vollzug beauftragten Notar erklärt worden ist; ob die Berechtigung des Zustimmenden noch im Zeitpunkt der Stellung des Umschreibungsantrages vorliegt oder bereits entfallen ist (hier: mit Blick auf das Ende der Verwalterbestellung), ist nicht von Belang.

3. Liegen die Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 Satz 1 GBO vor, so ist die Rechtsbeschwerde gleichwohl nicht zuzulassen, wenn dieses Rechtsmittel (hier wegen fehlender Beschwerdeberechtigung) nicht in zulässiger Weise eingelegt werden kann.

(Leitsätze des Gerichts)

Tenor

Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, von den dort geäußerten Bedenken Abstand zu nehmen.

Gründe

I.

1

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22. November 2010 veräußerten die Beteiligten zu 1. den im hiesigen Beschlusseingang bezeichneten Grundbesitz an die Beteiligten zu 2. Im Bestandsverzeichnis des Grundbuches ist vermerkt, dass der Wohnungseigentümer zur Veräußerung des Wohnungs- und Teileigentums der Zustimmung des Verwalters bedarf.

2

Am 25. November 2010 wurde unter anderem eine Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Beteiligten zu 2. im Grundbuch eingetragen. Am 7. Dezember 2010 stimmte der Verwalter des Objektes der Veräußerung „ohne jede Einschränkung“ in notariell beglaubigter Form zu. Aus dem Verwalternachweis – einer notariell beglaubigten Niederschrift der ordentlichen Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 15. April 2008 – ergab sich, dass der zustimmende Verwalter für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2010 bestellt war.

3

Nachdem auch die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes Dinslaken unter dem 7. Januar 2011 vorlag, haben die Beteiligten durch die vertretende Notarin mit Schrift vom 10. Januar 2011 die Eigentumsumschreibung auf die Erwerber bewilligt und beantragt sowie einen Antrag auf Löschung der Auflassungsvormerkung gestellt. Die Anträge sind am 12. Januar 2011 beim Grundbuchamt eingegangen.

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Daraufhin hat dieses durch die angefochtene Zwischenverfügung beanstandet, da die Verwalterbestellung vor Eingang des Eintragungsantrages abgelaufen sei, müsse entweder deren Verlängerung oder die Zustimmung des neu bestellten Verwalters nachgewiesen werden.

5

Hiergegen wenden sich die Beteiligten mit ihrem durch Schrift der sie vertretenden Notarin vom 17. Februar 2011 eingelegten Rechtsmittel, mit dessen Begründung sie der Rechtsauffassung des Grundbuchamtes umfangreich entgegentreten.

6

Mit Beschluss vom 21. Februar 2011 hat das Grundbuchamt erklärt, dem Rechtsmittel werde aus den Gründen der angefochtenen Zwischenverfügung – in der auf Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm Bezug genommen war – nicht abgeholfen, und die Sache werde dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundakte Bezug genommen.

II.

8

Das gemäß §§ 71 Abs. 1, 72, 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GBO als Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Beteiligten, das nach der vom Grundbuchamt ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe beim Senat zur Entscheidung angefallen ist (vgl. § 75 GBO), hat auch in der Sache Erfolg. Der Senat vermag sich der Rechtsauffassung unter anderem des Oberlandesgerichts Hamm (NJW-RR 2010, S. 1524 f.) nicht anzuschließen.

