Hessisches LAG, Urteil vom 1. Juli 2011 – Az: 10 Sa 245/11
Private Trunkenheitsfahrt kann den Arbeitsplatz kosten
Das Hessische Landesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein Kraftfahrer, der bei einer privaten Autofahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,36 Promille ertappt wird, seinen Arbeitsplatz verlieren kann.
Der 1960 geborene, verheiratete Kläger arbeitete seit 1997 bei seinem Arbeitgeber als Kraftfahrer. Er ist mit einem Grad von 50 schwerbehindert und wiegt bei einer Körpergröße von 192 cm nur 64 kg. Ab Herbst 2009 war er arbeitsunfähig erkrankt. Im Mai 2010 begann eine Wiedereingliederung, die bis Juni 2010 dauern sollte.
Anfang Juni 2010 wurde der Kläger bei einer privaten Autofahrt mit 1,36 Pro¬mille Alkohol im Blut von der Polizei kontrolliert. Ihm wurde der Führerschein entzogen. Es erging außerdem ein Strafbefehl.
Im Juli 2010 kündigte der Arbeitgeber deshalb ordentlich zum 30. September 2010. Mit der dagegen erhobenen Klage wandte der Arbeitnehmer ein, er habe wegen seiner Erkrankung und seines extremen Untergewicht vor der Trunkenheitsfahrt nicht einschätzen können, wie sich die Alkoholkonzentration in seinem Blut entwickeln würde. Außerdem sei kein Schaden entstanden. Seit Juni 2011 sei er auch wieder im Besitz einer Fahrerlaubnis.
Dies ließen das Hessische Landesarbeitsgericht wie auch die Vorinstanz nicht gelten. Wer als Kraftfahrer seine Fahrerlaubnis verliert, müsse sogar mit der fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen. Die Erbringung der ge¬schuldeten Arbeitsleistung sei unmöglich geworden. Die Erkrankung des Klägers und sein Untergewicht wie auch seine lange Beschäftigungszeit stünden einer Kündigung nicht entgegen. Als langjähriger Kraftfahrer müsse der Kläger um die tatsächlichen und rechtlichen Risiken des Alkoholkonsums im Straßen¬verkehr wissen. Besonders unverantwortlich war nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger sich trotz gerade überstandener schwerer Er¬krankung und extremen Untergewichts alkoholisiert in den Straßenverkehr be¬geben hat. Auf die Entstehung eines Schadens komme es nicht an. Ohne Be¬deutung war auch die Tatsache, dass der Kläger inzwischen wieder im Besitz einer Fahrerlaubnis ist. Es komme auf den Zeitpunkt der Kündigungserklärung an. Zu diesem Zeitpunkt sei gänzlich ungewiss gewesen, ob und wann der Kläger seine Fahrerlaubnis zurückerhalte. Das Arbeitsverhältnis hätte jedenfalls neun Monate nicht durchgeführt werden können. Das genüge, um das Arbeits¬verhältnis mit ordentlicher Frist zu beenden.
Quelle: Pressemitteilung Hessisches LAG vom 10. Oktober 2011, Az: 10 Sa 245/11