Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 28.02.2013 – II-1 WF 47/13
Massiver „Telefonterror“ mit zivilrechtlichen Folgen: fast zwei
Jahre Ordnungshaft
Wiederholte, über mehrere Monate andauernde Verstöße gegen ein
gemäß dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) verhängtes Kontaktverbot
können mit insgesamt 720 Tagen Ordnungshaft geahndet werden.
Das hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts
Hamm entschieden und damit die Anordnung der Ordnungshaft durch
das Amtsgericht – Familiengericht – Bielefeld bestätigt.
Dem 36 Jahre alten Antragsgegner aus Seelze (Region Hannover) hatte
das Amtsgericht Bielefeld mit einer am 06.06.2012 erlassenen Gewaltschutzanordnung
untersagt, mit der 44 Jahre alten Antragstellerin
aus Bielefeld – auch unter Verwendung von Mitteln der Fernkommunikation
– in Kontakt zu treten und sich ihr und ihrer Wohnung näher als
20 m zu nähern. Vorausgegangen waren Versuche des Antragsgegners,
der in keiner Beziehung zur Antragstellerin stand, sich der der
Antragstellerin gegen ihren Willen in ihrem Wohn- und Arbeitsbereich
zu nähern. Hinzu kamen ein vom Antragsgegner ausgeübter massiver
„Telefonterror“ mit mehreren hundert Anrufversuchen binnen weniger
Tage sowie vom Antragsgegner versandte SMS und Emails, u.a. mit
bedrohlichen, auf den Tod Bezug nehmenden Inhalten.
Auch nach der Zustellung der Gewaltschutzanordnung vom 06.06.2012
ignorierte der Antragsgegner die ausgesprochenen Verbote und kontaktierte
die Antragstellerin bis Mitte August 2012 erneut mit zahlreichen
Telefonanrufen und Emails. Zudem legte er ihr in Kenntnis ihrer
Angst vor Spinnen eine lebende Vogelspinne in einem als Geschenk
für ihren Sohn verpackten Päckchen in den Briefkasten. Wiederholte
Ermahnungen von Seiten der Polizei ließ er unbeachtet. Die weiteren
Zuwiderhandlungen sanktionierte das Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss
vom 07.09.2012, indem es gegen den Antragsgegner 90 Tage
Ordnungshaft verhängte.
Für weitergehende Verstöße durch u.a. mehr als 450 Anrufe in der Zeit
von Ende August 2012 bis Ende November 2012 – verhängte das
Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss vom 16.01.2013 insgesamt weitere
630 Tage Ordnungshaft. Die gegen diesen Beschluss vom Antragsgegner
eingelegte sofortige Beschwerde hat der 1. Senat für Familiensachen
des Oberlandesgerichts Hamm am 28.02.2013 zurückgewiesen.
Der Antragsgegner habe die Antragstellerin auch nach dem Beschluss
vom 07.09.2012 in massiver Weise mit Telefonanrufen und Emails belästigt
und geängstigt. Der diesbezüglichen Darstellung der Antragstellerin
sei er nicht entgegengetreten. Die vom Amtsgericht verhängte Ordnungshaft
sei nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin leide sehr unter den
ständigen Verstößen und müsse Ängste aushalten, weil der Antragsgegner s
sich durch die bisherigen Maßnahmen nicht habe beeindrucken lassen.
Der Senat halte es daher für geboten, den möglichen Rahmen der Ordnungshaft
von bis zu zwei Jahren nahezu gänzlich auszuschöpfen.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 25.03.2013