9

Nach § 12 Abs. 1 WEG kann als Inhalt des Sondereigentums vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. Dies ist hier geschehen, indem die Erforderlichkeit einer Verwalterzustimmung vorgesehen ist. Das hat gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 WEG zur Folge, dass eine Veräußerung des Wohnungseigentums und ein Vertrag, durch den sich der Wohnungseigentümer zu einer solchen Vereinbarung verpflichtet, unwirksam sind, solange nicht „die erforderliche Zustimmung“ erteilt ist. Dem Wortlaut dieser Vorschrift ist zu entnehmen, dass die Zustimmung für beide Rechtsgeschäfte nur einheitlich erteilt und beurteilt werden kann, mithin nicht etwa zwei Zustimmungserklärungen erforderlich sind (Bärmann-Klein, WEG, 11. Aufl. 2010, § 12 Rdnr. 32 m.w.Nachw.). Dann aber ist der Ansicht zu folgen, dass eine Vereinbarung nach § 12 Abs. 1 WEG keine Verfügungsbeschränkung bedeutet – nämlich als Ausnahme von § 137 Satz 1 BGB -, sondern eine Beschränkung des Rechtsinhalts des Wohnungseigentums. Das hat für den praktisch ganz im Vordergrund stehenden Fall, dass der schuldrechtliche Vertrag bereits geschlossen worden ist, zur Folge, dass die alsdann erklärte Zustimmung endgültig wirksam und im Übrigen auch nicht mehr widerruflich ist, sobald sie von dem im Zeitpunkt der Erklärung Zustimmungsberechtigten gegenüber den Vertragsparteien oder dem mit dem Vollzug beauftragten Notar erklärt worden ist. Dementsprechend lässt es die Fortdauer dieser Wirksamkeit unberührt, wenn die Zustimmungsberechtigung entfällt, bevor die Auflassung bindend geworden und der Antrag auf Eigentumsumschreibung im Grundbuch gestellt ist; mit anderen Worten kommt es auf die Frage, ob die Berechtigung des Zustimmenden noch im Zeitpunkt der Stellung des Umschreibungsantrages vorliegt, nicht an (in diesem Sinne: Bauer/von Oefele-Kössinger, GBO, 2. Aufl. 2006, § 19 Rdnr. 199 bis 210; Bärmann-Klein a.a.O., Rdnr. 33; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl. 2010, § 12 Rdnr. 38; Staudinger-Gursky, BGB, Neubearb. 2007, § 878 Rdnr. 29; Kesseler RNotZ 2005, S. 543 ff.; Schmidt ZWE 2010, S. 394 ff.; Hügel ZWE 2010, S. 457 ff.; Schneider ZMR 2011, S. 146 f.; im Ergebnis auch: MK-Commichau, BGB, 5. Aufl. 2009, § 12 Rdnr. 45; Meikel-Böttcher, GBO, 10. Aufl. 2009, Anh. §§ 19, 20 Rdnr. 138; wohl auch: Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008, Rdnr. 2904/2904 a; demgegenüber behandelt LG Wuppertal MittRhNotK 1982, S. 207 f. eine andere Fragestellung). Jedenfalls für den Regelfall des nachträglichen Entfallens der Zustimmungsberechtigung folgt der Senat nicht der Gegenansicht (OLG Celle RNotZ 2005, S. 542 f.; OLG Hamm NJW-RR 2010, S. 1524 f.; Demharter GBO, 27. Aufl. 2010, Anh. § 3 Rdnr. 38 i.V.m. § 19 Rdnr. 60 f.; Palandt-Bassenge, BGB, 70. Aufl. 2011, § 12 WEG Rdnr. 7; Erman-Grziwotz, BGB, 12. Aufl. 2008, § 12 WEG Rdnr. 5); danach stellt eine Vereinbarung nach § 12 Abs. 1 WEG eine ausnahmsweise gesetzlich zugelassene rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkung dar, wobei das den Wohnungseigentümer in seiner Verfügungsbefugnis beschränkende Zustimmungserfordernis sowohl das schuldrechtliche Grundgeschäft als auch die dingliche Übertragung des Wohnungseigentums erfasst mit der Folge, dass das Vorliegen der erforderlichen unbeschränkten Verfügungsbefugnis nach §§ 873 Abs. 1, 878 BGB sowie § 183 BGB zu beurteilen sein soll.

10

Ob in gleicher Weise zu entscheiden wäre, falls ein zustimmender Verwalter seine Verwalterstellung nachträglich deshalb verliert, weil der ihn bestellende Beschluss der Wohnungseigentümer auf Anfechtungsklage hin für ungültig erklärt wurde (dazu: KG ZMR 2009, S. 784 f.), sei – da hierfür auch die Tragweite des § 47 FamFG zu klären wäre – vorliegend dahingestellt.

11

Die hier abgelehnte Meinung ist im Anschluss an die höchstrichterliche Rechtsprechung zum heutigen § 5 ErbbauRG (BGHZ 33, 76 ff.; BGH NJW 1963, S. 36 f.; dem folgend: OLG Köln Rpfleger 1996, S. 106 f.; Senat, RPfleger 1996, S. 340 f.) entwickelt worden (OLG Hamm NJW-RR 1994, S. 975 ff. und NJW-RR 2001, S. 1525 ff.). Indes mag zwar § 12 WEG ursprünglich den §§ 5, 6 der seinerzeit geltenden Erbbaurechtsverordnung nachgebildet worden sein, doch wurde 1994 § 61 WEG eingefügt, der die dort beschriebene „Heilung“ nicht nur auf vollzogene Auflassungen, sondern auch auf Verträge, bei denen nur die Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen war, erstreckte (dazu näher Schmidt a.a.O., S. 396 f.). Dies lässt es zumindest heute nicht mehr als zwingend erscheinen, beide Regelungsbereiche einheitlich zu beurteilen.

12

In konstruktiver Hinsicht spricht sodann für den hier vertretenden Standpunkt, dass er einen Rückgriff auf § 878 BGB erübrigt. Dieser „passt“ in den hier gegebenen Fällen grundsätzlich schon deshalb nicht, weil die Vereinbarung nach § 12 Abs. 1 WEG aus dem Grundbuch ersichtlich ist (Staudinger-Gursky a.a.O.). Vor allem jedoch wird die Sachlage vermieden, dass der schuldrechtliche Vertrag wirksam bleibt, ohne dass er (ohne erneute Erklärung der Zustimmung) erfüllt werden kann, oder dass auch er als niemals wirksam oder wieder unwirksam geworden anzusehen wäre, mithin keine Leistungspflichten begründen würde (Bärmann-Klein a.a.O., Rdnr. 33; Bauer/von Oefele-Kössinger a.a.O., Rdnr. 204 f.; Kesseler a.a.O., S. 546).

13

Maßgeblich streitet sodann die Folgenbetrachtung dafür, der eingangs dargestellten Auffassung zu folgen. Wie im notariellen Schrifttum im Einzelnen herausgearbeitet worden ist, führt die Sichtweise der Verfügungsbeschränkung des veräußernden Wohnungseigentümers zu Störungen in der Durchführung der Veräußerungsgeschäfte, die sich nicht darin erschöpfen, dass die bislang übliche Vereinbarung der Zustimmung als Voraussetzung der Kaufpreisfälligkeit zu ersetzen wäre durch die Stellung von Bürgschaften des Erwerbers oder der Hinterlegung des Kaufpreises auf Anderkonto (dazu Kesseler a.a.O., S. 545). Vielmehr können auch nach erfolgter Zahlung Schwierigkeiten entstehen, die die Durchführung des Erwerbs faktisch scheitern lassen, ohne den Normzweck des § 12 WEG – die Wohnungseigentümergemeinschaft davor zu schützen, dass unzuverlässige, insbesondere störende oder zahlungsunfähige, Personen in sie eintreten – zu fördern (Beispiel bei Schmidt a.a.O., S. 395). Es tritt hinzu, dass für den Senat kein Grund ersichtlich ist, der Wohnungseigentümergemeinschaft bei wirtschaftlicher Betrachtung sozusagen eine zweite Chance zu eröffnen, falls sich eine nach Abschluss des schuldrechtlichen Kaufvertrages, aber deutlich vor Stellung des Antrages auf Eigentumsumschreibung erklärte Zustimmung eines Zustimmungsberechtigten hernach, aber noch vor dem Umschreibungsantrag als nicht zweckmäßig herausstellt, sei es, weil der Zustimmungsberechtigte seinerzeit den ihn obliegenden Prüfungspflichten nicht hinreichend nachkam, sei es, weil sich eine von ihm pflichtgemäß getroffene Prognose als im Ergebnis unzutreffend erwies. Denn die beschriebenen Risiken – Pflichtwidrigkeitsrisiko und Prognoserisiko – treffen grundsätzlich die Eigentümergemeinschaft; es ist nicht gerechtfertigt, mit ihnen im Ergebnis einen veräußernden Wohnungseigentümer zu belasten, für den die wirtschaftliche Belastung besonders dann gravierend ist, wenn er noch eigene Verbindlichkeiten abzulösen hat, mithin der gezahlte Kaufpreis faktisch ganz oder hauptsächlich an ein Kreditinstitut fließt.

14

Auf der Grundlage des hier vertretenen Standpunktes ist die Verwalterzustimmung vom 7. Dezember 2010 nach wie vor wirksam und zur Umschreibung des Eigentums ausreichend.

III.

15

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Gerichtskosten entstehen nicht, § 131 Abs. 3 und 7 KostO, und andere Beteiligte als die obsiegenden Beteiligten zu 1. und 2. gibt es im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht.

16

Angesichts dessen erübrigt sich auch eine Wertfestsetzung.

17

Ebensowenig kann die Rechtsbeschwerde zugelassen werden. Zwar sind aus Sicht des Senats die Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 Satz 1 GBO zweifelsfrei gegeben, doch könnte von den Beteiligten zu 1. oder zu 2. dieses Rechtsmittel nicht in zulässiger Weise eingelegt werden, weil ihnen die Beschwerdeberechtigung fehlt, da sie durch die Entscheidung des Senats, wäre diese unrichtig, jedenfalls nicht in ihrer Rechtsstellung beeinträchtigt werden (vgl. Demharter a.a.O., § 71 Rdnr. 58 m.w.Nachw.).

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